European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2024:009OBA00004.24I.0124.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Arbeitsrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] 1. Der Entlassungsgrund der Arbeitsunfähigkeit iSd § 82 lit b GewO 1859 liegt vor, wenn der Arbeitnehmer „zu der mit ihm vereinbarten Arbeit unfähig befunden wird“.
[2] Dieser Entlassungsgrund, der im Wesentlichen § 27 Z 2 AngG entspricht, liegt vor, wenn der Arbeitnehmer nicht in der Lage ist, die versprochenen oder die den Umständen nach angemessenen Dienste zu leisten. Lehre und Rechtsprechung verlangen eine „dauernde“ (also nicht bloß vorübergehende) Dienstunfähigkeit, die dann anzunehmen ist, wenn die Verhinderung nicht bloß kurzfristig und vorübergehend, sondern – wenngleich in ihrem zeitlichen Ausmaß vorhersehbar – von so langer Dauer ist, dass dem Arbeitgeber nach den Umständen des Falls eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (RS0029336). Eine solche Unfähigkeit zur Erbringung der vereinbarten Dienste kann bei einem Arbeitnehmer, der für seine Tätigkeit eine bestimmte Berechtigung braucht, auch dann eintreten, wenn er diese Berechtigung verliert (vgl etwa 9 ObA 120/02s; 9 ObA 1/03t).
[3] Ob die konkrete Dauer des Entzugs der Berechtigung zur Unzumutbarkeit der Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses führt, ist eine Frage des Einzelfalls.
[4] 2. Der Kläger konnte aufgrund einer negativen Zuverlässigkeitsüberprüfung iSd § 134a Abs 7 LFG ab 30. 9. 2022 von der Beklagten nicht mehr verwendet werden. Nachdem die Beklagte dem Kläger zunächst die Möglichkeit gegeben hatte, eine Klärung bei der Behörde zu erreichen, wurde sie am 10. 11. 2022 informiert, dass es bei der negativen Beurteilung bleibe, woraufhin sie die Entlassung aussprach.
[5] Auch die Revision geht davon aus, dass der Kläger die Voraussetzungen für eine positive Beurteilung nicht vor dem 20. 2. 2023 erfüllte. Selbst wenn nicht feststeht, welchen Zeitraum das Verfahren zur Erlangung der Berechtigung nach diesem Zeitpunkt in Anspruch genommen hätte, handelt es sich jedenfalls um eine insgesamt nicht unerhebliche Dauer, weshalb sich die Frage der Beweislast nicht stellt.
[6] Wenn die Vorinstanzen vor diesem Hintergrund von einer dauernden Dienstverhinderung ausgingen, hält sich dies daher im Rahmen des gesetzlich eingeräumten Ermessenspielraums.
[7] 3. Richtig ist, dass Entlassungsgründe unverzüglich geltend zu machen sind. Bei Dauertatbeständen kann ein Entlassungsgrund allerdings so lange geltend gemacht werden, als der betreffende Zustand andauert (vgl RS0028859).
[8] Soweit der Kläger darauf verweist, dass der Beklagten die gerichtliche Verurteilung bereits länger bekannt war, so übersieht er, dass allein durch die Verurteilung noch keine Dienstunfähigkeit eingetreten ist, sondern erst – nach negativer Zuverlässigkeitsüberprüfung – mit Verlust der Berechtigung und dies für den Arbeitgeber auch nicht ohne weiteres absehbar war. Für eine Kündigung „im Vorfeld“ bestand daher keine Veranlassung.
[9] Dass dem Kläger zunächst die Möglichkeit gegeben wurde, die Angelegenheit zu bereinigen, ändert nichts daran, dass zum Zeitpunkt der Entlassung der Kläger aufgrund fehlender Berechtigung seine Arbeitsleistung nicht erbringen konnte. Auch stand erst mit der Mitteilung vom 10. 11. 2022 fest, dass die Dienstverhinderung noch einen längeren Zeitraum andauern wird.
[10] 4. Insgesamt gelingt es dem Kläger nicht das Vorliegen einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen. Die außerordentliche Revision des Klägers ist daher zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf diese Zurückweisung nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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