OGH 4Ob1575/92

OGH4Ob1575/9229.9.1992

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr.Friedl als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith, Dr.Kodek, Dr.Niederreiter und Dr.Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei prot. Firma Rudolf R*****, vertreten durch Dr.Gerhard Hermann, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Franz B*****; 2) Elisabeth B*****, beide vertreten durch Dr.Fritz Pogner, Rechtsanwalt in Wien, wegen 144.000,-- S sA, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 3. Dezember 1991, GZ 12 R 69/91-13, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht hat zwar in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung (Jabornegg, Handelsvertreterrecht und Maklerrecht 309; MietSlg 35704 ua) in der Duldung der weiteren Vermittlungstätigkeit der Klägerin nach Ablauf des mit 31.12.1987 befristeten Alleinvermittlungsauftrages vom 26.8.1987 durch den Erstbeklagten den schlüssigen Abschluß eines neuen, jederzeit widerruflichen (gewöhlichen) Verkaufsvermittlungsauftrages gesehen; es hat jedoch zutreffend die Annahme des Zustandekommens eines schlüssigen Vermietungsvermittlungsauftrages abgelehnt, weil die Klägerin diesbezüglich keine Vermittlerdienste entwickelt habe, denen die Beklagten überhaupt hätten zustimmen oder widersprechen können. Wieso im bloßen Stillschweigen der Beklagten auf das Schreiben der Klägerin vom 23.6.1988 allein schon eine im Sinne des § 863 ABGB eindeutige schlüssige Zustimmung zu einer "Umwandlung" des Verkaufsvermittlungsauftrages in einen Vermietungsvermittlungsauftrag liegen sollte, ist nicht zu sehen.

Richtig ist, daß nach ständiger Rechtsprechung das abgeschlossene Geschäft dem aufgetragenen insofern nicht völlig entsprechen muß, als auch wirtschaftliche Gleichwertigkeit die Provisionspflicht begründet; die Provision gebührt daher im allgemeinen auch bei Abschluß eines dem aufgetragenen Geschäft "zweckgleichwertigen Geschäftes" (Jabornegg aaO 235 ff; HS 11752; MietSlg 39709 mwN). Zweckgleichwertigkeit wurde auch bereits angenommen, wenn an Stelle eines Kaufvertrages über eine Liegenschaft ein langfristiger Mietvertrag abgeschlossen wurde (SZ 43/27). Damit ist aber für die Klägerin hier nichts gewonnen, weil die "Zweckgleichwertigkeit" nie abstrakt bestimmt werden darf, sondern konkret mit Blick auf den in Frage stehenden Vermittlungsauftrag beurteilt werden muß. Bei Abweichungen des tatsächlichen abgeschlossenen Geschäftes vom zunächst formulierten Vermittlungsziel ist also stets zu prüfen, ob nicht schon nach der (vom jeweiligen Empfängerhorizont aus ermittelten) Parteienabsicht Provisionspflicht besteht und damit eine "Zweckgleichwertigkeit" angenommen werden kann. Führt die einfache Vertragsauslegung nicht weiter, dann ist im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu fragen, was redliche Parteien vereinbart hätten, wenn sie den nicht bedachten Fall berücksichtigt hätte bzw. was nach der Übung des redlichen Verkehrs als ergänzende Regelung angenommen werden muß (Jabornegg aaO 236).

Im vorliegenden Fall waren die Feststellungen des Erstgerichtes über die Beziehungen der Parteien in der Zeit vor dem Abschluß des Alleinvermittlungsauftrages vom 26.8.1987 von der Beweisrüge der Berufung nicht erfaßt worden; sie sind daher auch von den im Wege einer Beweiswiederholung des Berufungsgerichtes gewonnenen Feststellungen über die Ereignisse nach diesem Zeitpunkt unberührt geblieben. Danach hatten aber die Beklagten der Klägerin bereits im Jahre 1985 den Auftrag erteilt, eine Vermietung der klagegegenständlichen Liegenschaft zu vermitteln, wobei ausdrücklich Provisionsfreiheit der Beklagten vereinbart worden war. Daraus, daß der Erstbeklagte die nach dem 31.12.1987 von der Klägerin für ihn weiter entfaltete Verkaufsvermittlungstätigkeit kannte und ihr nicht widersprach, konnte demnach die Klägerin im Hinblick auf den dem Verkaufsalleinvermittlungsauftrag vorangegangenen, für die Beklagten jedoch provisionsfreien Vermietungsvermittlungsauftrag keineswegs zweifelfrei deren schlüssige Zustimmung dahin ableiten, daß sie nunmehr auch mit ihrer Provisionspflicht im Falle der Vermietung an einen von der Klägerin namhaft gemachten Kaufinteressenten einverstanden wären. Hier schließt vielmehr schon der objektive Erklärungsgehalt der schlüssigen Zustimmung der Beklagten zur Vermittlung des Verkaufes der Liegenschaft nach dem 31.12.1987 die Annahme einer "Zweckgleichwertigkeit" im Falle der Vermietung aus.

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