Normen
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
LAO Wr 1962 §251;
VStG §21 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
AVG §58 Abs2;
LAO Wr 1962 §251;
VStG §21 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
1) zu Recht erkannt:
Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrenvorschriften aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 22.870,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
2) den Beschluß gefaßt:
Die mit Schriftsatz vom 17. Februar 1992 eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 26. September 1991, Zl. MDR-Vfr-E31/90/Str, in der Fassung des Berichtigungsbescheides vom 15. Jänner 1992, betreffend Verwaltungsübertretungen in Marktgebührenangelegenheiten, wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit zwei gesonderten Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Februar 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als verantwortlicher Geschäftsführer einerseits der XY-GesmbH. (Bescheid I, in der Folge von der belangten Behörde als Punkt I bezeichnet) und andererseits der N-GmbH. (Bescheid II, in der Folge von der belangten Behörde als Punkt II bezeichnet) für den Marktstand in W, B-Markt 27 bzw. 32, jeweils die Marktgebühr für Oktober 1987, fällig gewesen am 15. Oktober 1987, bis zum 20. Oktober 1987 nicht entrichtet und bis dahin auch die Gründe für die Nichtentrichtung der Abgabe der Abgabenbehörde nicht bekanntgegeben. Der Beschwerdeführer habe dadurch jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen (Verletzung der Vorschriften des § 251 Abs. 1 lit. a WAO und des § 9 Abs. 1 VStG). Über den Beschwerdeführer wurde deswegen gemäß § 251 Abs. 2 WAO jeweils eine Geldstrafe, und zwar einerseits in der Höhe von S 15.400,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage) und andererseits in der Höhe von S 3.600,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) verhängt.
Den dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen gab die belangte Behörde mit Berufungsbescheid vom 18. Jänner 1989 jeweils in der Schuldfrage nicht Folge, setzte jedoch die Strafen in Anwendung des § 51 Abs.4 VStG auf einerseits S 7.700,-- und auf andererseits S 1.800,-- herab.
Mit Erkenntnis vom 21. September 1990, Zl. 89/17/0040, hat der Verwaltungsgerichtshof den mit Beschwerde angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Um Wiederholungen zu vermeiden, wird insofern auf die Entscheidungsgründe des genannten Erkenntnisses verwiesen.
Im fortgesetzten Verfahren teilte der Beschwerdeführer über Aufforderung der belangten Behörde mit, daß die Änderung des Dauerauftrages zwar erst im Dezember (1987) erfolgt sei, er habe aber im November die erhöhte Gebühr und den Rückstand für Oktober mittels Überweisungsauftrag angewiesen. Er verfüge über ein Monatsseinkommen von S 30.000,-- brutto zuzüglich S 6.000,-- Diäten, habe kein Vermögen und sei sorgepflichtig für drei Kinder und seine Ehegattin.
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid bestätigte die belangte Behörde im fortgesetzten Verfahren erneut die Straferkenntnisse des Magistrates der Stadt Wien mit der Abänderung,
"daß in den Sprüchen zwischen die Worte "verantwortlicher Geschäftsführer" das Wort "handelsrechtlicher" einzufügen ist; weiters hat die zu Punkt I angeführte GesmbH. richtig "XYZ-GesmbH" zu lauten, die Strafen jedoch in Anwendung des § 51 Abs. 4 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) auf je S 500,--, bei Uneinbringlichkeit je 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe herabgesetzt und gemäß § 64 VStG der erstinstanzliche Kostenbeitrag auf je S 50,-- ermäßigt (werden)."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften (mit Schriftsatz vom 3. Dezember 1991) erhobene Beschwerde.
Mit Bescheid vom 15. Jänner 1992 berichtigte die belangte Behörde gemäß § 62 Abs. 4 AVG den Spruch des oben zitierten Berufungsbescheides dahin,
daß es auf Seite 2 des Berufungsbescheides richtig zu lauten hat: "weiters hat die zu Punkt II angeführte GesmbH richtig "XYZ-GesmbH" zu lauten".
In der Begründung führte die belangte Behörde aus, daß ein nach § 62 Abs. 4 AVG berichtigbarer Fehler unterlaufen sei, zumal aus der Aktenlage eindeutig hervorgehe, daß der "Name der N-GesmbH. in XYZ-GesmbH." abgeändert worden sei. Somit liege eine offenbar auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit vor.
Gegen den genannten Berichtigungsbescheid und gegen den durch diesen Bescheid berichtigten Berufungsbescheid richtet sich die mit Schriftsatz vom 17. Februar 1992 eingebrachte Beschwerde, in der der Berichtigungsbescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, der Berufungsbescheid in der Fassung des Berichtigungsbescheides wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes angefochten werden.
Die belangte Behörde legte jeweils die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat die Verbindung der in Rede stehenden Rechtssachen wegen ihres persönlichen, sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung beschlossen und erwogen:
Die belangte Behörde stützt die Erlassung des Berichtigungsbescheides darauf, es gehe aus der Aktenlage eindeutig hervor, daß der Name der N-GmbH. in XYZ-GesmbH. abgeändert worden sei.
Dagegen wendet der Beschwerdeführer ein, daß eine derartige Aktenlage für ihn neu gewesen sei, da das gesamte bisherige Verfahren gegen ihn als Geschäftsführer der N-GmbH. geführt worden sei. Keinesfalls könne eine offenbar aus einem Versehen beruhende für ihn klar erkennbare Unrichtigkeit des Berufungsbescheides angenommen werden.
Gemäß § 24 VStG gilt das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz auch im Verwaltungsstrafverfahren, soweit sich aus diesem Gesetz nicht anderes ergibt.
Gemäß § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde Schreib- und Rechenfehler oder diesen gleichzuhaltende, offenbar auf einem Versehen oder offenbar ausschließlich auf technisch mangelhaftem Betrieb einer automationsunterstützten Datenverarbeitungsanlage beruhende Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen berichtigen.
Die Anwendung des § 62 Abs. 4 AVG setzt einen fehlerhaften Verwaltungsakt mit der Maßgabe voraus, daß eine auf einem Versehen beruhende Unrichtigkeit sowie deren Offenkundigkeit gegeben ist. Die Berichtigung ist auf jene Fälle der Fehlerhaftigkeit von Bescheiden eingeschränkt, in denen die Unrichtigkeit eine offenkundige ist, wobei es allerdings ausreichend ist, wenn die Personen, für die der Bescheid bestimmt ist, die Unrichtigkeit des Bescheides erkennen können, und die Unrichtigkeit ferner von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Erlassung des Bescheides hätte vermieden werden können (vgl. hg. Erkenntnis vom 31. Jänner 1990, 89/03/0073, 0074).
Nach Ansicht des Gerichtshofes weist der Berichtigungsbescheid keine ausreichende Begründung für die Vornahme einer Berichtigung auf. Die belangte Behörde hat es insbesondere unterlassen, darzutun, um welche offensichtlichen Versehen im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG, die im übrigen auch aus der Aktenlage nicht zu ersehen sind, es sich handelt.
Der angefochtene Berichtigungsbescheid erweist sich auf Grund dieser Begründungsmängel mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den im ersten Rechtsgang angefochtenen Bescheid deswegen aufgehoben, weil es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 251 Abs. 1 lit. a WAO nicht um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinn des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG handle. Demgegenüber sei die belangte Behörde aber erst auf Grund der für Ungehorsamsdelikte typischen Beweislastumkehr zur Annahme eines Verschuldens des Beschwerdeführers gelangt.
Im angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde das Verschulden des Beschwerdeführers damit begründet, daß kein Anhaltspunkt für die Annahme bestehe, daß der Beschwerdeführer subjektiv nicht zur Entrichtung der Abgabenschuld befähigt und die Beachtung der Rechtsvorschrift ihm nicht zumutbar gewesen wäre. Es habe kein Hindernis bestehen können, die Geldüberweisungen rechtzeitig vorzunehmen.
Die Behörde hat dem Beschuldigten nicht nur die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes, sondern auch das Verschulden nachzuweisen und hat dies zu begründen. Die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Ausführungen über das Vorliegen des Verschuldens des Beschwerdeführers erweisen sich aber als unzureichend, weil bei Ausschluß der von der belangten Behörde im Bescheid angeführten Umstände allein ein Verschulden noch keineswegs vorliegen muß.
Wenn die belangte Behörde aber von einem Verschulden ausgehen sollte, dann hätte sie im vorliegenden Fall auf Grund der nur kurze Zeit später erfolgten Zahlung des Abgabenbetrages und der besonderen Umstände des Falles zu prüfen gehabt, ob das - konkret zu begründende - Verschulden des Beschwerdeführers allenfalls nur geringfügig war und daher die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe nach § 21 VStG vorlagen. Die in der Bescheidbegründung vorgenommene Beurteilung, das Verschulden des Beschwerdeführers sei nicht geringfügig im Sinne der zitierten Bestimmung, erweist sich deshalb als unzureichend, weil die Frage, ob ein Verschulden bloß geringfügig ist, erst beantwortet werden kann, wenn dargelegt ist, worin das Verschulden besteht.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher auf Grund dieser Begründungsmängel mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Mit Schriftsatz vom 17. Februar 1992 (hg. Zl. 92/17/0074) hat der Beschwerdeführer im Zusammenhang mit der Beschwerde gegen den Berichtigungsbescheid neuerlich auch eine Beschwerde gegen den "Berufungsbescheid" in der Fassung des Berichtigungsbescheides" eingebracht. Da dieser Berichtigungsbescheid vom Gerichtshof als rechtswidrig erkannt und aufgehoben worden ist, war der Berufungsbescheid in seiner ursprünglichen Fassung der verwaltungsgerichtlichen Überprüfung zu unterziehen.
Mit der Einbringung der erstgenannten Beschwerde ist das Beschwerderecht in der Sache erschöpft, sodaß die nachfolgende Beschwerde in derselben Sache infolge der Erschöpfung des Beschwerderechtes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluß zurückzuweisen war (vgl. hg. Beschluß vom 14. Mai 1992, Zl. 92/16/0081, 0082).
Von der Durchführung der beantragten Verhandlungen konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 1 und Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 104/1991. Da die Schriftsätze im vorliegenden Verfahren nur in zweifacher Ausfertigung einzubringen waren, war das Mehrbegehren für den Stempelaufwand (dritte Ausfertigung) abzuweisen.
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