OGH 6Ob230/22z

OGH6Ob230/22z25.1.2023

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Gitschthaler als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Nowotny, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer, Dr. Faber und Mag. Pertmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. A*, vertreten durch Dr. Gerald Mader, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei A*, wegen Wiederaufnahme des Verfahrens AZ 35 Cg 52/18v des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 10. November 2022, GZ 3 R 215/22w-6, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2023:0060OB00230.22Z.0125.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

Fachgebiet: Zivilverfahrensrecht

Entscheidungsart: Zurückweisung mangels erheblicher Rechtsfrage

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] 1. Gemäß § 530 Abs 1 Z 7 ZPO kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung im früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde.

[2] 2. „Neue Tatsache“ in diesem Sinne soll hier die von der Beklagten durchgemachte Sekundärheilung der Laparotomie sein. Davon will der Kläger – so sein Vorbringen in der Wiederaufnahmsklage – erst durch die ihm am 5. 9. 2022 zugekommene „gutachtliche Stellungnahme“ erfahren haben. Er trug dazu vor, es wäre, hätte er davon schon im vorangegangenen Verfahren Kenntnis gehabt, der Umstand der durchgemachten Sekundärheilung der Laparotomie im Verfahren von ihm vorgebracht, unter Beweis gestellt und gegenüber dem gerichtlichen Sachverständigen thematisiert worden. Dies hätte es dem Sachverständigen ermöglicht, ein vollständiges Gutachten zu erstellen. Die (vom Kläger eingeholte) „gutachtliche Stellungnahme“ sei ein (neues) Beweismittel, welches ihn in die Lage versetze darzulegen, dass das Gutachten im Hauptprozess auf einer unvollständigen Grundlage fuße.

[3] 3. Im Revisionsrekursverfahren greift der Kläger die Beurteilung, dass die von der Beklagten durchgemachte Sekundärheilung der Laparotomie bereits Aktenbestandteil gewesen war und damit keine „neue“ Tatsache ist, nicht mehr an. Er räumt vielmehr ein, dass er davon schon im vorangegangen Verfahren hätte Kenntnis erlangen können.

[4] 4. Gleichzeitig beharrt er aber darauf, dass die Tatsachengrundlage des gerichtlich eingeholten Gutachtens (dennoch) unvollständig geblieben sei. Dies schließt er daraus, dass der nun in der Wiederaufnahmsklage von ihm zu Unrecht als „neu“ relevierte Umstand (Sekundärheilung der Laparotomie) ansonsten ausdrücklich im Gutachten des gerichtlich beigezogenen Sachverständigen erörtert worden wäre, was er wiederum auf die in seinem „neuen Beweismittel“ gezogenen Schlüsse (zum Einfluss dieses Umstands) stützt. Mit dieser von ihm vorgelegten „gutachtlichen Stellungnahme“ – also einer Verschriftlichung von Angaben eines Zeugen („Privatgutachten“) – versucht er damit tatsächlich bloß (wie schon erfolglos zu 3 Ob 144/22f), die angebliche Unrichtigkeit des im Vorverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens zu beweisen. Darin liegt aber nach ständiger Rechtsprechung grundsätzlich kein tauglicher Wiederaufnahmsgrund (vgl RS0044555; RS0044834). Anders als er behauptete, war der Umstand der durchgemachten Sekundärheilung der Laparotomie bereits Aktenbestandteil gewesen. Eine Tatsache, die dem Sachverständigen im Zeitpunkt der Befundaufnahme noch nicht zugänglich gewesen war (RS0044773 [T2]), kann er also nicht dartun, und damit auch keine unvollständige Befundgrundlage.

[5] 5. Das behauptete Abweichen von dem zu 10 ObS 169/03f entschiedenen Fall durch die Vorinstanzen liegt nicht vor. Damals ging es nicht um eine unvollständige Befundgrundlage (oder eine fehlende Befundung), sondern um ein Gutachten, dessen wesentliche Grundlage eine später zurückgezogene Zeugenaussage gewesen war.

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