OGH 1Ob58/23w

OGH1Ob58/23w27.6.2023

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Musger als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Wessely‑Kristöfel und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. S*, LL.M., *, vertreten durch Mag. Jürgen Nagel, Rechtsanwalt in Bregenz, gegen die beklagte Partei Dr. V*, *, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen 15.000 EUR sowie Räumung und Unterlassung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 28. Februar 2023, GZ 3 R 147/22z‑38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 20. September 2022, GZ 9 Cg 96/21h‑24, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0010OB00058.23W.0627.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

 

Begründung:

[1] Die Großtante der Klägerin („ursprüngliche Grundeigentümerin“) war Eigentümerin eines Grundstücks, auf dem ihr späterer Ehemann („Bauführer“) mit eigenen finanziellen Mitteln ein Einfamilienhaus errichtet hatte. Die Klägerin ist Alleinerbin nach ihrer 2020 verstorbenen Großtante und nunmehr im Grundbuch als Eigentümerin des Grundstücks eingetragen.Im Gutsbestandsblatt ist das Bestehen eines Superädifikats angemerkt. Der Bauführer verstarb 2011. Er bestimmte die ursprüngliche Grundeigentümerin zur Alleinerbin und verfügte, dass das auf ihrem Grundstück errichtete Haus an den Beklagten (seinen Großneffen) als „Nacherben“ fallen soll. Im Verlassenschaftsverfahren nach der 2020 verstorbenen ursprünglichen Grundeigentümerin einigten sich die Parteien darauf, dass das Wohnhaus „dem Beklagten als Vermächtnis zufalle und er es in sein Alleineigentum übernehme“. Das Haus wurde dabei weiterhin als Superädifikat behandelt.

[2] Die Klägerin behauptet nunmehr, als Eigentümerin des von ihrer Großtante geerbten Grundstücks auch Eigentümerin des darauf errichteten Wohnhauses zu sein.

[3] Sie begehrt vom Beklagten die Räumung des Grundstücks und des darauf befindlichen Hauses, die Unterlassung künftiger Eingriffe in ihr Eigentum am Grundstück und am Haus sowie die Zahlung eines Benützungsentgelts in Höhe von 15.000 EUR.

[4] Die Klägerin stützt ihre Ansprüche darauf, dass am Haus kein wirksames Superädifikat begründet worden sei, weshalb es das rechtliche Schicksal des – von ihr im Erbweg nach ihrer Großtante erworbenen – Grundstücks teile. Die ursprüngliche Grundeigentümerin und der Bauführer hätten zwar die Errichtung eines Superädifikat angestrebt. Da das Haus auf Dauer auf dem Grundstück bleiben sollte, sei das Eigentum daran aber der ursprünglichen Grundeigentümerin als Gesamtrechtsvorgängerin der Klägerin zugefallen. Der Bauführer habe kein Eigentum am Grund (nach § 418 Satz 3 ABGB) erworben. Eine Schenkung des Grundstücks habe ihm die ursprüngliche Grundeigentümerin nicht in Aussicht gestellt. Selbst wenn der Bauführer originär Eigentum am Grundstück erworben hätte, wäre dieses – samt dem Eigentum am Haus –im Erbweg wieder an die ursprüngliche Grundeigentümerin „zurückgefallen“; diese hätte das Grundstück samt Haus durch dessen langjährige Benutzung im Übrigen auch „zurückersessen“.

[5] Der Beklagte wandte ein, die ursprüngliche Grundeigentümerin habe dem Bauführer vor Baubeginn versprochen, ihm das Grundstück zu schenken. Nur im Vertrauen auf diese Zusage habe er das Haus mit eigenen Mitteln auf dem fremden Grund errichtet. Da sie ihre Zusage nicht eingehalten habe, habe der Bauführer nach § 418 Satz 3 ABGB – neben dem Eigentum am Bauwerk – Eigentum am Baugrund erworben. Dass er den Beklagten testamentarisch zum „Nacherben“ hinsichtlich „des Hauses“ bestimmt habe, könne nur so verstanden werden, dass er ihm neben diesem auch das durch die Bauführung erworbene Eigentum am Grundstück vermachen wollte. Dass „das Haus“ dem Beklagten „zukommen“ soll, entspreche auch der Vereinbarung der Parteien im Verlassenschaftsverfahren nach der ursprünglichen Grundeigentümerin.

[6] Ein (Rück‑)Erwerb des Eigentums am Grundstück samt Haus durch die ursprüngliche Grundeigentümerin im Erbweg nach dem Bauführer scheitere daran, dass er dieses dem Beklagten als „Nacherben“ vermacht habe. Eine behauptete („Zurück“‑)Ersitzung durch diese komme mangels (alleinigem) Besitzwillen nicht in Betracht.

[7] Das Erstgericht wies sämtliche Klagebegehren ab.

[8] Es stellte fest, dass die ursprüngliche Grundeigentümerin dem Bauführer vor Errichtung des Hauses versprochen habe, ihm das Grundstück zu schenken. Er wäre sonst nicht bereit gewesen, darauf mit eigenen Mitteln zu bauen. Beide Teile seien in der Folge davon ausgegangen, dass es sich beim Haus um ein Superädifikat des Bauführers handle. Tatsächlich sei ein solches jedoch nicht wirksam begründet worden, weil das Haus ständig auf dem Grundstück bleiben sollte. Der Bauführer habe gemäß § 418 Satz 3 ABGB originär Eigentum am Baugrund erworben, weil die ursprüngliche Grundeigentümerin „mitbekommen“ habe, dass er darauf mit eigenen Mitteln und ihrem Einverständnis – sohin gutgläubig – gebaut und sie ihm dies nicht untersagt habe.

[9] Auf den von der Klägerin für den Fall eines originären Eigentumserwerbs des Bauführers behaupteten Rückerwerb des bebauten Grundstücks im Erbweg durch die ursprüngliche Grundeigentümerin ging das Erstgericht ebensowenig ein wie auf die für diesen Fall behauptete („Rück“‑)Ersitzung.

[10] Das Berufungsgericht bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands zweiter Instanz 30.000 EUR übersteige, und ließ die ordentliche Revision nicht zu.

[11] Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass durch die Errichtung des Hauses kein Superädifikat begründet worden sei. Davon ausgehend nahm auch das Berufungsgericht im Ergebnis einen Eigentumserwerb des Bauführers am Grundstück nach § 418 Satz 3 ABGB an:

[12] Eine wirksame Vereinbarung über die Eigentumsverhältnisse am Grundstück, welche die Anwendbarkeit dieser Bestimmung ausschlösse, hätten die ursprüngliche Grundeigentümerin und der Bauführer nicht getroffen. Dieser habe das Haus mit eigenen Mitteln errichtet und sei insoweit redlich gewesen, als er davon ausgehen habe dürfen, zum Hausbau berechtigt zu sein. Die ursprüngliche Grundeigentümerin sei hingegen unredlich gewesen, weil sie nicht auf das Zustandekommen einer Vereinbarung über die Übertragung des Eigentums am Grund an den Bauführer „hingewirkt“ habe. Sie sei daher ebenso nach § 418 Satz 3 ABGB zu behandeln wie ein Grundeigentümer, der zwar eine Vereinbarung über die Übertragung des Grundeigentums abschloss, sich dann aber nicht an diese hielt. Der Bauführer habe somit originär Eigentum am Grundstück erworben. Darauf, ob ihm die ursprüngliche Grundeigentümerin versprochen habe, ihm dieses zu schenken, komme es nicht an, weil dies keine zwingende Voraussetzung für den Eigentumserwerb nach § 418 Satz 3 ABGB sei.

[13] Allfällige – nach Bauführung getroffene – Abreden über die Begründung eines Superädifikats am Haus seien unbeachtlich. Auch ein schlüssiger Verzicht des Bauführers auf sein originär erworbenes Eigentum könne daraus nicht abgeleitet werden. Eine („Rück“‑)Ersitzung durch die ursprüngliche Grundeigentümerin sei nicht erfolgt.

[14] Das Eigentum des Bauführers am Grundstück sowie am Haus sei wirksam auf den Beklagten als Nachvermächtnisnehmer übergegangen. Dessen letztwillige Verfügung, wonach der Beklagte „Nacherbe“ des Hauses sein soll, könne nur dahin verstanden werden, dass ihm auch das Grundstück, auf dem dieses errichtet wurde, zukommen sollte. Auf einen Erwerb des Grundstücks samt Haus durch die ursprüngliche Grundeigentümerin im Erbweg nach dem Bauführer könne sich die Klägerin (als deren Gesamtrechtsnachfolgerin) wegen des Nachvermächtnisses nicht berufen.

[15] Dass der Beklagte auch jene Teile des Grundstücks nutze, die für die Benutzung des Hauses nicht unbedingt erforderlich seien, und er zumindest diese zu räumen, deren künftige Benutzung zu unterlassen und für die bisherige Nutzung ein Benutzungsentgelt zu zahlen habe, habe die Klägerin in erster Instanz nicht behauptet und begehrt. Sie habe nicht zwischen der für die Benützung des Hauses entbehrlichen und unentbehrlichen Grundfläche unterschieden und weder in erster Instanz noch in ihrer Berufung vorgebracht, welcher Grundstücksteilvon einem allfälligen originären Eigentumserwerb des Bauführers ausgenommen sei. Die Entscheidung des Erstgerichts sei daher zur Gänze zu bestätigen.

[16] Aufgrund seiner Rechtsansicht zum originären Eigentumserwerb des Bauführers am Grundstück nach § 418 Satz 3 ABGB ließ das Berufungsgericht die Beweisrüge der Klägerin zum vom Erstgericht festgestellten – allerdings nicht eingelösten – Schenkungsversprechen der ursprünglichen Grundeigentümerin unbehandelt.

[17] Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil die Entscheidung des Berufungsgerichts – insbesondere zur Frage des Eigentumserwerbs nach § 418 Satz 3 ABGB – auf höchstgerichtlicher Rechtsprechung beruhe.

Rechtliche Beurteilung

[18] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist entgegen diesem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch zulässig, weil dem Berufungsgericht bei der Anwendung des § 418 Satz 3 ABGB ein korrekturbedürftigerFehler unterlaufen ist; sie ist mit ihrem Aufhebungsantrag auch berechtigt:

[19] 1. In dritter Instanz ist strittig, ob der Bauführer durch Errichtung des Hauses auf dem fremden Grund gemäß § 418 Satz 3 ABGB Eigentum an diesem erwarb. Dass die ursprüngliche Grundeigentümerin das Grundeigentum sowie das Eigentum am darauf errichteten Haus in diesem Fall im Erbweg zurückerworben oder („zurück“-)ersessen hätte, behauptet die Klägerin nicht mehr.

2. Grundsätzliches zum Bauen auf fremden Grund:

[20] 2.1. Das Eigentum an einem auf fremden Grund errichteten Bauwerk fällt gemäß § 297 ABGB – ausgenommen bei einem Superädifikat – dem Grundeigentümer zu (RS0009939). Dass hier aufgrund der Belassungsabsicht des Bauführers und der ursprünglichen Grundeigentümerin kein wirksames Superädifikat begründet wurde, ziehen die Parteien nicht in Zweifel.

[21] 2.2. § 418 Satz 3 ABGB sieht eine Ausnahme vom Grundsatz vor, wonach das Eigentum am Gebäude jenem am Grundstück folgt. Demnach erwirbt ein redlicher Bauführer Eigentum an der Baufläche, wenn der Grundeigentümer von der Bauführung weiß und sie nicht untersagt. Zweck dieser Bestimmung ist vor allem eine Sanktionierung unredlichen (1 Ob 3/93: treuwidrigen) Verhaltens des Grundeigentümers (RS0011088 [T3]; RS0011074). § 418 Satz 3 ABGB will den Versuch eines Teils, den anderen zu benachteiligen, verhindern (4 Ob 537/60; 3 Ob 564/91) und setzt daher eine „Willensdiskrepanz“ zwischen Grundeigentümer und Bauführer voraus (RS0011074).

[22] 2.3. Die „subsidiäre“ (RS0011052) Bestimmung des § 418 Satz 3 ABGB wird nach der Rechtsprechung durch eine wirksame (3 Ob 614/85; 3 Ob 35/86) Vereinbarung über die Bauführung ausgeschlossen (RS0011052; RS0009923 [T7, T9]; RS0011074 [T4]). Es hängt dann von dieser ab, ob das Bauwerk dem Grundeigentümer oder umgekehrt der Grund dem Bauführer zufällt (RS0011052 [T2]; vgl auch RS0009923 [T2]). Soweit in einer solchen Vereinbarung die sachenrechtlichen Folgen der Bauführung auf fremdem Grund geregelt sind, ergibt sich dies schon daraus, dass eine vertragliche Regelung der dispositiven Bestimmung des § 418 Satz 3 ABGB vorgeht. Besteht zwar eine (wirksame) Vereinbarung über die Bauführung (hat der Grundeigentümer dieser also zugestimmt), enthält diese aber keine (wirksame) Regelung der sachenrechtlichen Folgen, schließt dies nach der Rechtsprechung zwar ebenfalls die Anwendung des § 418 Satz 3 ABGB aus. Dass der Grundeigentümer in diesem Fall – nach dem Grundsatz superficies solo cedit – das Eigentum am Bauwerk erwirbt (und nicht umgekehrt der Bauführer das Eigentum an der Grundfläche), ist aber keine Folge einer vom dispositiven Recht abweichenden Parteienvereinbarung, sondern ergibt sich daraus, dass dem Grundeigentümer die unterbliebene Untersagung der Bauführung dann nicht als unredlich vorgeworfen werden kann (vgl etwa Karner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 418 Rz 7 mwN; Müller in Schwimann/Kodek 5 § 418 ABGB Rz 11; Holzner in Klang³ § 418 Rz 15; nach F. Bydlinski, Das Recht der Superädifikate [1982] 52, stehe dem Grundeigentümer dann kein „Verbotsrecht“ mehr zu, welches § 418 Satz 3 ABGB aber voraussetze).

[23] 2.4. Entsprechend dem primären Zweck des § 418 Satz 3 ABGB, ein unredliches Verhalten des Grundeigentümers gegenüber dem Bauführer zu sanktionieren, wendet der Oberste Gerichtshof diese Bestimmung auch auf Fälle an, bei denen der Irrtum des Bauführers darüber, Eigentümer des Hauses samt Grund zu werden, dadurch herbeigeführt wurde, dass ihm dies der Grundeigentümer zwar zusagte, in der Folge aber „vereitelte“ (3 Ob 559/88). Sollte demnach der Grund dem Bauführer zufallen, hielt sich der Grundeigentümer aber vorwerfbar (9 Ob 100/04b; 9 Ob 14/06h mwN) nicht an seine Zusage, ist er ebenso zu behandeln, als ob keine Vereinbarung getroffen worden wäre (RS0009923 [T6, T7, T9]; RS0011052 [T6]). Auch in diesem Fall kommt es daher zum Eigentumserwerb des Bauführers an der Grundfläche nach § 418 Satz 3 ABGB. An dieser Judikatur hielt der Oberste Gerichtshof trotz teilweiser Kritik der Lehre und nach eingehender Auseinandersetzung mit dieser fest (etwa 3 Ob 614/85; 3 Ob 35/86; 4 Ob 299/00z; 9 Ob 14/06h).

[24] 2.5. Gestattet der Grundeigentümer dem Bauführer zwar die Errichtung eines Gebäudes auf seinem Grund, will er aber – wie dies insbesondere bei der unwirksamen Vereinbarung eines Superädifikats der Fall ist –erkennbar Eigentümer der Grundfläche bleiben, kommt § 418 Satz 3 ABGB mangels „abredewidrigen Verhaltens“ des Grundeigentümers nicht zur Anwendung. Vielmehr erwirbt dann der Grundeigentümer nach der allgemeinen Regel des § 297 ABGB das Eigentum am Bauwerk (4 Ob 299/00z; idS wohl auch 9 Ob 14/06h; deutlicher etwa 7 Ob 502/85; vgl auch Mader in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.03 § 418 ABGB Rz 6; Holzner in Klang³ § 418 Rz 17; Karner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 418 Rz 7; JakschRatajczak, Bauen auf fremdem Grund – widersprüchliche Judikatur und Lehre zum erweiterten Anwendungsbereich des § 418 Satz 3 ABGB, wobl 2009, 333 [337]). Die Unanwendbarkeit der Rechtsfolge des § 418 Satz 3 ABGB ergibt sich in diesem Fall daraus, dass dem Grundeigentümer die unterbliebene Untersagung der Bauführung nicht vorgeworfen werden kann.

3. Auf Basis dieser Rechtslage kann die Entscheidung des Berufungsgerichts keinen Bestand haben:

[25] 3.1. Das Erstgericht stellte fest, dass die ursprüngliche Grundeigentümerin dem Bauführer vor Beginn seiner Bauführung zugesagt hatte, ihm das Grundstück zu schenken, weil er sonst nicht bereit gewesen wäre, das Wohnhaus auf diesem mit eigenen finanziellen Mitteln zu errichten, dass sie ihre Schenkungszusage aber nicht einhielt. Die Klägerin bekämpfte die erstinstanzlichen Feststellungen zur (nicht eingehaltenen) Schenkungszusage der ursprünglichen Grundeigentümerin. Das Berufungsgericht setzte sich mit ihrer Beweisrüge allerdings – was in der Revision als relevanter Verfahrensmangel gerügt wird – nicht auseinander, weil es zu Unrecht davon ausging, dass den bekämpften Feststellungen keine rechtliche Bedeutung zukomme. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden.

[26] 3.2. Allein, dass die ursprüngliche Grundeigentümerin dem Bauführer gestattete, auf ihrem Grund zu bauen, wobei er Eigentümer (nur) des Hauses werden sollte, kann der Grundeigentümerin – wie dargelegt –nicht als unredliches Verhalten vorgeworfen werden. Die Voraussetzungen für einen originären Eigentumserwerb am Baugrund nach § 418 Satz 3 ABGB lägen in diesem Fall nicht vor.

[27] 3.3. Die ursprüngliche Grundeigentümerin hätte jedoch unredlich gehandelt, wenn sie – wie das Erstgericht feststellte, die Klägerin jedoch in zweiter Instanz bekämpfte – dem Bauführer zugesagt hätte, ihm das Eigentum am Grundstück zu übertragen, sich dann aber nicht an ihre Zusage gehalten hätte. In diesem Fall wäre sie nach der Rechtsprechung so zu behandeln, als ob keine Vereinbarung über die Bauführung getroffen worden wäre.

[28] 3.4. Das Berufungsgericht ging somit zu Unrecht davon aus, dass es für den auf § 418 Satz 3 ABGB gestützten Eigentumserwerb des Bauführers nicht darauf ankomme, ob ihm die ursprüngliche Grundeigentümerin dessen Schenkung in Aussicht stellte, sich dann aber nicht an ihre Zusage hielt.

[29] 3.5. Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der zu 3 Ob 35/86 ergangenen Entscheidung, auf die sich das Berufungsgericht maßgeblich stützte:

[30] Dort ließ es der Oberste Gerichtshof für die Anwendbarkeit des § 418 Satz 3 ABGB genügen, dass zwischen dem Grundeigentümer und dem Bauführer „Einigkeit über die Erteilung der Zustimmung zur Bauführung an sich bestand und diese ohne Abschluss einer näheren Vereinbarung irgendwie davon ausgingen, dass der Bauführer zu irgend einem späteren Zeitpunkt Eigentum am Grund erwerben sollte“. In diesem Fall fehle es an einer wirksamen Vereinbarung über den Eigentumsübergang an der Grundfläche. Wirke der Grundeigentümer nicht auf deren Zustandekommen hin, habe er sich so behandeln zu lassen, als hätte er dem über die Eigentumsverhältnisse irrenden Bauführer die Bauführung nicht untersagt, oder als hätte er zwar zunächst eine „an sich“ wirksame Vereinbarung abgeschlossen, sich dann aber abredewidrig verhalten.

[31] Dies kann entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (und des Revisionsgegners) aber nicht dahin verstanden werden, dass es für die Anwendung des § 418 Satz 3 ABGB ausreiche, dass der Grundeigentümer bloß der Bauführung auf seinem Grund zustimmte. Der Entscheidung lag vielmehr zugrunde, dass die Grundeigentümer den Bauführern den Eigentumserwerb am Grundstück „zumindest irgendwie“ in Aussicht stellten(und darauf in weiterer Folge nicht hinwirkten). Nach dem Zweck des § 418 Satz 3 ABGB, den treuwidrig handelnden Grundeigentümer zu sanktionieren, ging der Oberste Gerichtshof somit auch zu 3 Ob 35/86 von einem Mindestmaß an Unredlichkeit des Grundeigentümers aus. Dass eine Anwendung des § 418 Satz 3 ABGB bereits dann gerechtfertigt wäre, wenn dieser bloß mit der Bauführung auf seinem Grund einverstanden ist, ohne „irgendwie“ ein (berechtigtes) Vertrauen des Bauführers auf einen (künftigen) Grunderwerb zu wecken, kann dieser Entscheidung ebensowenig entnommen werden, wie den vom Beklagten ins Treffen geführten Entscheidungen zu 2 Ob 48/97s, 4 Ob 299/00z, 9 Ob 14/06h und 2 Ob 94/12f.

[32] 4. Das angefochtene Urteil ist somit aufzuheben, und dem Berufungsgericht wird die Behandlung der Beweisrüge der Klägerin aufgetragen.

[33] 4.1. Würde die bekämpfte Feststellung zur (nicht eingehaltenen) Schenkungszusage der ursprünglichen Grundeigentümerin übernommen, hätte es bei der Abweisung der Klagebegehren zu bleiben, weil der Bauführer dann nach § 418 Satz 3 ABGB Eigentum am Grund mit dem Haus erworben hätte. Dass in diesem Fall die Rechtsstellung des Beklagten als Nachvermächtnisnehmer dem Begehren der Klägerin entgegenstünde, wird von ihr in dritter Instanz nicht mehr in Zweifel gezogen. Sie hielt auch ihren Standpunkt, wonach ihrer Klage zumindest hinsichtlich der für die Benutzung des Hauses entbehrlichen Grundfläche (die sie allerdings weder in erster Instanz noch im Rechtsmittelverfahren bezeichnete) stattzugeben sei, nicht aufrecht. Auch die vom Berufungsgericht verneinte Frage einer („Zurück“‑)Ersitzung des Eigentums an der Baufläche samt Haus durch die ursprüngliche Grundeigentümerin wurde abschließend erledigt.

[34] 4.2. Würde das Berufungsgericht die bekämpfte Feststellung zur Zusage der Schenkung des Grundstücks an den Bauführer hingegen nicht übernehmen, wäre § 418 Satz 3 ABGB nicht anzuwenden. In diesem Fall wären im fortgesetzten Verfahren die Rechtsfolgen der vom Beklagten behaupteten „Vereinbarung“ im Verlassenschaftsverfahren zu beurteilen. Die Vorinstanzen gingen zwar (zutreffend) davon aus, dass dadurch nicht nachträglich ein Superädifikat begründet werden konnte. Der Beklagte behauptete in erster Instanz aber ganz allgemein, das Haus auch aufgrund dieser „Vereinbarung“ berechtigt zu nutzen. Damit bezog er sich erkennbar auch auf ein obligatorisches Nutzungsrecht, welches dem Klagebegehren ebenfalls entgegen stünde. Zu einer solchen „Vereinbarung“ – insbesondere zu deren genauen Wortlaut – sowie zu deren Begleitumständen traf das Erstgericht aber keine hinreichenden Feststellungen.

[35] 5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.

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