OGH 8Ob115/23d

OGH8Ob115/23d17.11.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Mag. Korn sowie die Hofräte Dr. Stefula und Dr. Thunhart als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C* GmbH, *, vertreten durch die Urbanek & Rudolph Rechtsanwälte OG in St. Pölten, gegen die beklagte Partei J* Ges.m.b.H., *, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 50.178,94 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 24. August 2023, GZ 4 R 71/23z‑118, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0080OB00115.23D.1117.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Rechtsvorgängerin der Klägerin beauftragte die Beklagte im Jahr 2010 mit der Verlegung von Natursteinplatten auf der Terrasse eines neu errichteten Hauses. Im Jahr 2017 kam es aufgrund übermäßiger Feuchtigkeit zu Abplatzungen und Ausblühungen an den Steinplatten, was auf das zu geringe Gefälle und die fehlende Abdichtung der Unterkonstruktion zurückzuführen war und für die Beklagte leicht erkennbar gewesen wäre. Die Neuverlegung der Natursteinplatten würde 29.573,64 EUR kosten. Die von der Beklagten hergestellte Terrasse war von 2011 bis 2017 uneingeschränkt nutzbar. Die gewöhnliche Nutzungsdauer solcher Natursteinplattenbeträgt 50 Jahre.

[2] Die Klägerin begehrt von der Beklagten 50.178,94 EUR sA für die Sanierung der Unterkonstruktion und Neuverlegung der Natursteinplatten.

[3] Die B eklagte wendete ein, dass die Steinplatten fachgerecht verlegt worden seien.

[4] Die V orinstanzen haben der Klägerin 26.024,80 EUR sA zugesprochen und das darüber hinausgehende Klagebegehren abgewiesen. Die Beklagte verantworte eine Verletzung ihrer Warnpflicht, weil sie die Klägerin auf die Untauglichkeit der Unterkonstruktion hinweisen hätte müssen. Die Klägerin habe aber keinen Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Sanierung der Unterkonstruktion, weil es sich um Sowieso‑Kosten handle undsie– selbst wenn Gewährleistungsansprüche mittlerweile verjährt seien – nach wie vor im Wege des Schadenersatzrechts gegen die Herstellerin der Unterkonstruktion vorgehen könne. Die Klägerin habe Anspruch auf Ersatz der Kosten für die Neuverlegung der Natursteinplatten, müsse sich aber einen Abzug „neu für alt“ von 12 % anrechnen lassen, weil von einer 50 Jahre übersteigenden Nutzungsdauer des Hauses auszugehen sei und die Natursteinplatten daher jedenfalls erneuert werden müssten.

Rechtliche Beurteilung

[5] Die außerordentliche Revision derKlägerin zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.

[6] 1. Eine schuldhafte Verletzung der Warnpflicht nach § 1168a ABGB hat zur Folge, dass der Werkunternehmer den Werkbestellerso stellen muss, wie er stünde, wenn der Warnpflicht entsprochen worden wäre (RIS‑Justiz RS0102085 [T2]). Sowieso-Kosten, die im Zuge der Mängelbehebung anfallen, aber zur Herstellung eines mangelfreien Werks jedenfalls aufgewendet werden hätten müssen, sind hingegen nicht zu ersetzen, weil sie nicht durch die Verletzung der Warnpflicht verursacht wurden (RIS‑Justiz RS0115105; RS0115106). Dass die Unterkonstruktion auch dann zu sanieren gewesen wäre, wenn die Beklagte die Klägerin rechtzeitig gewarnt hätte, wird von der Klägerin auch gar nicht bestritten.

[7] 2. Nichtsdestoweniger begehrt die Klägerin den Zuspruch der Kosten für die Sanierung der Unterkonstruktion, weil sie, wenn sie von der Beklagten rechtzeitig gewarnt worden wäre, die Herstellerin der Unterkonstruktion zur Sanierung aufgefordert hätte, diesen Anspruch aber nunmehr gerichtlich durchsetzen müsse, wobei sich ihre Rechtsposition durch den Verlust des verschuldensunabhängigen Gewährleistungsanspruchs verschlechtert habe. Es hat aber schon das Berufungsgericht darauf hingewiesen, dass darin kein ersatzfähiger Schaden gelegen ist, weil die Klägerin gar nicht behauptet hat, dass die Herstellerin der Unterkonstruktion kein Verschulden treffe. Die nunmehrige Rechtsposition der Klägerin gegenüber der Herstellerin der Unterkonstruktion stellt sich damit nicht anders dar, als wenn sie sogleich auf die Untauglichkeit der Unterkonstruktion hingewiesen worden wäre, ohne dass die Klägerin dem in ihrer Revision irgendetwas entgegensetzen würde.

[8] 3. Nach ständiger Rechtsprechung zum Schadenersatzrecht muss sich der Geschädigte im Fall der Neuherstellung einer gebrauchten Sache, die einer beschränkten Nutzungsdauer unterliegt, jenen Vorteil anrechnen lassen, der darin gelegen ist, dass er nunmehr über eine Sache verfügt, die er entsprechend länger nutzen kann (RS0022726; RS0030246; RS0114929). Richtig ist, dass ein solcher Abzug „neu für alt“ eine dem schadenersatzrechtlichen Ausgleichsgedanken widersprechende Bereicherung des Geschädigten voraussetzt (RS0030246 [T3]). Es entspricht aber der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die NeuherstellungvonBestandteilen eines Gebäudes, die typischerweise vor dem Ablauf der Gesamtnutzungsdauer des Hauses erneuert werden müssen, zu einer Bereicherung des Geschädigten führt (RS0030206 [T1]). Dies gilt etwa für Heizungsanlagen, Sanitärinstallationen, Malereien oder Fußbodenbeläge (RS0022849 [T1]). Die Minderung des Schaden-ersatzanspruchs wegen der längeren Nutzungsdauer der neu verlegten Natursteinplatten ist damit von der bisherigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt.

[9] 4. Die außerordentliche Revision der Klägerin war daher mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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