OGH 8ObA25/24w

OGH8ObA25/24w26.6.2024

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch die Senatspräsidentin Dr. Tarmann‑Prentner als Vorsitzende die Hofräte MMag. Matzka und Mag. Dr. Sengstschmid sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Elisabeth Schmied (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Karl Schmid‑Wilches (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H* H*, vertreten durch Dr. Alfred Hawel und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei P*, vertreten durch Dr. Anton Ehm und Mag. Thomas Mödlagl, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 24. April 2024, GZ 12 Ra 11/24k‑23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:008OBA00025.24W.0626.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Arbeitsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1.1. Der Arbeitgeber hat neben Leben und Gesundheit des Arbeitnehmers auch andere immaterielle und materielle Interessen des Arbeitnehmers im besonderen Maß zu wahren. Diese für das Arbeitsrecht verstärkt ausgeprägten Schutzpflichten wirken auch schon im vorvertraglichen Verhältnis. Bereits in diesem Stadium obliegt dem Arbeitgeber die Verpflichtung zur besonderen Fürsorge im Interesse des Arbeitnehmers (RS0021267; s auch RS0021544).

[2] 1.2. Aus den § 1157 ABGB, § 18 AngG kann aber eine allgemeine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Aufklärung des Arbeitnehmers über Arbeitnehmerrechte nicht abgeleitet werden, sodass keine generelle Verpflichtung des Arbeitgebers zu einer solchen Aufklärung besteht (9 ObA 157/07i; 9 ObA 26/18s; 9 ObA 114/20k).

[3] 2.1. Allgemein gültige Kriterien, welche Informationen ein Arbeitgeber im Einzelfall bieten muss, um seiner Fürsorgepflicht nachzukommen, können nicht aufgestellt werden (RS0017049 [T51]). Ob der Arbeitgeber seine Aufklärungspflicht erfüllt hat, hängt von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab und begründet im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RS0014811 [T12]; RS0017049 [T40]).

[4] 2.2. Bereits zu 9 ObA 10/16k wurde aus diesem Grund eine Revision, die eine Vereinbarung der „Abfertigung neu“ zum Thema hatte, zurückgewiesen. Vor dem Hintergrund der breiten Medienberichterstattung über die „Abfertigung neu“ sowie des Umstands, dass der dortige Kläger die Klausel durchgelesen hatte, damit einverstanden war und sich ihm diesbezüglich keine weiteren Fragen gestellt hatten, wurde die Verneinung einer Aufklärungspflichtverletzung für nicht korrekturbedürftig erachtet.

[5] 3. Dies gilt gleichermaßen im gegenständlichen Fall, in dem nach dem anwendbaren Kollektivvertrag (§ 28b DO.B idF 1. 1. 1994) bei einem Wechsel eines Arztes von einem Sozialversicherungsträger zu einem anderen die Übernahme in den Dienst vereinbart werden konnte, was zur Folge gehabt hätte, dass der Kläger im System „Abfertigung alt“ verblieben wäre. Auch hier ist es zumindest vertretbar, wenn das Berufungsgericht ohne besondere Umstände (insbesondere ohne Nachfrage seitens des Arbeitnehmers und ohne unvollständige oder fehlerhafte Information durch den Arbeitgeber; vgl zu weiteren Fallgruppen aus der bisherigen Judikatur 9 ObA 114/20k mwN) eine Aufklärungspflicht verneint hat.

[6] Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte