OGH 4Ob2078/96h

OGH4Ob2078/96h25.6.1996

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes HonProf. Dr. Gamerith als Vorsitzenden, durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei N*****bank AG, *****, vertreten durch Hofbauer, Krömer & Nusterer, Rechtsanwälte Partnerschaft in Sankt Pölten, wider die beklagte Partei Dr. Tobias R*****, als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der J***** GesellschaftmbH (5 S 83/92 Handelsgericht Wien), wegen S 5 Mio. sA, infolge Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 26.Jänner 1996, GZ 3 R 258/95-21, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 13. September 1995, GZ 30 Cg 350/94m-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

 

Spruch:

gefaßt:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird aufgehoben und die Rechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Franz F***** und die F*****GesellschaftmbH (in der Folge: F***** GesellschaftmbH) waren alleinige Gesellschafter der B*****-GesellschaftmbH (in der Folge: B***** GesellschaftmbH). Diese Unternehmen bildeten zusammen mit der G***** GesellschaftmbH und der G***** GesellschaftmbH & Co KG die "F*****-Gruppe". Im Juni 1990 erwarb die F*****-Gruppe die Firmengruppe D*****. Diese bestand aus der J*****AG und deren 100%iger Tochter, der J***** GesellschaftmbH. Beide Unternehmensgruppen waren wirtschaftlich gesund; die Beteiligten erwarteten sich aus der Fusion positive Synergieeffekte.

Die Fusion wurde wie folgt vereinbart und auch durchgeführt:

Am 11.6.1990 erwarb die B***** GesellschaftmbH sämtliche Aktien an der J*****AG um S 101,450.000,--. Die Klägerin finanzierte den Kaufpreis als Hausbank der F*****-Gruppe vor.

Am 12.6.1990 unterfertigten folgende Unternehmen als Mitschuldner einen Schuldschein, in dem sie sich zur Rückzahlung eines ihnen von der Klägerin gewährten Darlehens von S 60 Mio. verpflichteten: Franz F*****, F***** GesellschaftmbH, B***** GesellschaftmbH, G***** GesellschaftmbH, G***** GesellschaftmbH & Co KG und J***** GesellschaftmbH. Der Darlehensbetrag war bereits am Vortag über einen Treuhänder den Aktionären der J***** AG - es waren dies Mitglieder der Familie D***** - als Kaufpreisteilzahlung zugeflossen. Im Schuldschein verpflichtete sich die J***** GesellschaftmbH weiters, der Klägerin als Sicherstellung für das Darlehen von S 60 Mio. und alle Nebenverpflichtungen bis zum Höchstbetrag von S 9 Mio. eine Hypothek auf der ihr gehörigen Liegenschaft EZ ***** KG I***** einzuräumen. Die Hypothek wurde in der Folge verbüchert.

Mit Beschluß der Hauptversammlung der B***** GesellschaftmbH als Alleinaktionärin der J***** AG vom 12.6.1990 wurde die Aktiengesellschaft in eine GesellschaftmbH mit der Firma "J***** GesellschaftmbH" umgewandelt.

Mit Verschmelzungsvertrag vom 3.9.1990 wurde, bezogen auf den Stichtag 15.6.1990, die B***** GesellschaftmbH mit der J***** GesellschaftmbH als aufnehmender Gesellschaft verschmolzen.

Mit Verschmelzungsvertrag vom 12.12.1990 wurde, bezogen auf den Stichtag 16.6.1990, die J***** GesellschaftmbH mit der J***** GesellschaftmbH als aufnehmender Gesellschaft verschmolzen.

Mit Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 5.5.1992 (5 S 83/92) wurde über das Vermögen der J***** GesellschaftmbH das Konkursverfahren eröffnet; der Beklagte wurde zum Masseverwalter bestellt. Auch über das Vermögen folgender Firmen wurde das Konkursverfahren eröffnet:

Franz F*****, F***** GesellschaftmbH, G***** GesellschaftmbH, G***** GesellschaftmbH & Co KG.

Die Klägerin begehrt, den Beklagten schuldig zu erkennen, ihr S 5 Mio. sA bei sonstiger Exekution in die Liegenschaft EZ *****, Grundbuch ***** I*****, Bezirksgericht L*****, zu zahlen.

Am Tag der Konkurseröffnung habe das Darlehen mit S 63,921.173,24 unberichtigt ausgehaftet. Der Beklagte habe die Forderung als Konkursforderung anerkannt, das Absonderungsrecht aber bestritten. Die Klägerin sei als Hypothekargläubigerin Absonderungsberechtigte. Aus Kostengründen mache sie derzeit nur S 5 Mio. geltend. Die Klägerin habe trotz Einleitung des Versteigerungsverfahrens durch den Beklagten ein Rechtsschutzinteresse an der Hypothekarklage, weil der Beklagte das Verwertungsverfahren jederzeit einstellen könne. Als Hypothekargläubigerin stünden der Klägerin auch andere Verwertungsmöglichkeiten offen. Ein Verstoß gegen §§ 82, 83 GmbHG liege nicht vor. Die Gewährung einer Sicherheit zu Gunsten des Gesellschafters durch die Gesellschaft könne nicht ohne weiteres als Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr angesehen werden; die B***** GesellschaftmbH sei niemals Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin gewesen. Allfällige Bedenken seien durch die Verschmelzung der operativen Untergesellschaft mit den Obergesellschaften gegenstandslos geworden.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen.

Durch die Verpfändung der Liegenschaft sei den Gesellschaftern aus dem Vermögen der GesellschaftmbH entgegen § 82 GmbHG Kapital zurückgezahlt worden. Die Gesellschafter hätten aus dem Vermögen der GesellschaftmbH die Mittel erhalten, um von den Aktionären der J*****AG deren Aktien zu erwerben. Der Klägerin fehle jedes Rechtsschutzinteresse, weil der Beklagte bereits die kridamäßige Versteigerung der Liegenschaft beantragt habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

§ 82 GmbHG erfasse jede Einlagenrückgewähr, auch wenn sie in Gewinnen Deckung finde. Die Bestellung einer Sicherheit für eine Schuld des Gesellschafters sei als Auszahlung anzusehen. Das Verbot der Einlagenrückgewähr gelte auch gegenüber Treuhändern, Strohmännern und Konzernobergesellschaften. Im vorliegenden Fall seien entgegen § 82 GmbHG Einlagen rückgewährt worden. Daß die B***** GesellschaftmbH nie Gesellschafterin der Gemeinschuldnerin gewesen sei, sei unbeachtlich. Auch die Verschmelzung der operativen Untergesellschaft mit den Obergesellschaften hindere den Verstoß gegen § 82 GmbHG nicht, weil auch in diesem Fall die Gläubiger geschützt werden müßten. Das Geschäft sei gemäß § 879 Abs 1 ABGB nichtig; die Nichtigkeit erfasse auch die Hypothek.

Das Berufungsgericht änderte die Entscheidung des Erstgerichtes dahin ab, daß es dem Klagebegehren stattgab. Das Berufungsgericht sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei.

Die Klägerin sei auch während des Konkurses berechtigt, die Hypothekarklage einzubringen. Eine verbotene Einlagenrückgewähr liege immer dann vor, wenn - unter welchem Rechtstitel immer - dem Gesellschafter von der Gesellschaft sachlich nicht gerechtfertigte Vermögensvorteile zufließen. Auch die Bestellung einer Sicherheit für eine Gesellschafterschuld könne unter diesen Tatbestand fallen. Immer werde darauf abgestellt, ob dem Gesellschafter (einem ihm nahestehenden Dritten) ein ungerechtfertigter Vorteil erwachsen sei. Die Gemeinschuldnerin habe die Sicherheit in einem Gesamtkonzept bestellt, durch das zwei Unternehmensgruppen zusammengeführt worden seien. In einer Gesamtschau seien sämtliche Vorgänge als Gesamtsachverhalt auf ihren wirtschaftlichen Gehalt hin zu untersuchen. Es liege ein Fall eines "Leveraged Buy Out" verbunden mit "Down Stream Fusionen" vor. Durch die Bestellung der Hypothek hätten weder Gesellschafter noch diesen nahestehende Dritte einen ungerechtfertigten Vorteil erlangt. Im Ergebnis habe die Gemeinschuldnerin ihre eigene Schuld besichert; eine (wenn auch nur verdeckte) Sicherstellung einer Gesellschafterverbindlichkeit liege damit gar nicht vor.

Gegen die Bestellung einer Sicherheit für einen Gesellschafter oder einen diesem nahestehenden Dritten bestünden wegen der damit verbundenen Gefahr einer Störung des Äquivalenzverhältnisses Bedenken. Im vorliegenden Fall seien die von der Klägerin zur Verfügung gestellten Kreditmittel der Gemeinschuldnerin selbst zugeflossen und von dieser ihrem eigenen Erwerber zur Verfügung gestellt worden. Neben der Gemeinschuldnerin seien auch deren nunmehrige Gesellschafter Franz F***** und F***** GesellschaftmbH Mitschuldner. Dadurch sei jeder Zweifel ausgeräumt, daß diese Gesellschafter durch die Einräumung der Hypothek begünstigt worden sein könnten, weil sie selbst im Regreßfall unter Gesamtschuldnern von der Gemeinschuldnerin auch nach Einräumung der Hypothek nicht mehr zu fordern berechtigt wären, als die Gemeinschuldnerin ihnen schon aufgrund ihrer Stellung als Personalschuldnerin zu leisten hätte. An diesem Ergebnis änderten auch Erwägungen des Gläubigerschutzes nichts, weil es einer GesellschaftmbH unbenommen sei, ihrem Gläubiger zur Besicherung ihrer eigenen Verbindlichkeit eine Hypothek einzuräumen.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung gerichtete Revision des Beklagten ist berechtigt.

Der Beklagte vertritt die Auffassung, daß downstream mergers (Aufnahme der Muttergesellschaft durch die Tochtergesellschaft) nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen gerechtfertigt seien. Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Es sei aktenwidrig, daß die spätere Gemeinschuldnerin materiell als Begünstigte des Darlehens anzusehen sei. Auch die Annahme des Berufungsgerichtes, die Kreditmittel seien der späteren Gemeinschuldnerin zugeflossen und von dieser - ihrer eigenen Disposition gemäß - ihren eigenen Erwerbern zur Verfügung gestellt worden, widerspreche dem Akteninhalt. Mit dem Darlehen sei der Kaufpreis für die Aktien der J*****AG vorfinanziert worden. Es sei nicht richtig, daß die Gesellschafter der Gemeinschuldnerin durch die Einräumung der Hypothek nicht begünstigt worden seien. Folgte man der Auffassung des Berufungsgerichtes, so würde ein Gesellschafter, der als Mitschuldner den Kredit zurückzahlt, Hypothekargläubiger seiner Gesellschaft und könnte von dieser die Zahlung des Kredites für den Ankauf der Anteile verlangen.

Gemäß § 82 Abs 1 GmbHG können die Gesellschafter ihre Stammeinlage nicht zurückfordern; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den nach dem Jahresabschluß als Überschuß der Aktiven über die Passiven sich ergebenden Bilanzgewinn, soweit dieser nicht aus dem Gesellschaftsvertrag oder durch einen Beschluß der Gesellschafter von der Verteilung ausgeschlossen ist. Zweck dieser Vorschrift ist es, das Stammkapital als "dauernden Grundstock der Gesellschaft" und als einziges "dem Zugriffe der Gläubiger freigegebenes Befriedigungsobjekt" gegen Schmälerung durch Leistung an die Gesellschafter abzusichern (236 BlgHH 17. Sess 88). Im Gegensatz zu § 30 dGmbHG verbietet § 82 GmbHG im Prinzip jede Zuwendung der Gesellschaft an die Gesellschafter, die nicht Gewinnverwendung ist; § 30 dGmbHG begnügt sich hingegen mit dem Schutz des dem Stammkapital entsprechenden Vermögens (Koppensteiner, GmbH-Gesetz Kommentar, § 82 Rz 1).

Die Kapitalerhaltungsvorschriften sollen nach ihrem Sinn und Zweck jede (unmittelbare oder mittelbare) Leistung an einen Gesellschafter erfassen, der keine gleichwertige Gegenleistung gegenübersteht und die wirtschaftlich das (im Geltungsbereich des § 30 dGmbHG: zur Erhaltung des Stammkapitals erforderliche) Vermögen verringert. Darunter fallen Zuwendungen oder Vergünstigungen aller Art ohne Rücksicht darauf, ob sie in der Handelsbilanz der GesellschaftmbH (oder des Gesellschafters) einen Niederschlag finden (Fleck, Der Grundsatz der Kapitalerhaltung - seine Ausweitung und seine Grenzen, in Lutter/Ulmer/Zöllner, Festschrift 100 Jahre GmbH-Gesetz 391 [399f] mwN).

Auch das Aktiengesetz verbietet die Rückgewähr von Einlagen. Gemäß § 52 AktG dürfen den Aktionären die Einlagen nicht zurückgewährt werden; sie haben, solange die Gesellschaft besteht, nur Anspruch auf den Reingewinn, der sich aus der Jahresbilanz ergibt, soweit er nicht nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung ausgeschlossen ist.

Das deutsche Aktiengesetz enthält eine sinngleiche Vorschrift. Nach § 57 Abs 1 dAktG dürfen den Aktionären die Einlagen nicht zurückgewährt werden. Sowohl das österreichische als auch das deutsche Aktienrecht schützen damit im Interesse der Gesellschaftsgläubiger und der Aktionäre das gesamte Vermögen der Aktiengesellschaft (Jabornegg in Schiemer/Jabornegg/Strasser, Kommentar zum Aktiengesetz3 § 52 Rz 6 mwN; Barz in Großkomm. AktG § 57 Anm 3 mwN; Hefermehl/Bungeroth in Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, Aktiengesetz § 57 Rz 4 mwN; Lutter in Kölner Kommentar zum Aktiengesetz § 57 Rz 3 mwN).

Ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften kann auch in der Bestellung von Sicherheiten für Dritte am Gesellschaftsvermögen oder an Teilen davon für Forderungen gegen Gesellschafter liegen (Koppensteiner aaO § 82 Rz 17 mwN; Reich-Rohrwig, Das österreichische GmbH-Recht 652 mwN; Strommer, Ist eine Bürgschaft der GmbH für Schulden ihrer Gesellschafter zulässig?, WBl 1987, 334;

Baumbach/Hueck, GmbH-Gesetz16 § 30 Rz 18 mwN;

Hachenburg/Goerdeler/Müller7 § 30 Rz 53 mwN; Scholz/Westermann, Kommentar zum GmbH-Gesetz 8 § 30 Rz 31 mwN; Lutter/Hommelhoff, GmbH-Gesetz Kommentar14 § 30 Rz 8 mwN; Hefermehl/Bungeroth aaO § 57 Rz 19; Lutter aaO § 57 Rz 11). Die Bestellung einer Sicherheit für eine Schuld des Gesellschafters (Aktionärs) ist zulässig, wenn die Gesellschaft eine angemessene Gegenleistung erhält, wie sie bei vergleichbaren Bankgeschäften üblich ist (Jabornegg aaO § 52 Rz 11;

zur Angemessenheitsprüfung s Krejci, Zum GmbH-rechtlichen Ausschüttungsverbot, WBl 1993, 269 [276ff] mwN; s auch Lutter/Wahlers, Der Buyout: Amerikanische Fälle und die Regeln des deutschen Rechts, Die Aktiengesellschaft 1989, 1 [9] mwN; Schneider, "Kapitalmindernde Darlehen" der GmbH an ihre Gesellschafter, FS Döllerer 537 [546]; Saurer, Leveraged Management Buy-Out 75 mwN).

Weder § 82 GmbHG noch § 52 AktG setzen fest, daß verbotswidrige Geschäfte nichtig sind. Aus dem Zweck des Verbotes wird aber in beiden Fällen die Nichtigkeit verbotswidriger Geschäfte nach § 879 Abs 1 ABGB abgeleitet (Koppensteiner aaO § 82 Rz 19; Jabornegg aaO § 52 Rz 1 mwN; Saurer aaO 101 mwN; aA für verdeckte Gewinnausschüttungen Arnold, Verdeckte Gewinnausschüttung im Handelsrecht, GesRZ 1985, 86 [97]; s auch Krejci, Zum GmbH-rechtlichen Ausschüttungsverbot, WBl 1993, 269 [272]; Nowotny, Verdeckte Gewinnausschüttung und Bestätigungsvermerk, RdW 1988, 23). Auch Geschäfte, die gegen § 57 dAktG verstoßen, werden als nichtig erachtet (Barz aaO § 57 Rz 10; Hefermehl/Bungeroth aaO § 57 Rz 71; Lutter aaO § 57 Rz 24, jeweils mwN). Die zu § 30 dGmbHG vertretene Ansicht, das verbotswidrige Geschäft sei nicht nichtig, sondern der einem verbotswidrigen Geschäft zugrunde liegende Gesellschafterbeschluß sei nur unvollziehbar, hängt damit zusammen, daß § 30 dGmbHG das Gesellschaftsvermögen nur in Höhe des Stammkapitals schützt (s Koppensteiner aaO § 82 Rz 19 mwN; s auch Canaris, Die Rückgewähr von Gesellschaftereinlagen durch Zuwendungen an Dritte, FS Fischer [1979] 31 [55]); Peltzer/Bell, Besicherung von Gesellschafterkrediten mit dem GmbH-Vermögen?, ZIP 1993, 1757 f; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht**2, 946; Baumbach/Hueck aaO § 30 Rz 21 mwN).

Normadressaten des in § 82 GmbHG und § 52 AktG enthaltenen Verbotes der Einlagenrückgewähr sind die Gesellschaft und der Gesellschafter (Aktionär), nicht aber auch ein Dritter (s Koppensteiner aaO § 83 Rz 7; Jabornegg aaO § 56 Rz 9; Canaris aaO 34). Nach § 83 Abs 1 GmbHG sind Gesellschafter, zu deren Gunsten gegen die Vorschriften dieses Gesetzes, gegen die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages oder entgegen einem Gesellschaftsbeschluß Zahlungen von der Gesellschaft geleistet worden sind, der Gesellschaft zum Rückersatz verpflichtet; § 56 AktG räumt der Aktiengesellschaft einen gleichartigen Rückgewähranspruch ein.

Dritte sind nach herrschender Meinung nur ausnahmsweise rückgabepflichtig. Das folgt schon daraus, daß Geschäfte in der Regel gültig sind, wenn sich das Verbot nur an den einen der beiden Geschäftspartner richtet (Koziol/Welser10 I 142; s auch Palandt, BGB55 § 134 Rz 9 mwN). Ist dem vom Verbot nicht betroffenen Geschäftspartner aber bewußt, daß mit dem Vertrag gegen ein Gesetz verstoßen wird, nimmt er somit am Verstoß teil, so ist das Geschäft auch ihm gegenüber nichtig (Gschnitzer in Klang**2 IV/1, 180, 184).

Nach Koppensteiner aaO § 83 Rz 7, ist für die Unwirksamkeit eines gegen § 82 GmbHG verstoßenden Geschäftes auch gegenüber dem Dritten zumindest eine Zurechnungsbeziehung zu verlangen, die es gestattet, den Dritten als Gesellschafter zu behandeln. In seiner Abhandlung, GmbH-rechtliche Probleme des Management Buy-Out, ZHR 155 (1991) 97 (106), vertritt Koppensteiner die Auffassung, daß die Unwirksamkeit des mit einem Dritten geschlossenen Sicherungsgeschäftes nur bei Kollusion angenommen werden sollte. Der gleichen Ansicht sind Lutter/Hommelhoff aaO § 30 Rz 34.

Jabornegg aaO § 56 Rz 9 mwN erachtet Nichtaktionäre namentlich dann als rückgabepflichtig, wenn sie Hintermänner von Aktionären sind oder wenn es um ehemalige oder künftige Aktionäre geht und die verbotene Leistung im Zusammenhang mit deren Aktionärseigenschaft steht.

Canaris aaO 35ff erstreckt den Rückgewähranspruch auf Zuwendungen an Dritte, die dem Aktionär "nahestehen" (Strohmänner, Verwandte, Hintermänner), und auf Zuwendungen an bösgläubige Dritte. Der Dritte müsse gewußt haben, daß sein Schuldner Aktionär der sicherungsgebenden Gesellschaft war, daß die Sicherheitenbestellung mit Rücksicht auf diese Eigenschaft erfolgt ist und daß es zwischen der Gesellschaft und dem Aktionär an einem angemessenen Entgelt fehlt. Canaris aaO verweist in diesem Zusammenhang auf den prima facie-Beweis und auf den Grundsatz, daß sich derjenige, der "geradezu die Augen vor der wahren Rechtslage verschließt", so behandeln lassen muß, als hätte er diese gekannt. Canaris' Auffassung wird im wesentlichen von Scholz/Westermann aaO § 30 Rz 33 geteilt.

Meister, Die Sicherheitsleistung der GmbH für Gesellschafterverbindlichkeiten, WM 1980, 390 (394), gesteht der Gesellschaft das Leistungsverweigerungsrecht nicht nur gegenüber dem Gesellschafter, sondern grundsätzlich auch gegenüber dem Sicherungsnehmer zu. Andernfalls ginge das Verbot des § 30 Abs 1 dGmbHG ins Leere, wenn sich die Gesellschaft dem Sicherungsnehmer gegenüber bereits verpflichtet oder diesem schon eine dingliche Sicherheit bestellt hat. Das Leistungsverweigerungsrecht der Gesellschaft gegenüber dem Sicherungsnehmer entfalle, wenn dieser - aus der Sicht in dem Zeitpunkt, in welchem die Gesellschaft sich ihm gegenüber erstmals verpflichtet hat - die Natur des Geschäfts als Gesellschaftergeschäft nicht erkennen konnte und ein Drittgeschäft annehmen durfte (Meister aaO 399).

Nach Lutter/Wahlers aaO 11 ist die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB auch auf das Sicherungsgeschäft zwischen dem Dritten und der Aktiengesellschaft zu erstrecken, wenn der Dritte (= Kreditgeber) über die Verwendung der Mittel zum Zwecke des Erwerbes von Aktien der Zielgesellschaft orientiert ist und dementsprechend weiß, daß das Sicherungsgeschäft dem Verbot aus § 57 Abs 1 Satz 1 dAktG zuwiderläuft. Die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts mit dem Dritten könne sich auch unter dem Gesichtspunkt des Mißbrauchs der Vertretungsmacht ergeben. Soweit ein bewußt schädigendes Zusammenwirken mit dem Gesellschafter gefordert werde, ergebe sich die Nichtigkeit des Sicherungsgeschäfts regelmäßig bereits aus den §§ 138, 826 BGB.

Peltzer/Bell aaO 1764 behandeln den Sicherungsnehmer, für den im Zeitpunkt der Sicherheitenbestellung die Gesellschaftereigenschaft des Schuldners erkennbar ist, wie einen Gesellschafter. Dem Dritten schade jede Form von Fahrlässigkeit. Angesichts der Notwendigkeit der strikten Beachtung der Kapitalerhaltungsvorschriften bei der GmbH seien an die Gutgläubigkeit des Dritten strenge Anforderungen zu stellen. Der Gesellschaft stehe ihm gegenüber ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

In seiner Abhandlung, Besicherte Darlehen von Dritten an Konzerngesellschaften und Kapitalerhaltungsvorschriften, GmbHR 1995, 15 (20f), verlangt Peltzer positive Kenntnis vom Verstoß gegen § 30 dGmbHG. Dabei läßt er eine "laienmäßige" Kenntnis genügen.

Fleck aaO 406f erachtet Drittverpflichtungen der Gesellschaft (Begleichung einer Schuld des Gesellschafters oder Bestellung einer Sicherheit für eine Gesellschafterschuld) als grundsätzlich wirksam, es sei denn, der Dritte habe mit dem Gesellschafter bewußt zum Schaden der Gesellschaft oder ihrer Gläubiger zusammengewirkt oder in den rechtlichen oder persönlichen Beziehungen des Nichtgesellschafters zum Gesellschafter liege ein besonderer Zurechnungsgrund.

Schön, Kreditbesicherung durch abhängige Kapitalgesellschaften, ZHR 159 (1995) 351 (366ff) mwN, verweist auf die Rechtsprechung und Lehre, die das Verbot nur dann auch gegen den Kreditgeber wirken läßt, wenn er im Einzelfall wie ein "Teilnehmer an fremdem Unrecht" einverständlich am Pflichtenverstoß des Gesellschafters mitwirkt, das heißt in dem seltenen Fall der Kollusion. In der Entgegennahme einer stammkapitalmindernden Sicherheit (Anm.: § 30 dGmbHG schützt nur das dem Stammkapital entsprechende Vermögen) liege aber ein eigener Tatbestand der Gläubigergefährdung. Wenn dem Kreditgeber das Gesellschaftsverhältnis zwischen dem Hauptschuldner und dem Sicherungsgeber bekannt sei und er wisse oder sich leichtfertig der Erkenntnis verschließe, daß die Besicherung das Stammkapital der Sicherungsgeberin angreifen kann, treffe § 138 BGB sowohl den Sicherungsvertrag als auch die Bestellung der dinglichen oder schuldrechtlichen Sicherheit.

Sonnenhol/Groß, Besicherung von Krediten Dritter an Konzernunternehmen, ZHR 159 (1995) 389 (405ff), gestehen das Leistungsverweigerungsrecht nach § 30 Abs 1 dGmbHG nur gegenüber dem Gesellschafter, nicht aber gegenüber dem Nichtgesellschafter (Kreditgeber) zu. Ausgenommen werden nur dem Gesellschafter nahestehende Dritte. Gegenüber dem (dem Gesellschafter nicht nahestehenden) Kreditgeber könne aus § 30 dGmbHG kein Leistungsverweigerungsrecht abgeleitet werden; die Lehre vom Mißbrauch der Vertretungsmacht sei nicht anzuwenden, weil § 30 dGmbHG die Vertretungsmacht des Gesellschafters nicht beschränke. Die Besicherung könne aber wegen Gläubigergefährdung (§ 138 BGB), Schuldnerknebelung (§ 138 BGB) und Kollusion (§ 826 BGB) sittenwidrig sein. Kollusion setze voraus, daß die Bank um die (zumindest) mittelbare Gesellschaftereigenschaft ihres Schuldners, die Natur der Besicherung als Gesellschaftergeschäft und um die aus der Besicherung folgende Auszahlung zu Lasten des Stammkapitals wisse.

Saurer aaO 106 verweist darauf, daß die Organe mit dem Abschluß eines verbotswidrigen Rechtsgeschäfts immer auch ihre Vertretungsmacht mißbrauchen. Der Dritte sei weniger schutzwürdig als der Vertretene, wenn er mit dem Vertreter absichtlich zum Schaden der Gesellschaft zusammenwirke (Kollusion) oder wenn das vertretungsbefugte Organ bewußt zum Nachteil der Gesellschaft handle und der Dritte davon wisse. Der Dritte könne sich aber auch dann nicht auf die Vertretungsmacht des Organs berufen, "wenn der Mißbrauch für jeden Einsichtigen evident ist, dem Dritten es sich also geradezu aufdrängen muß, daß der Vertreter bei Geschäftsabschluß mit Schädigungsvorsatz zum Nachteil des Vertretenen handelt" (SZ 58/123). Bei der Bestellung von Sicherheiten für eine Gesellschafterschuld werde der Dritte nicht schutzwürdig sein, wenn er erkennen konnte oder es für ihn evident sein mußte, daß die Sicherheitenbestellung aufgrund einer negativen Prognose über die Leistungsfähigkeit der Zielgesellschaft gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstößt. Der Kreditgeber dürfe weder absichtlich an dem für die Gesellschaft nachteiligen Geschäft mitwirken noch vom nachteiligen Geschäft Kenntnis haben und die Unkenntnis dürfe auch nicht auf grob fahrlässigem Verhalten beruhen. Verstoße die Sicherheitenbestellung nur wegen einer nicht adäquaten Gegenleistung gegen § 52 AktG, so sei nur das Geschäft zwischen Zielgesellschaft und Obergesellschaft nichtig, weil der Dritte die internen Vereinbarungen kaum kennen werde. Kenne er sie, so bleibe die Frage offen, ob sich eine solche Kenntnis auf das Sicherungsgeschäft auswirke (Saurer aaO 103ff).

Einhelligkeit besteht demnach nur insoweit, als dem Dritten der Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr bei Kollusion entgegengehalten werden kann. In diesem Sinn hat auch der BGH entschieden (WM 1982, 1402).

Kollusion liegt vor, wenn Vertreter und Dritter absichtlich zusammengewirkt haben, um den Vertretenen zu schädigen (Koziol/Welser aaO 176). In den Entscheidungen zum Vollmachtsmißbrauch wird der Kollusion der Fall gleichgehalten, daß der Gesellschafter bewußt zum Nachteil der Gesellschaft handelt und der Dritte davon gewußt hat

oder sich der Mißbrauch ihm geradezu aufdrängen mußte (SZ 58/123 =

JBl 1986, 377 = GesRZ 1985, 198 mwN). Eine Erkundigungspflicht wird

für den Fall bejaht, daß besondere Umstände den Verdacht des Mißbrauches der Vertretungsmacht nahelegen (GesRZ 1978, 131). Beim Mißbrauch der Vertretungsmacht genügt demnach grob fahrlässige Unkenntnis des Vollmachtsmißbrauchs für die Unwirksamkeit des Geschäfts mit dem Dritten (Koziol/Welser aaO 176 mwN; Stanzl aaO 857ff; Strasser in Rummel, ABGB**2 §§ 1016, 1017 Rz 23 mwN; Reich/Rohrwig aaO 122 mwN; s auch Kastner/Doralt/Nowotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 234 mwN; Jabornegg aaO §§ 71 - 74 Rz 72; Ostheim, Kritisches zum Beschluß des OGH vom 26.2.1980, 5 Ob 515/80, GesRZ 1980, 99 [100]; ua SZ 64/13; aM Hämmerle/Wünsch, Handelsrecht3 II 413f; Wünsch, Kommentar zum GmbH-Gesetz § 18 Rz 16).

Auch bei einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr fordert eine Abwägung der Interessen des Kreditgebers und der durch die verbotene Einlagenrückgewähr geschädigten Gesellschaft und ihrer Gläubiger das Leistungsverweigerungsrecht gegenüber dem Kreditgeber nicht nur auf Kollusion zu beschränken. Die Interessen der Gesellschaft und ihrer Gläubiger müssen jedenfalls auch den Interessen jenes Kreditgebers vorgehen, der weiß, daß er den Kredit einem (mittelbaren) Gesellschafter gewährt, der damit den Anteilskauf finanziert, und daß die Sicherheit am Gesellschaftsvermögen bestellt wird. Das gleiche muß auch für jenen Kreditgeber gelten, dem sich dieses Wissen "geradezu aufdrängen" muß, dessen Unkenntnis demnach auf grober Fahrlässigkeit beruht.

Die beim Vollmachtsmißbrauch vor allem mit Erwägungen des Verkehrsschutzes begründeten Bedenken gegen die Erstreckung der Unwirksamkeit auf Fälle grob fahrlässiger Unkenntnis (Hämmerle/Wünsch aaO 414) haben bei einem Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr weniger Gewicht, weil sich die Verbotswidrigkeit des Handelns schon aus dem Gesetz und nicht aus internen Beschränkungen der Vertretungsmacht ergibt (zur Definition des Vollmachtsmißbrauchs als Handeln im Rahmen der erteilten Vollmacht, aber unter Verstoß gegen die Begrenzung, die im Innenverhältnis durch Auftrag, Ermächtigung oder Weisungen im Rahmen des Auftragsverhältnisses erteilt wurde, s Strasser aaO §§ 1016, 1017 Rz 23).

Zur Bestellung von Sicherheiten am Gesellschaftsvermögen für Verbindlichkeiten der Gesellschafter kommt es vor allem bei Unternehmensübernahmen durch Leveraged Buy Out (LBO) oder durch Management Buy Out (MBO). Beiden Übernahmsformen ist gemeinsam, daß der Erwerb in erster Linie mit Fremdkapital erfolgt; beim MBO übernimmt das bisherige Management das Unternehmen (s dazu Gondesen, Rechtliche Aspekte des Management Buy-Out, WM 1989, 201). Als Sicherheit für das Fremdkapital werden die Vermögensgegenstände des erworbenen Unternehmens verwendet, und die Fremdkapitalbedienung und -tilgung erfolgt durch Zugriff auf den Gewinn, den Cash-flow und gegebenenfalls die stillen Reserven der Zielgesellschaft. Wirtschaftlich reduziert ein LBO das Kapital einer Gesellschaft zugunsten einer höheren Fremdfinanzierung, wobei die dadurch entstehende Zinsbelastung steuerlich absetzbar ist. Der wesentlich erhöhte Fremdkapitalanteil und die durch eine Verschmelzung erzielbare Buchwertaufstockung mit den damit verbundenen erhöhten Abschreibemöglichkeiten führen zu einer erheblichen Steigerung des Cash-flow, welcher zu Tilgungszwecken verwendet werden kann und maßgeblich dazu beiträgt, daß die erforderlichen Kreditmittel überhaupt zur Verfügung gestellt werden. Diese Hebelwirkung (Leverage), die in der Nutzung der Liquidität des Zielunternehmens liegt, hat dem LBO seinen Namen gegeben (Lutter/Wahlers aaO 1f mwN).

Leistet die GesellschaftmbH den veräußernden Gesellschaftern Sicherheiten für die Verbindlichkeiten des Käufers, dann kann darin ein Verstoß gegen § 30 Abs 1 dGmbHG (§ 82 GmbHG) liegen (Baumbach/Hueck aaO § 30 Rz 18 mwN; Lutter/Wahlers aaO 13). Anders als nach § 30 dGmbHG hängt die Unzulässigkeit einer Sicherheitenbestellung nicht davon ab, ob die dafür notwendige Rückstellung zu einer Unterbilanz führt (Lutter/Wahlers aaO 14), weil § 82 GmbHG, wie oben ausgeführt, das gesamte Gesellschaftsvermögen und nicht nur den dem Stammkapital entsprechenden Teil schützt. Die Bestellung einer Sicherheit für Gesellschafterverbindlichkeiten am Gesellschaftsvermögen ist zulässig, wenn die Organe der Zielgesellschaft bei gewissenhafter Prüfung annehmen konnten, daß die Zielgesellschaft in der Lage sein werde, die Kreditrückzahlungen zu "verdienen" (zu den Eigenschaften, die ein Unternehmen aufweisen muß, um für einen Buy Out geeignet zu sein, Kerber, Die Übernahme von Gesellschaften mit beschränkter Haftung im Buy-Out-Verfahren, WM 1989, 473 [477f]), und wenn die Sicherheitenbestellung dem Fremdvergleich standhält, das heißt zu Bedingungen erfolgt, die auch einem Außenstehenden eingeräumt würden (zur Angemessenheitsprüfung s Krejci aaO 276f).

Im vorliegenden Fall ist nicht festgestellt, ob die spätere Gemeinschuldnerin für die Bestellung der Hypothek ein Entgelt erhalten hat. Die Klägerin ist der Auffassung, daß § 82 GmbHG (schon deshalb) nicht verletzt sei, weil die Zielgesellschaft (die spätere Gemeinschuldnerin) nach dem Erwerb der Anteile an ihrer Muttergesellschaft durch ein Unternehmen der F*****-Gruppe mit den Obergesellschaften verschmolzen worden ist und es damit zu "downstream mergers" gekommen ist.

Bei einem "downstream merger" wird die für den Erwerb der Gesellschaft (der Anteile an ihr) aufgenommene Verbindlichkeit an diese selbst übertragen, ohne daß dieser Verbindlichkeit ein Aktivum gegenübersteht. Die Tochtergesellschaft übernimmt die Finanzierung ihres eigenen Erwerbes (Aman, "Down Stream Fusion" Verbot der Einlagenrückgewähr, Gläubigerschutz und Minderheitenrechte, RdW 1995, 292 [294]; zur Problematik dieser Art der Finanzierung eines Unternehmenserwerbes s ua Schneider aaO 540 mwN; Peltzer, Rechtliche Probleme der Finanzierung des Unternehmenskaufs beim MBO, DB 1987, 973 [976]).

Auch wenn dieser Finanzierungsleistung keine angemessene Gegenleistung gegenübersteht, wird ein Verstoß gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften mit der Begründung verneint, daß weder ein Gesellschafter noch ein einem Gesellschafter nahestehender Dritter daraus einen Vorteil ziehe: Die untergehende Muttergesellschaft komme wegen ihres Unterganges nicht als Empfängerin einer Vorteilszuwendung in Betracht; ihre Gesellschafter seien rechtlich nicht besser gestellt als vor der Fusion (Aman aaO 294; s auch Hügel, Verschmelzung und Einbringung 514, unter Berufung auf Lutter/Wahlers aaO 12f, und Peltzer aaO 977, die jedoch beide in diesem Zusammenhang von einer Verschmelzung "up stream", das heißt einer Verschmelzung der Zielgesellschaft mit der Übernahmegesellschaft als aufnehmender Gesellschaft, ausgehen; zur Unbedenklichkeit von upstream mergers s Saurer aaO 322f).

Der Auffassung, daß bei einer der Sicherheitenbestellung nachfolgenden Fusion kein Begünstigter mehr vorhanden sei und damit auch kein Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr vorliege, ist für den Fall von downstream mergers entgegenzuhalten, daß sich die Gesellschafter der Erwerbsgesellschaft die Bestellung anderer Sicherheiten erspart haben. Sie verbleiben daher auch noch nach Durchführung des(r) downstream mergers als (mittelbar) Begünstigte (Aman aaO 294). Ob die von Aman (aaO) vorgeschlagene Nachrangigkeitsklausel einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verhindern könnte (dagegen Saurer, Die verbotene Einlagenrückgewähr beim "Down Stream-Merger", RdW 1996, 155 (156]), kann hier dahingestellt bleiben, weil, wie schon das Begehren der Klägerin zeigt, im vorliegenden Fall keine solche Vereinbarung getroffen wurde.

Ein Verstoß gegen § 82 GmbHG entfällt auch nicht deshalb, weil, wie das Berufungsgericht meint, die spätere Gemeinschuldnerin letztlich ihre eigene Verbindlichkeit besichert habe. Gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr wird naturgemäß auch dann verstoßen, wenn die Zielgesellschaft nicht bloß eine fremde Verbindlichkeit sichert, sondern selbst einen Kredit aufnimmt, um dem Käufer die Mittel für den Anteilserwerb zur Verfügung zu stellen (s Lutter/Wahlers aaO 9, 12). Daß die Gesellschaft mit der Vorteilszuwendung an einen Gesellschafter eine (formell eigene) schuldrechtliche Verpflichtung erfüllt, kann einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr nie ausschließen. Maßgebend ist, ob, wie oben ausgeführt, das Geschäft dem Fremdvergleich standhält und auch dann so geschlossen worden wäre, wenn kein Gesellschafter (kein einem Gesellschafter nahestehender Dritter) daraus einen Vorteil zöge.

Die Bestellung der Hypothek am Vermögen der späteren Gemeinschuldnerin zur Finanzierung des Erwerbes der Anteile an ihrer Muttergesellschaft hat demnach gegen § 82 GmbHG verstoßen, wenn, was derzeit noch nicht feststeht, die spätere Gemeinschuldnerin für die Sicherheitenbestellung kein angemessenes Entgelt erhalten hat oder, trotz Vereinbarung eines angemessenen Entgelts, wenn die Organe der Zielgesellschaft bei gewissenhafter Prüfung erkennen hätten müssen, daß die Zielgesellschaft nicht in der Lage sein werde, die für die Rückzahlung des Kredites notwendigen Mittel zu erwirtschaften.

Die Bestellung der Hypothek war Teil eines Gesamtkonzeptes für den Erwerb der Firmengruppe D***** durch die F*****-Gruppe, an dem die Klägerin als Hausbank der F*****-Gruppe mitwirkte. Die Klägerin hat den Kaufpreis vorfinanziert und den Darlehensbetrag noch vor Unterfertigung des Schuldscheines durch die F*****-Gruppe und die spätere Gemeinschuldnerin den Aktionären (= Mitglieder der Familie D*****) der J*****AG über einen Treuhänder ausgezahlt.

Ob der Klägerin sämtliche Vereinbarungen bekannt waren und sie daher auch gewußt hat, ob die spätere Gemeinschuldnerin für die Sicherheitenbestellung kein oder kein angemessenes Entgelt erhielt, steht nicht fest. Ebensowenig ist festgestellt, ob die Organe der Zielgesellschaft bei gewissenhafter Prüfung annehmen konnten, die für die Kreditrückzahlung notwendigen Gewinne erwirtschaften zu können. Diese Fragen wurden im Verfahren erster Instanz auch nicht erörtert, weil das Erstgericht der Auffassung war, daß dem Beklagten schon allein deshalb ein Leistungsverweigerungsrecht zustehe, weil die Hypothek zur Sicherung einer Gesellschafterverbindlichkeit bestellt wurde. Da auch der Oberste Gerichtshof die Parteien nicht mit einer Rechtsansicht überraschen darf, ist es notwendig, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Rechtssache in die erste Instanz zurückzuverweisen.

Das Erstgericht wird mit den Parteien zu erörtern haben, ob und welche Gegenleistung die spätere Gemeinschuldnerin für die Bestellung der Hypothek erhielt, ob die allenfalls vereinbarte Gegenleistung angemessen war und, sollte eine angemessene Gegenleistung vereinbart worden sein, ob die Organe der Zielgesellschaft bei gewissenhafter Prüfung annehmen konnten, daß die Zielgesellschaft die für die Rückzahlung des Kredites notwendigen Mittel erwirtschaften werde. Bei der Angemessenheitsprüfung wird zu berücksichtigen sein, daß die Bestellung einer Hypothek für die Schuld eines Dritten eine so schwerwiegende Maßnahme ist, daß sie in der Regel nur durch ein ganz ungewöhnliches Entgelt zu einem Akt ordnungsgemäßer Geschäftsführung werden konnte (Canaris aaO 47; Peltzer/Bell aaO 1764).

Steht fest, daß die spätere Gemeinschuldnerin kein angemessenes Entgelt erhalten hat, so ist zu prüfen, ob dies der Klägerin bekannt war. Stellt sich heraus, daß die Klägerin die entsprechenden Vereinbarungen nicht gekannt hat, so stellt sich die Frage, ob die Klägerin eine Erkundigungspflicht traf. Für eine Erkundigungspflicht spricht, daß der Dritte meist umso weniger ein angemessenes Entgelt annehmen kann, als der Erwerber ja schließlich kreditbedürftig war und die erforderliche Sicherheit offenbar nicht aus seinem eigenen Vermögen aufbringen konnte (Canaris aaO 47; Peltzer/Bell aaO 1764). Da nur ein ganz ungewöhnliches Entgelt die Sicherheitenbestellung angemessen abgelten könnte, konnte die Klägerin demnach nicht vermuten, daß die spätere Gemeinschuldnerin ein solches Entgelt erhalte. Sie hätte sich daher, wenn ihr das Fehlen eines angemessenen Entgelts nicht ohnedies bekannt war, bei den beteiligten Gesellschaften erkundigen müssen. Die Klägerin war aber nicht verpflichtet, besondere Nachforschungen oder Angemessenheitsprüfungen anzustellen; sie konnte sich auf - nicht offenkundig unrichtige - Auskünfte der beteiligten Gesellschaften verlassen. Hat die Klägerin keine Auskünfte eingeholt, so muß sie sich den Verstoß gegen § 82 GmbHG entgegenhalten lassen; dem Beklagten steht dann ein Leistungsverweigerungsrecht zu.

War eine angemessene Gegenleistung vereinbart, so ist zu prüfen, ob die Organe der Zielgesellschaft bei gewissenhafter Prüfung annehmen konnten, daß die Zielgesellschaft die für die Kreditrückzahlung notwendigen Mittel erwirtschaften werde können. Hätten sie erkennen müssen, daß dies nicht der Fall sein werde, so bleibt zu prüfen, ob dies die Klägerin gewußt hat oder ob ihre Unkenntnis auf grob fahrlässiges Verhalten zurückzuführen ist. Auch bei Zutreffen dieser Voraussetzungen ist der Beklagte berechtigt, die Leistung zu verweigern.

Der Revision war Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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