VwGH 92/06/0229

VwGH92/06/02299.6.1994

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerden 1. der H L,

2. des K L, beide in B, 3. der Verlassenschaft nach V L, 4. der

M H in B, alle vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in I, gegen die Bescheide der Tiroler Landesregierung I. vom 15. September 1992, Zl. IIb1-L-1957/2-1992, betreffend Straßenbaubewilligung (Beschwerde Zl. 92/06/0029) und II. vom 27. Jänner 1993, Zl. IIb1-L-1955/7-1993, betreffend Enteignung (Beschwerde Zl. 93/06/0054) (mitbeteiligte Partei: jeweils Gemeinde B, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art131 Abs1;
LStG Tir 1989 §37 Abs1 litb;
LStG Tir 1989 §37 Abs1;
LStG Tir 1989 §43 Abs1;
LStG Tir 1989 §44 Abs4;
ROG Tir 1984 §21 Abs1;
ROG Tir 1984 §21 Abs3;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art131 Abs1;
LStG Tir 1989 §37 Abs1 litb;
LStG Tir 1989 §37 Abs1;
LStG Tir 1989 §43 Abs1;
LStG Tir 1989 §44 Abs4;
ROG Tir 1984 §21 Abs1;
ROG Tir 1984 §21 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Beide Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 9.130,-- je zu einem Viertel binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes im Gebiet der mitbeteiligten Gemeinde, das an eine Gemeindestraße grenzt.

I. Die mitbeteiligte Gemeinde (kurz: Gemeinde) beabsichtigte den Ausbau dieser Gemeindestraße (insbesondere die Verbreiterung auf eine Fahrbahnbreite von 6 m zuzüglich eines Gehsteiges von 1,5 m, somit auf eine Gesamtbreite von 7,5 m) und kam mit Antrag vom 26. September 1991 bei der Straßenbehörde erster Instanz (Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde) unter Anschluß der erforderlichen Unterlagen gemäß § 41 des Tiroler Straßengesetzes 1989 (TStG 1989) um Erteilung der entsprechenden Straßenbaubewilligung ein. Zur Realisierung des Projektes (Verbreiterung der Straße) sollte u.a. ein Streifen des Grundstückes der Beschwerdeführer in Anspruch genommen werden, dessen Ausmaß mit 68 m2 beziffert wurde.

Die Beschwerdeführer sprachen sich gegen diesen geplanten Ausbau im Bereich ihres Grundstückes aus: Die vorgesehene Verbreiterung der Fahrbahn entspreche weder den straßenpolizeilichen noch den lokalen Verkehrsbedürfnissen (wurde näher ausgeführt); das Straßenbauvorhaben beeinträchtige in unzumutbarer Weise ihr Grundstück, von dem eine Teilfläche von 68 m2 mit einer Breite von etwa 2 m in Anspruch genommen werden solle, was bedeute, daß der Mindestabstand des darauf befindlichen Hauses von der öffentlichen Verkehrsfläche vom derzeit gesetzlichen Abstand auf einen Abstand von etwa 2 m reduziert würde. Sie seien allenfalls bereit, einen Grundstreifen von etwa 50 cm abzutreten.

Der Straßenbausachverständige äußerte sich zum Projekt dahin, daß der gegenständliche Gemeindestraßenzug die Verbindung bzw. den Zusammenhang des nördlichen Siedlungsgebietes der Gemeinde mit dem direkten Ortszentrum darstelle. Die Verbauung sei größtenteils beidseitig der Straße gegeben und befinde sich in einem geschlossenen Siedlungsgebiet. Darüber hinaus diene die Gemeindestraße als überregionale Verbindung zwischen näher bezeichneten Orten. Der gewählte Ausbauquerschnitt (6,0 m Fahrbahn, 1,5 m Gehsteig) stelle für die gegebene Verkehrssituation und für das vorhandene Verkehrsaufkommen "einen entsprechend notwendigen Querschnitt dar", weil sowohl mit Lastverkehr, Autobusverkehr (Buslinien) als auch mit starkem Pkw-Verkehr gerechnet werden müsse. Darüber hinaus weise die Strecke selbst einen durchwegs gekrümmten kurvigen Verlauf auf. Für die Flüssigkeit, Leichtigkeit und Sicherheit des Verkehrs sei daher die gewählte Fahrbahnbreite zuzüglich des getrennt angelegten Gehsteiges, wie dies im gegenständlichen Projekt vorgesehen sei, erforderlich.

Im Zuge der Verhandlung am 19. November 1991 erklärte der Sachverständige, das Projekt beanspruche das Grundstück der Beschwerdeführer im Ausmaß von rund 68 m2 bei "einer mittleren Beanspruchungsbreite der Grundstücksfront" von ca. 1,85 m. Es verbleibe daher an der Straßenfront des betroffenen Hauses eine Vorgartenbreite an der Nordseite von 7,10 m und im südlichen Bereich am schmalsten Punkt von ca. 2,10 m; diese Beanspruchung sei in der Natur vermarkt. Der ablehnenden Stellungnahme der Beschwerdeführer sei entgegenzuhalten, daß es sich bei dieser Gemeindestraße nicht um eine untergeordnete Straßenverbindung, sondern um die Haupterschließung des dörflichen Siedlungsraumes mit überregionaler Verbindung bis in den Raum näher bezeichneter Ortschaften handle. Auch müsse dem Argument widersprochen werden, daß sich mit dem Ausbau zwangsweise die Verkehrsfrequenz erhöhen und die Geschwindigkeit des Verkehrs zunehmen werde, weil im Ortsgebiet nach der Straßenverkehrsordnung eine generelle Richtiggeschwindigkeit vorgeschrieben sei und das Verkehrsaufkommen in diesem Bereich vorwiegend aus Ziel- und Quellverkehr bestehe. Das gegenständliche Bauvorhaben sei bereits rechtlich im vorliegenden Bebauungsplan, der am 19. August 1991 beschlossen worden sei, enthalten. Mit der angebotenen einvernehmlichen Abtretung von etwa 50 cm, "welche von den Erschienenen auch bis 80 cm toleriert werden würde", könne das gegenständliche Projekt nicht sinnvoll verwirklicht werden, vielmehr sei die projektierte Beanspruchung erforderlich.

In der Verhandlung kam eine Einigung über den Umfang der Grundabtretung nicht zustande, weil sich die Beschwerdeführer (soweit anwesend) lediglich zur Abtretung eines Grundstreifens in der Breite von 80 cm bereit erklärten.

Mit Bescheid vom 9. Dezember 1991 erteilte die Straßenbehörde erster Instanz die angestrebte Baubewilligung unter Vorschreibung verschiedener Auflagen; der von den Beschwerdeführern gestellte Antrag auf Änderung des projektierten Straßenbauvorhabens im Sinne ihrer Stellungnahme wurde gemäß § 43 Abs. 1 und § 44 Abs. 4 TStG 1989 abgewiesen, weil die Trasse durch einen rechtskräftigen Bebauungsplan vorgegeben und damit unabänderlich sei. Im übrigen schloß sich die Behörde (zusammenfassend) den Ausführungen des Sachverständigen an, daß die projektierte Straßenbreite (von insgesamt 7,5 m) zur Bewältigung des Verkehrsaufkommens erforderlich sei. Im Bescheid wird das Ausmaß der hinsichtlich des Grundstückes der Beschwerdeführer erforderlichen Grundablöse mit 68 m2 beziffert.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Berufung, in der sie vorbrachten, daß sich das Vorhaben nicht mit dem Bebauungsplan decke, weil zwei näher bezeichnete (fremde) Grundstücke nicht in Anspruch genommen würden, obwohl dies im Bebauungsplan vorgesehen sei, wie auch (weiterhin), daß das Projekt überdimensional sei (wurde jeweils näher ausgeführt).

Die Berufungsbehörde ergänzte das Ermittlungsverfahren durch Einholung einer Stellungnahme des Planverfassers, wie auch einer Stellungnahme eines Ziviltechnikers hinsichtlich der Übereinstimmung des Bebauungsplanes mit dem dem Projekt zugrundeliegenden Plan. Letzterer kam (unter anderem) zum Ergebnis, daß laut Bebauungsplan vom Grundstück der Beschwerdeführer im Norden eine Breite von rund 1,50 m und im Süden eine Breite von ca. 2,00 m beansprucht werde; das nächstgelegene Hauseck zur neuen Straßenfluchtlinie habe laut Kataster einen Abstand von ca. 1,60 m. Die Vermessungsurkunde, die dem Vorhaben zugrundeliege, sehe im Bereich eines näher bezeichneten gegenüberliegenden Grundstückes deshalb keine Grundabtretung vor, weil diese schon zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt sei. Es erfolge nunmehr lediglich eine Verbreiterung in eine näher bezeichnete Grundparzelle neben jener der Beschwerdeführer und in das Grundstück der Beschwerdeführer, die in etwa die Abtretungsfläche vorsehe, wie sie auch im Bebauungsplan eingetragen sei (was anhand mehrerer Vermessungspunkte konkret beschrieben wurde). Der Abstand des Gebäudeeckes (nicht der Flügelmauer), der auch im Bebauungsplan gemessen worden sei, betrage 2,50 m, was doch einen wesentlich größeren Abstand als im Bebauungsplan bedeute. Bis auf die vernachlässigbaren Ungenauigkeiten im Bebauungsplan, bedingt durch den kleineren Maßstab (1:1000) und fortgeschriebene Katastergrenzen, stimme dieser sehr gut mit der Vermessungsurkunde (Maßstab 1:500) überein, weshalb einwandfrei die Übereinstimmung beider Pläne festgestellt werden könne.

Die Beschwerdeführer erstatteten hiezu eine Stellungnahme, in der sie (mit näheren Ausführungen) vorbrachten, daß einerseits diesen Schlußfolgerungen nicht gefolgt werden könne und auch andererseits der "Grundsatz der Gleichbehandlung und Gleichberechtigung der Gemeindebürger" verletzt werde, weil die verschiedenen Grundstücke in unterschiedlichem Ausmaß in Anspruch genommen würden.

Die Behörde zweiter Instanz wies mit Bescheid vom 14. August 1992 die Berufung als unbegründet ab (setzte aber aus diesem Anlaß den Termin für die Fertigstellung der gegenständlichen Straßenbauvorhabens bzw. die Beendigung der Straßenbauarbeiten infolge des durch das Berufungsverfahren bewirkten Zeitablaufes mit sechs Monate nach Inkrafttreten des Bescheides neu fest). In der Begründung dieses Berufungsbescheides setzte sich die Behörde nach einer Darstellung des Verfahrensganges eingehend mit der Argumentation der Beschwerdeführer auseinander und kam (zusammengefaßt) zum Ergebnis, daß sich die Trassenführung des gegenständlichen Projektes durchaus befriedigend mit der im rechtskräftigen Bebauungsplan ausgewiesenen öffentlichen Verkehrsfläche decke und nicht nur keine Schlechterstellung für die Beschwerdeführer in bezug auf den im Bebauungsplan dargestellten Abstand zwischen dem Gebäude und der neuen Straßenfluchtlinie, sondern vielmehr eine Besserstellung bringe, weil der Abstand der Straßenfluchtlinie zum näher gelegenen Hauseck (nicht zur Flügelmauer) 2,50 m und nicht 1,60 m wie im Bebauungsplan vorgesehen, betrage. Das gegenständliche Projekt beanspruche nicht nur das Grundstück der Beschwerdeführer, sondern auch die von den Beschwerdeführern angesprochenen weiteren Grundstücke im Rahmen der Festlegungen des Bebauungsplanes (wurde näher ausgeführt). Auch die Einschätzung des straßenbautechnischen Amtssachverständigen sei zutreffend. Das fragliche Gebiet stelle das größte zusammenhängende Siedlungsgebiet der Gemeinde dar und werde mit bezeichneten weiteren Teilen der Gemeinde durch die zu verbreiternde Straße mit dem Ortszentrum im Dorf verbunden. Die überregionale Verbindung bis in einen näher bezeichneten Raum sei eine Tatsache und habe nichts damit zu tun, daß vom Dorfzentrum eine Landesstraße ebenfalls in jene Richtung führe. Täglich zu beobachten sei auch die enorme Frequentierung der gegenständlichen Straße durch starken Pkw-Verkehr, zwei Buslinien und Schwerverkehr, letzterer hauptsächlich verursacht durch ein Schotterwerk. Dieses bereits bestehende starke Verkehrsaufkommen resultiere, wie der verkehrstechnische Amtssachverständige bei der Straßenbauverhandlung richtig analysiert habe, vorwiegend aus Ziel-Quellverkehr. Die Gemeinde als Verwalterin der Gemeindestraßen reagiere mit der angestrebten Straßenverbreiterung nur auf die gegebene Verkehrssituation und auf das vorhandene Verkehrsaufkommen. Die Berufungsbehörde trete deshalb der im erstinstanzlichen Bescheid dargestellten und auch vom verkehrstechnischen Sachverständigen gestützten Meinung bei, daß die bestehenden Verkehrsbedürfnisse und Sicherheitsanforderungen unbedingt die gewählte Fahrbahnbreite notwendig machten. Die Gemeindestraße sei im Zuge des Gehsteigbaues in den letzten Jahren vom Dorfzentrum ausgehend auf eben diesen Straßenquerschnitt gebracht worden. Eine unmotivierte Engstelle in dem sonst gleichmäßig ausgebauten Straßenverlauf würde die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs stark beeinträchtigen. Die Darlegungen der Beschwerdeführer widersprächen sich hier auch offensichtlich, wenn einerseits der gegenständlichen Straße "nur" eine örtliche Bedeutung zugebilligt und andererseits bezogen auf die künftige Verkehrsentwicklung auch die Berufung auf den Ziel-Quellverkehrs unrichtig hinterfragt werde. Nicht der Ausbau dieser Straße werde, wie von den Einschreitern befürchtet, eine Zunahme des Verkehrsaufkommens bewirken, sondern eher die laufende Siedlungstätigkeit im betreffenden Gebiet der Gemeinde. Ein daraus resultierendes Vermehrung des Verkehrsaufkommens sei aber ebenfalls dem Ziel-Quellverkehr zuzuordnen; die Gemeindestraße sei so auszubauen, daß dieser Verkehr aufgenommen werden könne. Der Verkehr auf dieser Straße könne sicherlich nicht diskutiert werden, ihm könne aber auch nicht durch die Errichtung von Verkehrsfallen - und um eine solche würde es sich bei dieser Engstelle handeln - Einhalt geboten "oder überhaupt ausgesperrt werden". Ebenso könne die Berufungsbehörde dem Argument der Beschwerdeführer nicht folgen, daß beispielsweise wesentliche Überlegungen der Verkehrssicherheit nicht berücksichtigt worden wären. Wenn von ihnen nunmehr zur Sicherheit der Schulkinder sogar der Idealfall eines beidseitigen Gehsteiges propagiert werde, könne dies angesichts ihrer geringen Bereitschaft zur Grundabtretung wohl nicht ernst gemeint sein. Tatsache sei, daß angesichts des bestehenden Standortes der Bushaltestelle die Dorfstraße überquert werden müsse, einerlei, ob in diesem Bereich ein ein- oder beidseitiger Gehsteig zur Verfügung stehe: Da in Richtung Dorf kein beidseitig ausgebauter Gehsteig bestehe, müßte die Dorfstraße (zwangsläufig) an einer anderen, unter Umständen unübersichtlicheren Stelle überquert werden.

Gemäß § 44 Abs. 4 TStG sei die Behörde bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung an die Festlegung eines Bebauungsplanes gebunden und es sei auch den betroffenen Grundeigentümern in einem solchen Fall verwehrt, Trassenänderungen oder eine Abweisung des Straßenbauansuchens zu beantragen. Die im Verfahren erster und zweiter Instanz von den Beschwerdeführern aufgeworfene Frage bezüglich einer unzumutbaren Beeinträchtigung ihres Grundstückes durch das Projekt sei von amtswegen gemäß § 37 Abs. 1 lit. c TStG berücksichtigt worden, aus welcher Bestimmung den Nachbarn gemäß § 37 Abs. 2 TStG kein subjektives Recht erwachse.

Dagegen erhoben die Beschwerdeführer Vorstellung, in der sie vorbrachten, bislang sei zu wenig hervorgekommen, daß der Bebauungsplan nicht im Sinne der Behörde verstanden werden könne. Die Feststellungen der Berufungsbehörde seien zumindest ergänzungsbedürftig. Richtig sei, daß die Straße zunächst 3 m breit gewesen sei, wie alle anderen Straßen auch, sie sei aber im Verlaufe der Zeit stillschweigend, besonders durch Asphaltierungsmaßnahmen verbreitert worden, und zwar auf der nördlichen Seite um etwa 80 cm, und auf der südlichen Seite (insbesondere zu ihrem Grundstück) um etwa 1 m. Die Beschwerdeführer wie auch ihr Nachbar hätten dieser "faktischen Abtretung" zugestimmt. Tatsächlich werde aber so vorgegangen, daß die erwähnten "faktischen Abtretungen" im nördlichen Bereich berücksichtigt würden, im südlichen Bereich aber nicht, wo die Beschwerdeführer neben den "faktischen Abtretungen" noch eine zusätzliche Fläche von 68 m2 abtreten müßten, weshalb das Projekt nicht dem Bebauungsplan entspreche. Für sie sei allein maßgebend, was nach Errichtung der projektierten Straßen an Mindestabstandsfläche übrigbleibe. Der Mindestabstand von 1,60 m lasse sich aus dem Bebauungsplan selbst herauslesen. Die von der Behörde festgestellte Breite von 2,50 m berücksichtige nicht die "faktische Abtretung" von ca. 1 m. Es müsse noch einmal mit Nachdruck erklärt werden, daß die Beschwerdeführer, sowie andere Nachbarn auch, diesen "faktischen Abtretungen" zugestimmt hätten und ihnen (weiterhin) zustimmten. Einer zusätzlichen Abtretung erteilten sie aber ihre Zustimmung nicht.

Auch werde der von der Behörde festgestellte Schwerverkehr hauptsächlich durch ein bestimmtes Schotterwerk verursacht; unabhängig davon werde "jedenfalls" die Feststellung der Behörde bestritten, daß es einer derartigen Straßenbreite von 7,50 m bedürfe, um den von der Behörde selbst festgestellten örtlichen Ziel- und Quellverkehr aufzunehmen.

Die im Bescheid festgestellten Vermessungen seien insofern "unwichtig" (= unrichtig?), weil sie einen faktischen Zustand darstellten ("faktische Abtretung eines Grundstreifens in der Breite von etwa 1 m"), der anerkannt werde. Die weitere Fläche von 68 m2 stelle (aber) eine einseitige Belastung und ein Mißverhältnis zum erzielbaren Erfolg dar, weil die Dorfstraße auch jetzt ohne besondere Gefahr benützt werden könne. Bei richtiger Abwägung der Interessen des Umweltschutzes und jener der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs sei im Zweifel dem ersteren den Vorrang zu geben. Nicht notwendige breite Straßen im Ortsgebiet verleiteten entweder zu erhöhten Geschwindigkeiten oder erforderten eine zusätzliche Überwachung oder eine entsprechende Rückverbauung. Das Projekt mißachte auch den Grundsatz der Gleichartigkeit der Verteilung der Lasten. Die nördlichen Nachbarn müßten, wie die Behörde selbst feststelle, nichts mehr abtreten, weil ihre Abtretung bereits in der Mappenberichtigung als Ergebnis der "faktischen Abtretungen" im Verlaufe der letzten Jahrzehnte berücksichtigt worden sei. Die Beschwerdeführer hätten stillschweigend eine größere Fläche abgetreten und müßten darüber hinaus noch zusätzlich auf einen Grundstreifen verzichten, dem aufgrund des geringen Abstandes zur Straße eine erhöhte Bedeutung zukomme. Schließlich entspreche das Projekt nicht dem Bebauungsplan, weil dieser von der derzeit in der Natur vorhandenen Straße auszugehen habe.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 15. September 1992 hat die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend führte sie aus, daß die Behörde bei Festlegung der Trasse im Bebauungsplan gemäß § 44 Abs. 4 TStG 1989 gebunden sei und somit Einwendungen dagegen nicht zum Ziel führen könnten; darüber hinaus stünden die Feststellungen der Behörde im Einklang mit dem Gutachten des straßenbautechnischen Sachverständigen, welches nicht durch laienhafte Behauptungen entkräftet werden könne. Was die Behauptung der Beschwerdeführer anlange, daß das Projekt den Grundsatz der Gleichartigkeit der Belastung mißachte, so entbehre diese Behauptung jeglicher rechtlicher Grundlage. Das Gleiche gelte für die Behauptung, daß der Bebauungsplan in der Festlegung der Trasse von der derzeit in der Natur vorhandenen Straße auszugehen habe. Demnach entspreche das bewilligte Projekt den Erfordernissen des § 37 TStG 1989, weshalb die Baubewilligung zu Recht erteilt worden sei.

Dagegen richtet sich die vorliegende, zur Zl. 92/06/0229 protokollierte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

II. Mit Eingabe vom 19. August 1992 an die belangte Behörde beantragte die mitbeteiligte Gemeinde unter Hinweis auf die im Straßenbaubewilligungsverfahren ergangenen Bescheide unter Anschluß der erforderlichen Unterlagen die Enteignung dieses Grundstreifens des Grundstückes der Beschwerdeführer (dessen Ausmaß ebenfalls mit 68 m2 angegeben wird).

Im Anschluß an die über den Antrag an Ort und Stelle durchgeführte Verhandlung sprachen sich die Beschwerdeführer in einer Stellungnahme gegen die beabsichtigte Enteignung aus und brachten vor, daß gegen die im Baubewilligungsverfahren ergangene Vorstellungsentscheidung rechtzeitig Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben und der Antrag gestellt worden sei, dieser Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Für das Straßenbauvorhaben bestehe kein Bedarf, weil die derzeitige Dorfstraße den gegenwärtigen künftigen Verkehr durchaus gerecht werde. Auch werde nicht berücksichtigt, daß die Beschwerdeführer bereits faktisch einen Grundstreifen von 1 m Breite "ohne Verfahren und ohne Entschädigung" abgetreten hätten. Das Straßenprojekt stimme weder mit dem Katasterplan noch mit dem Bebauungsplan überein (wurde näher ausgeführt).

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. Jänner 1993 hat die belangte Behörde I. die streitgegenständliche Grundfläche antragsgemäß zugunsten der mitbeteiligten Gemeinde für dauernd lastenfrei enteignet und die Einwendungen der Beschwerdeführer abgewiesen, hat II. die Entschädigung festgesetzt, hat III. Kommissionsgebühren bestimmt und hat schließlich zu I. und II. verschiedene Durchführungsanordnungen getroffen (Leistungsfristen und Nebenbestimmungen). Zum Ausspruch über die Enteignung wurde begründend ausgeführt, die durchgeführte mündliche Verhandlung habe ergeben, daß die einzulösende Fläche mit dem Baubewilligungsbescheid und insbesondere mit dem Enteignungsplan übereinstimme und ein rechtskräftiger Baubewilligungsbescheid vorliege. Der Umstand, daß ein außerordentliches Rechtsmittel ergriffen worden sei, stehe dem Eintritt der Rechtskraft nicht entgegen. Da für die Straßenbaumaßnahme eine rechtskräftige Baubewilligung vorliege, könne einem Einspruch gegen die Notwendigkeit und den Umfang der Enteignung nicht stattgegeben werden (verwiesen wird auf § 62 Abs. 2 TStG 1989). Ebenso sei es für das gegenständliche Verfahren irrelevant, ob die Beschwerdeführer bereits Flächen für die Straße abgegeben hätten (wurde näher ausgeführt).

Dagegen richtet sich die vorliegende, zur Zl. 93/06/0054 protokollierte Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat beschlossen, beide Beschwerden im Hinblick auf den persönlichen und sachlichen Zusammenhang zur gemeinsamen Entscheidung zu verbinden und hat erwogen:

Zu I. (Straßenbaubewilligung - Beschwerde Zl. 92/06/0229):

Die Beschwerdeführer erachten sich durch den angefochtenen Bescheid "in ihrem in §§ 37 ff TStG gesetzlich gewährleisteten Recht, das Straßenprojekt nicht zu bewilligen und hiezu ein fehlerfreies Verfahren durchzuführen", verletzt und beziehen sich hier insbesondere auf die Bestimmungen der §§ 37 Abs. 1 lit. b, c und Abs. 2 sowie § 44 Abs. 4 des Tiroler Straßengesetzes, LGBl. Nr. 13/1989 (TStG 1989).

Nach § 37 Abs. 1 TStG 1989 (alle Gesetzeszitate ohne nähere Bezeichnung beziehen sich auf dieses Gesetz) müssen Straßen nach den Erfahrungen der Praxis und den Erkenntnissen der Wissenschaft so geplant und gebaut werden, daß, (...)

  1. b) sie im Hinblick auf die bestehenden und die abschätzbaren künftigen Verkehrsbedürfnisse den Erfordernissen der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs entsprechen,
  2. c) Beeinträchtigungen der angrenzenden Grundstücke durch den Bestand der Straße sowie Gefährdungen oder Beeinträchtigungen der Nachbarn durch den Verkehr auf der Straße oder durch Erhaltungsarbeiten an der Straße, soweit solche Beeinträchtigungen nicht nach den örtlichen Verhältnissen und der Widmung des betreffenden Grundstückes zumutbar sind, soweit herabgesetzt werden, wie dies mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand möglich ist, (...)

Gemäß § 37 Abs. 2 werden durch § 37 Abs. 1 lit. c subjektive Rechte der Nachbarn nicht begründet.

Gemäß § 43 Abs. 1 können (unter anderem) die Eigentümer der von einem Bauvorhaben betroffenen Grundstücke eine Änderung des Bauvorhabens hinsichtlich der Straßentrasse - unbeschadet des § 44 Abs. 4 - und der technischen Ausgestaltung der Straße beantragen, soferne dadurch die Beanspruchung ihrer Grundstücke vermieden oder verringert werden kann. Nach Abs. 2 leg. cit. hat die Behörde bei der Erteilung der Straßenbaubewilligung einem Antrag nach Abs. 1 Rechnung zu tragen, soweit die beantragte Änderung a) den Erfordernissen nach § 37 Abs. 1 entspricht und b) mit einem im Verhältnis zum erzielbaren Erfolg wirtschaftlich vertretbaren Aufwand durchgeführt werden kann. Die Behörde hat bei der Beurteilung eines Antrages nach Abs. 1 die aus der beantragten Änderung sich ergebende Beanspruchung anderer Grundstücke angemessen zu berücksichtigen.

Da die Straßenbaubehörde an den Bebauungsplan gebunden ist, soweit die Trasse einer Straße darin festgelegt ist, ist die Wendung in § 43 Abs. 1, wonach der Eigentümer eines vom Bauvorhaben betroffenen Grundstücksänderungen "unbeschadet des § 44 Abs. 4" verlangen kann, so zu verstehen, daß bei Vorhandensein einer entsprechenden Festlegung im Bebauungsplan eine mit dieser Festlegung im Widerspruch stehende Änderung des Straßenbauvorhabens von vornherein nicht mit Erfolg verlangt werden kann (Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Juni 1993, Zl. 93/06/0077 unter Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 28. Jänner 1993, Zl. 91/06/0029).

Die Beschwerdeführer vermengen in ihrer Argumentation zwei Aspekte, nämlich die (topographische) Übereinstimmung der projektierten Trasse mit der im Bebauungsplan festgelegten Trasse einerseits und die Gesetzmäßigkeit dieses Bebauungsplanes andererseits.

In topographischer Hinsicht kommt es - wie die Behörde im Berufungsverfahren zutreffend erkannt hat - auf einen Vergleich der im Bebauungsplan festgelegten und der mit dem gegenständlichen Vorhaben projektierten Straßenfluchtlinien (im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer) an und nicht darauf, ob die Beschwerdeführer bereits "faktisch" einen Grundstreifen abgetreten haben oder nicht. Sofern daher die Beschwerdeführer danach trachten, unter Vorlagen von Urkunden, die Abschreibungen hinsichtlich des benachbarten Grundstückes betreffen, das Ausmaß vorangegangener "faktischer" Grundabtretungen bezüglich ihres Grundstückes unter Beweis zu stellen, ist dieses Vorbringen nicht geeignet, die von der belangten Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gebilligte Beurteilung der Berufungsbehörde, daß sich das Projekt hinsichtlich der Liegenschaft der Beschwerdeführer im Rahmen der Festlegungen des Bebauungsplanes halte, in Zweifel zu ziehen; auch sonst vermag der Verwaltungsgerichtshof eine Unrichtigkeit dieser Beurteilung nicht zu erkennen, zumal die Ausführungen der Beschwerdeführer den Umstand übergehen, daß die im Bebauungsplan vorgesehene Straßenfluchtlinie näher zum Gebäudeeck der Beschwerdeführer gelegen ist, als die nunmehrige Projektgrenze reicht, wie auch aus dem von der Berufungsbehörde eingeholten Sachverständigengutachten hervorgeht. Diesem Gutachten sind die Beschwerdeführer im entscheidenden Punkt (nämlich hinsichtlich der Lage der Straßenfluchtlinien) nicht entgegengetreten, sondern argumentieren ausschließlich mit der Größe der "Abtretungsfläche", die - nach Auffassung der Beschwerdeführer - sie benachteilige und den gegenüberliegenden Grundeigentümer bevorzuge. Letzteres ist aber - wie aus sämtlichen Planunterlagen hervorgeht - darauf zurückzuführen, daß die Straße schon bisher näher zur gegenüberliegenden Bebauung als zum Haus der Beschwerdeführer liegt, sodaß eine Verbreiterung zur Beseitigung der auf DIESER SEITE bestehenden Straßeneinengung nur auf der Seite der Beschwerdeführer möglich erscheint, wie das der Bebauungsplan auch vorsieht, es sei denn, man würde statt der Begradigung einer eine Verschwenkung der Fahrbahn zu Lasten der Eigentümer der auf der anderen Seite der Straße liegenden Grundstücke 104/9 und 104/4 vorsehen. Daß eine solche Verschwenkung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht dienlich wäre, liegt auf der Hand.

Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Breite und die beabsichtigte Linienführung des gegenständlichen Straßenprojektes wenden, behaupten sie damit in Wahrheit die Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes, vermögen aber beim Verwaltungsgerichtshof aus den soeben dargelegten Gründen diesbezüglich keine Bedenken hervorzurufen. Die Straßenbehörden (insbesondere die Berufungsbehörde) haben eingehend und schlüssig die Notwendigkeit des projektierten Straßenquerschnittes begründet. Verwiesen wurde dabei nicht bloß auf den Lkw-Verkehr jenes Schotterwerkes (nur darauf nimmt die Beschwerde Bezug), sondern vielmehr auf das Verkehrsaufkommen durch Schwerverkehr überhaupt (wenngleich hauptsächlich durch jenes Schotterwerk verursacht), aber auch starken Pkw-Verkehr und zwei Buslinien (was in der Beschwerde übergangen wird). Darüber hinaus entspricht es § 37 Abs. 1 lit. b TStG, wenn im Bebauungsplan nicht nur die unmittelbar bestehenden, sondern auch die abschätzbaren, künftigen Verkehrsbedürfnisse (durch Festlegung einer entsprechenden Breite) berücksichtigt werden (siehe hiezu ebenfalls das zitierte Erkenntnis vom 24. Juni 1993). Die Berufungsbehörde hat vor allem auch zutreffend darauf verwiesen, daß eine Engstelle im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer geeignet wäre, die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs zu beeinträchtigen. Demnach ist die vorgesehene Straßenbreite (auch) im Bereich der Liegenschaft der Beschwerdeführer unbedenklich (die vorgesehene Breite des Gehsteiges wurde von ihnen ausdrücklich gebilligt).

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch nicht veranlaßt, beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 139 B-VG ein Verordnungsprüfungsverfahren betreffend den gegenständlichen Bebauungsplan anhängig zu machen.

Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

II. Zur Enteignung (Beschwerde Zl. 93/06/0054):

Diesbezüglich erachten sich die Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in ihrem gemäß den §§ 37 ff und 61 ff TStG gesetzlich gewährleisteten Recht, die Enteignung als nicht zulässig zu erklären und den Enteignungsantrag abzuweisen, verletzt, und verweisen in diesem Zusammenhang inbesondere auf die Bestimmungen der §§ 62 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 sowie 63 Abs. 4 TStG 1989.

Nach dem § 62 Abs. 1 (auch hier beziehen sich Gesetzeszitate ohne nähere Bezeichnung auf das TStG 1989) ist eine Enteignung nur zulässig, wenn

  1. a) für das Bauvorhaben, dessen Verwirklichung die Enteignung dienen soll, ein Bedarf besteht, dessen Deckung im öffentlichen Verkehrsinteresse gelegen ist (...)

Nach Abs. 2 gilt bei Bauvorhaben, die einer Straßenbaubewilligung bedürfen, der Bedarf hiefür im Sinne des Abs. 1 lit. a mit dem Eintritt der Rechtskraft der Straßenbaubewilligung als nachgewiesen.

Nach § 63 Abs. 4 ist eine Enteignung nur in dem zur Verwirklichung ihres Zweckes erforderlichen Umfang zulässig.

Gemäß § 74 Abs. 1 können der Enteigner sowie die Enteigneten und Nebenberechtigten, sofern nicht ein Übereinkommen nach § 69 bzw. § 73 Abs. 3 abgeschlossen wurde (was im vorliegenden Fall nicht erfolgte), innerhalb von drei Monaten nach Eintritt der Rechtskraft des Bescheides, mit dem die Vergütung festgesetzt wurde, deren Neufestsetzung im Bezirksgericht beantragen, in dessen Sprengel sich der Gegenstand der Enteignung befindet.

Gemäß § 74 Abs. 2 tritt mit der Anrufung des Bezirksgerichtes der Bescheid hinsichtlich des Ausspruches über die Vergütung außer Kraft.

Die Berufung der Beschwerdeführer gegen den Straßenbaubewilligungsbescheid erster Instanz wurde als unbegründet abgewiesen (siehe die Darstellung zum Beschwerdeverfahren zur Zl. 92/06/0229). Damit ist die Straßenbaubewilligung in Rechtskraft erwachsen, weil der Berufungsbescheid keinem ordentlichen Rechtszug unterlag. Eine Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde und Beschwerden an die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechtes stehen dem Eintritt der Rechtskraft nicht entgegen (siehe dazu etwa das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. Mai 1991, Zl. 90/06/0092, unter Hinweis auf Hauer - Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens4, Anmerkung 5 zu § 68 AVG Seite 577). Die Meinung der Beschwerdeführer, daß der Bescheid, mit dem die Straßenbaubewilligung erteilt wurde, (dennoch) "infolge seiner Rechtswidrigkeit" nicht rechtskräftig sei, ist demnach untreffend.

Sofern die Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang abermals mit den "faktischen Abtretungen" argumentieren, ist ihnen entgegenzuhalten, daß Gegenstand des Straßenbaubewilligungsbescheides ein bestimmtes, insbesondere (auch) planlich determiniertes Projekt war (Plan GZl. 227/1991 jenes Vermessungstechnikers), das - bezogen auf die Liegenschaft der Beschwerdeführer - nicht nur den hier streitgegenständlichen Grundstreifen von 68 m2, sondern (umso mehr) den bereits "faktisch abgetretenen" Grundstreifen umfaßt, näherhin (entgegen der Meinung der Beschwerdeführer), nicht nur "faktisch", sondern auch "rechtlich". Mit anderen Worten: Das Vorbringen der Beschwerdeführer gibt keinen Anlaß, diesbezüglich den Umfang der rechtskräftigen Straßenbaubewilligung in Zweifel zu ziehen.

Sofern die Beschwerdeführer - die im Straßenbaubewilligungsverfahren und im daran anschließenden Vorstellungs - und Beschwerdeverfahren erklärt hatten, dieser "faktischen Abtretung" zugestimmt zu haben - nun vorbringen, daß ihnen der betreffende, "faktisch abgetretene" Grundstreifen (dessen Breite teils mit 1 m, teils mit 1,10 bis 1,60 m, teils mit 1,60 m angegeben wird) "ohne Rechtstitel abhanden gekommen" sei, ist ihnen zu entgegnen, daß im vorliegenden Beschwerdeverfahren ein anderer, nämlich der angrenzende Grundstreifen mit einem Ausmaß von 68 m2 verfahrensgegenständlich ist, sodaß die Rechtsnatur dieses "Abhandenkommens" im vorliegenden Beschwerdeverfahren ebenso dahingestellt bleiben kann, wie die Frage, ob hinsichtlich dieses "abhanden gekommenen" Streifens - der ja, folgt man dem Vorbringen, bereits Teil der fraglichen Gemeindestraße ist (vgl. § 3 TStG 1989) - die Durchführung eines gesonderten Enteignungsverfahrens erforderlich wäre. Ein untrennbarer rechtliche Zusammenhang zum hier streitgegenständlichen Grundstreifen besteht insofern nicht.

Da der hier gegenständliche Grundstreifen von 68 m2 von der rechtskräftigen Straßenbaubewilligung umfaßt ist, ist der Bedarf im Sinne des § 62 Abs. 1 lit. a gemäß § 62 Abs. 2 TStG 1989 nachgewiesen. Auch die übrigen Enteignungsvoraussetzungen liegen vor (was die Beschwerdeführer nicht in Zweifel ziehen).

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, daß sie keine Gelegenheit gehabt hätten, zu den Schätzungsgutachten betreffend den Wert des Grundstückes als auch den Wert der Bepflanzungen Stellung zu nehmen; die zuerkannte Entschädigungssumme sei zu gering. Dem ist entgegenzuhalten, daß das Vorbringen vom Beschwerdepunkt nicht umfaßt ist, der - zutreffend - nur die Enteignung selbst betrifft und das Gesetz (§ 74 TStG 1989) diesbezüglich (Neufestsetzung der Entschädigungssumme) die Kompetenz der ordentlichen Gerichte vorsieht. Ansonsten vermögen die Beschwerdeführer mit diesen Ausführungen eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides hinsichtlich des Ausspruches der Enteignung (an sich) nicht aufzuzeigen.

Demnach war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

III. Gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG konnte von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Es kann unter Berücksichtigung der geltend gemachten Beschwerdegründe angesichts der aufgezeigten, klaren Rechtslage nämlich nicht davon ausgegangen werden, daß eine mündliche Verhandlung geeignet wäre, eine Änderung des Ergebnisses herbeizuführen.

IV. Die Kostenentscheidung beruht in beiden Fällen auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

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