Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben.
Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Verfahrens über die Wiederaufnahmsklage aufgetragen.
Die Kosten des Rekurses und des Revisionsrekurses sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht vom 18. 11. 1998, GZ 32 Cgs 299/93i-75, wurde im zweiten Rechtsgang das Begehren des Klägers auf Gewährung einer Versehrtenrente für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 20. 7. 1981 ab 1. 1. 1991 abgewiesen. Der vom Kläger erhobenen Berufung wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes Graz vom 21. 4. 1999, 7 Rs 42/99x, nicht Folge gegeben. Der gegen diese Entscheidung erhobenen Revision gab der Oberste Gerichtshof mit Urteil vom 14. 9. 1999, 10 ObS 194/99y, nicht Folge.
Diesen Entscheidungen lag nachstehender Sachverhalt zugrunde:
Am 20. 7. 1981 wollte der Kläger, der damals als Geschäftsführer eines Restaurants tätig war, einer schwankenden korpulenten Frau zur Hilfe eilen, die infolge eines Epilepsieanfalles nach hinten stürzte und ihn umriss. Beim Zupacken verspürte er einen "Brenner" in der Wirbelsäule. Anschließend verrichtete er unter starken Beschwerden einige Stunden seinen Dienst, ebenso am nächsten Tag. Am 22. 7. 1981 verspürte er am Weg zum Auto einen neuerlichen "Brenner", brach zusammen und wurde schließlich nach zwei Hausarztbesuchen und Verabreichung schmerzstillender Medikamente am nächsten Tag ins Krankenhaus eingewiesen, wo ein Bandscheibenvorfall festgestellt wurde. Bei der Bandscheibenoperation im Bereich L 4/L 5 am 29. 7. 1981 wurde ebenso wie bei der zweiten Bandscheibenoperation im August 1981, die denselben Bereich betraf, Bandscheibengewebe entnommen. Der histologische Befund ergab höhergradige degenerative Veränderungen und keine Hinweise auf eine frische Verletzung. Der Unfallmechanismus vom Juli 1981 war zwar geeignet, eine Bandscheibe zu schädigen, im Hinblick auf die zum damaligen Zeitpunkt bestandenen starken degenerativen Veränderungen und die vorgeschädigte Bandscheibe wäre aber bereits bei mittelschwerem Heben innerhalb eines Jahres ab dem Unfall auch ohne Unfall eine gleiche Schädigung eingetreten. Grundlage dieser Feststellungen waren unter anderem Gutachten des neurochirurgischen Sachverständigen Dr. L*****, des orthopädischen Sachverständigen Dr. N***** und die Aussage des Zeugen DDr. S*****, der als Pathologe im Landeskrankenhaus Klagenfurt tätig ist. Er führte zu den Proben, die bei der Bandscheibenoperation des Klägers entnommen worden waren, aus, dass höhergradige degenerative Veränderungen und keine Hinweise auf frische Verletzungen vorgefunden wurden. Aufgrund dieser Zeugenaussage revidierte der Sachverständige Dr. N*****, der ursprünglich die Meinung vertreten hatte, der Bandscheibenvorfall sei Folge eines Arbeitsunfalles, sein Gutachten dahin, dass aufgrund der ausgeprägten Vorerkrankung der Bandscheibe bei mittelschwerem Heben der Bandscheibenvorfall innerhalb eines Jahres auch ohne Unfall eingetreten wäre. Der Sachverständige Dr. L***** war von Anfang an dieser Meinung gewesen. Rechtlich wurde aufgrund dieser Feststellungen davon ausgegangen, dass der Vorfall vom 20. 7. 1981 Gelegenheitsursache für den Bandscheibenvorfall und der Bandscheibenvorfall nicht Folge eines Arbeitsunfalles war.
Mit der am 1. 2. 1999 zur AZ 32 Cgs 25/99d des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht eingebrachten Wiederaufnahmsklage machte der Kläger geltend, die Aussage des Zeugen DDr. S***** sei unrichtig gewesen und widerrufen worden. Darüber hinaus verfüge der Kläger nunmehr über das Fachgutachten der Professoren Dr. H***** und Dr. F***** vom 28. 1. 1999, aus dem sich ergebe, dass die Gewebeproben vom 20. 7. 1981 rote Blutkörperchen und Fibrin enthielten, die Zeichen einer frischen Verletzung seien. Aus diesen neu aufgefundenen Beweismitteln ergebe sich, dass die Bandscheibe des Klägers zum Unfallszeitpunkt nicht vorgeschädigt gewesen sei und nicht innerhalb eines Jahres bei einem Gelegenheitsvorfall ein Bandscheibenvorfall aufgetreten wäre.
Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage im Vorprüfungsverfahren zurück (§ 538 Abs 1 ZPO). Diese Entscheidung wurde vom Oberlandesgericht Graz als Rekursgericht mit Beschluss vom 15. 3. 2000, 7 Rs 269/99d, bestätigt. Dem Revisionsrekurs des Klägers wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 11. 7. 2000, 10 ObS 157/00m (= SSV-NF 14/79), keine Folge gegeben. Die Zurückweisung der Wiederaufnahmsklage wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die nunmehr revidierte Aussage des Zeugen DDr. S***** keine (tragende) Grundlage für die Beweiswürdigung im Hauptprozess gebildet habe, weil dieser sachkundige Zeuge im Hauptprozess nicht dazu berufen gewesen sei, dem Gericht aufgrund seiner Sachkunde zum histologischen Befund vom 29. 7. 1981 Erfahrungssätze zu liefern und daraus (gutachterliche) Schlüsse zu ziehen. Es sei vielmehr Aufgabe der im Vorprozess bestellten medizinischen Sachverständigen gewesen, unter Anwendung ihres Fachwissens die entsprechenden Wertungen und Schlussfolgerungen aus dem medizinischen Befund vorzunehmen. Der vom Wiederaufnahmswerber geltend gemachte Umstand, der Zeuge DDr. S***** habe seine (unzulässigen) gutachterlichen medizinischen Schlussfolgerungen zum histologischen Befund revidiert bzw relativiert, sei daher von vornherein nicht geeignet gewesen, eine Änderung der im Hauptprozess ergangenen Entscheidung herbeizuführen. Zum vorgelegten Privatgutachten vom 28. 1. 1999 wurde auf die herrschende Rechtsprechung verwiesen, wonach weder die Unrichtigkeit eines im Vorprozess erstatteten Gutachtens noch der Umstand, dass später ein anderer Gutachter ein abweichendes Gutachten erstattet habe, die Voraussetzungen für einen Wiederaufnahmsgrund im Sinn des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO erfüllen könne. Der Wiederaufnahmskläger müsste in einem solchen Fall vielmehr etwa den Nachweis erbringen, dass der im Hauptverfahren vernommene Sachverständige eine behauptete Zwischenerhebung in Wahrheit nicht durchgeführt habe und dass die jüngeren Gutachten auf einer neuen wissenschaftlichen Methode beruhen, die zum Zeitpunkt der Begutachtung im Hauptverfahren noch unbekannt gewesen sei. Anhaltspunkte in dieser Richtung lägen nicht vor.
Mit der am 14. 2. 2003 beim Erstgericht eingebrachten Wiederaufnahmsklage begehrt der Kläger erneut die Wiederaufnahme des Verfahrens 32 Cgs 299/93i des Landesgerichtes Klagenfurt als Arbeits- und Sozialgericht, die Aufhebung der in diesem Verfahren ergangenen Entscheidung und eine neuerliche Entscheidung im Sinne der Stattgebung seines auf Gewährung einer Versehrtenrente ab 1. 1. 1991 für die Folgen des Arbeitsunfalles vom 20. 7. 1981 gerichteten Klagebegehrens. Er behauptet, dass nicht nur der Zeuge DDr. S*****, der die in Frage stehende Gewebeprobe 1981 weder untersucht noch befundet habe, weil er erst ab 1988 als Arzt am pathologischen Institut tätig geworden sei, seine Aussage widerrufen habe, sondern auch der Sachverständige Dr. N*****, der nur aufgrund der unrichtigen Angaben Dris. S***** von seinem ursprünglichen Gutachten, dass der Bandscheibenvorfall Folge des Ereignisses vom 20. Juli 1981 gewesen sei, abgegangen sei. Der Sachverständige Dr. N***** sei erst vor kurzem mit dem Widerruf Dris. S***** konfrontiert worden und habe mit Schreiben vom 23. 1. 2003 dargelegt, dass seine darauf gegründeten Aussagen nicht gelten, während er seine schriftlichen Ausführungen uneingeschränkt aufrechterhalte.
Darüber hinaus lägen dem Kläger weitere Befunde und Gutachten vor, aus denen sich ergebe, dass das erstinstanzliche Urteil in vielen Punkten überprüfenswert sei. So meine der Facharzt für Orthopädie Dr. D***** in seinem Befund (ohne Datum, der dem Kläger Ende Jänner 2003 zugegangen sei), dass Röntgenaufnahmen nie zweifelsfrei einen fortgeschrittenen Bandscheibenvorfall zeigten, die Röntgenbilder des Klägers keine besonderen Veränderungen aufwiesen und die Gewalteinwirkung durch eine stützende 100 kg schwere Person kein alltägliches Ereignis sei sowie, dass das Hin und Her der pathohistologischen Untersuchung und Bewertung untersuchenswert sei, zumal der Totalrückzieher des Pathologen die gesamte Entscheidungsfindung auf den Kopf stelle.
Univ. Prof. Dr. R***** komme in seinem arbeitsmedizinischen Zusammenhangsgutachten nach der Aktenlage vom 5. 2. 2003 zur Ansicht, dass die vom Sachverständigen Dr. L***** geforderten Bedingungen für die medizinische Anerkennung eines Bandscheibenvorfalles als Folge eines Unfalles - ein sicherer Ausschluss von Bandscheibensymptomen vor dem Unfall (Neigung zu Hexenschuss und Ischias) sowie mangelnde Osteochondrose am ersten Röntgenbild nach dem Unfall - nicht mehr medizinisch aufrechterhalten werden könnten, weil Rückenbeschwerden nach modernen diagnostischen Verfahren meist keine relevante Bandscheibenerkrankung zugrunde liege und radiologisch nachweisbare degenerative Wirbelsäulenbeschwerden bei einem 40-Jährigen eher die Regel als die Ausnahme seien. Der Beweis, dass beim Kläger schwere Vorschäden bestanden haben, sei nicht erbracht worden und überdies habe der Pathologe seine Aussage der Vorschädigung widerrufen. Infolge neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse durch moderne diagnostische Verfahren seien neue Tatsachen geschaffen worden, die geeignet seien, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen. In den letzten Jahren würden in der Kausalitätsbegutachtung vorbestehende disponierende Faktoren nicht mehr als Ausschließungsgrund, sondern entsprechend dem Grundsatz "der Mensch ist versichert wie er ist" als Erleichterungsgrund für ein Wahrscheinlichmachen der haftungsausfüllenden Kausalität und damit für eine Anerkennung gesehen. Durch das Gutachten Dris. R***** könne bewiesen werden, dass beim Kläger die Vorschäden in keiner Weise in dieser Größenordnung vorhanden gewesen seien, dass Bagatellbelastungen im Folgenden den Bandscheibenvorfall ausgelöst hätten. Schließlich könne durch das Gutachten Dris. O***** vom 3. Jänner 2002 (?) erwiesen werden, dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Unfallereignis kausale Ursache für die Verletzung gewesen sei.
Mit der Erklärung Dris. N*****, dass er sein ursprüngliches erstes Gutachten aufrecht erhalte, das eindeutig von der Kausalität ausgehe, liege ein neues Beweismittel vor, das einen Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Z 7 ZPO darstelle, welches in Verbindung mit den Befunden und Gutachten Dris. D***** und Prof. Dr. R***** beweise, dass das Erstgericht bei der Gewinnung der Entscheidungsgrundlage massive Fehler gemacht habe. Der Kläger sei ohne sein Verschulden außerstande gewesen, die neuen Erkenntnisse im Bereich der arbeitsmedizinischen Kausalitätsbegutachtung und das Schreiben Dris. N***** vor Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz geltend zu machen.
Das Erstgericht wies die Wiederaufnahmsklage im Vorprüfungsverfahren zurück. Es meinte rechtlich, dass eine bloß objektiv unrichtige Aussage des Zeugen DDr. S***** niemals zu einer Wiederaufnahme führen könne. Das Strafverfahren gegen den Zeugen sei eingestellt worden. Bereits im Vorverfahren sei das Schreiben Dris. S***** vom 8. 1. 1999 nicht als Wiederaufnahmsgrund gewertet worden und die darauf gestützte Wiederaufnahmsklage rechtskräftig zurückgewiesen worden. Darüber hinaus bilde es keinen Wiederaufnahmsgrund, wenn sich der Wiederaufnahmskläger schon im Hauptprozess auf ein derartiges Sachverständigengutachten hätte berufen können. Die Privatgutachter Dr. O***** und Dr. D***** seien wie der Gerichtssachverständige Dr. N***** orthopädische Sachverständige. Ein solches Gutachten sei bereits im Hauptprozess eingeholt, umfangreich erörtert und durch ein neurochirurgisches Gutachten ergänzt worden. Der Kläger hätte im Hauptprozess ein internes oder allfälliges arbeitsmedizinisches Gutachten beantragen können, wenn auch ein Bandscheibenvorfall weniger in das interne Fachgebiet falle. Mangels tauglichen Wiederaufnahmsgrundes sei die Wiederaufnahmsklage zurückzuweisen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers nicht Folge. Nach seinen Ausführungen sei das vorgelegte Schreiben des Sachverständigen Dr. N***** vom 23. 1. 2003, worin dieser als Folge des Widerrufs der Aussagen des sachkundigen Zeugen DDr. S***** auch seine darauf gegründeten gutachterlichen Aussagen zur Unfallskausalität in der mündlichen Gutachtenserörterung nicht mehr aufrecht erhält, von vornherein nicht geeignet, eine Änderung der im Hauptprozess ergangenen Entscheidung herbeizuführen, weil die Unrichtigkeit eines im Vorprozess erstellten Gutachtens nicht ausreiche, zumal den Feststellungen auch das schlüssige Gutachten des neurochirurgischen Sachverständigen Dr. L***** zugrunde liege. Letztlich könnten auch Privatgutachten Gerichtsgutachten nicht widerlegen, weshalb die Äußerungen der Ärzte Dr. D*****, Dr. O***** und Prof. Dr. R***** nicht geeignet seien, ein anderes Ergebnis im Hauptprozess zu bewirken. Dass das Gutachten Dris. R*****, der Facharzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin sei, neue wissenschaftliche Erkenntnismethoden darstelle, weil er darlege, dass die Forderung nach dem sicheren Ausschluss von Bandscheibensymptomen vor dem Unfall medizinisch nicht aufrecht erhalten werden könne und moderne Untersuchungsmethoden (wie CT und MR) belegten, dass Rückenbeschwerden in der Regel keine relevanten Bandscheibenerkrankungen zugrunde liegen, könne auch nicht nachvollzogen werden, weil der Kläger vom Sachverständigen für Neurochirurgie Dr. L***** untersucht worden sei und die modernen diagnostischen Verfahren (Computertomographie und Kernspinresonanztomographie) schon damals zur Verfügung gestanden seien. Dass Rückenbeschwerden viele Ursachen haben können, sei schon im Hauptprozess erörtert worden und sei auch allgemein bekannt.
Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Stattgebung der beantragten Wiederaufnahme. Weiters wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.
Da die gegenständliche Wiederaufnahmsklage bereits vor Eintritt der Streitanhängigkeit zurückgewiesen wurde, ist das Rekursverfahren einseitig (vgl 10 ObS 23/03k; 10 ObS 231/98p ua). Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil das Rekursgericht von einer erst jüngst ergangenen Entscheidung des erkennenden Senates abgewichen ist, und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Gemäß § 538 Abs 1 ZPO hat das Gericht vor Anberaumung einer Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung über die Wiederaufnahmsklage zu prüfen, ob diese auf einen der gesetzlichen Anfechtungsgründe (§§ 529 bis 531 ZPO) gestützt und in der gesetzlichen Frist erhoben worden ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist sie als zur Bestimmung einer Tagsatzung für die mündliche Verhandlung ungeeignet zurückzuweisen. Nach § 538 Abs 1 ZPO kommt dem Gericht bei der Prüfung des Wiederaufnahmsgrundes im sogenannten Vorprüfungsverfahren nur ein eingeschränktes Prüfungsrecht zu. Die Zurückweisung der Klage ist dann gerechtfertigt, wenn sich der geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund überhaupt unter keinen der im Gesetz angeführten Wiederaufnahmsgründe einordnen lässt oder in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit der angefochtenen Entscheidung steht, der Wiederaufnahmswerber also auch bei Zutreffen der behaupteten Wiederaufnahmsgründe eine Aufhebung oder Abänderung der Entscheidung nicht erreichen könnte. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn das neue Beweisthema in keinem rechtlich beachtlichen Zusammenhang mit dem wiederaufzunehmenden Verfahren steht. Eine solche Schlüssigkeitsprüfung ist bei dem hier behaupteten Wiederaufnahmsgrund des § 530 Abs 1 Z 7 ZPO deshalb geboten, weil danach vorausgesetzt wird, dass die vorgebrachten Tatsachen oder Beweismittel im Hauptverfahren eine der Partei günstige Entscheidung herbeigeführt hätten.
Die neuen Tatsachen oder Beweismittel, auf die ein solches Wiederaufnahmebegehren gestützt wird, müssen sich nicht unmittelbar auf die rechtliche Beurteilung auswirken; es genügt, wenn sie geeignet sind, eine wesentliche Änderung der Beweiswürdigung herbeizuführen, wobei hier auch neue Hilfstatsachen, aus denen Schlüsse auf eine Haupttatsache gezogen werden können, in Betracht kommen (vgl EFSlg 57.856 mwN ua). Im Vorprüfungsverfahren ist die Frage, ob die als Wiederaufnahmsgrund nach § 530 Abs 1 Z 7 ZPO geltend gemachten Umstände ersichtlich von vornherein keinen Einfluss auf die Entscheidung in der Hauptsache haben können, nur abstrakt zu prüfen; ob jedoch die behaupteten Tatsachen oder Beweismittel im Hinblick auf ihren faktischen Gehalt geeignet sind, eine andere Entscheidung in der Hauptsache herbeizuführen, somit bezogen auf den vorliegenden Fall konkret geeignet sind, eine andere Würdigung der vorliegenden Beweise zu bewirken, darf im Vorprüfungsverfahren nicht entschieden werden (SSV-NF 14/79 mwN; EvBl 1992/77; JBl 1979, 268 ua). Erst im Wiederaufnahmsverfahren sind daher die neuen Tatsachen und Beweismittel über ihre abstrakte Eignung zur Herbeiführung einer Änderung der im Hauptprozess erflossenen Entscheidung hinaus im Wege einer eingeschränkten Beweiswürdigung dahin zu prüfen, ob die Nichtberücksichtigung dieser Tatsachen und Beweismittel im Vorprozess gegen die materielle Wahrheitsfindung und die Vollständigkeit der Urteilsgrundlage verstößt (10 ObS 23/03k; SSV-NF 14/79; EvBl 1992/77; SZ 59/14 uva).
Der vom Kläger geltend gemachte Wiederaufnahmsgrund der neuen Tatsachen und Beweismittel (§ 530 Abs 1 Z 7 ZPO) soll der materiellen Wahrheit grundsätzlich in jenen Fällen zum Durchbruch verhelfen, in denen die tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen (Urteilstatbestand) unrichtig oder unvollständig waren (vgl Fasching, ZPR² Rz 2061 f). Es trifft nun zwar zu, dass nach ständiger Rechtsprechung ein nachträglich beigebrachtes Gutachten keine neue Tatsache ist, wenn das Thema des Gutachtens bereits im Hauptprozess bekannt war (RIS-Justiz RS0044834 mwN ua). Die gegenteilige Ansicht hätte nämlich zur Folge, dass Prozesse, in denen ein Sachverständigenbeweis hätte beantragt werden können, wieder aufgenommen werden müssten, wenn die unterlegene Partei nachträglich ein ihrem Standpunkt günstiges Gutachten vorlegen kann, aber auch Prozesse, in welchen ein Sachverständigenbeweis bereits durchgeführt wurde, wieder aufgenommen werden müssten, wenn die unterlegene Partei ein Gutachten vorlegt, das von dem der bestellten Sachverständigen abweicht (EvBl 1959/224 mwN ua). Es kann daher nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates auch in Sozialrechtssachen eine Wiederaufnahmsklage nicht darauf gestützt werden, dass ein anderer Sachverständiger später ein abweichendes Gutachten erstattet hat. Der Wiederaufnahmskläger müsste in einem solchen Fall vielmehr etwa den Nachweis erbringen, dass der im Hauptverfahren vernommene Sachverständige eine behauptete Zwischenerhebung in Wahrheit nicht durchgeführt habe oder dass die jüngeren Gutachten auf einer neuen wissenschaftlichen Methode basieren, die zum Zeitpunkt der Begutachtung im Hauptverfahren noch unbekannt war (SSV-NF 14/79; 10/53; 7/115; 1/40 mwN; SZ 61/184; ZVR 1989/99 uva; RIS-Justiz RS0044555; RS0044834; Fasching aaO Rz 2065; MGA, ZPO15 E Nr 88 ff zu § 530 mwN; Kodek in Rechberger, ZPO² Rz 5 zu § 530 uva). Beruhten die im Hauptprozess erstatteten Sachverständigengutachten jedoch auf einer unzulänglichen Grundlage, war somit die Entscheidungsgrundlage noch nicht vollständig, kann auch einem nachträglich erstatteten Gutachten, durch welches die Urteilsgrundlage vervollständigt wird, insbesondere auch, wenn es auf neuen wissenschaftlichen Erkenntnismethoden beruht, die zum Zeitpunkt der Erstattung des Gutachtens im Vorprozess noch nicht bekannt waren, die Eignung als Wiederaufnahmsgrund nicht von vornherein abgesprochen werden (8 Ob 69/86; EvBl 1959/224).
Zutreffend verweist der Revisionsrekurswerber darauf, dass der Sachverständige Dr. N*****, der zunächst noch die Unfallskausalität des Bandscheibenvorfalles des Klägers ausdrücklich bejaht hatte, im Hauptprozess in der mündlichen Gutachtenserörterung am 18. 11. 1998 "im Hinblick auf die vom Zeugen S***** angegebene ausgeprägte Vorerkrankung der Bandscheibe" schließlich zu dem gegenteiligen gutachterlichen Ergebnis gekommen ist, demzufolge der Bandscheibenvorfall des Klägers aufgrund dieser Vorschädigung auch ohne Unfall bei einem mittelschweren Heben innerhalb eines Jahres eingetreten wäre. Dieser gutachterlichen Stellungnahme lag somit die auf die Aussage des sachkundigen Zeugen DDr. S***** beruhende Annahme des Sachverständigen zugrunde, dass die Bandscheibe des Klägers im Unfallszeitpunkt bereits schwere degenerative Vorschädigungen aufwies (vgl S 3 in ON 74 im Akt 32 Cgs 299/93i des Erstgerichtes). Da der Zeuge DDr. S***** seine diesbezüglichen Angaben mittlerweile jedoch zurückgenommen bzw zumindest relativiert hat, möchte der Kläger mit dem in der Wiederaufnahmsklage vorgelegten Schreiben des Sachverständigen Dr. N***** vom 23. 1. 2003 unter Beweis stellen, dass der Sachverständige damit auch seine in der Tagsatzung vom 18. 11. 1998 getätigten gutachterlichen Aussagen nicht mehr aufrecht erhalten könne. Damit soll aber nach dem Prozessstandpunkt des Klägers nicht die Unrichtigkeit der von diesem Sachverständigen im Hauptverfahren gezogenen Schlussfolgerungen dargetan werden, sondern es sollen vielmehr die medizinisch erheblichen Tatsachengrundlagen des dem Sachverständigengutachten zugrunde liegenden Befundes teilweise richtiggestellt werden (in diesem Sinne auch die erst jüngst ergangene Entscheidung des erkennenden Senates vom 4. 3. 2003, 10 ObS 23/03k; 6 Ob 581/91 ua).
Auch in der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird bei vergleichbarer Rechtslage (§ 69 Abs 1 Z 2 AVG) darauf verwiesen, dass ein Gutachten aus einer sachverständigen Tatsachenfeststellung (der sogenannten Befundaufnahme) und aus sachverständigen Schlussfolgerungen unter Anwendung der jeweiligen Kunst oder Wissenschaft aus eben den festgestellten Tatsachen (dem Gutachten im engeren Sinn) besteht. Es stellt auch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes weder einen Wiederaufnahmegrund dar, wenn der bereits im Hauptverfahren vernommene Sachverständige später erklären sollte, sich bei seinen Schlussfolgerungen - ohne dass die Voraussetzungen des § 69 Abs 1 Z 1 AVG (vgl § 530 Abs 1 Z 2 ZPO) vorgelegen seien - geirrt zu haben und nunmehr zu neuen Schlussfolgerungen zu kommen, noch, wenn ein im Hauptverfahren nicht vernommener Sachverständiger aufgrund unveränderter Sachverhaltsgrundlage nunmehr zu anderen Schlüssen kommen sollte als der im Hauptverfahren vernommene Sachverständige. Anders steht es mit den Ergebnissen der Befundaufnahme. Sollte ein Sachverständiger Tatsachen, die zur Zeit der Sachverhaltsverwirklichung im Hauptverfahren bereits bestanden, erst später feststellen oder sollten solche Tatsachen einem Sachverständigen erst später zur Kenntnis kommen, so könnten solche neuen Befundergebnisse - die sich ja auf seinerzeit bestandene Tatsachen beziehen müssen - durchaus einen Wiederaufnahmegrund darstellen, wenn die weiteren Voraussetzungen gegeben sind. Es kann daher auch im Verwaltungsverfahren ein Gutachten infolge neuer Befundergebnisse, die sich auf seinerzeit bestandene Tatsachen beziehen müssen, durchaus einen Wiederaufnahmegrund darstellen, wenn die weiteren Voraussetzungen nach § 69 Abs 1 Z 2 AVG, insbesondere der Mangel eines Verschuldens, gegeben sind (vgl unter anderem das Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, Zl 93/08/0123 und das Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl 2001/07/0017 mwN ua).
Der vom Kläger im vorliegenden Fall behaupteten Tatsache, seine Lendenwirbelsäule sei im Zeitpunkt des Unfalls keinesfalls in dem Ausmaß vorgeschädigt gewesen, wie dies vom Sachverständigen Dr. N***** aufgrund der Angaben des Zeugen DDr. S***** angenommen worden sei, kommt für das Verfahren eine entscheidungswesentliche Bedeutung zu. Es besteht daher die Möglichkeit, dass dann, wenn dieser Umstand im Hauptprozess bereits bekannt gewesen wäre, der Sachverständige ein anderes Gutachten abgegeben und das Gericht die Beweise anders gewürdigt hätte (vgl RIS-Justiz RS0044411), zumal sich nach den zutreffenden Ausführungen des Revisionsrekurswerbers auch der Sachverständige Dr. L***** auf die Angaben des Zeugen DDr. S***** gestützt hat (vgl S 2 im Protokoll ON 69 im Verfahren 32 Cgs 299/93i des Erstgerichtes). Aus dieser Erwägung war die Klagszurückweisung im Sinn des § 538 Abs 1 ZPO nicht gerechtfertigt.
Nicht berechtigt sind jedoch die Ausführungen des Revisionsrekurswerbers, soweit sie geltend machen, das vorgelegte Privatgutachten des Facharztes für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Prof. Dr. R***** beruhe auf neuen wissenschaftlichen (medizinischen) Erkenntnismethoden, welche zum Zeitpunkt der Begutachtung im Hauptverfahren noch unbekannt gewesen wären. Es kann insoweit auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes verwiesen werden. Auch die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 528a ZPO).
Es war daher in Stattgebung des Revisionsrekurses der erstinstanzliche Klagszurückweisungsbeschluss aufzuheben und dem Erstgericht die Fortführung des Rechtsstreites aufzutragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.
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