European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0010OB00124.24B.0925.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 602,54 EUR (darin 100,42 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Der Kläger kaufte ein von der Beklagten hergestelltes Kraftfahrzeug mit einem Motor des Typs EA189 Euro 5. Das Fahrzeug ist vom Dieselabgasskandal betroffen.
[2] Der Kläger begehrte, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, wegen der im Fahrzeug verbauten unzulässigen Abschalteinrichtung eine Wertminderung von 30 % des seinerzeitigen Kaufpreises als Schadenersatz.
[3] Das Berufungsgericht verpflichtete die Beklagte, dem Kläger 6.760 EUR sA zu zahlen. Das Zahlungsmehrbegehren von 3.380 EUR sA und das Feststellungsbegehren wies es ab.
[4] Es erklärte die ordentliche Revision zur Frage für zulässig, ob – im Lichte der EuGH-Judikatur CLCV C‑693/18 – plötzlich auftretende Schäden aufgrund von Verschleiß und Verschmutzung die Ausnahme des Art 5 Abs 2 VO 715/2007/EG auch beim Thermofenster begründen könnten.
Rechtliche Beurteilung
[5] Die von der Beklagten gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig:
[6] 1. Selbst wenn das Berufungsgericht die Revision mit konkretisierter Begründung zutreffend für zulässig erklärt, muss der Revisionswerber zur maßgeblichen Rechtsfrage inhaltlich Ausführungen erstatten, sich also konkret mit der Entscheidung des Berufungsgerichts auseinandersetzen (RS0102059 [T21]). Diesen Voraussetzungen entspricht die Revision der Beklagten nicht. Sie gibt die Zulassungsbegründung des Berufungsgerichts bloß wieder, ohne auf die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage einzugehen. Selbst wenn daher das Berufungsgericht zu Recht ausgesprochen haben sollte, dass die Revision zulässig sei, wäre diese nur dann nicht zurückzuweisen, wenn sie eine andere erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO enthielte (RS0102059).
[7] 2. Das ist jedoch nicht der Fall: Die Revision wendet sich ausschließlich gegen die Höhe des dem Kläger zugesprochenen Schadenersatzes, soweit er den Betrag von 1.690 EUR übersteigt. Kritisiert wird, dass ein höherer Schaden (dh ein Minderwert von exakt 20 %) in Wahrheit nicht festgestellt worden sei. Vielmehr wäre der Schaden mit 5 % des Kaufpreises zu bemessen gewesen.
[8] 2.1. Zur Höhe des Schadenersatzanspruchs betreffend den Minderwert des mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehenen Fahrzeugs judiziert der Oberste Gerichtshof seit der Entscheidung 10 Ob 27/23b, dass der zu ersetzende Betrag grundsätzlich iSd § 273 Abs 1 ZPO nach freier Überzeugung – selbst mit Übergehung eines von der Partei angebotenen (etwa: Sachverständigen-)Beweises – innerhalb einer Bandbreite von 5 % und 15 % des Kaufpreises festzusetzen ist (RS0134498). Ebenso wurde aber auch bereits mehrmals entschieden, dass dies nicht ausschließt, dass die Wertminderung exakt festgestellt werden und der Käufer den Ersatz derselben verlangen kann (8 Ob 109/23x = RS0134498 [T6]; 8 Ob 70/23m; 5 Ob 33/24z ua), mag er auch über die genannte Bandbreite hinausgehen (vgl etwa 5 Ob 61/24t: 25 %). Dafür bedarf es Feststellungen zu einer allfälligen Wertdifferenz im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrags, insbesondere dazu, welchen Verkehrswert das Fahrzeug in Kenntnis der unzulässigen Abschalteinrichtung aufwies respektive zu welchem Preis ein solches Fahrzeug (damals) gehandelt worden wäre (10 Ob 7/24p mwN).
[9] 2.2. Die Auslegung der in einer gerichtlichen Entscheidung enthaltenen Feststellungen ist jeweils einzelfallbezogen und bildet regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage (RS0118891).
[10] Die hier getroffenen Feststellungen sind den der Entscheidung 5 Ob 61/24t zugrunde liegenden ähnlich (vgl auch 7 Ob 128/24k; 4 Ob 27/24k; 8 Ob 109/23x; 8 Ob 70/23m).
[11] Wenn das Berufungsgericht daher aus den erstinstanzlichen Feststellungen einen gegenüber dem Kaufpreis um 20 % reduzierten Marktpreis des Fahrzeugs zum Ankaufszeitpunkt ableitete, hält sich dies im Rahmen des ihm zukommenden Beurteilungsspielraums.
[12] 3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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