VfGH B706/00

VfGHB706/0024.9.2003

Verletzung im Gleichheitsrecht durch Vorschreibung einer Mindeststeuer für den todeswegigen Erwerb von Grundstücken an den erbserklärten Erben im Fall eines Nachlaßkonkurses; keine Bedenken gegen das im Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz vorgesehene Grunderwerbsteueräquivalent auch bei überschuldetem Nachlaß als Ausgleich für die Steuerbefreiung nach dem Grunderwerbsteuergesetz; Nachlaßkonkurs verfassungskonform jedoch einer grunderwerbsteuerlichen Rückgängigmachung des Erwerbsvorganges gleichzuhalten

Normen

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
ErbStG 1955 §8 Abs4, Abs5
GrEStG 1987 §3 Abs1 Z2
B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art7 Abs1 / Verwaltungsakt
ErbStG 1955 §8 Abs4, Abs5
GrEStG 1987 §3 Abs1 Z2

 

Spruch:

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundesminister für Finanzen) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsvertreters die mit €

2.143,68 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer gab am 10. November 1997 - auf Grund

eines Testaments - die bedingte Erbserklärung zum Nachlaß seines Vaters ab. Im Nachlaß befanden sich ua. land- und forstwirtschaftliches Vermögen mit einem Einheitswert von S 571.253,-- und weitere Grundstücke mit einem Einheitswert von S 9,741.367,--, zusammen also Grundvermögen mit einem Einheitswert von S 10,312.620,--.

Mit Beschluß vom 11. November 1997 nahm das zuständige Bezirksgericht die Erbserklärung an. Am 10. Juli 1998 beantragte die Verlassenschaft, vertreten durch den Beschwerdeführer als Kurator, die Eröffnung des Konkursverfahrens, da die Verlassenschaft überschuldet und zahlungsunfähig sei. Nach der Aktenlage kam es nicht zu einer Einantwortung des Nachlasses.

Mit Bescheid vom 15. Juli 1999 schrieb das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Innsbruck dem Beschwerdeführer Erbschaftssteuer in der Höhe von S 204.752,-- vor (di. 2 % des erbschaftssteuerlich maßgeblichen Wertes der Grundstücke abzüglich eines Ermäßigungsbetrages für land- und forstwirtschaftliches Vermögen von S 1.500,--). Die dagegen erhobene Berufung wies die Finanzlandesdirektion für Tirol mit Bescheid vom 23. Feber 2000 ab.

2.1. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in welcher die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Darin wird ua. ausgeführt, es stehe bereits fest, daß der Beschwerdeführer aus dem Nachlaß nichts erhalten werde, da der Masseverwalter die Liegenschaften des Nachlasses veräußere und mit dem Erlös die Forderungen von Hypothekargläubigern befriedige.

2.2. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie für die Abweisung der Beschwerde eintritt.

3. Die maßgebende Rechtslage stellt sich folgendermaßen dar:

3.1. Gemäß §1 Abs1 Grunderwerbsteuergesetz 1987 BGBl. 309 (GrEStG 1987) unterliegen der Grunderwerbsteuer (GrESt) unter anderem folgende Rechtsvorgänge, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen:

1. ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übereignung begründet,

2. der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist.

§3 GrEStG 1987, der unter der Überschrift "Ausnahmen von der Besteuerung" steht, lautet auszugsweise:

"§3. (1) Von der Besteuerung sind ausgenommen:

1. ...

2. der Grundstückserwerb von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. Nr. 141, in der jeweils geltenden Fassung. Schenkungen unter einer Auflage sowie Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die teils entgeltlich und teils unentgeltlich sind, sind nur insoweit von der Besteuerung ausgenommen, als der Wert des Grundstückes den Wert der Auflage oder der Gegenleistung übersteigt,

3. der Erwerb eines zum Nachlaß gehörigen Grundstückes durch Miterben zur Teilung des Nachlasses, ..."

Gemäß §17 leg.cit. wird die Steuer auf Antrag (ua.) dann nicht festgesetzt oder abgeändert, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts rückgängig gemacht wird.

3.2. Die maßgeblichen Vorschriften des Erbschafts- und Schenkungssteuergesetzes 1955, BGBl. 141 (in der Folge: ErbStG), lauten:

"1. Gegenstand der Steuer

§1. (1) Der Steuer nach diesem Bundesgesetz unterliegen

1. der Erwerb von Todes wegen,

...

§2. (1) Als Erwerb von Todes wegen gilt

1. der Erwerb durch Erbanfall, durch Vermächtnis oder auf Grund eines geltend gemachten Pflichtteilsanspruches;

..."

In dem mit "Berechnung der Steuer" überschriebenen

3. Abschnitt des I. Teiles enthält §8 Abs1 ErbStG den Tarif im engeren Sinne, Abs2 eine Vorschrift über einen Härteausgleich und Abs3 einen speziellen Tarif für Zuwendungen an bestimmte juristische Personen und an Privatstiftungen.

§8 Abs4 bis 6 ErbStG lautet:

"(4) Die sich nach den Abs1 und 2 oder nach dem Abs3 ergebende Steuer erhöht sich bei Zuwendungen

a) an den Ehegatten, einen Elternteil, ein Kind, ein Enkelkind, ein Stiefkind, ein Wahlkind oder ein Schwiegerkind des

Zuwendenden um .................................2 vH

b) an andere Personen um ..............4 vH

des Wertes der durch die Zuwendung erworbenen Grundstücke.

(5) Die sich nach den Abs1, 2 und 4 oder nach den Abs3 und 4 ergebende Steuer darf im Falle des Abs4 lita nicht weniger als 2 vH, im Falle des Abs4 litb nicht weniger als 4 vH des Wertes der erworbenen Grundstücke betragen.

(6) Wird durch die Zuwendung auch land- und forstwirtschaftliches Vermögen erworben, so ermäßigt sich die nach den Abs1, 2 und 4 errechnete Steuer, soweit sie auf land- und forstwirtschaftliches Vermögen entfällt, um 1.500 S."

Diese Fassung hat §8 Abs4 und 5 durch Art48 Z1 und 2 StrukturanpassungsG 1996 BGBl. 201 erhalten; sie ist gemäß §34 Abs1 Z2 ErbStG idF Art48 Z4 StrukturanpassungsG 1996 "auf alle Vorgänge anzuwenden, für die die Steuerschuld nach dem 31. Mai 1996 entsteht".

Durch Art15 Z2 und 2a BudgetbegleitG 2001, BGBl. I 142/2000, wurde in §8 Abs4 litb und Abs5 ErbStG jeweils der Ausdruck "4 vH" durch den Ausdruck "3,5 vH" ersetzt. Gemäß §34 Abs1 Z5 ErbStG idF Art15 Z6 BudgetbegleitG 2001 sind diese Änderungen nur bei Rechtsvorgängen maßgeblich, "für die die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 2000 entsteht", sohin für den Beschwerdefall nicht relevant. Das Gleiche gilt für die Änderung der Betragsangabe in §8 Abs6 ErbStG durch ArtVIII Z1 Euro-SteuerumstellungsG (EuroStUG 2001), BGBl. I 59/2001, die gemäß §34 Abs1 Z7 ErbStG idF ArtVIII Z2 EuroStUG 2001 auf Rechtsvorgänge anzuwenden ist, für welche die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 2001 entsteht.

Für die Wertermittlung besagen §§18 und 19 Abs1 und 2 ErbStG:

"§18. Für die Wertermittlung ist, soweit in diesem Gesetze nichts anderes bestimmt ist, der Zeitpunkt des Entstehens der Steuerschuld maßgebend.

§19. (1) Die Bewertung richtet sich, soweit nicht im Abs2 etwas Besonderes vorgeschrieben ist, nach den Vorschriften des Ersten Teiles des Bewertungsgesetzes (Allgemeine Bewertungsvorschriften).

(2) Für inländisches land- und forstwirtschaftliches Vermögen, für inländisches Grundvermögen und für inländische Betriebsgrundstücke ist der Einheitswert maßgebend, der nach den Vorschriften des Zweiten Teiles des Bewertungsgesetzes (Besondere Bewertungsvorschriften) auf den dem Entstehen der Steuerschuld unmittelbar vorausgegangenen Feststellungszeitpunkt festgestellt ist oder festgestellt wird."

§19 Abs2 wurde durch Art15 Z4 BudgetbegleitG 2001 neu gefaßt; gemäß §34 Abs1 Z5 ErbStG idF Art15 Z6 BudgetbegleitG 2001 ist die Neufassung aber erst auf Rechtsvorgänge anzuwenden, für welche die Steuerschuld nach dem 31. Dezember 2000 entsteht.

§20 ErbStG, der unter der Überschrift "Steuerpflichtige Erwerbe" steht, ordnet in seinem Abs1 erster Satz an:

"Als Erwerb gilt, soweit nichts anderes vorgeschrieben ist, der gesamte Vermögensanfall an den Erwerber."

Nach §33 ErbStG ist die Steuer zu erstatten,

a) wenn und insoweit eine Schenkung widerrufen wurde und deshalb das Geschenk herausgegeben werden mußte;

b) wenn und insoweit ein Erwerb von Todes wegen herausgegeben werden mußte, eine Änderung der Steuer nicht mehr möglich ist und das herausgegebene Vermögen beim Empfänger einen Erwerb von Todes wegen darstellt.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde ua. dann verletzt, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht oder wenn die Behörde der angewandten Rechtsvorschrift fälschlich einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat (zB VfSlg. 9902/1983 mwN). Letzteres trifft im vorliegenden Fall zu:

2. §3 Abs1 Z2 GrEStG 1987 nimmt Grundstückserwerbe von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden im Sinne des ErbStG von der Besteuerung nach dem GrEStG 1987 aus. §8 ErbStG sieht jedoch bei Zuwendungen von Grundstücken in Abs4 eine Erhöhung der sich nach dem Tarif des §8 Abs1 und 2 ErbStG ergebenden Steuer vor und gestaltet diesen Zuschlag in Abs5 als Mindeststeuer, die somit auch dann zu entrichten ist, wenn sich im übrigen eine Erbschaftssteuerschuld nicht ergibt. Letzteres trifft vor allem bei (rechnerischer) Überschuldung des Nachlasses zu (so auch die ständige Rechtsprechung des VwGH: 24.6.1982, 81/15/0119; 30.6.1988, 87/16/0010; 27.6.1991, 90/16/0097; 25.6.1992, 91/16/0045).

Die Funktion und Rechtfertigung des Zuschlags nach §8 Abs4 und 5 ErbStG wird in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und in der Lehre darin gesehen, einen Ausgleich für die nach §3 Abs1 Z2 GrEStG 1987 (bzw. seine Vorgängerbestimmungen) entfallende Grunderwerbsteuerpflicht zu schaffen (zB VwGH 5.11.1962, 437/61, Slg. 2732 F: "Ersatz für eine entgehende Grunderwerbsteuer"; VwGH 24.6.1982, 81/15/0119: "Äquivalent für die auf Grund der Grunderwerbsteuerbefreiung des §3 Z2 GrEStG entgangene GrESt";

Gassner, Anteilsvereinigung im Grunderwerbsteuerrecht [1970] 101;

Briem, Das Grunderwerbsteuer-Äquivalent, NZ 1989, 118 (118 f.);

Stoll, Rentenbesteuerung4 [1997] 760; Dorazil/Taucher, ErbStG4 §8 Tz 6.1; Doralt/Ruppe, Steuerrecht II4 [2001] Rz 124). Dem entspricht die gängige Bezeichnung des Zuschlags als "Grunderwerbsteueräquivalent".

Im Schrifttum wird das Grunderwerbsteueräquivalent als "Objektsteuer" qualifiziert (Stoll, Rentenbesteuerung4, 761:

"objektsteuerartig"; Briem, NZ 1989, 122: "Objektsteuercharakter"), ähnlich wie die Grunderwerbsteuer (Stoll, Schenkungssteuerrechtliche Einheits- oder Individualerfassung einer unentgeltlichen Übertragung mehrerer Grundstücke durch einen einheitlichen Rechtsvorgang, ÖStZ 1981, 226 [227]), während die Erbschafts- und Schenkungssteuer als Personensteuer ausgestaltet ist (Stoll, ÖStZ 1981, 227; Doralt/Ruppe II4 Rz 104). Der Verwaltungsgerichtshof hat (dementsprechend) das Grunderwerbsteueräquivalent als "einen Einbruch des Grunderwerbsteuerrechtes in das Erbschaftssteuerrecht" bezeichnet (VwGH 28.11.1956, 2749/54, Slg. 1538 F; ähnlich 18.9.1957, 1744/55).

3.1. Der Verfassungsgerichtshof hegt grundsätzlich keine Bedenken dagegen, daß §8 Abs4 ErbStG beim (unentgeltlichen) Erwerb von Grundstücken einen Zuschlag vorsieht und diesen in Abs5 leg.cit. als Mindeststeuer ausgestaltet: Es steht dem Gesetzgeber frei, Grundstückserwerbe entgeltlicher wie unentgeltlicher Art umfassend einer objektsteuerartigen Verkehrsteuer zu unterwerfen. Es wäre dem Gesetzgeber daher unbenommen, auch unentgeltliche Grundstückserwerbe prinzipiell in die Steuerpflicht nach dem GrEStG 1987 einzubeziehen und auf der anderen Seite die durch einen unentgeltlichen Grundstückserwerb eintretende Bereicherung im Rahmen der Erbschaftssteuer (als Personensteuer) zu erfassen. Wenn der Gesetzgeber daher in §3 GrEStG 1987 die Grundstückserwerbe von Todes wegen und Grundstücksschenkungen unter Lebenden von der Besteuerung nach diesem Gesetz ausnimmt, so liegt es in seinem steuerpolitischen Gestaltungsspielraum, diese Erwerbe im Bereich der Erbschaftssteuer einer höheren Besteuerung zu unterwerfen, um auf diese Weise den Entfall der Grunderwerbsteuer auszugleichen. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Doppelbesteuerung kann in dieser Vorgangsweise nicht erblickt werden, solange die Erfassung von Grundstückserwerben nach den beiden Steuern in sich sachlich ist. Es erscheint daher auch unbedenklich, daß dieses Grunderwerbsteueräquivalent auch bei einem überschuldeten Nachlaß vorzuschreiben ist, solange der Erbe oder sonstige Rechtsnachfolger tatsächlich ein Grundstück erwirbt (mag er auch keine Bereicherung erfahren).

3.2. Nach Auffassung der Beschwerde widerspricht die Vorschreibung einer Mindeststeuer im Fall eines überschuldeten Nachlasses und eines Nachlaßkonkurses jedoch grundlegenden Ordnungsprinzipien des Erbschaftssteuerrechts, nämlich dem Bereicherungsgrundsatz und dem Prinzip der zivilrechtlichen Anknüpfung. Die belangte Behörde hält dem in ihrer Gegenschrift entgegen, daß nach §2 Abs1 Z1 ErbStG der Erbanfall und nicht der Erwerb der Erbschaft den Gegenstand der Besteuerung bilde. Der Erbanfall trete dabei schon mit der Erbserklärung und nicht erst mit der Einantwortung ein. Sie betont ferner, daß nach §12 ErbStG die Steuerschuld bei Erwerben von Todes wegen grundsätzlich durch den mit dem Tod des Erblassers eintretenden Anfall an den Bedachten entstehe, sofern er vom Anfall durch Abgabe der Erbserklärung Gebrauch mache. Die Versteuerung von Erbfällen folge somit in wesentlichen Belangen weder der Zivilrechtslage noch uneingeschränkt dem Bereicherungsprinzip; die "Verletzung verfassungsmäßiger Rechte" könne daher nicht mit einem Verstoß gegen das erbschaftssteuerliche Ordnungssystem begründet werden.

3.3. Der Gerichtshof kann es im vorliegenden Fall dahingestellt sein lassen, welche Bedeutung dem sog. Bereicherungsprinzip im Erbschaftssteuerrecht (das seine dogmatische Grundlage offenbar vor allem in §§20 und 33 ErbStG hat) aus systematischer oder verfassungsrechtlicher Sicht zukommt. Dies deswegen, weil die hier zu lösende, formal erbschaftssteuerrechtliche Frage nicht nach den Grundsätzen des Erbschaftssteuerrechts, sondern nach jenen des Grunderwerbsteuerrechts zu beantworten ist: Anlaß für die Anforderung der Mindeststeuer nach §8 Abs5 ErbStG ist ja nicht die Bereicherung des Erben - eine solche ist in den von dieser Bestimmung erfaßten Fällen voraussetzungsgemäß gar nicht gegeben -, sondern ein Grundstückserwerb, der gerade nicht mit einer Bereicherung einhergeht.

Zu prüfen ist somit, ob die Vorschreibung der Mindeststeuer nach §8 Abs4 ErbStG in Fällen eines Nachlaßkonkurses, bei dem die fraglichen Grundstücke dem testamentarischen Erben letztlich nicht eingeantwortet werden, weil sie zur Befriedigung der Gläubiger verwertet wurden, den Wertungen und Grundsätzen des Grunderwerbsteuerrechts entspricht.

Nach §1 GrEStG 1987 unterliegen der Grunderwerbsteuer nach den ersten beiden Tatbeständen (Abs1 Z1 und 2) einerseits Kaufverträge und andere Rechtsgeschäfte, soweit sie sich auf inländische Grundstücke beziehen, andererseits der Erwerb des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorangegangen ist. Das Gesetz verknüpft die Steuerfolgen im ersten Tatbestand somit bereits mit dem Verpflichtungsgeschäft. Da das Testament als Rechtsgeschäft von Todes wegen einzustufen ist (vgl. auch Welser in Rummel, ABGB, Rz 1 zu §550) und daher auch als Rechtsgeschäft im Sinn des §1 Abs1 Z1 GrEStG 1987 betrachtet werden kann (Briem, NZ 1989, 122 f.), wäre der grunderwerbsteuerbare Erwerb somit bereits mit der Erbserklärung auf Grund eines Testamentes getätigt und - bestünde nicht die Ausnahme nach §3 Abs1 Z2 GrEStG 1987 - damit ein grunderwerbsteuerpflichtiger Tatbestand verwirklicht worden. Nach §17 Abs1 leg.cit. wird die Steuer jedoch auf Antrag (ua.) dann nicht festgesetzt bzw. abgeändert, wenn der Erwerbsvorgang innerhalb von drei Jahren seit der Entstehung der Steuerschuld durch Vereinbarung, durch Ausübung eines vorbehaltenen Rücktrittsrechts oder eines Wiederkaufsrechts rückgängig gemacht wird. Grundgedanke dieser Vorschrift ist es, die Steuer, die - wie die Bezeichnung zum Ausdruck bringt - den "Erwerb von Grundstücken" belasten soll, nicht zu erheben, wenn der Erwerb trotz eines darauf gerichteten Rechtsvorganges später tatsächlich nicht eintritt (Fellner, Gebühren und Verkehrsteuern, Band II, §17 GrEStG, Rz 1). Der Verfassungsgerichtshof hat dazu im Erkenntnis VfSlg. 10926/1986 ausgesprochen, daß diese Vorschrift (damals §20 GrEStG) die grundsätzliche Steuerfreiheit rückgängig gemachter Erwerbsvorgänge verfüge, und wörtlich ausgeführt: "Das entspricht der materiellen Zielsetzung des Grunderwerbsteuergesetzes, den Grundstücksverkehr und nicht bloße (zu Verträgen verdichtete) Absichten zu besteuern. Ist der Erwerbsvorgang fehlgeschlagen und wird er wieder rückgängig gemacht, erweist sich seine vorgängige Besteuerung eben als unbegründet."

3.4. Den hier zu beurteilenden Fall des todeswegigen Erwerbes überschuldeter Grundstücke mit anschließendem Nachlaßkonkurs, der die Einantwortung ausschließt, hält der Verfassungsgerichtshof einer solchen grunderwerbsteuerlich relevanten Rückgängigmachung (zu deren Voraussetzungen im einzelnen VwGH verst.Sen. 2.4.1984, 82/16/0165, Slg. 5876 F; 25.10.1990, 89/16/0146; 27.9.1995, 95/16/0067 ua.) für gleichwertig: Der "Erwerber" (testamentarische Erbe) hat trotz Abgabe einer Erbserklärung eine Verfügungsmöglichkeit noch gar nicht erlangt und ist an ihrer Erlangung durch den zwischenzeitig eröffneten Nachlaßkonkurs gehindert. Die Verfügungsmöglichkeit erlangt zwar (naturgemäß) nicht mehr der "Veräußerer" (Erblasser), die Verfügungen über die Grundstücke werden aber durch den Masseverwalter jedenfalls für die Verlassenschaft nach ihm, und nicht etwa durch oder für den Erben, getroffen. Die Veräußerung der Liegenschaften aus dem Nachlaßvermögen im Zuge der Verwertung der Masse bewirkt grundsätzlich grunderwerbsteuerbare und in der Regel auch -pflichtige Vorgänge, sodaß der Übergang der Grundstücke aus der Sphäre des Erblassers in die der Käufer regelmäßig den Anfall der Grunderwerbsteuer auslöst.

Ist aber davon auszugehen, daß nach den Grundsätzen des Grunderwerbsteuerrechts ein Tatbestand, der die Festsetzung von Grunderwerbsteuer rechtfertigen könnte, nicht verwirklicht bzw. wieder rückgängig gemacht wurde, dann besteht auch keine sachliche Berechtigung, das Grunderwerbsteueräquivalent nach §8 Abs4 ErbStG vorzuschreiben. Die Vorschreibung würde - worauf die Beschwerde zu Recht hinweist - dazu führen, daß ein Erbe, der auf Grund eines Nachlaßkonkurses letztlich keine Verfügungsmöglichkeit über ein Grundstück erlangt hat, ebenso behandelt wird wie ein Erbe, der eine solche Verfügungsmöglichkeit erlangt hat. Sie würde auch dazu führen, daß der Übergang eines Grundstückes aus dem Nachlaß in das Eigentum eines Käufers im Zuge eines Verlassenschaftskonkurses, sofern der Erbe eine (bedingte) Erbserklärung abgegeben hat, eine Belastung mit zwei Objektsteuern (Grunderwerbsteueräquivalent und Grunderwerbsteuer) zur Folge hätte, bei Fehlen einer Erbserklärung hingegen lediglich (einmal) Grunderwerbsteuer anfiele, obwohl in beiden Fällen letztlich nur ein Erwerbsvorgang stattgefunden hat. Eine solche Gleichbehandlung bzw. Differenzierung widerspricht aber den Wertungen des Grunderwerbsteuerrechts, dem es - wie der Gerichtshof in VfSlg. 10926/1986 ausgeführt hat - darum geht, den Grundstücksverkehr und nicht bloße (zu Verträgen verdichtete) Absichten zu besteuern. Sie ist daher unsachlich.

Zur Vermeidung eines solchen verfassungswidrigen Ergebnisses ist daher davon auszugehen, daß im Fall eines Nachlaßkonkurses, der die Einantwortung an einen erbserklärten Erben hindert, seitens dieses Erben der "Erwerb eines Grundstückes" iSd §8 Abs4 ErbStG nicht vorliegt, sodaß die Mindeststeuer nach Abs5 leg.cit. nicht angefordert werden darf.

4. Indem die belangte Behörde der - verfassungsrechtlich unbedenklichen - Rechtslage einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, hat sie den Beschwerdeführer in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.

5. Der angefochtene Bescheid war aus diesem Grund aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist eine Eingabegebühr gemäß §17a VfGG in Höhe von € 181,68 und Umsatzsteuer in Höhe von € 327,-- enthalten.

IV. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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