OGH 4Ob299/00z

OGH4Ob299/00z28.11.2000

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marlene R*****, vertreten durch Dr. Siegfried Dillersberger und Dr. Helmut Atzl, Rechtsanwälte in Kufstein, gegen die beklagten Parteien

1. Klaus A*****, 2. Agathe A*****, beide vertreten durch Dr. Peter Greil, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Feststellung/Anfechtung eines Vertrages (Streitwert 500.000 S) und Leistung (Streitwert 500.000 S), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom 27. Juni 2000, GZ 1 R 133/00v-24, womit infolge Berufungen der klagenden Partei und der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 8. März 2000, GZ 57 Cg 4/98v-15, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 24.997,50 S (darin 4166,25 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab:

Rechtliche Beurteilung

Außerbücherlicher Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche im Sinn des dritten Satzes des § 418 ABGB tritt nur ein, wenn der Grundeigentümer vom Bau weiß, ihn vorwerfbar dennoch nicht untersagt (sich also verschweigt) und der Bauführer redlich ist. Redlicher Bauführer ist nicht nur, wer entschuldbar über die Eigentumsverhältnisse irrt und deshalb auf fremdem Grund baut, sondern auch, wer aufgrund einer Vereinbarung darauf vertraut, dort, wo er baut, auch bauen zu dürfen. Die Bestimmung des § 418 Satz 3 AGBG hat aber eine Willensdiskrepanz zwischen Grundeigentümer und Bauführer zur Voraussetzung. Das rechtlich entscheidende Moment für den Eigentumserwerb durch den redlichen Bauführer ist die Unredlichkeit des Grundeigentümers, der den Bauführer bauen lässt, obwohl er weiß, dass dieser auf fremdem Grund baut. § 418 Satz 3 ABGB ist daher vor allem als Sanktion gegen ein unredliches Verhalten des Grundeigentümers gedacht. Nur unter diesen Voraussetzungen tritt - als eine der Ausnahmen vom Eintragungsgrundsatz des § 431 ABGB (Spielbüchler in Rummel ABGB2 § 431 Rz 2; Klicka in Schwimann, ABGB2 § 418 Rz 16 mwN) - außerbücherlicher Eigentumserwerb des Bauführers an der Baufläche ein (ecolex 1999, 818).

Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes schließt jedoch das Vorliegen einer Vereinbarung über die Bauführung die Anwendung der subsidiären Vorschriften des § 418 ABGB überhaupt aus (SZ 50/141 mwN; SZ 58/12; SZ 59/38; SZ 60/247; JBl 1989, 582; SZ 70/185 uva; Ostheim, Zum Eigentumserwerb durch Bauführung nach der Rechtsprechung des OGH 51). Liegt daher eine Vereinbarung über die Bauführung vor, ist die Regelung des § 418 dritter Satz ABGB nicht anwendbar. Es hängt in einem solchen Fall von der Vereinbarung ab, ob das Bauwerk dem Grundeigentümer oder der Grund dem Bauführer zufällt (JBl 1985, 741). Nur für den Fall, dass in einem solchen Übereinkommen vorgesehen wäre, dass der Grund dem Bauführer zufallen sollte, der Grundeigentümer sich aber in der Folge nicht mehr an die Vereinbarung über die Überlassung des Grundes an den Bauführer hält, ist der Bauführer nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes - die trotz der Kritik von Ostheim aaO, 54 ff aufrechterhalten wurde - so zu behandeln, als ob kein Übereinkommen vorliege (SZ 59/38 mwN; JBl 1989, 582; SZ 70/185 uva).

Nach diesen Grundsätzen kann die Klägerin ihre Ansprüche nicht auf einen originären Eigentumserwerb gem § 418 Satz 3 ABGB stützen. Nach den Feststellungen hat sich der Vater der Klägerin als Grundstückseigentümer nämlich nur bereit erklärt, Teile des Grundstücks für die Errichtung eines Hauses zur Verfügung zu stellen, das zur Befriedigung der Wohnbedürfnisse der Klägerin und ihrer Familie bestimmt sein und der Klägerin die zusätzliche Möglichkeit bieten sollte, darin eine Fremdenpension zu betreiben; der Vater der Klägerin wollte jedoch trotz dieser von ihm gestatteten Bauführung nach wie vor Eigentümer der Liegenschaft bleiben. Auch wenn sich "alle Familienmitglieder" damals darüber einig waren, dass das Haus schlussendlich "für die Klägerin" gebaut werde, war eine Übertragung der Liegenschaft in das Eigentum der Klägerin zu Lebzeiten des Vaters der Klägerin von diesem nicht gewünscht, und er hat dazu auch nichts veranlasst.

Nach dieser Sachlage bestand demnach zwischen der Klägerin (als formeller Bauführerin) und ihrem Vater (als Grundeigentümer) Einigung darüber, dass mit der Bauführung selbst noch keinerlei Änderung am Grundeigentum verbunden sein sollte; dass allenfalls zu einem späteren Zeitpunkt eine Verschiebung in der Rechtszuständigkeit der Liegenschaft zugunsten der Klägerin (etwa mittels einer Verfügung von Todes wegen) erfolgen könne, blieb von der Bauführung unberührt. Damit liegt aber eine Vereinbarung über die Bauführung im Sinne der dargelegten Rechtsprechung vor, wonach das zu errichtende Bauwerk zwar dem Grundeigentümer zufallen, aber der Bauführerin zur alleinigen Nutzung zur Verfügung stehen solle ("für die Klägerin gebaut"). Diese Vereinbarung wurde vom Grundstückseigentümer auch eingehalten, weshalb ihm unredliches Verhalten nicht vorgeworfen werden kann. Dies führt zum Ausschluss einer Anwendung der subsidiären Bestimmung des § 418 ABGB. Die vom Berufungsgericht und von der Klägerin aufgeworfene Frage nach Anwendbarkeit und Rechtsfolgen dieser Norm für den Fall, dass das Bauwerk auch unter Zuhilfenahme von Material des Grundeigentümers errichtet wurde, ist damit für die Entscheidung ohne Bedeutung.

Soweit die Klägerin ihre Argumentation auf das Vorliegen einer Schenkung stützt, weicht sie vom festgestellten Sachverhalt ab und führt ihr Rechtsmittel insoweit nicht gesetzmäßig aus, weil sie damit in Wahrheit eine - in dritter Instanz unzulässige - Beweisrüge erhebt.

Die Klägerin hat ihre Klage ausschließlich darauf gestützt, durch die Bauführung außerbücherliches Eigentum an der Liegenschaft erlangt zu haben; sie hat im Verfahren erster Instanz hingegen nicht den Standpunkt vertreten, (nur) Berechtigte eines obligatorischen Fruchtgenussrechts zu sein, in das durch den angefochtenen Übergabsvertrag eingegriffen werde. Dem Berufungsgericht ist daher kein Rechtsirrtum unterlaufen, wenn es den Zuspruch des Erstgerichts, der Übergabsvertrag sei insofern rechtsunwirksam, als die Klägerin dadurch in der Ausübung ihres obligatorischen Fruchtgenussrechtes beeinträchtigt werde, als unzulässiges aliud abgewiesen hat. Das Gericht ist nämlich nicht nur an die klägerischen Sachanträge gebunden, sondern auch an den geltend gemachten Anspruch. Ist kein bestimmter Rechtsgrund geltend gemacht worden, dann verstößt das Gericht nicht gegen die Vorschrift des § 405 ZPO, wenn es unter den in concreto möglichen Ansprüchen die Wahl trifft. Soweit aber - wie hier unter Berufung auf außerbücherliches Eigentum - ein bestimmter Rechtsgrund ausdrücklich geltend gemacht wird, ist das Gericht daran gebunden und darf der Klage nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben (SZ 68/178 mwN). Maßgebend für den Entscheidungsspielraum des Gerichts sind nämlich stets der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt und die hiefür angegebenen Tatsachen (MietSlg 38.775 f).

Abschließend beruft sich die Klägerin auf die angebliche Sittenwidrigkeit des Übergabsvertrags zwischen den Beklagten, den sie als Vertrag zu Lasten Dritter beurteilt. Dem ist zu entgegnen, dass im Übergabsvetrag ja nicht die Leistung eines Dritten (nämlich der Klägerin), sondern jene der Zweitbeklagten als allein berechtigte Grundstückseigentümerin versprochen wird. Eine absolute Nichtigkeit des Vertrags, auf die sich jedermann berufen kann (Krejci in Rummel, ABGB**2 § 879 Rz 248 mwN), hat die Klägerin nicht behauptet; ob der Übergabsvertrag aber relativ nichtig iSd § 879 ABGB ist, lässt die Rechtsposition der Klägerin, die nicht Partei dieses Vertrags ist, unberührt, weshalb diese Frage auch nur von dem durch diese Norm Geschützten geltend gemacht werden kann (Krejci aaO Rz 249 mwN).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagten in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen haben, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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