European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0050OB00190.22K.1221.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin die mit jeweils 1.489,86 EUR (darin jeweils 248,31 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.
Begründung:
[1] Die Nebenintervenientin war Eigentümerin einer Liegenschaft mit einem Biotop/Badeteich. Der beklagte Immobilienmakler vermittelte den Verkauf an die Klägerin, die ihm dafür eine Provision zahlte. In seinem Exposé wies der Beklagte darauf hin, dass das Biotop/Badeteich eine Größe von 190 m2 und einen natürlichen Zu‑ und Ablauf habe. Über eine wasserrechtliche Bewilligung wurde weder bei den Besichtigungen noch im Zug der Kaufvertragsverhandlungen gesprochen. Erst nach Ankauf der Liegenschaft wurde die Klägerin auf diese Problematik aufmerksam. Aufgrund ihrer Erkundigungen bei der Wasserrechtsbehörde veranlasste diese einen Ortsaugenschein und kam zum Schluss, dass für die Wasserentnahme zur Speisung des Teichs eine wasserrechtliche Bewilligung erforderlich und der Teich in der bestehenden Form und Betriebsart nicht bewilligungsfähig sei. Über Aufforderung der Behörde stellte die Klägerin die Wasserentnahme ein, das Biotop ist seither trocken.
[2] Die Klägerin begehrte vom Beklagten Schadenersatz wegen Verletzung seiner Informations- und Aufklärungspflichten.
[3] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren weitgehend statt und verpflichtete den Beklagten zur Naturalrestitution.
[4] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und wies das – noch Gegenstand des Berufungsverfahrens bildende – Klagebegehren ab. Auf die Mängel‑ und Beweisrügen des Beklagten ging es aufgrund der als berechtigt erkannten Rechtsrüge nicht ein. Bei einer Pflichtverletzung des Maklers gegenüber dem Auftraggeber könne dieser bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen nach allgemeinen Grundsätzen Schadenersatz in Form des Vertrauensinteresses verlangen. Die Haftung des Maklers für Fehlinformationen setze sein Verschulden voraus. Für die Richtigkeit bloß weitergegebener Informationen eines Dritten hafte der Makler grundsätzlich nicht, den auch keine besondere Nachforschungspflicht treffe. Zwar gehöre es zum Fachwissen eines Immobilienmaklers, dass die Baubehörde Bau- und Benützungsbewilligungen mit Bescheid erteile, weshalb sich entsprechende Erkundigungen für ihn aufzudrängen hätten. Dies gelte aber nicht für allfällig erforderliche wasserrechtliche Bewilligungen, die im Vorfeld des Vertragsabschlusses nie thematisiert worden seien. Gemäß § 9 iVm § 8 WRG bedürften nur Biotope oder Schwimmteiche mit natürlichem Zu‑ und Ablauf einer wasserrechtlichen Bewilligung. Solche Liegenschaften würden nicht so häufig von Immobilienmaklern vermittelt, dass von einer entsprechenden Kenntnis in der Branche über die Notwendigkeit derartiger Genehmigungen ausgegangen werden könne. Eine Aufklärungspflicht im Sinn einer anwaltlichen Beratungstätigkeit treffe den Makler nicht. Ihn zu verpflichten, auf mögliche Probleme im Zusammenhang mit einer wasserrechtlichen Bewilligung hinzuweisen, wenn es für ihn keine Anhaltspunkte dafür gäbe, überspanne seine Sorgfaltspflicht.
[5] Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob und unter welchen Umständen ein Immobilienmakler verpflichtet sei, die Notwendigkeit von wasserrechtlichen Bewilligungen der von ihm vermittelten Immobilie zu prüfen.
[6] Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, die die Abänderung im Sinn einer Stattgebung ihres Zahlungsbegehrens von 22.562,34 EUR anstrebt und hilfsweise einen Aufhebungsantrag stellt.
[7] Der Beklagte und die Nebenintervenientin beantragen in ihren Revisionsbeantwortungen, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[8] Die Revision ist ungeachtet des – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruchs des Berufungsgerichts nicht zulässig, sie kann keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigen.
[9] 1.1. Das Berufungsgericht verwies zutreffend auf § 3 Abs 1 MaklerG, wonach der Makler die Interessen des Auftraggebers redlich und sorgfältig zu wahren hat. Nach Abs 3 sind Makler und Auftraggeber verpflichtet, einander die erforderlichen Nachrichten zu geben. Gemäß § 30b Abs 2 KSchG zählen zu den erforderlichen Nachrichten, die der Immobilienmakler dem Auftraggeber nach § 3 Abs 3 MaklerG zu geben hat, jedenfalls auch sämtliche Umstände, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind. Die Bestimmung spricht die Fachkenntnisse des Immobilienmaklers an, der seine Marktkenntnisse und sein Hintergrundwissen beratend einzubringen hat (4 Ob 186/10x; 6 Ob 115/21m).
[10] 1.2. Der Immobilienmakler ist zwar Sachverständiger iSd § 1299 ABGB, weshalb von ihm erwartet werden kann, über einschlägige Probleme Bescheid zu wissen und richtige Auskünfte zu erteilen (RIS‑Justiz RS0109996 [T7]; 6 Ob 115/21m). Er hat den Auftraggeber daher über sämtliche Umstände zu unterrichten, die für die Beurteilung des zu vermittelnden Geschäfts wesentlich sind (RS0109996 [T8]; 6 Ob 115/21m). Eine besondere Nachforschungspflicht des Maklers besteht aber nicht; ihn trifft insbesondere keine Aufklärungspflicht, die einer anwaltlichen Beratungstätigkeit gleichkommt (RS0112587). Die Beurteilung einer Pflichtverletzung ist jeweils im Einzelfall unter Berücksichtigung der dem Makler erkennbaren Interessen des Auftraggebers vorzunehmen (5 Ob 67/06y; 6 Ob 115/21m), sodass im Regelfall eine in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehende Rechtsfrage nicht vorliegt (5 Ob 67/06y; 10 Ob 89/04t).
[11] 1.3. Fehlende Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einem exakt vergleichbaren Fall wirft für sich allein noch keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil die Besonderheiten der Fallgestaltung eine richtungsweisende Entscheidung eher ausschließen (RS0102181). Die Beurteilung des Berufungsgerichts zur – hier verneinten – Pflichtverletzung des Beklagten in Bezug auf das potenzielle Erfordernis einer wasserrechtlichen Bewilligung hält sich im Rahmen bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung, die ebenfalls das Nichtvorliegen bestimmter behördlicher Bewilligungen betraf, deren Notwendigkeit – wie auch hier – Rechtskenntnisse erfordert hätte, die von einem Immobilienmakler im Regelfall nicht zu verlangen sind. Ob dieser Sorgfaltsmaßstab auch im konkreten Fall eingehalten wurde, wirft aber wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Beurteilung grundsätzlich keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (vgl RS0026541 [T4]; RS0026535 [T8]).
[12] 2.1. In der Entscheidung 5 Ob 67/06y sah der Oberste Gerichtshof keine unvertretbare Fehlbeurteilung darin, keine Pflicht des Immobilienmaklers anzunehmen, der als Professionistin anzusehenden Bau GmbH, die auf die vorgegebene Grundstücksform angepasste Objekte anbot, einen Bebauungsplan zu beschaffen und die Vereinbarkeit des Projekts mit diesem zu überprüfen.
[13] 2.2. Auch 7 Ob 27/09k verneinte die Haftung des Immobilienmaklers. Dort war eine Liegenschaft zu beurteilen, auf der die öffentliche Dienstbarkeit eines Abwasserkanals lastete, was die Bebaubarkeit einschränkte. Der Oberste Gerichtshof sah keine aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, das die Verletzung einer Sorgfalts‑ und Aufklärungspflicht des Maklers verneinte, zumal Umstände, aufgrund derer ihm die außerbücherliche Dienstbarkeit der Kanalführung auffallen hätte müssen, nicht festgestellt worden seien.
[14] 2.3. Zu 9 Ob 96/18k gab die Immobilienmaklerin die vom Verkäufer erteilte, aber nicht belegte Information über die baubehördliche Bewilligung für das Gebäude ungeprüft an den Interessenten weiter. Tatsächlich war der dritte Stock des alten Hotels ein Schwarzbau. Die Verneinung einer Nachforschungspflicht der Maklerin durch die Vorinstanzen war nach der Lage des Falls vertretbar, dies selbst unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Eigentümerin der Maklerin keine Baupläne für den dritten Stock aushändigen konnte.
[15] 2.4. Auch zu 4 Ob 242/19w wurde die Haftung des Immobilienmaklers verneint. Sein Exposé wies darauf hin, dass das riesige Grundstück insgesamt Bauland sei, weshalb ein Teilungsplan in drei Grundstücke aufliege. Die Teilung sei vor zehn Jahren von der Gemeinde genehmigt, aber nicht durchgeführt worden. Nur dem Originalteilungsplan, nicht aber der der Maklerin übermittelten Kopie des Teilungsplans war entnehmbar, dass mit der Teilung nach § 12 Abs 1 NÖ BauO die Abtretung einer Fläche (von 362 m2) in das öffentliche Gut einherzugehen hat, was auch nicht Gegenstand der Verkaufsgespräche gewesen war. Über die rechtlichen Konsequenzen des § 12 Abs 1 NÖ BauO war nicht aufzuklären.
[16] 2.5. Zu 2 Ob 129/22t behauptete der Kläger die Haftung des Immobilienmaklers nach Kauf einer sich in der roten Gefahrenzone befindlichen Liegenschaft. Die Verneinung einer Haftung des Maklers wurde für vertretbar erkannt, der auf die Auskunft des Amtsleiters der Baubehörde, die Bebaubarkeit der Liegenschaft unterliege keinen Beschränkungen, vertrauen habe dürfen und nicht verpflichtet gewesen sei, sich über den Wahrheitsgehalt dieser Informationen zu vergewissern.
[17] 3.1. Die Auffassung des Berufungsgerichts, von einem sorgfältigen Immobilienmakler sei – ohne besonderen Anlass – nicht zu verlangen, über die Notwendigkeit allfälliger wasserrechtlicher Bewilligungen von Biotopen oder Schwimmteichen ohne oder mit natürlichem Ab‑ und Zufluss Bescheid zu wissen, hält sich in dem von dieser Rechtsprechung vorgegebenen Rahmen und bedarf daher keiner Korrektur im Einzelfall. Nach dem festgestellten Sachverhalt gab es keine Umstände, die den Beklagten dazu veranlassen hätten müssen, die Frage einer wasserrechtlichen Genehmigungsbedürftigkeit und ‑fähigkeit des Schwimmteichs, den es unstrittig schon jahrelang gab, in Frage zu stellen. Fachkunde des Immobilienmaklers in einem Spezialgebiet wie dem WRG nicht zu verlangen, ist nicht korrekturbedürftig.
[18] 3.2. Dass der Beklagte ausdrückliche Zusagen gemacht hätte, die seinen Kenntnisstand überstiegen – was eine Haftung begründen könnte (vgl RS0112587 [T9]) –, lässt sich dem Sachverhalt nicht entnehmen. Er beschrieb die Liegenschaft den Tatsachen entsprechend, er wies auf das Vorhandensein eines Biotops/Badeteichs in der Größe von ca 190 m2 und den natürlichen Zu‑ und Ablauf ausdrücklich hin. Das Vorhandensein einer wasserrechtlichen Bewilligung sagte er nicht zu, diese Frage wurde nie besprochen. Die Beurteilung, es hieße die Sorgfaltspflicht eines Immobilienmaklers zu überspannen, wenn man von ihm spezielle Rechtskenntnisse für den – nach allgemeiner Erfahrung nicht alltäglichen – Fall verlangen wollte, dass ein Biotop/Schwimmteich über einen natürlichen Zu‑ und Abfluss verfügt, ist nicht korrekturbedürftig.
[19] 3.3. Aus dem Umstand, dass der Beklagte die Vermittlung einer solchen Immobilie übernommen und nicht abgelehnt hat (im Sinn einer „Einlassungsfahrlässigkeit“), ist im Gegensatz zur Auffassung der Revisionswerberin kein relevantes Verschulden seinerseits abzuleiten. Die Fachkunde des Beklagten hat sich im Sinn der eingangs zitierten Rechtsprechung auf die Vermittlung von Immobilien zu beschränken und betrifft das typischerweise hiefür erforderliche Fachwissen, etwa den Umstand, dass die Baubehörde Bau‑ und Benützungsbewilligungen mit Bescheid erteilt. Diesen Sorgfaltspflichten kam der Beklagte nach den Feststellungen nach, bei der Baubehörde holte er Erkundigungen auch in Bezug auf das Biotop bzw den Badeteich ein. Dass sich die Fachkunde eines Immobilienmaklers hingegen nicht auf die – typischerweise von seinem Geschäftskreis nicht erfasste – Frage nach der Notwendigkeit wasserrechtlicher Bewilligungen für konkrete Anlagen auf dem Grundstück bezieht, sodass er keinen Anlass hatte, die Vermittlung des Verkaufs dieser Immobilie abzulehnen, ist nicht zu beanstanden.
[20] 4. Damit war die Revision zurückzuweisen, ohne dass es einer näheren Auseinandersetzung mit den in den Revisionsbeantwortungen monierten primären und sekundären Feststellungsmängeln und den dort ausgeführten Argumenten zur Untunlichkeit der Naturalrestitution bedürfte.
[21] 5. Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Der Beklagte und die Nebenintervenientin haben auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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