Normen
ABGB §905;
B-VG Art101;
B-VG Art15 Abs1;
LAO Wr 1962 §251 Abs1 lita;
Marktgebührentarif Wr 1980 §3 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
ABGB §905;
B-VG Art101;
B-VG Art15 Abs1;
LAO Wr 1962 §251 Abs1 lita;
Marktgebührentarif Wr 1980 §3 Abs2;
VStG §44a lita;
VStG §5 Abs1;
VStG §9 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Die Bundeshauptstadt Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 10.530,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit zwei gesonderten Bescheiden des Magistrates der Stadt Wien vom 1. Februar 1988 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als verantwortlicher Geschäftsführer einerseits der Blumenmarkt GesmbH und andererseits der Blumenland-GesmbH für den Marktstand in Wien, jeweils die Marktgebühr für Oktober 1987, fällig gewesen am 15. Oktober 1987, bis zum 20. Oktober 1987 nicht entrichtet und bis dahin auch die Gründe für die Nichtentrichtung der Abgabe der Abgabenbehörde nicht bekanntgegeben. Der Beschwerdeführer habe dadurch jeweils eine Verwaltungsübertretung begangen (Verletzung der Vorschriften des § 251 Abs. 1 lit. a WAO und des § 9 Abs. 1 VStG 1950). Über den Beschwerdeführer wurde deswegen gemäß § 251 Abs. 2 WAO jeweils eine Geldstrafe, und zwar einerseits in Höhe von S 15.400,-- (Ersatzarreststrafe: 15 Tage) und andererseits in Höhe von S 3.600,-- (Ersatzarreststrafe: vier Tage) verhängt.
Den dagegen vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen gab die belangte Behörde mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid jeweils in der Schuldfrage nicht Folge, setzte jedoch die Strafen in Anwendung des § 51 Abs. 4 VStG 1950 auf einerseits S 7.700,-- und auf andererseits S 1.800,-- herab. Begründend führte die belangte Behörde nach Zitat der einschlägigen Rechtsvorschriften im wesentlichen aus, nach der Aktenlage stehe fest, der Beschwerdeführer habe als Geschäftsführer bei den oben genannten abgabenpflichtigen Gesellschaften die Marktgebühr für den Monat Oktober 1987 nicht jeweils spätestens am fünften Tag nach Fälligkeit der Abgabe am 15. Oktober 1987 entrichtet und auch bis dahin die Gründe der nicht zeitgerechten Entrichtung der Abgabenbehörde nicht bekanntgegeben. Da die Voraussetzungen des zweiten Satzes des § 5 Abs. 1 VStG 1950 bei der Übertretung des § 251 Abs. 1 lit. a WAO gegeben seien und der Beschwerdeführer ein mangelndes Verschulden nicht glaubhaft gemacht habe, falle ihm jeweils Fahrlässigkeit zur Last. Trotz Erlassung der Bescheide über die Zuweisung der Marktstände erst am 9. Oktober 1987 sei der Beschwerdeführer nicht gehindert gewesen, "die daraus resultierenden Marktgebühren zumindest innerhalb der fünftägigen Frist durch einen Einzelauftrag" zu entrichten. Im Hinblick darauf, daß nach § 251 Abs. 2 WAO die Übertretungen des Abs. 1 lit. a leg. cit. mit Geldstrafen bis S 30.000,-- geahndet würden, seien die verhängten Strafen nicht überhöht. Immerhin sei das Interesse, dem die Strafdrohung diene (die fristgerechte Gebührenentrichtung), gefährdet worden. Das Verschulden des Beschwerdeführers könne auch nicht als geringfügig angesehen werden, da eine Nachzahlung, die eine Bestrafung ausgeschlossen hätte, jedenfalls möglich gewesen sei. Da der Beschwerdeführer seine Erwerbs-, Vermögens- und Familienverhältnisse trotz behördlicher Aufforderung nicht bekannt gegeben habe, hätten diese Verhältnisse geschätzt werden müssen. Die Behörde sei bei der Schätzung von der Annahme ausgegangen, daß der Beschwerdeführer über kein nennenswertes Vermögen verfüge, sein Einkommen auf Grund seiner Stellung als Geschäftsführer zumindest durchschnittlich sei und keine ins Gewicht fallenden Sorgepflichten bestünden. Unter diesem Gesichtspunkt könnten die nunmehr verhängten Strafen nicht als überhöht angesehen werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde. Seinem gesamten Vorbringen zufolge erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht, seines Verhaltens wegen nicht bzw. nur schuldangemessen bestraft zu werden, verletzt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und
eine Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer bringt zunächst vor, im vorliegenden Fall sei der Magistrat der Stadt Wien als unzuständige Behörde eingeschritten; denn gemäß § 27 Abs. 1 VStG 1950 sei zur Entscheidung nur jene Behörde örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden sei. Dies auch dann, wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten sei. Im vorliegenden Fall sei gemäß Abs. 2 der zuletzt zitierten Gesetzesstelle als Tatort jener Ort anzusehen, an dem der Beschwerdeführer hätte handeln sollen. Der Beschwerdeführer meint, daß dies jeweils am nicht in Wien befindlichen Sitz der beiden abgabepflichtigen Gesellschaften hätte erfolgen müssen und daß also jeweils jene Behörde örtlich zuständig gewesen sei, in deren Sprengel der Sitz der abgabepflichtigen Gesellschaft gelegen sei.
Dem hält die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift zutreffend entgegen, daß es sich bei der Marktgebühr um eine als Bringschuld aufzufassende Abgabenschuld handelt. Bei einer solchen muß der Schuldner seine Leistung am Wohnsitz bzw. Sitz des Gläubigers erbringen (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts, I5, S 190). Der Beschwerdeführer hätte daher jeweils am Sitz des Abgabengläubigers in Wien handeln müssen, sodaß Wien als Tatort gemäß § 27 Abs. 2 VStG 1950 feststehe. Im übrigen wäre es auch verfassungsrechtlich unzulässig, wenn bei einem Wiener Landesgesetz die Behörde eines anderen Bundeslandes zur Vollziehung berufen wäre (vgl. Hellbling, Kommentar zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen II, S 28). Dies komme auch in der Regelung des § 29a letzter Satz VStG 1950 zum Ausdruck, wonach in den Angelegenheiten der Landesverwaltung das Strafverfahren nur auf eine Behörde im selben Bundesland übertragen werden könne.
Der vom Beschwerdeführer erhobene Vorwurf der örtlichen Unzuständigkeit des Magistrates der Stadt Wien besteht daher nicht zu Recht.
Der Beschwerdeführer bringt weiters vor, der Wiener Marktgebührentarif 1980 treffe im § 3 Abs. 2 keine Regelung für den Fall, daß die Zuweisung oder die Ermöglichung der Benützung eines Marktplatzes innerhalb eines Monates erfolge. Die Bestimmung, daß Gebühren "für jeweils einen Monat im voraus" fällig sind, regle die Zahlung der Gebühren für ganze Monate nach der Zuweisung von Marktplätzen, enthalte aber keine Regelung für den hier jeweils vorliegenden Fall, daß die Zuweisung innerhalb eines Monates stattgefunden habe. Demgemäß finde auf die Marktgebühren des Monates Oktober 1987, deren Höhe vom Beschwerdeführer im voraus nicht hätte bestimmt werden können, die Regelung des § 3 Abs. 3 des Marktgebührentarifes 1980 Anwendung, wonach die Abgabe erst mit der Mitteilung ihrer Höhe durch die Behörde fällig werde. Eine solche Mitteilung sei jedoch in den vorliegenden Fällen nicht erteilt worden.
Die maßgebenden Bestimmungen des § 3 Abs. 2 und 3 des Wiener Marktgebührentarifes 1980 lauten wie folgt:
"(2) Werden Marktplätze oder Markteinrichtungen voraussichtlich länger als einen Monat benützt, so werden die Gebühren für jeweils einen Monat im voraus fällig und sind bis zum 15. dieses Monats zu entrichten. Im Falle einer Zuweisung eines Marktplatzes (Markteinrichtung) gemäß § 19 Abs. 1 oder § 21 der Marktordnung 1976 besteht die Verpflichtung zur Bezahlung der Gebühr bis zu jenem Zeitpunkt, zu dem der Marktplatz (Markteinrichtung) in geräumtem Zustand dem Magistrat übergeben oder durch den Magistrat gemäß § 25 Abs. 3 der Marktordnung 1976 geräumt wird.
(3) Soweit Marktgebühren in ihrer Höhe im voraus nicht bestimmt werden können, werden sie mit der Mitteilung ihrer Art und Höhe an den Zahlungspflichtigen fällig und sind sofort zu entrichten."
In den vorliegenden Fällen geht aus der Aktenlage hervor, daß der Marktplatz den abgabenpflichtigen Gesellschaften jeweils per 1. Oktober 1987 zugewiesen worden ist. Der Beschwerdeführer behauptet selbst nicht, das Tatbestandsmerkmal des § 3 Abs. 2 des Marktgebührentarifes 1980 "Werden Marktplätze oder Markteinrichtungen voraussichtlich länger als einen Monat benützt" sei hier nicht erfüllt. Da der die Marktplatzzuweisung vornehmende Bescheid gegenüber den abgabepflichtigen Gesellschaften jeweils noch v o r der Fälligkeit der Marktgebühr für den Monat Oktober 1987 erlassen worden ist und im Beschwerdefall keine Umstände erkennbar sind, aus denen darauf geschlossen werden könnte, daß die Marktgebühr für den Monat Oktober 1987 nicht bestimmbar gewesen ist, liegt auch kein Anwendungsfall des § 3 Abs. 3 Marktgebührentarif 1980 vor; vielmehr findet in den vorliegenden Fällen ausschließlich die Bestimmung des § 3 Abs. 2 des Marktgebührentarifes 1980 Anwendung. Da in dieser Bestimmung auch der 15. eines jeden Monats als Fälligkeitstag bestimmt und nicht eine fünfzehntägige Zahlungsfrist eingeräumt ist, ist der angefochtene Bescheid nicht schon deswegen rechtswidrig, weil die belangte Behörde darin jeweils von einer (selbst zu bemessenden,) AM 15. OKTOBER 1987 IN DER HÖHE EINES MONATSBETRAGES FÄLLIG GEWORDENEN MARKTGEBÜHRENSCHULD der abgabepflichtigen Gesellschaften ausgeht.
Der angefochtene Bescheid ist jedoch aus einem vom Beschwerdeführer nicht geltend gemachten Grund inhaltlich rechtswidrig. Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof erst jüngst in seinen Erkenntnissen vom 6. Juli 1990,
Zlen. 89/17/0002 bis 0004, ausgeführt hat, handelt es sich bei der Verwaltungsübertretung nach § 251 Abs. 1 lit. a WAO nicht um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG 1950. Demgegenüber gelangte die belangte Behörde in den vorliegenden Fällen erst auf Grund der für Ungehorsamsdelikte typischen Beweislastumkehr zur Annahme eines Verschuldens des Beschwerdeführers.
Unter diesen Umständen erübrigte es sich, noch auf die vom Beschwerdeführer nicht angeschnittene, sich aber angesichts der Besonderheiten aufdrängende Frage des Vorliegens der Rechtsvoraussetzungen für das Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG 1950 sowie verneinendenfalls auf das Vorbringen des Beschwerdeführers betreffend seine bei der Strafbemessung im Schätzungsweg zugrundegelegten Erwerbs-, Vermögens- und Familienverhältnisse näher einzugehen. Desgleichen konnte unerörtert bleiben, ob die belangte Behörde nicht rechtswidrig vorgegangen ist, wenn sie bei ihren konkreten Strafzumessungen die nach dem Strafrahmen höchstmögliche Geldstrafe zum Maßstab nahm.
Auf Grund des Gesagten mußte der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben werden.
Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof wurde aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 206/1989. Stempelgebührenersatz war nur hinsichtlich der zur Beschwerdeführung notwendigen Urkunden zuzuerkennen.
Im fortgesetzten Verfahren wird die belangte Behörde auch noch zu prüfen haben, ob gegenständlich ein Fall vorliegt, in dem es nach der Verwaltungsvorschrift darauf ankommt, ob der Beschwerdeführer als handels- oder gewerberechtlicher Geschäftsführer bestraft werden soll; zutreffendenfalls würde die undifferenzierte Bezeichnung "als verantwortlicher Geschäftsführer" im Spruch des Ersatzbescheides den Anforderungen des § 44a lit. a VStG 1950 nicht genügen (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 29. März 1990, Zlen. 86/17/0056 und 89/17/0139).
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