OGH 5Ob24/23z

OGH5Ob24/23z14.3.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer und Mag. Painsi, die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr und den Hofrat Dr. Kikinger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. Ing. M*, 2. M*, vertreten durch Mag. Stefan Lichtenegger, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin Ö*aktiengesellschaft, *, wegen § 22 Abs 1 Z 2a iVm § 15c WGG, über den (richtig:) außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 13. Dezember 2022, GZ 40 R 140/22t‑10, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Hietzing vom 25. Mai 2022, GZ 9 MSch 5/22x‑6, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0050OB00024.23Z.0314.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Wohnungseigentumsrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wirdmangels der Voraussetzungen des § 22 Abs 4 WGG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Die Antragsgegnerin ist eine gemeinnützige Bauvereinigung. Die Antragsteller sind Mieter einer Wohnung in einer von ihr errichteten Baulichkeit.

[2] Mit ihrem als „Antrag auf Fixpreisfestsetzung nach dem WGG“ bezeichneten einleitenden Schriftsatz begehrten die Antragsteller die Festsetzung des gesetzlich zulässigen Fixpreises für die Wohnung. Im Mietvertrag seienthalten, dass nach insgesamt zehnjähriger Mietdauer die Möglichkeit der Übertragung des Wohnungseigentums bestehe, falls die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen.

[3] Das Erstgericht sprach aus, dass der außerstreitige Rechtsweg für das Begehren der Antragsteller unzulässig und der Antrag als Klage zu behandeln sei. Die Antragsteller stützten ihr Begehren auf eine Vereinbarung im Mietvertrag.

[4] Über Rekurs der Antragsgegnerin änderte das Gericht zweiter Instanz die Entscheidung des Erstgerichts ab und erklärte den außerstreitigen Rechtsweg für zulässig. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der Revisionsrekurs nicht zulässig ist.

[5] Dagegen richtet sich das Rechtsmittel der Antragsteller, das ungeachtet seiner Bezeichnung als Zulassungsvorstellung, verbunden mit einem Revisionsrekurs, als außerordentlicher Revisionsrekurs zu behandeln ist; die Antragsteller sprechen darin aber keine Rechtsfrage von der Bedeutung gemäß § 62 Abs 1 AußStrG an:

Rechtliche Beurteilung

[6] 1. Die Rechtsdurchsetzung im außerstreitigen Verfahren findet nur statt, wenn eine Sache durch das Gesetz ausdrücklich oder zumindest schlüssig in diese Verfahrensart verwiesen ist (RIS‑Justiz RS0012214 [T1, T5]; RS0013639 [T7]).

[7] 1.1 Nach § 22 Abs 1 Z 2 lit a iVm Abs 4 leg cit WGG entscheidet unter anderem über Anträge auf Festsetzung des Preises gemäß §§ 15b und 15c WGG das für Zivilrechtssachen zuständige Bezirksgericht in einem Verfahren nach den allgemeinen Bestimmungen über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen mit den in §§ 37 ff MRG und § 22 Abs 4 WEG genannten Besonderheiten.

[8] 1.2 Der gesetzliche Anspruch nach §§ 15b und 15c WGG lässt die auf einer anderen Rechtsgrundlage beruhenden Ansprüche auf Erwerb von Wohnungseigentum grundsätzlich unberührt (5 Ob 269/00w). Der Fachsenat hat daher bereits wiederholt ausgesprochen, dass nur die auf §§ 15b und 15c WGG gestützten Ansprüche im außerstreitigen Verfahren nach § 22 Abs 1 Z 2a WGG zu prüfen sind. Vertragliche Ansprüche sind demgegenüber auf dem streitigen Rechtsweg durchzusetzen (RS0113518; vgl auch RS0114513 [T2]).

[9] 2. Maßgebend für die Bestimmung der Art des Rechtswegs sind der Wortlaut des Begehrens und die zu seiner Begründung vorgebrachten Sachverhaltsbehauptungen der das Verfahren einleitenden Partei (§ 40a JN; RS0005861 [T6]; RS0005896 [T17, T19]; RS0013639 [T11, T17, T19, T23]).

[10] 2.1 Bei der Beurteilung, ob eine Sache in das Außerstreitverfahren oder auf den streitigen Rechtsweg gehört, ist daher von den Behauptungen des Antragstellers, nicht von den Einwendungen des Antragsgegners oder den Feststellungen auszugehen (RS0005861 [T4]; RS0013639 [T9]).

[11] 2.2 Für die Frage, ob über ein Begehren im außerstreitigen Verfahren oder in einem streitigen Zivilprozess zu entscheiden ist, kommt es auch nicht darauf an, ob das Begehren selbst berechtigt ist (RS0005896 [T12, T23]; RS0013639 [T1]). Macht der Antragsteller nach seinen Behauptungen einen Anspruch an sich mit Recht im Außerstreitverfahren geltend, stellt sich aber heraus, dass die Voraussetzungen für den geltend gemachten Anspruch fehlen, ist das Begehren im Außerstreitverfahren, wenn auch abschlägig, zu erledigen (RS0005861; RS0013639 [T8, T10]).

[12] 3. Die Entscheidung des Rekursgerichts entspricht diesen Grundsätzen. Ihren Antrag vor der Schlichtungsstelle haben die Revisionsrekurswerber ausschließlich darauf gestützt, dass sie Anspruch auf eine Übertragung der Wohnung in ihr Wohnungseigentum gemäß § 15c WGG hätten, weil die Voraussetzungen des § 15b WGG erfüllt seien, und die Antragsgegnerin mit der Übermittlung eines Fixpreisangebots säumig sei. Dieses Vorbringen haben sie in ihrem Schriftsatz, mit dem sie die Sache an das Gericht abgezogen haben, wiederholt. Soweit sie sich darin auch auf die Klausel im Mietvertrag beriefen, in der festgehalten ist, dass nach insgesamt zehnjähriger Mietdauer die Möglichkeit der Übertragung des Wohnungseigentums bestehe, falls die gesetzlichen Voraussetzungen vorlägen, haben sie nicht ein rechtsgültiges Versprechen der Antragsgegnerin, Wohnungseigentum an einem bestimmten Objekt zu verschaffen, als Grundlage für ihr Begehren geltend gemacht. Daraus haben sie lediglich einen Verzicht der Antragstellerin „auf die Bedingung des aufrechten Bestehens der Förderung im Antragszeitpunkt“ abgeleitet und sind damit der Begründung in der Entscheidung der Schlichtungsstelle, die ihren Antrag abgewiesen hatte, entgegengetreten. Dass sie ihr Begehren auf einen vertraglichen Anspruch auf Übertragung des Wohnungseigentums und nicht auf §§ 15b und 15c WGG gestützt hätten, kann ihrem Vorbringen somit auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass sie nach Erörterung durch das Erstgericht erklärten, sich sowohl auf Gesetz als auch Vertrag zu berufen, nicht entnommen werden.

[13] Davon gehen erkennbar letztlich auch die Antragsteller in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel aus, wenn sie sich zu ihrem Antrag wiederholt „auf die gesetzlichen Voraussetzung nach § 15b und § 15c WGG“ berufen und betonen, dass sie „zwingend“ die Schlichtungsstelle anrufen hätten müssen, und können damit auch nicht nachvollziehbar darlegen, inwieweit das Rekursgericht mit seiner Entscheidung von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen sein soll. Die von ihnen als erheblich im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG erachtete Frage, ob § 22 Abs 1 Z 2 lit a WGG auch vertragliche Ansprüche mitumfasse, die dann im außerstreitigen Verfahren zu behandeln seien, setzt diese Verfahrensart voraus und ist damit für die Klärung der Zulässigkeit des (außerstreitigen) Rechtswegs ohne Relevanz.

[14] 4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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