European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00024.23G.0517.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Unternehmens-, Gesellschafts- und Wertpapierrecht
Entscheidungsart: Ordentliche Erledigung (Sachentscheidung)
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Teilurteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bleibt dem Erstgericht vorbehalten.
Entscheidungsgründe:
[1] Die Cousins F* und O* G* (in der Folge: „Cousins“) waren ursprünglich die beiden einzigen Kommanditisten der erstbeklagten Kommanditgesellschaft sowie die beiden einzigen Gesellschafter der zweitbeklagten GmbH, die die einzige Komplementärin der Erstbeklagten ist. Die Cousins waren auch einzelvertretungsbefugte Geschäftsführer der Zweitbeklagten.
[2] F* G* beschloss, den gesamten Betrieb der Erstbeklagten samt deren Liegenschaft zu verkaufen. Er suchte den Geschäftsführer der klagenden Immobilienmaklerin auf.Die beiden besprachen, dass die Klägerin sowohl für die Veräußerung der Liegenschaft samt Betriebsgelände und darauf befindlicher Halle als auch für den Verkauf des Unternehmens als solchen mitsamt der Halle oder der Veräußerung im Rahmen eines „share deal“ die vereinbarte Provision erhalten solle.
[3] Am 30. 8. 2019 schloss die Erstbeklagte mit der Klägerin einen schriftlichen Alleinvermittlungsauftrag über die Vermittlung des Verkaufs der Betriebsliegenschaft samt der darauf befindlichen Halle. Als Provision wurden 3 % zuzüglich 20 % Umsatzsteuer vereinbart. Von einem Verkauf des Unternehmens als solchen mitsamt der Halle oder der Veräußerung im Rahmen eines „share deal“ ist in diesem Alleinvermittlungsauftrag nicht die Rede.
[4] In der Folge inserierte die Klägerin die Liegenschaft auf der Website „WILLHABEN“. Am 10. 2. 2020 trat ein Mitarbeiter der A* GmbH (in der Folge: „Erwerberin“) mit derKlägerin aufgrund dieses Inserats telefonisch in Kontakt. Im Rahmen eines daraufhin abgeschlossenen Vermittlungsauftrags zwischen der Erwerberin und der Klägerin übermittelte diese das Exposé mitsamt näheren Informationen zum Objekt.
[5] Bei einem Treffen am 17. 7. 2020 erklärten die Geschäftsführer der Erwerberin gegenüber der Erstbeklagten, dass sie auch an deren Unternehmen Interesse hätten. Nach weiteren Treffen und Gesprächen traten die Cousins schließlich im Dezember 2020 sowohl ihre Kommanditanteile an der Erstbeklagten als auch ihre Geschäftsanteile an der Zweitbeklagten an die Erwerberin ab.Die Erstbeklagte blieb Eigentümerin ihres hauptsächlichen Vermögenswerts, also der Liegenschaft samt darauf befindlicher Halle.
[6] Im Zuge der Vertragsgespräche zu diesem Abtretungsvertrag wurde von Beginn an über die Problematik einer möglichen Verpflichtung zur Provisionsleistung an die Klägerin gesprochen. Für den Fall der Zahlungsaufforderung der Klägerin wurde im Abtretungsvertrag ausdrücklich vereinbart,dass die Erwerberin die Vermittlungsprovision zur Gänze bestreiten müsse.
[7] Die Klägerin begehrt mit ihrer Stufenklage die Verurteilung der Beklagten zur ungeteilten Hand, 1.) der Klägerin binnen 14 Tagen über den Verkauf der Kommanditanteile an der Erstbeklagten und über den Verkauf der Anteile an deren Komplementärin, der Zweitbeklagten, samt allenfalls weiteren von der Erwerberin übernommenen Verpflichtungen und geldwerten Lasten sowie allfälligen Haftungsübernahmen Rechnung zu legen und den vereinbarten Gesamtkaufpreis bzw Gesamtabtretungspreis sowie das Datum des Zuflusses an die Verkäufer bekannt zu geben, und 2.) der Klägerin den sich aufgrund der Rechnungslegung ergebenden Provisionsbetrag in Höhe von 3 % zuzüglich 20 % Umsatzsteuer samt Verzugszinsen gemäß § 456 UGB zu bezahlen, wobei die genaue ziffernmäßige Festsetzung des Zahlungsbegehrens bis zur gemäß Punkt 1.) des Urteilsspruchs erfolgten Rechnungslegung vorbehalten bleibe. Die Klägerin habe gegenüber der Erstbeklagten als Vertragspartnerin des Alleinvermittlungsauftrags einen Provisionsanspruch in Höhe von 3 % zuzüglich Umsatzsteuer des Kaufpreises bzw des Transaktionsgegenwerts aus ihrer Vermittlungstätigkeit. Die Erstbeklagte gebe ihr trotz wiederholter Aufforderung die Bemessungsgrundlage zur Ermittlung der Höhe des Provisionsanspruchs nicht bekannt. Bei Vertragsabschluss sei ausdrücklich über die Möglichkeit der Veräußerung der gegenständlichen Liegenschaft entweder in Form der Veräußerung des gesamten Unternehmens (samt der gegenständlichen Liegenschaft) oder des Verkaufs der Liegenschaft aus dem Unternehmen heraus gesprochen worden. Auch die Anteilsveräußerung sei vom Maklervertrag gedeckt. Die Liegenschaft sei das einzige Asset der Erstbeklagten, weshalb die Veräußerung in Form der Anteilsabtretung ein zweckgleichwertiges Geschäft zur sachenrechtlichen Übertragung der Liegenschaft sei, zu dem es ausschließlich auf Basis der verdienstlichen und kausalen Tätigkeit der Klägerin gekommen sei. Die Cousins hätten als Parteien des Abtretungsvertrags über die notwendigen Informationen zur Berechnung des Provisionsanspruchs verfügt. Deren Wissen sei beiden Beklagten zurechenbar. Die Zweitbeklagte hafte als Komplementärin der Erstbeklagten für deren Verbindlichkeiten.
[8] Die Beklagten wendeten mangelnde Passivlegitimation ein, weil sie nicht Parteien des Abtretungsvertrags gewesen seien. Da es nicht zu einem Liegenschaftsverkauf laut Maklervertrag durch die Erstbeklagte gekommen sei, sondern zu einer Anteilsübertragung hinsichtlich sämtlicher Kommanditanteile, sei der vermögenswerte Vorteil aus der Anteilsübertragung nicht bei der Erstbeklagten, sondern bei den Cousins als deren vormaligen Kommanditisten eingetreten. Die Bezahlung der Provision durch die Erstbeklagte verstieße daher gegen das analog anzuwendende Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG. Die Klägerin sei nicht mit der Vermittlung von Unternehmenskäufen oder Anteilskäufen betraut gewesen, sodass es sich bei dem zwischen der Erwerberin und der Zweitbeklagten geschlossenen Abtretungsvertrag auch um kein zweckgleichwertiges Geschäft handle. Von einem Immobilienmaklervertrag sei die Vermittlung einer Erwerbsgelegenheit betreffend einen Unternehmensübergang im Allgemeinen nicht umfasst. Eine solche ergebe sich auch nicht aus dem Inhalt des gegenständlichen Maklervertrags.
[9] Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Rechnungslegungsbegehren statt. Es bejahte das Zustandekommen eines Maklervertrags zwischen der Klägerin und der Erstbeklagten. Die Klägerin sei verdienstlich iSd § 6 Abs 1 MaklerG geworden. Vom vereinbarten Vertragsgegenstand des Alleinvermittlungsauftrags „Betriebsstandort/Halle“ sei eine Veräußerung im Rahmen eines „share deal“ von Beginn anmitumfasst gewesen, woraus das Recht der Klägerin auf die Provision folge. Der tatsächlich abgeschlossene Abtretungsvertrag seiein „zweckgleichwertiges“ Geschäft iSd § 6 Abs 3 MaklerG. Da das Wissen der Cousins der Erstbeklagten zurechenbar sei, sei es dieser möglich und zumutbar, über die von der Klägerin begehrten Informationen zu verfügen bzw diese zu beschaffen.
[10] Das Berufungsgericht wies das gesamte Klagebegehren ab. Vom vereinbarten Vertragsgegenstand des Alleinvermittlungsauftrags sei von Anfang an (auch) eine Veräußerung der Liegenschaft samt Betriebsgebäude und darauf befindlicher Halle im Rahmen eines „share deal“ mitumfasst gewesen. In dieser Konstellation sei jedoch die Leistung einer Provision nicht im wirtschaftlichen Interesse der Erstbeklagten, sondern ausschließlich der Anteilsveräußerer (der Cousins) gelegen. Diese hätten sich für die Vermittlung ihrer Kommanditanteile an der Erstbeklagten sowie ihrer Gesellschaftsanteile an der Zweitbeklagten die Zahlung einer Provision erspart, die sie hätten zahlen müssen, wenn sie die Klägerin im eigenen Namen mit der Vermittlung dieser Anteile beauftragt hätten. Die Verpflichtung der Erstbeklagten, auch im Fall der Veräußerung der Liegenschaft im Rahmen eines „share deal“ der Klägerin als „Dritter“ die vereinbarte Provision zu zahlen, falle damit grundsätzlich unter das (auf die Erstbeklagte als kapitalistische KG analog anzuwendende) Verbot des § 82 Abs 1 GmbHG. Das Geschäft halte keinem Fremdvergleich statt. Aus den Gesprächen zwischen F* G* und dem Geschäftsführer der Klägerin vor Abschluss des Alleinvermittlungsauftrags habe letzterer gewusst, dass die Erstbeklagte auch im Fall eines dieser keinen wirtschaftlichen Vorteil bringenden „share deal“ die Provision zahlen müsse. Die Klägerin habe daher positive Kenntnis jener Umstände, die den Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr begründeten, gehabt. Zumindest aber habe sich dem Geschäftsführer der Klägerin der diesbezügliche Verdacht eines solchen Verstoßes offenbar aufdrängen müssen. Die Beklagten könnten daher die wegen des Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vorliegende Nichtigkeit der Provisionsvereinbarung für den „share deal“ der Klägerin als Dritter entgegenhalten, weshalb schon deshalb keine Pflicht zur Zahlung der Provision bestehe. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob der letztlich abgeschlossene Abtretungsvertrag ein zweckgleichwertiges Geschäft iSd § 6 Abs 3 MaklerG darstelle.
Rechtliche Beurteilung
[11] Die außerordentliche Revision der Klägerin ist wegen einer aufzugreifenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zulässig und im Sinn des Hauptantrags auf Wiederherstellung des erstgerichtlichen Teilurteils auch berechtigt.
1. Zweckgleichwertiges Geschäft iSd § 6 Abs 3 MaklerG
[12] 1.1. Das vertragsgemäß zu vermittelnde Geschäft, nämlich der Verkauf der Liegenschaft, ist nicht zustande gekommen. Es stellt sich daher die Frage, ob im tatsächlich zustandegekommenen Abtretungsvertrag ein zweckgleich-wertiges Geschäft iSd § 6 Abs 3 MaklerG vorliegt, das die Provisionspflicht der Erstbeklagten auslösen kann. Das Erstgericht hat dies bejaht, das Berufungsgericht hat diese Frage ausgehend von seiner Rechtsansicht für unerheblich gehalten und daher nicht behandelt. Die Klägerin bejaht die Frage auch in der Revision zumindest implizit durch die Zitierung dieser Gesetzesbestimmung, die Beklagten bestreiten dies – wenngleich unsubstanziiert – in der Revisionsbeantwortung.
[13] 1.2. Nach § 6 Abs 3 MaklerG hat der Makler auch dann Anspruch auf Provision, wenn aufgrund seiner Tätigkeit zwar nicht das vertragsgemäß zu vermittelnde Geschäft, wohl aber ein diesem nach seinem Zweck wirtschaftlich gleichwertiges Geschäft zustandekommt.
[14] 1.3. Die „Zweckgleichwertigkeit“ darf nie abstrakt bestimmt werden, sondern muss konkret mit Blick auf den in Frage stehenden Vermittlungsauftrag beurteilt werden. Bei Abweichung des tatsächlich abgeschlossenen Geschäfts vom zunächst formulierten Vermittlungsziel ist also stets zu prüfen, ob nicht schon nach der (vom jeweiligen Empfängerhorizont aus ermittelten) Parteienabsicht Provisionspflicht besteht und damit eine „Zweckgleichwertigkeit“ angenommen werden kann. Führt die einfache Vertragsauslegung nicht weiter, dann ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu fragen, was redliche Parteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht bedachten Fall berücksichtigt hätten bzw was nach der Übung des redlichen Verkehrs als ergänzende Regelung angenommen werden muss (4 Ob 1575/92; RS0029698 [T3]). Eine Provisionspflicht ist dann zu bejahen, wenn das abgeschlossene Geschäft nach den Umständen des Einzelfalls für den vom Geschäftsherrn angestrebten Zweck gleichwertig ist (4 Ob 220/01h).
[15] 1.4. Wendet man diese Grundsätze hier an, so liegt im Abtretungsvertrag ein zweckgleichwertiges Geschäft mit dem beabsichtigten Liegenschaftsverkauf. Dafür spricht schon, dass die Vertreter der Streitteile im Vorfeld des schriftlichen Alleinvermittlungsauftrags von der Provisionszahlungspflicht auch im Zusammenhang mit der (von ihnen einem Liegenschaftsverkauf offenbar gleich gehaltenen) „Veräußerung im Rahmen eines 'share deal'“ sprachen. Auch objektiv betrachtet kommt der Abtretungsvertrag wirtschaftlich einer Liegenschafts-veräußerung insofern gleich, als die Liegenschaft der hauptsächliche Vermögenswert der Erstbeklagten ist und aufgrund des Abtretungsvertrags die wirtschaftliche Verfügungsgewalt über die Liegenschaft von den Cousins (als vormaligen Gesellschaftern beider Beklagten) zur Erwerberin überging.
[16] 1.5. Da somit die Klägerin den Anspruch auf die Provision (vorbehaltlich der nachstehenden Ausführungen zur verbotenen Einlagenrückgewähr unter 3.) schon nach § 6 Abs 3 MaklerG erworben hat, erübrigen sich weitere Überlegungen zu § 15 MaklerG.
2. Verdienstlichkeit
[17] Nach den Feststellungen trat die Erwerberin mit der Klägerin aufgrund des Inserats in Kontakt, was zumindest mitkausal für den Abtretungsvertrag war. Dies genügt für das Entstehen des Provisionsanspruchs (RS0062800).
3. Verbotene Einlagenrückgewähr
[18] 3.1. Seit der Grundsatzentscheidung 2 Ob 225/07p judiziert der Oberste Gerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass auch bei einer Kommanditgesellschaft, bei der kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist, die Vorschriften über das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß § 82 Abs 1 und § 83 Abs 1 GmbHG auf die Kommanditgesellschaft im Verhältnis zu ihren Kommanditisten analog anzuwenden sind (RS0123863). Ebenso erstreckt sich die analoge Anwendung der Kapitalerhaltungsvorschriften auch auf Zuwendungen der Kommanditgesellschaft an Gesellschafter der Komplementär‑GmbH, die gleichzeitig Kommanditisten der Kommanditgesellschaft sind (6 Ob 198/15h; RS0123863 [T3]). Aufgrund der hier vorliegenden Beteiligungen ist daher im Verhältnis der Cousins zu den Beklagten das Verbot der Einlagenrückgewähr (analog) anzuwenden.
[19] 3.2. Zunächst ist die Beurteilung des Berufungsgerichts nicht zu beanstanden, dass die Provisionszahlungspflicht der Erstbeklagten für die Abtretung der Gesellschaftsanteile an beiden Beklagten – isoliert betrachtet – eine verbotene Einlagenrückgewähr darstellt: Nach der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist den Cousins ein Vermögensvorteil in Form des Leistungsversprechens der Erstbeklagten durch Übernahme der Provisionsverpflichtung für ihren Anteilsverkauf zugekommen, während sich ein daraus resultierender Vorteil der Erstbeklagten nicht erschließt. Dem Sachverhalt sind auch keinerlei Anhaltspunkte zu entnehmen, die die rechtliche Beurteilung eines positiven Fremdvergleichs bzw einer betrieblichen Rechtfertigung ermöglichen würden (vgl dazu etwa Bauer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 82 Rz 127 [Stand 1. 12. 2017, rdb.at]).
[20] 3.3. Wenngleich sich das Verbot der Einlagenrückgewähr in erster Linie an die Gesellschaft richtet, kann es aber auch einem Dritten entgegengehalten werden, wenn dieser entweder kollusiv gehandelt hat oder wenn sich ihm der Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr geradezu „aufdrängen“ musste oder er davon positive Kenntnis hatte (vgl 6 Ob 232/16k; RS0105536 [T12]). Diese für Kreditinstitute als Dritte aufgestellten Grundsätze gelten auch für Dritte, die für andere Ansprüche als Kredite Sicherheiten empfangen (6 Ob 89/20m). Es ist entgegen der Ansicht der Klägerin kein Grund ersichtlich, warum diese Grundsätze nicht auch für den hier vorliegenden Fall einer Zahlungspflicht (statt einer Sicherheitenbestellung) der Gesellschaft gegenüber der Klägerin als Dritter gelten sollten.
[21] 3.4. Dem vorliegenden Sachverhalt lassen sich jedoch – entgegen der Meinung des Berufungsgerichts – derartige Anhaltspunkte einer Kenntnis oder Evidenz der Klägerin vom Verstoß der Provisionsvereinbarung gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nicht entnehmen. Vielmehr steht lediglich fest, dass im Vorfeld des Alleinvermittlungsauftrags verschiedene Varianten der Veräußerung der Liegenschaft, darunter auch ein „share deal“, besprochen wurden. Im dann abgeschlossenen Alleinvermittlungsauftrag ist von einem „share deal“ dann aber nicht mehr die Rede. Die Klägerin konnte im maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Alleinvermittlungsauftrags (9 Ob 25/08d [ErwGr II.2.3.]; RS0105537 [T5]; 7 Ob 35/10p [ErwGr 1.2. ff]; 6 Ob 29/11z) keine Kenntnis von einer weiteren Ausgestaltung eines allfälligen „share deal“ und von darin enthaltenen allfälligen weiteren Vereinbarungen (zB über die interne Kostentragung betreffend die Provision) haben, die uU die Provisionszahlungspflicht durch die Erstbeklagte als nicht gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßend gestalten könnten (vgl 4 Ob 2078/96h: „angemessene Gegenleistung“). Hier ist in diesem Zusammenhang auf die im Abtretungsvertrag vereinbarte Kostentragungspflicht betreffend die Provision durch die Erwerberin für den Fall der Anspruchstellung durch die Klägerin hinzuweisen.
[22] 3.5. Eine allgemeine Erkundigungs‑ und Prüfpflicht der Bank bzw eines sonstigen Dritten (vgl 6 Ob 89/20m), wie hier der Klägerin, besteht nicht für alle Fälle denkmöglicher Einlagenrückgewähr, sondern ist nur dort zu fordern, wo sich der Verdacht schon so weit aufdrängt, dass er nahezu einer Gewissheit gleichkommt (vgl RS0105537 [T4]). In jenen Fällen, in denen das Vorliegen einer betrieblichen Rechtfertigung schon bei erstem Anschein plausibel erscheint und in denen keine Verdachtsmomente gegeben sind, die den Kreditgeber am Vorliegen einer betrieblichen Rechtfertigung zweifeln lassen müssten, besteht kein weiterer Überprüfungsbedarf in diese Richtung; schon von vornherein hoch verdächtige Fälle lösen hingegen Erkundigungspflichten aus (7 Ob 35/10p [ErwGr 2.1.]; RS0105537 [T6]). Auch dafür, dass der vorliegende Fall für die Klägerin „hoch verdächtig“ war und sie daher weiter prüfen bzw nachfragen hätte müssen, bieten die Feststellungen keinen Anhaltspunkt.
[23] 3.6. Soweit die Beklagten in der Revisionsbeantwortung unter Hinweis auf die entsprechenden Ausführungen des Berufungsgerichts meinen, die Klägerin habe sonstige Vorteile der Erstbeklagten aus ihrer Übernahme der Provisionspflicht nicht behauptet, verkennen sie die Behauptungs‑ und Beweislast: Die Behauptungs‑ und Beweislast für das Vorliegen der anspruchshindernden (vgl RS0106638; RS0109832) Tatsachen betreffend die Nichtigkeit eines Vertrags wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nach § 82 GmbHG trifft nicht die Klägerin, sondern vielmehr die Beklagten (7 Ob 99/22t [ErwGr 1.1]).
[24] Die Beklagten brachten in ihrer Klagebeantwortung lediglich vor, die Klägerin müsse sich die Nichtigkeit zurechnen lassen, zumal sie nach ihrem Vorbringen in Kenntnis von den wesentlichen Umständen im Hinblick auf das Verbot der Einlagenrückgewähr sei. Dies trifft aber weder anhand des klägerischen Vorbringens noch des festgestellten Sachverhalts zu.
[25] Des Weiteren argumentieren die Beklagten zirkulär, der Klägerin sei schon aufgrund der Vertragslage bekannt, dass sie bei einem Verkauf der Anteile an den Beklagten keinen vertraglichen oder sonstigen Anspruch gegen diese habe bzw haben könne, weil ein solcher gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen verstieße. Dies sagt aber noch nichts zur Frage der Zurechenbarkeit aus.
[26] Auf eine weiters behauptete ablehnende Haltung der Beklagten, mit der der Klägerin der Verstoß spätestens, jedenfalls aber mit Erhalt der Klagebeantwortung bewusst werden hätte müssen, kommt es im Hinblick auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Abschlusses des Alleinvermittlungsauftrags (vgl 3.4.) nicht an.
[27] Weiteres Vorbringen zur Kenntnis der Klägerin von einem allfälligen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr oder zu Umständen, die eine Erkundigungspflicht der Klägerin (vgl 3.5.) auslösen hätten können, haben die Beklagten nicht erstattet.
[28] 4. Zusammengefasst bestehen der Provisionsanspruch der Klägerin dem Grunde nach und somit auch das Rechnungslegungsbegehren zu Recht, weshalb das Teilurteil des Erstgerichts wiederherzustellen war.
[29] 5. Der Kostenvorbehalt gründet auf § 52 Abs 3 ZPO. Das Erstgericht hat die Kostenentscheidung auch nach § 52 Abs 2 ZPO vorbehalten.
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