European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:010OBS00040.23I.0425.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Fachgebiet: Sozialrecht
Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die 1993 zwischen der Klägerin und M* geschlossene Ehe wurde 2019 im Einvernehmen geschieden. Im Scheidungsfolgenvergleich ist festgehalten, dass M* sein alleiniges bzw überwiegendes Verschulden am Scheitern der Ehe eingesteht und sich aufgrund dessen gegenüber der Klägerin zur Zahlung eines nachehelichen Unterhalts im Sinne der Bestimmungen des § 66 EheG dem Grunde nach verpflichtet, wobei auf Basis der derzeitigen Einkommen der vormaligen Eheleute aktuell keine Zahlungspflicht besteht. Festgehalten wurde weiters, dass M* einen Gastgewerbebetrieb führt, die Klägerin dort beschäftigt ist und ein durchschnittliches Nettoeinkommen von monatlich 1.750 EUR erzielt. Am 25. Mai 2022 verstarb M*.
[2] Die Vorinstanzen wiesen die auf „Feststellung des Bestehens des Anspruchs auf Witwenpension“ ab dem Stichtag im gesetzlichen Ausmaß gerichtete Klage übereinstimmend ab.
Rechtliche Beurteilung
[3] In ihrer außerordentlichen Revision spricht die Klägerin keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO an.
[4] 1. Die Ansicht der Vorinstanzen, die zwischen den vormaligen Ehegatten getroffene Vereinbarung entspreche nicht den von § 136 Abs 4 GSVG gestellten Anforderungen, steht im Einklang mit der ständigen Rechtsprechung. Nach dieser werden die Voraussetzungen für die Gewährung einer Witwenpension nach § 136 Abs 4 GSVG (bzw § 258 Abs 4 ASVG) nur dann erfüllt, wenn aus der Vereinbarung eine Unterhaltsverpflichtung nicht nur dem Grunde nach hervorgeht, sondern darüber hinaus auch die Anspruchshöhe entweder bestimmt oder zumindest ohne weiteren Verfahrensaufwand und Durchführung eines Beweisverfahrens unmittelbar bestimmbar ist (RIS‑Justiz RS0085196; RS0105155). Die bloße Vereinbarung, in der das Bestehen einer Unterhaltsverpflichtung dem Grunde nach übereinstimmend festgestellt wird, ohne dass die Höhe des Unterhaltsbetrags feststellbar ist, erfüllt diese Anforderungen mangels Festlegung einer konkreten Unterhaltsleistung nicht (RS0085196 [T4]; 10 ObS 89/20s ua).
[5] 2. Darauf aufbauend entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs – vor allem zum identen § 258 Abs 4 ASVG –, dass eine Vereinbarung, wonach Unterhalt wie im Fall einer Scheidung wegen Verschuldens nach den §§ 66 f EheG zu leisten ist, nicht ausreicht, um einen Anspruch auf Witwenpension zu erwerben (10 ObS 169/01b SSV‑NF 15/78; so auch 10 ObS 154/09h). Dies beruht auf der Überlegung, dass die formalen Erfordernisse des § 136 Abs 4 GSVG bzw § 258 Abs 4 ASVG nach dem Willen des Gesetzgebers bezwecken, einerseits den Sozialversicherungsträgern die materielle Prüfung (von Grund und) vor allem der Höhe des Unterhaltsanspruchs zu ersparen und andererseits Manipulationsmöglichkeiten zu Lasten der Sozialversicherung zu verhindern (ErläutRV 933 BlgNR 18. GP 22 f iVm ErläutRV 932 BlgNR 18. GP 49 [zum SRÄG 1993]). Durch die von der Klägerin geforderte Anwendung der 40 %‑Formel würde aber gerade der Rückgriff auf das materielle Unterhaltsrecht des Ehegesetzes notwendig, den der Gesetzgeber vermeiden wollte (so schon 10 ObS 202/97x SSV‑NF 11/93 ua).
[6] Die Ausführungen in der Revision, wonach nicht nachvollziehbar sei, warum die 40 %‑Regel bei Prüfung eines Anspruchs auf Witwenpension negiert, im Unterhaltsrecht dagegen anerkannt werde, setzen sich mit den Argumenten der bisherigen Judikatur nicht auseinander und werden auch sonst nicht näher begründet. Sie geben damit keinen Anlass, von der ständigen Rechtsprechung abzugehen.
[7] 3. Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision somit zurückzuweisen.
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