European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E129694
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben, und es wird die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Der Kläger erwarb von der beklagten Fahrzeughändlerin mit Kaufvertrag vom 22. 9. 2017 einen näher bezeichneten, am 3. 1. 2014 erstmals zugelassenen PKW der Marke * um 33.500 EUR. Der Kaufvertrag enthielt hinsichtlich des Zustands des Fahrzeugs folgende Passagen: „Mechanischer Zustand: Klasse 2, gut; Geringe Verschleißerscheinungen. Kein Reparaturbedarf. Kleinere Einstellarbeiten oder Inspektion erforderlich. Elektrische und elektronische Ausrüstung: Klasse 2, gut; Akkumulator für den Antrieb innerhalb der Garantiezeit und Komfortelektronik funktionstüchtig.“ Das Fahrzeug hatte – ausgehend von einem mängelfreien Zustand – einen Zeitwert von 35.000 EUR.
Bereits beim Einbau der Frontscheibe des Fahrzeugs im Werk war eine kleine Öffnung im Bereich der Abdichtung zwischen Scheibe und Fahrzeug verblieben. Durch diese Öffnung war bis zum Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses zwischen den Parteien bereits Wasser in das Fahrzeug eingedrungen. Der Kläger bemerkte bei der Probefahrt das „Schwappen“ des angesammelten Wassers im Fahrzeug, ordnete es jedoch fälschlich dem Diesel im Tank zu. Den Mitarbeitern der Beklagten war die Undichtheit und die Wasseransammlung beim Verkauf des Fahrzeugs an den Kläger nicht aufgefallen. Dieser Mangel wäre bei ordnungsgemäßer Besichtigung und Bedachtnahme auf die bereits gespeicherten elektronischen Fehlermeldungen aber erkennbar gewesen.
Durch die Wasseransammlung kam es vor und nach der Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger zu einer Feuchtigkeitsbelastung durch das im Bodenbereich stehende Wasser. Das Wasser stand dabei in einem Bereich, in dem es keinen direkten Kontakt zu Kabeln, Kabelsträngen oder Steuergeräten hatte. Die erhöhte Feuchtigkeit im Fahrzeug führte aber zu einer Oxidationsschicht im Bereich diverser Elektronikbauteile. Theoretisch können in Konstellationen wie der vorliegenden Oxidationsschichten entstehen, die so dick sind, dass es zu Ausfallserscheinungen kommt. Im vorliegenden Fall konnten derartige Oxidationsschichten aber nicht festgestellt werden.
Nach der Übergabe erfuhr der Kläger von der von ihm aufgesuchten Firma N*, einer *‑Niederlassung in Vorarlberg (künftig: Fachwerkstätte) vom Wassereintritt. Seitens der Beklagten wurde dem Kläger mitgeteilt, dass ein Garantiefall vorliege und er das Fahrzeug zwecks Behebung in der Fachwerkstätte lassen sollte. Die Beklagte beauftragte die Fachwerkstätte mit der Reparatur der Problematik auf ihre Kosten. Bei der Fachwerkstätte wurde daraufhin Anfang Dezember 2017 das Wasser abgelassen und das Fahrzeug in einer Trockenkammer getrocknet. Dabei wurden keine Arbeiten an Elektronikteilen oder an Steuergeräten durchgeführt.
Im Fahrzeug waren vier Steuergeräte verbaut, die theoretisch von der erhöhten Feuchtigkeit hätten betroffen sein können. Bei zweien dieser Steuergeräte (CEM und MMM) war es zu keiner Oxidation gekommen. Beim Steuergerät SRS konnte nicht festgestellt werden, dass Oxidationserscheinungen vorhanden wären, die geeignet wären, Ausfallserscheinungen oder Defekte herbeizuführen. Beim Steuergerät REM lagen im Ausmaß nicht feststellbare Oxidationen vor. Es konnte auch nicht festgestellt werden, ob es so weit oxidiert war, dass es anlässlich der Arbeiten der Fachwerkstätte im Dezember 2017 hätte ausgetauscht werden müssen.
Am 24. 9. 2018 wurde hinsichtlich des Steuergeräts REM von der Fachwerkstätte eine Reinigung der oxidierten Kontakte durchgeführt. Außerdem wurden weitere, nicht im einzelnen festgestellte Steuergeräte erneuert. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Grund für diese Arbeiten der Wassereintritt oder dadurch hervorgerufene Oxidationserscheinungen waren oder dass dabei bereits bei der Übergabe vorhandene Mängel saniert worden wären.
Durch die von der Fachwerkstätte durchgeführten Trocknungsmaßnahmen wurde das Feuchtigkeitsproblem im Fahrzeug behoben. Das führt dazu, dass es zu keinem Voranschreiten der bereits aufgetretenen Oxidationen kommt und der stattgefundene Oxidationsprozess zum Stillstand gekommen ist. Es ist grundsätzlich angezeigt, die von einer Oxidationsschicht betroffenen Bereiche zu reinigen und mit einer Fettschicht zu überziehen, was nicht bei allen betroffenen Elektronikbauteilen durchgeführt wurde. Die Bauteile funktionieren aber. Mit einem Fortschreiten der Oxidation ist aufgrund der Trockenlegung nicht zu rechnen. Die Trockenlegung stellte die geeignete Reparaturmaßnahme dar.
Bei den Arbeiten der Fachwerkstätte wurde vergessen, den Regensensor wieder anzustecken. Er wurde aber im Zuge der Begutachtung im Verfahren wieder angesteckt.
Bereits zum Übergabezeitpunkt war beim Fahrzeug der Temperaturfühler der Klimaanlage defekt, wobei nicht festgestellt werden konnte, dass der Defekt eine Folge des Wassereintritts oder der Oxidationserscheinungen war. Über diesen Defekt wurde im Zusammenhang mit den Arbeiten der Fachwerkstätte zur Sanierung des Wassereintritts nicht gesprochen, er war auch nicht Gegenstand der Arbeiten der Fachwerkstätte. Der Kläger hat die Beklagte nicht zur Behebung dieses Mangels aufgefordert; eine Behebung ist nicht erfolgt.
Der Kläger begehrt die Aufhebung des Kaufvertrags und Zahlung von 33.400 EUR Zug um Zug gegen Rückstellung des Fahrzeugs sowie die Zahlung von 240 EUR samt Zinsen. Bei der Ankaufsuntersuchung durch den ÖAMTC seien Fehlermeldungen an der Zentralelektronik und der Klimaelektronik aufgetreten. Diese Fehler hätten im Auftrag der Beklagten von der Fachwerkstätte behoben werden sollen, dies sei aber nicht fachgerecht durchgeführt worden. Bei der Übergabe des Fahrzeugs seien Defekte an der Klimaanlage und der Scheibe sowie der Wasserschaden und das „Oxidationsproblem“ vorgelegen. Die im Auftrag der Beklagten durchgeführten Verbesserungsversuche der Fachwerkstätte seien nicht erfolgreich gewesen. Der Fehler an der Klimaanlage bestehe nach wie vor; beim Einbau der Frontscheibe seien eine Verkleidung zerstört und ein Sensor nicht angeschlossen worden und die durchnässten Kabelstränge, Stecker und Steuergeräte seien nur getrocknet, nicht gesäubert, geprüft und ausgetauscht worden. Dem Kläger sei von der Fachwerkstätte mitgeteilt worden, dass die durch den Wassereintritt ausgelöste Oxidation in der Zukunft zu fortlaufenden Störungen führen würden. Die Mängel an den Elektronikbauteilen seien wirtschaftlich kaum behebbar. Das Fahrzeug sei auch nicht betriebssicher. Da sohin ein unbehebbarer Mangel vorliege und die Verbesserung durch die Fachwerkstätte nicht erfolgreich gewesen sei, habe der Kläger das Recht auf Wandlung. Weitere Verbesserungsversuche seien ihm nicht zumutbar; eine Verbesserung allfälliger noch bestehender Mängel werde abgelehnt. Darüber hinaus stützte der Kläger die begehrte Vertragsaufhebung auf laesio enormis und einen wesentlichen Irrtum über die Betriebssicherheit des Fahrzeugs. Die Beklagte habe dem Kläger darüber hinaus die Kosten der An‑ und Abmeldung von 190 EUR und pauschale Unkosten von 50 EUR zu ersetzen, weil ihr die Fahrzeugmängel und die unsachgemäße Reparatur hätten auffallen müssen.
Die Beklagte beantragt die Klageabweisung und erhob eine Gegenforderung von 8.770 EUR. Durch den Neueinbau der Frontscheibe und die Trocknung des Fahrzeugs sei der mangelfreie Zustand hergestellt worden. Auch die im ÖAMTC‑Bericht angeführten Mängel seien ordnungsgemäß behoben worden und begründeten kein Recht auf Wandlung. Die Oxidationsschäden an den Steuergeräten seien behoben bzw seien die Steuergeräte ausgetauscht worden. Der Kläger habe keine weiteren Reparaturarbeiten verlangt, die Beklagte sei aber zur Behebung allfälliger konkret angezeigter Mängel bereit.
Nach Vorliegen des Sachverständigengutachtens anerkannte die Beklagte den Anspruch des Klägers auf Reparatur des defekten Innenraumtemperaturfühlers im Bereich der Klimaautomatik. Dabei handle es sich aber nur um einen geringfügigen Mangel. Aufgrund der umfassenden Mängelbehebung sei die begehrte Vertragsaufhebung unverhältnismäßig. Der Beklagten sei die Undichtheit der Frontscheibe nicht bekannt gewesen, sodass sie den Kläger darüber nicht in Irrtum geführt habe. Die Gegenforderung ergebe sich aus der Nutzung des Fahrzeugs durch den Kläger und den eingetretenen Wertverlust.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus traf es folgende Feststellungen:
„Es kann (daher) nicht festgestellt werden, dass im Zusammenhang mit dem Wassereintritt und seinen Folgen nach den Trockenlegungsarbeiten der [Fachwerkstätte] noch zu behebende Mängel vorhanden waren oder nunmehr vorhanden sind, die über das bloße Vorhandensein einer keine Funktionsbeeinträchtigung hervorrufenden Oxidationsschicht an einzelnen Elektronikbauteilen noch hinausgehen, die im Sinne einer Mängelbehebung noch zu beheben wären oder die die Verkehrs‑ und Betriebssicherheit des Fahrzeugs beeinträchtigen würden.“
Disloziert – im Rahmen der Beweiswürdigung – stellte es weiters fest, dass die von der Beklagten getragenen Reparaturkosten sich auf 3.047,70 EUR beliefen, der Austausch aller theoretisch betroffenen Steuerelemente 6.171,60 EUR brutto kosten würde, aber nicht notwendig sei, und dass das Fahrzeug durch die Reparatur einen Wertverlust von 3.000 bis 3.500 EUR erlitten habe.
Rechtlich führte das Erstgericht zusammengefasst aus, dass die bei Übergabe vorhandenen Mängel behoben seien und – wenn überhaupt – nur noch geringfügige Mängel bestünden, die nicht zur Wandlung berechtigten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge. Es hob den zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag auf und sprach aus, dass die Klageforderung mit 33.400 EUR, die Gegenforderung mit 8.670 EUR zu Recht bestehe und verpflichtete die Beklagte zur Zahlung von 24.730 EUR samt Zinsen Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs, sowie zur Zahlung von 240 EUR. Das auf Zahlung weiterer 8.670 EUR Zug um Zug gegen Herausgabe des Fahrzeugs gerichtete Mehrbegehren wies es ab. Die Revision ließ es nicht zu, weil die Beurteilung eines Mangels als geringfügig an Hand der Umstände des Einzelfalls vorzunehmen sei.
Es ergänzte die erstgerichtlichen Feststellungen dahin, dass die Beklagte bei der Behebung des Wasserschadens den ÖAMTC‑Prüfbericht vom 26. 9. 2017 und damit die darin genannten Fehler an der Zentralelektrik und der Klimaelektronik gekannt habe.
Rechtlich führte es aus, beim Fahrzeug sei ein so schwerer Produktionsfehler vorgelegen, dass ein durchschnittlicher Gebrauchtwagenkäufer bei Kenntnis des Mangels vom Erwerb abgesehen hätte. Der Produktionsmangel habe sich bis zum Verkauf an den Kläger in von der Beklagten ignorierten Fehlermeldungen betreffend die Fahrzeugelektronik niedergeschlagen, Kabelsteckverbindungen und Steuerungsgeräte seien zum Teil oxidiert gewesen. Bei einem derart gravierenden Mangel sei dem Kunden zuzugestehen, auf der gänzlichen Behebung zu bestehen, weil ihm das Restrisiko, dass in der Zukunft aus den Oxidationen Probleme entstünden, nicht zugemutet werden könne, auch wenn die Wahrscheinlichkeit für ein Auftreten gering sei. Im Hinblick auf die Art des erworbenen PKW, seine Zurechnung zur Gebrauchtwagenklasse 2 und wegen der vom Kunden schwer abschätzbaren Konsequenzen könnten die verbliebenen Oxidationen nicht als geringfügiger Mangel im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB beurteilt werden.
Die Beklagte dürfe das Risiko des Zurückbleibens versteckter und sich allenfalls fortfressender Mängel nicht auf den Kunden überwälzen. Das Wandlungsbegehren bestehe daher zu Recht. Die Vertragsaufhebung könne zwar – zusätzlich – nicht auf laesio enormis, wohl auf einen von der Beklagten schuldhaft veranlassten Irrtum über die Zurechnung des Kaufobjekts zur Wagenklasse 2 gestützt werden. Aufgrund des Verschuldens der Beklagten bestehe auch der Anspruch auf Ersatz der An‑ und Abmeldekosten und der pauschalen Unkosten zu Recht. Die von der Beklagten geltend gemachte Gegenforderung bestehe aufgrund des Verlusts an Zeitwert und der vom Kläger gefahrenen Kilometer unter Anwendung des § 273 ZPO mit 8.670 EUR zu Recht.
Gegen dieses Urteil richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten, mit der sie die Abänderung der angefochtenen Entscheidung im klageabweisenden Sinn begehrt; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof zur Frage der Gewährleistungsbehelfe bei einem nach Reparatur verbleibenden Wertverlust der Sache noch nicht ausdrücklich Stellung genommen hat. Sie ist auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
1.1. Gemäß § 932 Abs 2 ABGB kann der Übernehmer zunächst nur die Verbesserung oder den Austausch der Sache verlangen, es sei denn, dass die Verbesserung oder der Austausch unmöglich ist oder für den Übergeber, verglichen mit der anderen Abhilfe, mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre.
1.2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass der Übernehmer schon bei Misslingen des ersten Verbesserungsversuchs den Sekundärbehelf (Wandlung oder Preisminderung) in Anspruch nehmen kann (7 Ob 45/17v mwN; RS0018722 [T2]; RS0018702 [T9]).
1.3. Die Wandlung setzt überdies voraus, dass der Mangel nicht geringfügig ist (7 Ob 45/17v; 6 Ob 143/07h). Ob der Mangel als geringfügig anzusehen ist oder nicht, ist an Hand einer Interessenabwägung durchzuführen, bei der sowohl die Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit der Aufhebung des Vertrags im Hinblick auf die damit verbundenen Folgen für die Parteien, aber auch die „Schwere“ des Mangels zu berücksichtigen ist (RS0119978 [T5]).
1.4. Ein Mangel darf zwar nicht erst nach dem Zeitpunkt des Gefahrenübergangs entstanden sein. Nach der Rechtsprechung genügt es aber gerade bei geheimen Mängeln, wenn der Mangel im maßgeblichen Zeitpunkt bereits latent, also seiner Anlage nach, vorhanden war. Liegt also ein „Weiterfressen“ eines bereits bei Übergabe angelegten Mangels vor, hat der Verkäufer auch dafür einzustehen, sodass die für ein etwaiges Wandlungsrecht relevante Frage, ob ein Mangel nicht bloß geringfügig ist, aufgrund des späteren Zustands der Sache zu beantworten ist (RS0018498 [T6] = 9 Ob 3/09w).
1.5. Die Beweislast dafür, dass die übergebene Sache überhaupt mangelhaft ist, trägt der Übernehmer der Sache (RS0124354). Tritt nach einem Verbesserungsversuch des Übergebers einer mangelhaften Sache derselbe Mangel wieder auf, trifft den Übergeber die Beweislast dafür, dass er den Mangel durch Verbesserung beseitigt und dadurch den Verbesserungsanspruch zum Erlöschen gebracht hat (2 Ob 43/11f = RS0126728).
2.1. Im vorliegenden Fall steht außer Streit, dass das Fahrzeug im Übergabezeitpunkt mangelhaft war, weil die Frontscheibe mit dem Fahrzeug nicht dicht verbunden war, was zu Wassereintritten geführt und einen Oxidationsprozess in Gang gesetzt hatte. Das Vorhandensein eines fortschreitenden Oxidationsprozesses begründet auch dann einen Mangel, wenn die dadurch bewirkten Oxidationserscheinungen noch nicht ein derartiges Ausmaß angenommen haben, dass sie geeignet sind, Ausfallserscheinungen oder Defekte an einzelnen Bauteilen auszulösen.
2.2. Dieser fortschreitende Prozess war im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs zumindest latent bereits vorhanden (vgl RS0018498 [T6]), sodass die bis zur Entdeckung des Mangels eingetretenen Folgeerscheinungen Gegenstand der primären Gewährleistungsansprüche des Klägers, also seines Verbesserungsanspruchs, waren.
2.3. Das ändert nichts daran, dass der Kläger für das Vorliegen des konkreten Mangels und damit – in einem Fall wie dem vorliegenden – für den Umfang der Fortentwickelung des bei Übergabe in seiner Anlage vorhandenen Mangels beweispflichtig ist (vgl RS0124354). Die Negativfeststellungen zu den durch die Oxidationsprozesse ausgelösten Folgeerscheinungen gehen daher insofern zu seinen Lasten, als der Inhalt des Verbesserungsanspruchs des Klägers von der festgestellten Mangelhaftigkeit abhängt.
2.4. Der – vom Kläger zu beweisende – Mangel des Fahrzeugs bestand nach den Feststellungen vor dem Verbesserungsversuch durch die von der Beklagten beauftragte Fachwerkstätte Anfang Dezember 2017 im Vorhandensein einer undicht angeschlossenen Frontscheibe und von eingedrungenem Wasser sowie im Vorhandensein eines fortschreitenden Oxidationsprozesses, nicht aber im Vorhandensein von Steuer‑ oder Elektronikbauteilen, die in ihrer Funktionsfähigkeit oder Sicherheit aufgrund der Oxidation beeinträchtigt gewesen wären.
3.1. Im Zuge der Verbesserungsarbeiten Anfang Dezember 2017 wurde die undichte Anschlussstelle der Frontscheibe saniert, das Fahrzeug getrocknet und das Fortschreiten des Oxidationsprozesses unterbrochen. Sämtliche Bauteile funktionieren; weitere Oxidationserscheinungen sind nach den Feststellungen nicht zu erwarten.
Das Vorhandensein einer Oxidationsschicht an einzelnen Elektronikbauteilen, die die Funktionsfähigkeit nicht beeinträchtigt und auch nicht weiter fortschreitet, ist für sich genommen nicht geeignet, einen Mangel zu begründen, der über die Qualität eines geringfügigen Mangels im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB hinausginge. Dies ergibt sich aus der geringen Schwere der verbliebenen Oxidationsfolgen, mit denen keine Funktionseinschränkung verbunden ist, im Verhältnis zum Gewicht der Vertragsaufhebung für die Vertragspartnerin (vgl RS0119978 [T5]).
3.2. Die Negativfeststellung, wonach nicht feststeht, ob nach der Verbesserung noch Mängel vorhanden waren, die über das Vorhandensein einer – keine Funktionsbeeinträchtigung hervorrufende – Oxidationsschicht hinausgingen, schadet der Beklagten nicht, weil damit im vorliegenden Fall nicht der – vom Übergeber zu beweisende (vgl RS0126728) – Verbesserungserfolg angesprochen ist. Dies folgt daraus, dass das Vorliegen von Funktionsbeeinträchtigungen einzelner Bauteile auch zum Zeitpunkt vor Vornahme der Verbesserungsarbeiten nicht festgestellt werden konnte.
3.3. Anhaltspunkte für das vom Berufungsgericht angenommene Risiko, dass aus den vorhandenen Oxidationen in der Zukunft Probleme entstehen könnten, sind dem festgestellten Sachverhalt nicht zu entnehmen.
3.4. Der – nach wie vor bestehende – Mangel in Form eines defekten Temperaturfühlers der Klimaanlage wurde vom Berufungsgericht als bloß geringfügig im Sinn des § 932 Abs 4 ABGB qualifiziert. Dieser Beurteilung hält der Kläger, der sein Wandlungsbegehren im Verfahren nicht aus der isolierten Betrachtung des defekten Temperaturfühlers der Klimaanlage, sondern aus den Feuchtigkeitseintritten ableitete, auch im Revisionsverfahren nichts entgegen.
3.5. Es kommt daher für das hier zu beurteilende Begehren auf Vertragsaufhebung nicht darauf an, ob die Revisionswerberin zum Zeitpunkt der von der Fachwerkstätte in ihrem Auftrag vorgenommenen Verbesserungsarbeiten von diesem konkreten Mangel Kenntnis hatte. Auf die in diesem Zusammenhang von der Revisionswerberin gerügte Aktenwidrigkeit und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens ist daher nicht näher einzugehen.
3.6. Soweit der Kläger die Vertragsaufhebung aus einem Irrtum über das Vorliegen eines unbehebbaren Mangels im Zusammenhang mit der fehlerhaften Abdichtung der Frontscheibe ableitet, ist er auf die erfolgte Verbesserung der undichten Anschlussstelle zu verweisen.
4.1. Die Rechtssache ist dennoch nicht spruchreif im Sinne einer Klageabweisung. Aufgrund der Feststellung zum Wertverlust des Fahrzeugs ist zu prüfen, ob der im stattgefundenen Oxidationsgeschehen liegende Mangel zur Gänze behoben wurde oder ob in dem eingetretenen Wertverlust ein nach der durchgeführten Verbesserung noch immer fortbestehender, im Übergabezeitpunkt bereits der Anlage nach vorhandener Mangel zu sehen ist. Diese Beurteilung hat anhand des zwischen den Parteien vereinbarten Vertragsinhalts zu erfolgen.
4.2. Eine Leistung ist mangelhaft im Sinne des § 922 ABGB, wenn sie qualitativ oder quantitativ hinter dem Geschuldeten, das heißt dem Vertragsinhalt, zurückbleibt (RS0018547). Die Behebung von Mängeln soll das gestörte Gleichgewicht der beiderseitigen Leistungen der Parteien (die "subjektive Äquivalenz“) wiederherstellen (RS0018636).
4.3. Vertragsinhalt beim Gebrauchtwagenkauf ist das konkrete Fahrzeug. Bei diesem muss mit den dem Alter und den gefahrenen Kilometern entsprechenden Verschleiß‑ und Abnützungserscheinungen gerechnet werden (vgl RS0018466). Auch ein Gebrauchtwagen muss aber die nach der Verkehrsauffassung gewöhnlich vorausgesetzten Eigenschaften, etwa die Verkehrs‑ und Betriebssicherheit (RS0016189), aufweisen (2 Ob 196/13g; vgl RS0114333 [T1]).
4.4. Im vorliegenden Fall fehlte dem Fahrzeug die gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft, gegenüber Nässe dicht abzuschließen. Geschuldet war ein Fahrzeug, das diesen konkreten Mangel nicht aufwies.
4.5. Die Beklagte behauptet nicht, dass das Vorliegen der undichten Stelle und die daraus resultierende Reparaturbedürftigkeit des Fahrzeugs in den Kaufvertrag Eingang gefunden hätte. Dadurch unterscheidet sich der vorliegende Sachverhalt etwa von Fällen, in denen die Parteien vor Übergabe die Reparatur eines entdeckten Defekts vereinbaren (vgl 7 Ob 239/05f), was nicht nur zur Folge hat, dass die Freiheit von dem konkreten Mangel ausdrücklich bedungen ist, sondern auch, dass die Parteien den Umstand, dass das Fahrzeug repariert wird, in die Höhe des Kaufpreises einfließen lassen werden. Der Umstand, dass das Fahrzeug eine „Reparaturhistorie“ aufweist, der der Verkehr misstraut, ist dann bereits im Kaufpreis reflektiert und ist Teil der subjektiven Äquivalenz von Leistung und Gegenleistung.
4.6. In einem Fall wie dem vorliegenden, in dem das Fahrzeug mangelhaft ist, weil eine gewöhnlich vorausgesetzte Eigenschaft fehlt, und der Mangel nur durch eine Reparatur behoben werden kann, die trotz gänzlicher Herstellung der Gebrauchstauglichkeit zu einer objektiven Wertminderung des Fahrzeugs (im Sinn eines merkantilen Minderwerts) führt, ist allein mit der Reparatur die subjektive Äquivalenz zwischen Leistung und Gegenleistung nicht wiederhergestellt. Denn das Fahrzeug weist dann eine wertmindernde „Reparaturhistorie“ auf, die nicht Gegenstand der Parteieneinigung war.
4.7. In einem solchen Fall liegt in der nach der Reparatur verbliebenen Wertminderung des Fahrzeugs eine nach wie vor nicht ausgeglichene Störung des von den Parteien vereinbarten Wertverhältnisses von Leistung und Gegenleistung. Das spricht dafür, diese Störung der subjektiven Äquivalenz mit den Mitteln des Gewährleistungsrechts zu beheben. In Betracht kommen dazu die sekundären Gewährleistungsbehelfe Preisminderung und Wandlung.
4.8. Fraglich könnte sein, ob dieser Ansatz dem Primat der Mängelbeseitigung durch Verbesserung oder Austausch (RS0122927 [T1]) gemäß Art 3 Abs 3 und 5 der Verbrauchsgüterkauf‑RL (Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter, ABl L 171/12 vom 7. 7. 1999) und dem auf dem Stufensystem der Richtlinie beruhenden § 932 Abs 2 und 4 ABGB widerspricht.
So steht W. Faber einem generellen Ausgleich der durch die Reparatur eingetretenen Wertminderung im Wege der Gewährleistung eher ablehnend gegenüber. Durch einen solchen Ansatz würde die auch der Verbrauchsgüterkauf‑RL zugrunde liegende Grenze zwischen Mängelgewährleistung und Schadenersatz weiter überschritten (W. Faber, Aus‑ und Einbaukosten und Unverhältnismäßigkeit der Nacherfüllung [2013] 88).
4.9. Nach Ansicht des Senats steht der Vorrang der Verbesserung dem Ausgleich des nach der Reparatur verbliebenen Wertverlusts im Wege der sekundären Gewährleistungsbehelfe jedenfalls in einem Fall wie dem vorliegenden, in dem bereits eine Verbesserung durchgeführt wurde, nicht entgegen. Entscheidend ist vielmehr, dass in einem solchen Fall der zentrale Zweck des Gewährleistungsrechts, die Herstellung der subjektiven Äquivalenz (vgl Santangelo‑Reif, Verbesserung und Austausch [2019] 35 f), nur durch den zusätzlichen Ausgleich des nach der Reparatur verbliebenen Wertverlusts verwirklicht werden kann.
Auf die Fragestellung, ob der Übernehmer verpflichtet ist, eine teilweise Verbesserung anzunehmen, und der Übergeber verhalten werden kann, eine solche zu erbringen (Santangelo‑Reif, Verbesserung und Austausch [2019] 234 ff), kommt es hier nicht an, weil die Verbesserung bereits vorgenommen wurde.
4.10. Im vorliegenden Fall ist das Fahrzeug im Beurteilungszeitpunkt trotz der durchgeführten Reparatur nach wie vor mangelhaft im Sinne einer Störung der subjektiven Äquivalenz. Dieser Mangel kann – weil der Primärbehelf des Austauschs beim vorliegenden Gebrauchtwagenkauf ausscheidet – nur durch die sekundären Gewährleistungsbehelfe der Wandlung oder Preisminderung behoben werden.
4.11. Die Beklagte hielt dem Wandlungsbegehren entgegen, dass der nach Verbesserung verbliebene Mangel nur ein geringfügiger sei, der nach § 924 Abs 3 ABGB nicht zu einer Wandlung berechtige. Dies ist – wie bereits ausgeführt – mittels einer auf den konkreten Vertrag und die Umstände des Einzelfalls bezogenen Abwägung der Interessen der Vertragspartner zu beurteilen (RS0119978).
Im vorliegenden Fall ist zu berücksichtigen, dass der gewöhnlich vorausgesetzte Gebrauch – das betriebssichere Fahren – nach der vorgenommenen Verbesserung uneingeschränkt möglich ist und der allein verbleibende Wertverlust nur im Fall eines Weiterverkaufs des Fahrzeugs schlagend wird. Der Wertverlust ist auch nicht so hoch, dass sich schon aus dem Verhältnis zum Kaufpreis ergäbe, dass der Mangel nicht mehr als geringfügig qualifiziert werden könnte. Der nach der Reparatur verbliebene Mangel in Form des Wertverlusts ist daher insgesamt, gemessen am konkreten Geschäft, nur als geringfügig zu beurteilen, sodass das Begehren auf Wandlung daraus nach § 932 Abs 2 ABGB nicht abgeleitet werden kann.
4.12. Der Kläger hat im Verfahren bisher nur den Gewährleistungsbehelf der Wandlung, nicht aber Preisminderung gemäß § 932 Abs 4 ABGB geltend gemacht. Der Europäische Gerichtshof legt die Verbrauchsgüterkauf‑RL dahin aus, dass dem Verbraucher, der Anspruch auf angemessene Minderung des im Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreises eines Verbrauchsguts hat, aber vor Gericht lediglich die Auflösung dieses Vertrags beantragt, auch die Geltendmachung der Preisminderung offen stehen muss (EuGH C‑32/12 , Duarte Hueros, EU:C:2013:637). Dem Kläger ist daher gemäß § 182 ZPO Gelegenheit zu geben, Vorbringen zu einem Anspruch auf Preisminderung zu erstatten.
Die außerordentliche Revision erweist sich daher im Sinne des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags als berechtigt.
5. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 ZPO.
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