European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00085.22A.0418.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil, das in seinen Punkten 4.b. und 4.c. unbekämpft in Rechtskraft erwachsen ist, in seinen Punkten 1. bis 3. und 4.a. einschließlich der bestätigten Teile zu lauten hat:
„1. Die Klageforderung besteht mit 2.871,43 EUR zu Recht.
2. Die Gegenforderung besteht mit 166,60 EUR zu Recht.
3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 2.704,83 EUR samt 4 % Zinsen seit 22. 12. 2020 binnen 14 Tagen zu bezahlen.
4.a. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 2.796,17 EUR samt 4 % Zinsen seit 21. 1. 2018 zu bezahlen, wird abgewiesen.“
Die Kostenaussprüche der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fällung einer neuen Entscheidung über die Kosten des erst‑ und zweitinstanzlichen Verfahrens aufgetragen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen anteilige Barauslagen des Revisionsverfahrens in Höhe von 388,62 EUR zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Bereits im ersten Rechtsgang stand folgender Sachverhalt fest: Der Kläger erwarb von der beklagten Fahrzeughändlerin mit Kaufvertrag vom 22. 9. 2017 einen näher bezeichneten, am 3. 1. 2014 erstmals zugelassenen PKW der Marke * um 33.500 EUR. Dieser wies eine kleine Öffnung im Bereich der Abdichtung zwischen Scheibe und Fahrzeug auf, durch die bis zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses zwischen den Parteien bereits Wasser in das Fahrzeug eingedrungen war. Durch die Wasseransammlung kam es vor und nach der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger zu einer Feuchtigkeitsbelastung durch das im Bodenbereich stehende Wasser. Das Wasser stand dabei in einem Bereich, in dem es keinen direkten Kontakt zu Kabeln, Kabelsträngen oder Steuergeräten hatte. Die erhöhte Feuchtigkeit im Fahrzeug führte aber zu einer Oxidationsschicht im Bereich diverser Elektronikbauteile. Oxidationsschichten, die so dick sind, dass es zu Ausfallserscheinungen kommt, konnten nicht festgestellt werden.
[2] Im Fahrzeug waren vier Steuergeräte verbaut, die theoretisch von der erhöhten Feuchtigkeit hätten betroffen sein können. Bei zweien dieser Steuergeräte (CEM und MMM) war es zu keiner Oxidation gekommen. Beim Steuergerät SRS konnte nicht festgestellt werden, dass Oxidationserscheinungen vorhanden wären, die geeignet wären, Ausfallserscheinungen oder Defekte herbeizuführen. Beim Steuergerät REM lagen im Ausmaß nicht feststellbare Oxidationen vor.
[3] In der Folge beauftragte die Beklagte eine Fachwerkstätte mit der Reparatur der Problematik auf ihre Kosten. Bei der Fachwerkstätte wurde daraufhin Anfang Dezember 2017 das Wasser abgelassen und das Fahrzeug in einer Trockenkammer getrocknet. Dabei wurden keine Arbeiten an Elektronikteilen oder an Steuergeräten durchgeführt. Allerdings wurde am 24. 9. 2018 hinsichtlich des Steuergeräts REM von der Fachwerkstätte eine Reinigung der oxidierten Kontakte durchgeführt. Außerdem wurden weitere, nicht im Einzelnen festgestellte Steuergeräte erneuert.
[4] Durch die von der Fachwerkstätte durchgeführten Trocknungsmaßnahmen wurde das Feuchtigkeitsproblem im Fahrzeug behoben. Das führt dazu, dass es zu keinem Voranschreiten der bereits aufgetretenen Oxidationen kommt und der stattgefundene Oxidationsprozess zum Stillstand gekommen ist. Es ist grundsätzlich angezeigt, die von einer Oxidationsschicht betroffenen Bereiche zu reinigen und mit einer Fettschicht zu überziehen, was nicht bei allen betroffenen Elektronikbauteilen durchgeführt wurde. Die Bauteile funktionieren aber. Mit einem Fortschreiten der Oxidation ist aufgrund der Trockenlegung nicht zu rechnen. Die Trockenlegung stellte die geeignete Reparaturmaßnahme dar. Das Fahrzeug erlitt durch die Reparatur einen Wertverlust von 3.000 bis 3.500 EUR.
[5] Im ersten Rechtsgang wies das Erstgericht die auf Aufhebung des Kaufvertrags und Zahlung von 33.400 EUR Zug um Zug gegen Rückstellung des Fahrzeugs sowie die Zahlung von 240 EUR samt Zinsen gerichtete Klage ab.
[6] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge, hob den Kaufvertrag auf und sprach aus, dass die Klageforderung mit 33.400 EUR, die Gegenforderung der Beklagten mit 8.670 EUR zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 24.730 EUR samt Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs sowie zur Zahlung von 240 EUR. Das auf Zahlung weiterer 8.670 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs gerichtete Mehrbegehren wies es ab. Es ging vom Vorliegen eines nicht geringfügigen, sohin zur Wandlung berechtigenden Mangels und einem Anspruch der Beklagten auf Nutzungsentgelt für das Fahrzeug aus.
[7] Der Oberste Gerichtshof erachtete die von der Beklagten erhobene außerordentliche Revision im Sinn des Aufhebungsantrags als berechtigt, hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf und verwies die Rechtssache an das Erstgericht zurück (6 Ob 240/19s JBl 2021, 589 [W. Faber] = ZVR 2022/75, 176 [Huber] = EvBl 2021/54, 378 [Painsi, I. Vonkilch] = ecolex 2021/153, 207 [Buchleitner]).
[8] Auf die Begründung des Aufhebungsbeschlusses wird verwiesen.
[9] Im zweiten Rechtsgang begehrte der Kläger hilfsweise zu seinem Begehren auf Vertragsaufhebung und Rückabwicklung die Zahlung von 9.671,60 EUR samt 4 % Zinsen seit 6. 1. 2018 sowie die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche Schäden aufgrund der Oxidation an Elektrobauteilen. Durch die Wassereintritte sei es zu Oxidationsschäden an den Steckern und Verbindungen der Bordelektronik gekommen. Die Mängel seien nicht behoben worden. Aufgrund des Wasserschadens sei eine Wertminderung des Fahrzeugs um 3.000 bis 3.500 EUR eingetreten. Der Sachverständige habe die Behebung der elektronischen Mängel an den vier Steuergeräten empfohlen. Die Kosten dafür würden 3.321,60 EUR (einschließlich Umsatzsteuer) betragen. Zusätzlich müssten die Steckverbindungen gereinigt werden, wofür Kosten von 2.850 EUR (einschließlich Umsatzsteuer) anzusetzen seien. Da ein Fahrzeug stets einer gewissen Feuchtigkeit ausgesetzt sei, bestehe der Oxidationsprozess fort. Zudem sei unklar, ob die Oxidation zu weiteren Folgeschäden führe. Die Beklagte hafte für die begehrten 9.671,60 EUR aus dem Titel der Gewährleistung, des Schadenersatzes und „wegen Irrtums“.
[10] Die Beklagte wandte ein, das Vorbringen sei unschlüssig. Nach dem Aufhebungsbeschluss könne lediglich eine Mangelhaftigkeit im Sinn einer Störung der subjektiven Äquivalenz durch einen nach der Reparatur bestehenden Wertverlust bestehen, was bestritten werde. Für die Schadensbehebungskosten von 3.321,60 EUR und 2.850 EUR bestehe keine Rechtsgrundlage. Es könne nicht entnommen werden, welcher Anspruch sich als Preisminderung darstelle und wie er sich aufschlüssle. Darüber hinaus ergebe sich ein merkantiler Minderwert in der Regel nur bei jüngeren Fahrzeugen. Das Feststellungsbegehren sei schon nach dem Aufhebungsbeschluss zu 6 Ob 240/19s nicht berechtigt; zudem sei es verfristet.
[11] Darüber hinaus erhob die Beklagte eine Gegenforderung, die sie zunächst mit 25.403,64 EUR bezifferte und zu der sie vorbrachte: Die Beklagte habe über Aufforderung durch den Klagevertreter in Erfüllung des im ersten Rechtsgang ergangenen Urteils noch vor dessen Rechtskraft am 27. 1. 2020 18.511,59 EUR an den Kläger gezahlt. Sie habe den Kläger aufgrund der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs mit Schreiben vom 16. 11. 2020 zur Rückzahlung dieses Betrags samt zwischenzeitig aufgelaufenen Zinsen von 541,65 EUR aufgefordert. Der Kläger sei durch das rechtsgrundlose Behalten des Geldbetrags bereichert. Aufgrund der ebenfalls über Aufforderung durch den Kläger stattgefundenen Rückstellung des Fahrzeugs an die Beklagte am 19. 12. 2019 seien Standgebühren von 16,80 EUR täglich, sohin bis 30. 11. 2020 von 5.829,60 EUR für 347 Tage und für Dezember 2020 von weiteren 520,80 EUR aufgelaufen. Die Forderungen seien fällig gestellt worden.
[12] Der Kläger bestritt die Gegenforderungen. Der Beklagten stünden keine Zinsen aus dem Geldbetrag zu, jedenfalls nicht für den Zeitpunkt vor der Fälligstellung per 26. 11. 2020. Für den Anspruch auf Standgebühren bestehe keine rechtliche Grundlage.
[13] Mit Teilurteil vom 29. 1. 2021 wies das Erstgericht das auf Vertragsaufhebung und Zahlung von 33.400 EUR samt Zinsen Zug um Zug gegen Rückstellung des Fahrzeugs sowie auf Zahlung von 240 EUR samt Zinsen gerichtete Begehren ab.
[14] Das Berufungsgericht gab der dagegen erhobenen Berufung des Klägers nicht Folge und ließ die Revision nicht zu. Dieses Urteil erwuchs in Rechtskraft.
[15] In der Folge stellten beide Parteien außer Streit, dass der Kläger nach der rechtskräftigen Abweisung seines Wandlungsbegehrens 18.511,59 EUR an die Beklagte rücküberwiesen hatte.
[16] Die Beklagte bezifferte ihre Gegenforderungen infolge der Rückzahlung mit 8.718,88 EUR und stützte sie auf jeden erdenklichen Rechtsgrund, insbesondere auf Geschäftsführung ohne Auftrag.
[17] Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung mit 5.500 EUR, die Gegenforderung mit 160,60 EUR zu Recht bestehe, und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 5.339,40 EUR samt 4 % Zinsen seit 22. 12. 2020. Das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 4.332,20 EUR, das Zinsenmehrbegehren und das Feststellungsbegehren wies es ab.
[18] Ergänzend stellte es fest, es könne nicht ausgeschlossen werden, dass im Fahrzeug an einzelnen Teilen, die im Rahmen der Befundaufnahme durch den Sachverständigen nicht zugänglich bzw sichtbar waren, darunter beim Steuerungsgerät SRS, noch Feuchtigkeits- oder Oxidationserscheinungen vorlägen, durch die es zukünftig zu weiteren Mängeln kommen könnte. Würde man dies im gesamten Fahrzeug prüfen und allenfalls insoweit betroffene Teile reinigen oder gegebenenfalls ersetzen und außerdem die von einer (die Funktion nicht beeinträchtigenden) Oxidationsschicht betroffenen Teile mit einer Fettschicht überziehen, entstünden dadurch Kosten von insgesamt höchstens 2.850 EUR brutto. Würde man dabei auch das Steuerungsgerät SRS austauschen, würde dies weitere Materialkosten von 830,40 EUR brutto verursachen.
[19] Rechtlich führte es aus, der Kläger habe einen gewährleistungsrechtlichen Anspruch auf Ersatz der an seinem Fahrzeug eingetretenen Wertminderung von 3.000 EUR. Soweit er die Kosten für Überprüfungs‑, Reinigungs‑, Sanierungs‑ und Austauscharbeiten begehre, handle es sich um keine Verbesserung, sondern um die Überprüfung, ob noch Mängel vorlägen. Das könne nicht aus dem Titel der Gewährleistung verlangt werden. Der Kläger habe sich aber auch auf das Schadenersatzrecht gestützt. Er habe Anspruch auf den Ersatz seines Rettungsaufwands zur Abklärung, ob es durch den Wassereintritt zu weiteren Schäden gekommen sei, die zukünftige Mängel verursachen könnten. In der vorhandenen Oxidationsschicht liege auch eine, wenngleich geringfügige, Beeinträchtigung seiner Aktiva. Das Verschulden der Beklagten ergebe sich daraus, dass sie den Wassereintritt vor der Veräußerung erkennen und für die vollständige Sanierung sorgen hätte müssen. Für die Arbeiten fielen höchstens 2.850 EUR an; unter Anwendung des § 273 ZPO erscheine ein Betrag von 2.500 EUR angemessen. Materialkosten für den Tausch des Steuergeräts SRS seien nicht zu ersetzen, weil das Entstehen solcher Kosten nicht feststehe. Die Klageforderung sei daher mit insgesamt 5.500 EUR berechtigt.
[20] Die Gegenforderung sei (nur) in Höhe von 166,60 EUR an gesetzlichen Zinsen aus der dem Kläger zu Unrecht geleisteten Zahlung von 18.511,59 EUR berechtigt, und zwar für den ab der Fälligstellung durch die Beklagte verstrichenen Zeitraum.
[21] Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit der Maßgabe der Korrektur eines Schreibfehlers. Demnach besteht die Gegenforderung mit 166,60 EUR zu Recht, sodass der von der Beklagten zu zahlende Betrag 5.333,40 EUR samt Zinsen beträgt. Die Revision sei zuzulassen, weil es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage fehle, ob hinsichtlich der Wertminderung die relative Berechnungsmethode anzuwenden sei. Rechtlich erachtete es das Klagebegehren als schlüssig, weil sich der Kläger auf Gewährleistungs‑ und Schadenersatzansprüche stützte. Hinsichtlich der Wertminderung komme die relative Berechnungsmethode nicht zur Anwendung, weil es sich dabei um eine fixe Größe handle. Zum Ersatz von Überprüfungskosten im Weg des Schadenersatzes sei auf die zutreffenden Erwägungen des Erstgerichts zu verweisen.
Rechtliche Beurteilung
[22] Die Revision der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist auch berechtigt.
1. Preisminderung
[23] 1.1. Im vorliegenden zweiten Rechtsgang ist von der – im ersten Rechtsgang vom Obersten Gerichtshof abschließend vorgenommenen – Beurteilung auszugehen, dass das gegenständliche Fahrzeug trotz durchgeführter Reparatur weiterhin mangelhaft im Sinn einer Störung der subjektiven Äquivalenz ist, weil trotz Reparatur ein Wertverlust vorhanden ist, was zwar nicht zur Wandlung berechtigt, aber einen Anspruch auf Preisminderung ermöglicht. Die – in der Literatur unterschiedlich aufgenommene (kritisch: W. Faber, JBl 2021, 589 [Anmerkung zu 6 Ob 240/19s]; ders, Österreichische Rechtsprechung zum Unionsprivatrecht, GPR 2021, 162; I. Vonkilch, EvBl 2021/54, 378 [Anmerkung zu 6 Ob 240/19s]; Huber, ZVR 2022/75, 176; zustimmend Klever, Gewährleistung bei repariertem Vorschaden, VbR 2021, 196) – Bejahung eines Anspruchs auf Preisminderung trotz stattgefundener Verbesserungs-maßnahmen ist in der vorliegenden Entscheidung daher nicht neuerlich zu prüfen. Gegenstand des vorliegenden Revisionsverfahrens ist vielmehr ausschließlich die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Preisminderung.
[24] 1.2. Nach ständiger Rechtsprechung ist die Herabsetzung der Leistung nach § 932 Abs 4 ABGB nach jenem Verhältnis vorzunehmen, in welchem zur Zeit des Vertragsabschlusses der Wert der Sache in mangelfreiem Zustand zu dem Wert der mangelhaften Sache gestanden haben würde, also nach der sogenannten relativen Berechnungsmethode (RS0018764). Gründe dafür, im vorliegenden Fall von dieser Rechtsprechung abzuweichen, liegen nicht vor (für die Anwendung der relativen Berechnungsmethode im konkreten Fall Huber, ZVR 2022, 181).
[25] 1.3. Im vorliegenden Fall hätte das Fahrzeug im mängelfreien Zustand im Übergabezeitpunkt einen Wert von 35.000 EUR gehabt. Im reparierten Zustand bestand noch ein Wertverlust von 3.000 EUR, sodass der Fahrzeugwert mit 32.000 EUR anzusetzen ist. Unter Zugrundelegung der Relation dieser Werte zueinander und ausgehend vom bedungenen Kaufpreis von 33.500 EUR ergibt sich unter Anwendung der relativen Berechnungsmethode ein Kaufpreis für die vom Wertverlust betroffene (und insofern mangelhafte) Sache in Höhe von 30.628,57 EUR. Der Anspruch des Klägers auf Preisminderung ist daher im Umfang von 2.871,43 EUR berechtigt. Soweit das Berufungsgericht eine darüber hinausgehende Preisminderung in Höhe von 3.000 EUR als berechtigt ansah, also im Umfang von 128,57 EUR, ist der Revision der Beklagten Folge zu geben.
2. Kosten der Überprüfung und Reinigung
[26] 2.1. Die Vorinstanzen bejahten einen Anspruch des Klägers auf Ersatz seines Rettungsaufwands in Form der Überprüfung, gegebenenfalls der Reinigung von Elektrobauteilen.
[27] Aufwendungen des Geschädigten, die zur Minderung oder Beseitigung eines Schadens erforderlich waren (Rettungsaufwand), sind – bei Vorliegen der sonstiger Haftungsvoraussetzungen (1 Ob 15/22w) – als positiver Schaden ersatzfähig, wenn sie zu diesem Zweck erforderlich und insoweit zweckmäßig waren, als ein vernünftiger Durchschnittsmensch in der Lage des Gefährdeten die Maßnahme ebenfalls ergriffen hätte (RS0023055; RS0022802; RS0023516 [T5]; 4 Ob 82/22w; 1 Ob 15/22w).
[28] 2.2. Im vorliegenden Fall wurde das Fahrzeug getrocknet und das Fortschreiten des Oxidationsprozesses unterbrochen; sämtliche Bauteile funktionieren, und weitere Oxidationserscheinungen sind nicht zu erwarten (vgl 6 Ob 240/19s [2.4. und 3.1.]). Hinsichtlich des von Oxidationen betroffenen Steuerelements REM steht fest, dass die Kontakte bereits gesäubert wurden, hinsichtlich des Steuergeräts SRS wurden Negativfeststellungen zu allfälligen funktionsbeeinträchtigenden Oxidationserscheinungen getroffen, die zu Lasten des mit dem Beweis für den Schadenseintritt belasteten (vgl RS0022862; zur Beweislast für die Mangelhaftigkeit vgl RS0124354) Klägers gehen. Darüber hinaus steht in diesem Zusammenhang lediglich fest, dass das Vorhandensein von vom begutachtenden Sachverständigen nicht aufgefundenen Oxidationserscheinungen „nicht ausgeschlossen“ ist.
[29] 2.3. Bei dieser Sachlage können die Kosten einer Überprüfung des gesamten Fahrzeugs auf allenfalls vorhandene weitere Schäden, die bloß „nicht ausgeschlossen“ sind, nicht als Aufwand zur Minderung oder Beseitigung eines eingetretenen Schadens qualifiziert werden.
[30] Jedenfalls hätte ein vernünftiger Fahrzeugbesitzer in der Lage des Klägers (vgl RS0023055; RS0022802; RS0023516 [T5]) angesichts des Umstands, dass bereits eine Begutachtung durch einen Sachverständigen stattgefunden hat, nach den durchgeführten Reparaturen sämtliche Bauteile funktionieren und weitere Oxidationserscheinungen zwar nicht schlechthin ausgeschlossen, aber doch nicht zu erwarten sind, nicht eine (neuerliche) Überprüfung des gesamten Fahrzeugs vornehmen lassen. In den dafür angesetzten Kosten kann daher kein ersatzfähiger Rettungsaufwand erblickt werden. Das gilt auch für ein allfälliges Einfetten von Steckverbindungen, steht doch fest, dass auch ohne diese Maßnahme keine weiteren Oxidationserscheinungen zu erwarten sind.
[31] Ebenso wenig kann ein derartiger Anspruch auf das Gewährleistungsrecht gestützt werden.
[32] 2.4. Soweit aus dem Sachverhalt eine unsichere zukünftige Entwicklung entnommen werden kann, ist darauf nicht weiter einzugehen, weil das vom Kläger erhobene Feststellungsbegehren rechtskräftig abgewiesen wurde.
[33] 2.5. Der Revision der Beklagten war daher auch im Umfang des Zuspruchs von 2.500 EUR für Überprüfungs- und Reinigungs‑ bzw Sanierungsarbeiten Folge zu geben.
3. Zwischenergebnis
[34] Die angefochtenen Entscheidungen sind dahin abzuändern, das die Hauptforderung (nur) mit 2.871,43 EUR zu Recht besteht.
4. Gegenforderungen
[35] 4.1. Die Vorinstanzen verneinten einen Anspruch der Beklagten auf Standgebühren von 16,80 EUR täglich aufgrund nützlicher Geschäftsführung der Klägerin für den Beklagten, weil ein klarer und überwiegender Vorteil der von ihr gewählten Abstellart für den Kläger nicht hervorgekommen sei. Dem hält die Revision lediglich allgemein entgegen, die Beklagte sei zu einer sorgfältigen Verwahrung des Fahrzeugs und dessen Schutz vor Beschädigungen oder Witterungseinflüssen verpflichtet gewesen. Mit dem bloßen Hinweis auf eine die Beklagte treffende Rechtspflicht wird allerdings ein – nach einem strengen Maßstab zu beurteilender (vgl RS0019869) – klarer und überwiegender Vorteil des Klägers durch die nicht näher spezifizierte gebührenpflichtige Verwahrung des Fahrzeugs nicht dargetan. Eine unrichtige rechtliche Beurteilung durch die Vorinstanzen kann daher nicht erkannt werden.
[36] 4.2. Die Beklagte erblickt einen Verfahrensmangel darin, dass sich das Berufungsgericht mit den Berufungsausführungen zu den als Gegenforderung eingewendeten Zinsen und den Kosten eines von der Klägerin eingeholten Gutachtens nicht auseinandergesetzt, sondern die Rechtsrüge zu Unrecht als nicht gesetzmäßig ausgeführt beurteilt habe. Die behaupteten Verfahrensmängel liegen aber nicht vor:
[37] 4.3. Die Rechtsrüge ist nicht dem Gesetz gemäß ausgeführt, wenn nicht dargelegt wird, aus welchen Gründen die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht unrichtig erscheint (RS0043603).
[38] Hinsichtlich der als Gegenforderung eingewendeten Zinsen geht die Berufung der Beklagten nicht auf die Ausführungen des Erstgerichts ein, wonach marktübliche Zinsen aufgrund des herrschenden Zinsniveaus nicht zu einer Bereicherung führen konnten. Ausgehend von dieser – in der Berufung der Beklagten nicht in Zweifel gezogenen – Rechtsansicht liegt es auf der Hand, dass das Berufungsvorbringen zum Beginn des Zinsenlaufs keine für die Beklagte günstigere Beurteilung herbeiführen konnte. Zu den weiteren Ausführungen des Erstgerichts, dass Verzugszinsen erst ab Fälligstellung berechtigt waren (und zugesprochen wurden), enthält die Berufung der Beklagten keine Stellungnahme.
[39] Der Beurteilung des Erstgerichts, die Einholung eines Privatgutachtens zum Zustand des Fahrzeugs nach seiner Rückstellung an die Beklagte habe dem Kläger keinen Vorteil verschafft, hielt die Berufung im Wesentlichen die gegenteilige Rechtsbehauptung entgegen.
[40] Dass das Berufungsgericht darin jeweils keine gesetzmäßig ausgeführte Rechtsrüge erblickte, begegnet keinen Bedenken.
5. Ergebnis
[41] Im Ergebnis besteht die Klageforderung mit 2.871,43 EUR, die Gegenforderung mit 166,60 EUR zu Recht.
6. Kosten
[42] Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Ausgehend vom Streitwert im Revisionsverfahren von 5.500 EUR ist der Kläger mit seinem Begehren im Umfang von 49 % durchgedrungen. Zu den Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz wird auf die jüngere Judikatur verwiesen, wonach in komplexen Verfahren die Kostenentscheidung der ersten Instanz aufgetragen werden kann (RS0124588 [T13]).
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