European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00224.22F.1220.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
[1] Zu den von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit von Banken gewährten Fremdwährungskrediten besteht mittlerweile eine gesicherte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, auf die das Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung bereits Bedacht genommen hat. Eine erhebliche Rechtsfrage zeigt der Kläger, der sich (ausschließlich) auf eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung wegen einer vermeintlichen (Gesamt‑)Nichtigkeit des Kreditvertrags infolge intransparenter bzw missbräuchlicher Vertragsklauseln stützt, vor diesem Hintergrund nicht auf:
[2] 1. Die Streitteile schlossen im Jahr 2008 einen Vertrag über einen endfälligen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken (CHF) im Gegenwert von 280.000 EUR mit Laufzeitende 30. 6. 2033 ab. Im Vertrag wurde festgehalten, dass die Kreditvaluta „in CHF, das sind circa 455.420 CHF zur Verfügung gestellt [wird], der endgültige Fremdwährungsbetrag ergibt sich aus dem für Verkäufe von CHF durch den Kunden gültigen Devisenkurs am Tag der Inanspruchnahme“. Weiters hieß es dort: „Die Rückzahlung des Kredits erfolgt währungskonform.“ Die beklagte Bank zahlte dem Kläger die Darlehenssumme in drei Tranchen in EUR aus. Das Fremdwährungskonto des Klägers wurde im Gegenzug per 22. 10. 2008 mit einem Betrag von 421.512 CHF belastet.
[3] 2. Die Vorinstanzen sind, ohne dass der Kläger dem entgegentritt, vom Vorliegen eines echten Fremdwährungskredits ausgegangen (vgl 1 Ob 173/21d). Ihre Beurteilung, dass dadurch, dass der Kläger sich den Kredit in EUR auszahlen ließ, hinzu ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag trat, steht mit der Rechtsprechung in Einklang (RS0134062).
[4] 3. Ebenso wenig begegnet es Bedenken, dass die Vorinstanzen hier die Bestimmtheit der Kreditvalutabejaht haben, weil die im Kreditvertrag mit „in Höhe von Gegenwert von 280.000 EUR“ umschriebene Kreditsumme zunächst mit circa 455.420 CHFillustriert und dann in der Folge im Kontoauszug zum Fremdwährungskonto mit 421.512 CHF konkretisiert wurde, woraus sich auch der konkret herangezogene Umrechnungskurs ergab (1 Ob 173/21d; 7 Ob 58/22p; 6 Ob 76/22b ua). Der Fall zu 6 Ob 51/21z, in dem lediglich EUR‑Beträge angegeben waren und der Kreditnehmer keine Kenntnis vom CHF‑Saldo erlangte, war anders gelagert.
[5] 4. Entfielen beim (echten) Fremdwährungskreditvertrag die vom Kläger beanstandeten „Konvertierungsklauseln“ und käme – wie von ihm vertreten – eine Anwendung des dispositiven Rechts (§ 907b Abs 1 ABGB) nicht in Betracht, bliebe es nach der gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 163/21h; 1 Ob 9/22p; 4 Ob 15/22t ua) dessen ungeachtet dabei, dass die Kreditrückzahlung (ohne Konvertierung) in der Fremdwährung zu erfolgen hat. Der Kreditvertrag wäre auf dieser Basis zu erfüllen und könnte auch ohne die beanstandeten Klauseln fortbestehen, wie bereits das Berufungsgericht ausgeführt hat. Der Kreditnehmer müsste sich die von ihm in fremder Währung zu leistenden Beträge dann – nicht notwendigerweise beim Kreditgeber – selbst besorgen. Der Möglichkeit, die Fremdwährung anderswo zu beschaffen, steht eine Einzugsermächtigung vom EUR‑Girokonto des Klägers schon aufgrund ihrer Widerruflichkeit nicht entgegen (vgl 7 Ob 58/22p; 9 Ob 66/21b). Damit besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass mit der Unwirksamkeit des Geldwechselvertrags auch der Fremdwährungskreditvertrag wegfiele; dieser könnte auch ohne den Geldwechselvertrag bestehen und durchgeführt werden („Trennungsmodell“, 6 Ob 154/21x; 1 Ob 163/21h; 1 Ob 9/22p; 4 Ob 15/22t; 5 Ob 54/22k ua). Die Frage der Zulässigkeit der Lückenfüllung im Wege des Ersatzes der Konvertierungsklauseln durch Anwendung dispositiven Rechts ist daher hier nicht präjudiziell (zuletzt etwa 4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p).
[6] 5. Die in der Revision zitierte Entscheidung des EuGH C‑212/20 nimmt zur Frage des „Trennungsmodells“ nicht Stellung. Dass die Vorinstanzen im vorliegenden Fall der Annahme des (optionalen) Geldwechselvertrags durch den Kläger die (Gesamt‑)Nichtigkeit des Kreditvertrags verneinten, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (4 Ob 15/22t; 5 Ob 54/22k je mwN).
[7] 6. Die weiters herangezogene Entscheidung des EuGH C‑776/19 bis C‑782/19 enthält zwar allgemeine Aussagen über den Umfang der Aufklärungspflicht gegenüber Konsumenten zur Tragung des Wechselkursrisikos im Zusammenhang mit einem Kredit, bei dem die Fremdwährung die Verrechnungswährung und der EUR die Zahlungswährung ist. Sie lässt aber in ihrer Allgemeinheit keine Rückschlüsse auf die Unwirksamkeit einzelner zwischen den Parteien vereinbarter Klauseln zu.Weder istim vorliegenden Fall von einem unechten Fremdwährungskredit auszugehen, noch sind die dem Vorlagefall zugrunde gelegten Klauseln mit den vom Kläger beanstandeten vergleichbar (8 Ob 81/22b). Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach klargestellt, dass bei ausreichender Bestimmtheit des Kreditvertrags auch der Entfall einzelner Klauseln keine Nichtigkeit bewirkt (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p; 8 Ob 81/22b). Selbst eine allfällige Missbräuchlichkeit einzelner Klauseln änderte also nichts daran, dass der Kreditnehmer den Kredit in – allenfalls von anderer Seite beschaffter – Fremdwährung zurückzahlen müsste (7 Ob 58/22p; 1 Ob 9/22p; 6 Ob 76/22b; 8 Ob 81/22b).
[8] 7. Mit der Beurteilung des Berufungsgerichts, der Kläger könne aus dem Umstand, dass die Festsetzung der Kreditsumme zu einem anderen Tag als die Auszahlungen erfolgte, allenfalls eine mangelhafte Vertragserfüllung, aber keine Intransparenz des Vertrags ableiten, setzt sich die Revision nicht weiter auseinander.
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