VwGH 90/06/0092

VwGH90/06/009217.5.1991

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Draxler und die Hofräte Dr. Leukauf und Dr. Giendl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Gritsch, über die Beschwerde des N gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 5. Juni 1990, Zl. 03-12 Pe 85-90/8, betreffend Übertretung der Bauordnung, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BauO Stmk 1968 §69;
BauO Stmk 1968 §73 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art131 Abs1;
GdO Stmk 1967 §94 Abs3;
VerfGG 1953 §85 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §65;
VwGG §30 Abs1;
VwRallg;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §59 Abs1;
AVG §66 Abs4;
AVG §68 Abs1;
BauO Stmk 1968 §69;
BauO Stmk 1968 §73 Abs1;
B-VG Art119a Abs5;
B-VG Art131 Abs1;
GdO Stmk 1967 §94 Abs3;
VerfGG 1953 §85 Abs1;
VStG §44a lita;
VStG §44a Z1 impl;
VStG §44a Z1;
VStG §65;
VwGG §30 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird im Ausspruch über die Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben; im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 11.510,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 27. Juni 1989 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe auf seinem Objekt A-Straße 3, B, zu dem bestehenden landwirtschaftlichen Stallgebäude einen Zubau errichtet und diesen Zubau in der Zeit von zumindest 30. März 1989 bis 19. Juni 1989 benützt, indem in diesem Zubau Rinder untergebracht gewesen seien, obwohl er für diesen Zubau von der Baubehörde keine Benützungsbewilligung erhalten habe, und dadurch eine Übertretung nach § 73 in Verbindung mit § 69 Abs. 3 der Stmk. Bauordnung 1968 (BO) begangen. Gemäß § 73 BO wurde über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von zehn Tagen) verhängt. Dagegen erhob der Beschwerdeführer rechtzeitig Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 5. Juni 1990 wurde auf Grund der Berufung der Abspruch der ersten Instanz dahingehend abgeändert, daß als Tatzeit der Zeitraum vom 1. Juni 1989 bis 19. Juni 1989 dem Straferkenntnis zugrunde gelegt wurde; im übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft bestätigt. Weiters wurde ausgesprochen, der Beschwerdeführer habe gemäß § 64 Abs. 1 und Abs. 2 VStG zusätzlich zu den erstinstanzlichen Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von S 1.000,-- weitere S 1.000,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten. In der Begründung führte die belangte Behörde nach kurzer Wiedergabe des Straferkenntnisses erster Instanz und des Berufungsvorbringens aus, es handle sich um einen Zubau von ca. 160 m2 im Anschluß an ein Stallgebäude von rund 150 m2. Dieser Zubau bedürfe zufolge seiner Größe einer Baubewilligung nach § 57 Abs. 1 BO. Dem Beschwerdeführer sei auf sein Ansuchen mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde B vom 23. November 1987 die (nachträgliche) Baubewilligung erteilt worden. Dagegen habe er wegen der Vorschreibung von Auflagen Berufung erhoben. Dieser Berufung sei mit Bescheid des Gemeinderates vom 29. Mai 1989 keine Folge gegeben worden. Der Berufungsbescheid sei dem Beschwerdeführer am 31. Mai 1989 zugestellt worden. Der Beschwerdeführer habe dagegen Vorstellung erhoben, welche mit Bescheid der Landesregierung vom 8. November 1989 abgewiesen worden sei. Gemäß § 69 Abs. 1 BO habe der Bauwerber die Vollendung der Bauausführung der Behörde anzuzeigen und um die Endbeschau anzusuchen. Gemäß Abs. 3 BO habe die Baubehörde auf Grund der Endbeschau mit schriftlichem Bescheid darüber zu entscheiden, ob und von welchem Zeitpunkt an der Bau benützt werden dürfe. Ein Zuwiderhandeln gegen § 69 BO liege vor, wenn der Bau bereits vor Erteilung der Benützungsbewilligung benützt werde. Gemäß § 73 Abs. 1 BO sei ein Zuwiderhandeln gegen § 69 BO mit Geldstrafe bis zu S 200.000,-- oder Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Der Beschwerdeführer bestreite nicht die Verwendung ohne Vorliegen einer Benützungsbewilligung. Allerdings sei zum Tatzeitraum zu bemerken, daß laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Bestrafung wegen Benützens ohne Benützungsbewilligung das Vorliegen einer Baubewilligung voraussetze. Die vom Beschwerdeführer gegen die in erster Instanz erteilte Baubewilligung erhobene Berufung sei mit Bescheid des Gemeinderates vom 29. Mai 1989 abgewiesen worden. Die Zustellung des Bescheides an den Beschwerdeführer sei am 31. Mai 1989 erfolgt. Mit dieser Zustellung sei die Baubewilligung rechtskräftig geworden. Daran habe auch die vom Beschwerdeführer erhobene Vorstellung nichts zu ändern vermocht, weil dem außerordentlichen Rechtsmittel der Vorstellung auch kraft Gesetzes keine aufschiebende Wirkung zukomme. Dem Beschwerdeführer sei nicht zuzustimmen, daß zufolge der am 12. Juni 1989 erhobenen Vorstellung keine rechtskräftige Baubewilligung vorliege. Es sei vielmehr mit der am 31. Mai 1989 erfolgten Zustellung des Berufungsbescheides eine rechtskräftige Baubewilligung vorgelegen. Eine Bestrafung wegen Benützens ohne Benützungsbewilligung sei daher nach der Rechtsprechung erst ab 1. Juni 1989 zulässig. Der von der Behörde erster Instanz angenommene Tatzeitraum sei daher auf den Zeitraum vom 1. Juni 1989 bis 19. Juni 1989 einzuschränken gewesen. Es folgen umfangreiche Ausführungen darüber, warum die Einschränkung des Tatzeitraumes eine Herabsetzung der Geldstrafe dennoch nicht rechtfertige.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift beantragt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie der Beschwerdeführer selbst einräumt, ist die Baubewilligung durch die Zustellung des Berufungsbescheides des Gemeinderates an ihn formell rechtskräftig und vollstreckbar geworden. Seiner Meinung, da er aber dagegen (wegen vorgeschriebener Auflagen) Vorstellung erhoben habe, könne ihm nicht angelastet werden, er hätte um die Benützungsbewilligung einkommen müssen, um den Stall verwenden zu können, kommt jedoch keine Berechtigung zu.

Mit der unbestritten am 31. Mai 1989 erfolgten Zustellung des Bescheides des Gemeinderates vom 29. Mai 1989 ist die erteilte Baubewilligung in Rechtskraft erwachsen. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß allenfalls die Rechtswirksamkeit durch eine Entscheidung der Gemeindeaufsichtsbehörde später aufgehoben werden kann. Die Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde steht ebenso wie die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof dem Eintritt der Rechtskraft nicht entgegen (vgl. Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. Aufl., Anm. 5 zu § 68 AVG, S. 577). Bei der Vorstellung an die Aufsichtsbehörde handelt es sich um kein ordentliches Rechtsmittel. Ab dem Vorliegen der rechtskräftigen Baubewilligung ist daher die Verwendung des errichteten Gebäudes ohne Vorliegen einer Benützungsbewilligung nach §§ 73 Abs. 1 in Verbindung mit § 69 BO als Verwaltungsübertretung strafbar. Da einem Bauwerber zuzumuten ist, sich die Kenntnis der einschlägigen Bauvorschriften zu verschaffen, ist auch die subjektive Tatseite gegeben. Im übrigen wurde der Beschwerdeführer schon mit Schreiben des Bürgermeisters vom 6. April 1989 ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß er sich durch die bewilligungslose Benützung des Stalles strafbar mache. Dem Beschwerdeführer wäre es - entgegen seinem Vorbringen - zumutbar gewesen, die Erlangung der Benützungsbewilligung abzuwarten. Der Schuldspruch erweist sich daher als rechtsrichtig.

Die belangte Behörde hat sich in der Begründung des angefochtenen Bescheides ausführlich damit auseinandergesetzt, warum sie trotz der Einschränkung des Tatzeitraumes die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe für schuldangemessen erachtete. Dem vermochte der Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen in der Beschwerde nicht wirksam entgegenzutreten, zumal er konkrete Ausführungen über seine tatsächlichen Einkommensverhältnisse unterließ. Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher nicht zu finden, daß der Strafausspruch mit Rechtswidrigkeit belastet ist.

Die belangte Behörde hat jedoch, obwohl sie den Tatzeitraum wesentlich eingeschränkt hat, dem Beschwerdeführer auch den Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt. Bei der Einschränkung des Tatzeitraumes handelt es sich nicht etwa um eine bloße Modifizierung des Schuldspruches, sondern um eine Einschränkung des von der Behörde erster Instanz auf Grund einer unzutreffenden Rechtsansicht angenommenen strafbaren Tatzeitraumes. Der belangten Behörde war es daher verwehrt, dem Beschwerdeführer auch den Ersatz der Kosten des Berufungsverfahrens im Sinne des § 65 VStG aufzuerlegen (vgl. z. B. die bei Hauer-Leukauf, a.a.O., zu § 65 VStG unter E. 1 wiedergegebene Judikatur, S. 1100).

Der angefochtene Bescheid war daher im Ausspruch über die Kosten des Strafverfahrens gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, im übrigen aber war die Beschwerde in Ansehung des Schuldspruches und des Strafausspruches gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff. VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991.

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