OGH 3Ob239/23b

OGH3Ob239/23b3.4.2024

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E* GmbH, *, vertreten durch Hawel Eypeltauer Gigleitner Huber & Partner, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. M* und 2. J*, beide vertreten durch Dr. Martin Pfeil, Rechtsanwalt in Steyr, wegen 11.885,18 EUR sA und Räumung, über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Steyr als Berufungsgericht vom 28. September 2023, GZ 2 R 83/23s‑106, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:0030OB00239.23B.0403.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Der Antrag auf Zuspruch der Kosten der Revisionsbeantwortung wird gemäß § 508 Abs 2 Satz 2 ZPO abgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Klägerin ist Vermieterin und die Beklagten sind Mieter einer Wohnung (samt Garagenabstellplatz).

[2] Das Erstgericht verpflichtete die Beklagten – nach rechtskräftigem Teilurteil über den Mietzinsrückstand – zur Räumung des Objekts. Die Beklagten hätten auf den Rückstand keine Zahlung geleistet; eine Aufrechnung mit den bereits im Verfahren über den strittigen Mietzinsrückstand erhobenen Gegenforderungen sei nicht wirksam. Inzwischen sei ein Mietzinsrückstand von insgesamt 51.784,92 EUR aufgelaufen; die Beklagten treffe daran ein grobes Verschulden, weil sie seit mehreren Jahren auf ihrem – offenkundig unhaltbaren – Rechtsstandpunkt beharrten.

[3] Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

[4] Die außerordentliche Revision der Beklagten zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[5] 1. Mit der Mängelrüge der Beklagten hat sich das Berufungsgericht hinreichend auseinandergesetzt. Es ist zu dem Ergebnis gekommen, dass der offene Rückstand selbst unter der Annahme erwiesener Umstände für die behaupteten Mietzinsminderungsgründe nicht (annähernd) getilgt worden wäre, weshalb die Relevanz des angeblichen Stoffsammlungsmangels nicht aufgezeigt worden sei. Eine – wie die außerordentliche Revision behauptet – „unhaltbare Begründung“ des Berufungsgerichts ist darin nicht erkennbar.

[6] 2.1 Gegen ein Räumungsbegehren wegen Nichtzahlung des Bestandzinses kann mangels Gleichartigkeit nicht mit Geldforderungen gegen den Bestandgeber prozessual aufgerechnet werden; der Bestandnehmer hat nur die Möglichkeit, gegen die anerkannte Zinsforderung außergerichtlich aufzurechnen und den Räumungsanspruch mit der Behauptung zu bestreiten, dass die geltend gemachte Voraussetzung für die Erhebung der Räumungsklage fehle (RS0021036; RS0021118).

[7] 2.2 Die Beklagten gaben im ersten Rechtsgang zu den von ihnen als Gegenforderung geltend gemachten Schadenersatzansprüchen gegen die Klägerin (wegen eines behaupteten Sturzes des Erstbeklagten vor dem Haus, wegen „Schimmel- und Rissbildung“ in der Wohnung und wegen beeinträchtigter Benützbarkeit des Kinderzimmers, des Spielplatzes sowie des Abstellplatzes in der Tiefgarage) im Verfahren keine Aufrechnungserklärung ab. Im fortgesetzten Verfahren über das Räumungsbegehren nach dem rechtskräftigen Teilurteil über den Mietzinsrückstand erklärten sie nun die Aufrechnung mit ihren Gegenforderungen, die ihren Behauptungen nach jeweils auf Umstände und Vorfälle aus den Jahren 2016 und 2017 zurückgingen. Bereits im Teilurteil über den Mietzinsrückstand hat das Erstgericht aber zu diesen Behauptungen – ausschließlich negative – Feststellungen getroffen, weshalb die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der die nun im April 2023 erklärte außergerichtliche Aufrechnung keine Schuldtilgung bewirken konnte, nicht korrekturbedürftig ist.

[8] 2.3 Wenn die Beklagten argumentieren, es handle sich (etwa bei den behaupteten Umständen, die zu einer Mietzinsminderung führen sollen) um Tatbestände, die „noch nicht abgeschlossen“ seien, so zeigen sie – entgegen ihrer Behauptung – damit keine Fehlbeurteilung und auch keine erhebliche Rechtsfrage auf. Grundsätzlich hätte nur die Behauptung einer Aufrechnung mit einer erst nach dem Teilurteil über den Mietzinsrückstand entstandenen Gegenforderung zur Schuldtilgung führen können (vgl RS0070369 [T4]; 3 Ob 236/11v). Selbst im Fall einer Nachweisbarkeit der von den Beklagten lediglich pauschal behaupteten Mietzinsminderung verbliebe jedoch hier nach den Feststellungen insgesamt ein inzwischen aufgelaufener, erheblich höherer offener Mietzinsrückstand, als er schon im Teilurteil festgestellt wurde.

[9] 3. Da der Oberste Gerichtshof die Beantwortung der Revision nicht freigestellt hat, war die dennoch erstattete Revisionsbeantwortung der Klägerin gemäß § 508a Abs 2 Satz 2 ZPO nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig. Für diese steht daher kein Kostenersatzanspruch zu (vgl RS0043690 [T6, T7]).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte