OGH 2Ob94/12f

OGH2Ob94/12f20.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Elisabeth W*****, vertreten durch Borns Rechtsanwalts GmbH in Gänserndorf, gegen die beklagte Partei C***** K*****, vertreten durch Dr. Reinhard Lachinger, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Feststellung und Einverleibung des Eigentumsrechts (Streitwert 21.874,52 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. Jänner 2012, GZ 16 R 244/11m-24, womit das Urteil des Landesgerichts Korneuburg vom 19. September 2011, GZ 4 Cg 71/11y-19, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.329,84 EUR (darin enthalten 221,64 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Großvater der Klägerin pachtete Ende der 40er/Anfang der 50er Jahre des vorigen Jahrhunderts ein Grundstück von der Beklagten und konnte es nach relativ kurzer Zeit kaufen. Er empfahl solches daraufhin den Eltern der Klägerin. Diese bemühten sich daher in der Folge, von der Beklagten ebenfalls einen Pachtgrund zur Errichtung eines Superädifikats zu bekommen. In der Bevölkerung war damals generell bekannt, dass die Beklagte Pächter für Grundstücke suchte, wobei grundsätzlich die Möglichkeit bestand, diese Grundstücke später käuflich zu erwerben. Die zuständige Ansprechperson der Beklagten, Herr S*****, bestätigte dies auch den Pachtinteressenten, insbesondere, dass sie die Liegenschaft später einmal, besonders wenn sie in Pension gingen, kaufen könnten.

Vor diesem Hintergrund pachteten die Eltern der Klägerin ab 1. 4. 1959 ein Grundstück. Der schriftliche Pachtvertrag wurde im September 1959 - rückwirkend per 1. 4. 1959 - errichtet. Die Eltern übernahmen im April auch die Allgemeinen Pachtbedingungen, wonach jegliche Bauführung ohne schriftliche Zustimmung der Beklagten bei sofortiger Vertragsauflösung verboten ist. Der konkret geplante Bau des Einfamilienhauses wurde von der Beklagten genehmigt und in den Allgemeinen Pachtbedingungen festgehalten, dass der Baubeginn innerhalb von drei Jahren erfolgen müsse.

Noch vor Ausfertigung des Pachtvertrags stellte der Vater der Klägerin bei der Beklagten den Antrag, seinen Pachtgrund gegen Ratenzahlung käuflich zu erwerben. Es kam nicht zu einem solchen Verkauf des Grundstücks an die Eltern der Klägerin.

Die Beklagte verkaufte bis 1995 immer wieder in Wellen Grundstücke, wenn Finanzierungsbedarf bestand. Es wurden jeweils nur so viele Grundstücke verkauft, wie Geldmittel benötigt wurden. Die zu diesem Zweck aufgestellten Kriterien waren insbesondere die Länge der Pachtzeit und das Alter der Pächter, insbesondere Pensionsalter. Seit dem Jahr 1995 verkauft die Beklagte aufgrund eines Beschlusses des Plenarkapitels generell keine Grundstücke mehr.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin ihrer Eltern und Eigentümerin des auf dem Grundstück befindlichen Superädifikats. Sie schloss zuletzt am 3. 10. 2005 mit der Beklagten einen Bestandvertrag über die Liegenschaft für zehn Jahre ab. Danach wurden sämtliche vorhergehenden Vereinbarungen über die Liegenschaft aufgehoben. Die Klägerin verpflichtete sich, bei Auflösung des Bestandverhältnisses über Verlangen des Bestandgebers die auf der Liegenschaft errichteten Bauwerke auf eigene Kosten zu entfernen.

Die Klägerin begehrt Feststellung, Eigentümerin des Grundstücks zu sein, und beantragt, die Beklagte zu verpflichten in die Einverleibung ihres Eigentums einzuwilligen. Sie brachte vor, Erbin ihrer Eltern zu sein, die 1959 mit Zustimmung der Beklagten auf der Liegenschaft ein Einfamilienhaus, fest mit dem Grund verbunden, errichtet hätten. Die Beklagte habe ihren Eltern vor Bauführung mündlich zugesagt, dass sie zu einem späteren Zeitpunkt auch an der Liegenschaft Eigentum erwerben könnten. Die Eltern hätten im Vertrauen darauf das Einfamilienhaus errichtet. Die Zusage sei von der Beklagten später bewusst und vorwerfbar nicht eingehalten und so unredlich der Eigentumserwerb ihrer Eltern vereitelt worden. Daher seien ihre Eltern gemäß § 418 Satz 3 ABGB außerbücherliche Eigentümer der Liegenschaft geworden und hätten das Recht auf Einverleibung des Eigentumsrechts im Grundbuch erlangt.

Die Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Eine Zusage, wonach die Eltern der Klägerin die Liegenschaft einmal erwerben könnten, sei durch den Vertreter des Stiftes nicht abgegeben worden. Die Liegenschaft sei vielmehr mit Übernahmsbestätigung vom 3. 4. 1959 samt Aushändigung der Allgemeinen Pachtbedingungen in Bestand gegeben worden. Die Eltern hätten daher gewusst, dass sie die Liegenschaft im Zuge eines Pachtvertrags übernahmen. Die Anwendung des § 418 Satz 3 ABGB sei nicht möglich, wenn über die Bauführung eine Vereinbarung geschlossen worden sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht gab der von der Klägerin erhobenen Berufung nicht Folge. Es verwarf die Mängel- und Tatsachenrüge und gelangte zur Auffassung, dass im vorliegenden Fall eine klare Vereinbarung über die Eigentumsverhältnisse vorgelegen habe, die die Anwendung der subsidiären Vorschrift des § 418 ABGB ausschließe. Andererseits habe keine verbindliche, rechtswirksame Zusage eines späteren Verkaufs seitens der Beklagten bestanden. Der in der Berufung geäußerten Ansicht, dass es unerheblich sei, ob ein Versprechen rechtlich verbindlich oder unverbindlich abgegeben worden sei, könne nicht gefolgt werden.

Über Antrag gemäß § 508 ZPO ließ das Berufungsgericht die Revision nachträglich mit der Begründung zu, man könne im Lichte der Entscheidung 8 Ob 20/11s der Meinung sein, dass es der Beklagten nicht gelungen sei, nachzuweisen, dass zum Zeitpunkt des Abschlusses des ersten Pachtvertrags alle kirchenrechtlichen Bedingungen für dessen Wirksamkeit eingehalten worden seien. Wäre aber zum Zeitpunkt der Bauführung eine gültige Vereinbarung über einen Pachtvertrag nicht vorgelegen, seien Ansprüche der Klägerin nach § 418 ABGB denkbar.

Die Klägerin macht in ihrer Revision als erhebliche Rechtsfragen geltend, ob 1. bereits eine rechtlich unverbindliche Kaufoption eine ausreichende Grundlage für den Erwerb einer Liegenschaft gemäß § 418 Satz 3 ABGB darstellt, ob 2. ein Pachtverhältnis die durch eine unverbindliche Kaufoption geschaffene Vertrauenslage beendet, und ob 3. ein Liegenschaftsverwalter bei kirchlichem Eigentum ohne die im kanonischen Recht vorgesehenen Genehmigungen einer übergeordneten Stelle einen Bestandvertrag abschließen könne.

Die Beklagte beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508 Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Rechtliche Beurteilung

1. Zur „Kaufoption“:

Eine Option ist das vertraglich begründete Gestaltungsrecht, ein inhaltlich bereits festgelegtes Schuldverhältnis durch einseitige Erklärung in Geltung zu setzen. Die Option muss daher die essentiala negotii des künftigen Vertrags enthalten (Bollenberger in KBB³ § 861 Rz 10).

Dass im vorliegenden Fall eine Kaufoption in diesem Sinne bestanden hätte, behauptet nicht einmal die Klägerin.

Vielmehr geht ihr Vorbringen inhaltlich in Richtung § 936 ABGB. Danach ist ein Vorvertrag eine Vereinbarung, in Zukunft einen Hauptvertrag zu schließen. Sie ist nur dann verbindlich, wenn sowohl die Zeit „der Abschließung“, als auch „die wesentlichen Stücke“ des Vertrags bestimmt sind. Der beabsichtigte Hauptvertrag muss also bereits weitgehend konkretisiert und sein Abschlusszeitpunkt vorweg bestimmt sein. Er bedarf grundsätzlich der für den betreffenden Hauptvertrag notwendigen Form (P. Bydlinski in KBB³ § 936 ABGB Rz 1).

Entgegen der von der Revisionswerberin weiter vertretenen Ansicht über die Rechtswirkungen einer „unverbindlichen Kaufoption“ ist aber zu betonen, dass eine solche „unverbindliche Kaufoption“ keine wirksame Kaufoption ist bzw ein unverbindlicher Vorvertrag kein wirksamer Vorvertrag. Soweit die Revision die ersten beiden, ihrer Ansicht nach erheblichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit der „unverbindlichen Kaufoption“ darzustellen sucht, ist daher nicht weiter darauf einzugehen.

2. Zum Eigentumserwerb nach § 418 Satz 3 ABGB:

2.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs schließt das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung die Anwendung dieser subsidiären Vorschrift aus (4 Ob 299/00z mwN; RIS-Justiz RS0011052).

Wenn allerdings in einem solchen Übereinkommen vorgesehen wäre, dass der Grund dem Bauführer zufallen sollte, der Grundeigentümer sich aber in der Folge nicht mehr an die Vereinbarung über die Überlassung des Grundes an den Bauführer hält, ist der Bauführer nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs so zu behandeln, als ob kein Übereinkommen vorläge (RIS-Justiz RS0009923, RS0011052 [T6]).

Darüber hinaus ist § 418 Satz 3 ABGB nach 3 Ob 35/86 dann anzuwenden, wenn im Zeitpunkt der Bauführung auf fremdem Grund keinerlei Vereinbarungen getroffen wurden, aber beide Teile ohne Abschluss einer näheren Vereinbarung „irgendwie“ davon ausgingen, dass „der Bauführer zu irgendeinem späteren Zeitpunkt Eigentum am Grund erwerben“ solle.

2.2. Geht man hier davon aus, dass die Übernahmsbestätigung vom 3. 4. 1959 samt Allgemeinen Pachtbedingungen vom 3. 4. 1959 als rechtsgeschäftliche Erklärung der Beklagten zuzurechnen ist, gab es - vor Baubeginn - ein Übereinkommen, wonach der Grund nicht dem Bauführer zufallen soll, sondern im Fall der Beendigung des Pachtvertrags an die Beklagte zurückzustellen ist (Punkt 3 der Allgemeinen Pachtbedingungen). Aus diesem Übereinkommen folgt die Unanwendbarkeit der Regelung des § 418 Satz 3 ABGB.

Unterstellt man dagegen mit der Revision, dass die zuvor genannten Erklärungen - mangels Einhaltung der für sie maßgeblichen innerkirchlichen Vorschriften - nicht der Beklagten zuzurechnen sind, so gingen die Parteien aber ebenfalls nicht (nur) davon aus, dass die Eltern der Klägerin später einmal Eigentum erwerben sollten, sondern weiters auch davon, dass bis dahin ein Pachtvertrag bestehen sollte.

Das rechtlich entscheidende Moment für den originären Eigentumserwerb ist darin zu sehen, dass der Bauführer redlich und der Grundeigentümer insoweit unredlich ist, als er den Bauführer bauen lässt, obwohl er weiß, dass dieser auf fremdem Grund baut und zusieht, wie dem Bauführer aus Unkenntnis dieses Rechts Vermögensnachteile zu erwachsen drohen. Es handelt sich also um eine Sanktion gegen unredliches Verhalten (3 Ob 35/86; 9 Ob 14/06h; RIS-Justiz RS0011074).

Davon kann aber im vorliegenden Fall keine Rede sein: Der Bauführung wurde deswegen „zugesehen“, weil der Abschluss eines Pachtvertrags unterstellt bzw ins Auge gefasst war (vgl auch 4 Ob 299/00z).

2.3. Weiters ist zu beachten, dass auch die Klägerin in ihrer Revision davon ausgeht, dass der schriftliche Pachtvertrag vom September 1959 gültig zustandekam. Laut diesem begann das Bestandverhältnis aber mit 1. 4. 1959. Dann liegt aber wiederum und zwar mit Wirksamkeitsbeginn vor Baubeginn ein - den ursprünglich mündlich erklärten Intentionen entsprechendes - zur Unanwendbarkeit der Regelung des § 418 Satz 3 ABGB führendes Übereinkommen vor, zufolge dessen der Grund nicht dem Bauführer zufallen sollte.

3. Zur Vertretung kirchlicher Rechtssubjekte:

Zu dieser Rechtsfrage besteht ausreichende Judikatur des Obersten Gerichtshofs (vgl 8 Ob 20/11s; 4 Ob 46/99i; 1 Ob 68/74; RIS-Justiz RS0038784; RS0014699 [T21, T22, T33] ua). Darauf kommt es im Übrigen im Hinblick auf die Ausführungen in den Punkten 1. und 2. nicht an.

4. Die von der Revisionswerberin bezeichneten Rechtsfragen sind daher nicht erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO; die Entscheidung der Vorinstanzen ist im Einzelfall unbedenklich.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Rechtssatz zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung.

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