OGH 3Ob76/22f

OGH3Ob76/22f15.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Brenn, die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek und den Hofrat Dr. Stefula als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*, vertreten durch Dr. Sebastian Schumacher, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B*, vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 4.000 EUR sA und Feststellung, über die Revisionen der klagenden sowie der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2022, GZ 2 R 140/21d‑23, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 22. Juli 2021, GZ 67 Cg 33/20g‑19, teilweise abgeändert und teilweise bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0030OB00076.22F.1215.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

II. Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das klageabweisende Urteil des Erstgerichts – mit Ausnahme der in Rechtskraft erwachsenen Unwirksamerklärung der in Punkt 3. des Urteils des Erstgerichts genannten Klauseln lit e und f – wiederhergestellt wird.

III. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit 8.989,92 EUR (darin 1.242,39 EUR USt und 1.535,60 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten zu ersetzen.

 

Begründung:

[1] Der Kläger war bereits langjähriger Kunde der Beklagten, als er im September 2005 eine Finanzierung für einen Zubau bei seinem Reihenhaus benötigte und mit einer Kundenbetreuerin der Beklagten über Finanzierungsmöglichkeiten sprach. Er hatte sich schon zuvor über Fremdwährungskredite informiert. Es war ihm daher bekannt, wie das Finanzierungsmodell bei einem Fremdwährungskredit grundsätzlich funktioniert und dass man etwa bei einem CHF‑Kredit seinerzeit von einem günstigeren Zinssatz als bei einem herkömmlichen Euro-Kredit profitieren konnte. Dem Kläger war auch klar, dass bei einem Fremdwährungskredit ein Wechselkursrisiko besteht, das der Kreditnehmer auf sich nimmt. Er hielt das Risiko jedoch für vernachlässigbar, weil damals der Wechselkurs des Euro zum CHF stabil war.

[2] Der Kläger erklärte schon zu Beginn des Gesprächs mit der Kundenbetreuerin, dass er eine Präferenz für einen Fremdwährungskredit habe. Die Kundenberaterin präsentierte dem Kläger – dessen Wunsch entsprechend – einen endfälligen Fremdwährungskredit in CHF, erklärte ihm das Finanzierungsmodell und die damit verbundenen Risiken, wie etwa das Wechselkursrisiko, und händigte ihm das Risikoinformationsblatt aus, in dem das Zins‑, Wechselkurs‑ und Tilgungsträger‑Risiko beschrieben wird. Wie sich der Zinssatz für diesen CHF‑Fremdwährungskredit konkret bildet, war dem Kläger zwar nicht bewusst; ihm war aber der Begriff „LIBOR“ bekannt und dass es sich dabei um keinen Fixzins handelte.

[3] Der Kläger als Darlehensnehmer und seine Ehefrau als Realschuldnerin schlossen dann mit der Beklagten am 5. Oktober 2005 einen endfälligen Fremdwährungskreditvertrag in CHF im Gegenwert zu 95.000 EUR mit einer Laufzeit bis 30. September 2022. Die Beklagte überwies dem Kläger per 17. November 2005 insgesamt 95.000 EUR (gesplittet) auf zwei Konten. Dieser Betrag entsprach zum Zeitpunkt der Zuzählung bei einem Umrechnungskurs von EUR/CHF von 1,549 exakt 147.155 CHF. Die Beklagte führte dann ein separates CHF‑Konto für den Kläger und sendete ihm regelmäßig Kontoauszüge über den Stand dieses Kontos zu, die der Kläger zur Kenntnis nahm. Die Zinszahlungen wurden vom Euro‑Girokonto des Klägers zugunsten des CHF‑Kontos als „Annuitätenlastschrift“ eingezogen. Kläger und Beklagte vereinbarten quartalsweise Zinszahlungen in Höhe des jeweils aktuellen Drei‑Monats‑LIBOR plus 1,250 Prozentpunkte. Der Kläger verpflichtete sich außerdem zur laufenden Einzahlung in zwei Tilgungsträger, und zwar in ein Fonds-Depot bei der Beklagten mit einer monatlichen Einzahlung von 200 EUR und in eine „Standard‑Life‑Versicherung“ mit einer monatlichen Einzahlung von 300 EUR.

[4] Zwischen 2009 und 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mehrmals schriftlich mit, dass sich der CHF/Euro‑Wechselkurs zu seinen Ungunsten verändert habe, und sie bot ihm im Jahr 2015 in Beratungsgesprächen auch an, in einen „gewöhnlichen“ Euro‑Kredit zu wechseln. Das lehnte der Kläger ab, weil er hoffte, dass sich dieser Wechselkurs wieder zu seinen Gunsten verbessern werde und er die Wechselkursverluste bei Rückzahlung nicht realisieren müsse. Nach den Vorstellungen des Klägers über das Geschäftsmodell des endfälligen CHF‑Kredits bei Vertragsabschluss sollten sich die beiden Tilgungsträger derart gut entwickeln, dass am Laufzeitende der offene Kreditbetrag und zusätzlich die anfallenden Zinsen abgedeckt seien.

[5] Ein amtliches (offizielles) Devisenfixing existiert seit der Einführung des Euro nicht mehr. Die Beklagte legt der Währungsumrechnung ein eigenes Devisen‑Fixing (Bank‑Fixing) zugrunde, das sie – einer in Bankenkreisen seit Jahrzehnten geübten, gerichtsbekannten Verkehrssitte (einem Handelsbrauch) entsprechend – nach tagesaktuellen Devisenkursen errechnet. Auf die jeweils festgestellten Kurse war dann von Kunden der Beklagten für sämtliche Devisengeschäfte jeweils ein Auf‑ oder Abschlag von 0,007 Kurspunkten zu bezahlen, wobei sich diese 0,007 Kurspunkte auf die ausländische Währung beziehen. Die Beklagte verrechnete dem Kläger für jede Zinszahlung ein Konvertierungsentgelt (5,80 EUR) und zog dieses von seinem Euro-Konto ein. Außerdem verrechnete sie am 17. November 2005 vom gesamten Kreditbetrag 0,125 % Devisenkommission, das sind umgerechnet 122,71 EUR. Die Devisenhandelsspanne von 0,007 Kurspunkten verrechnete die Beklagte bei jeder Umrechnung und zog diese vom Euro‑Konto des Klägers ein.

[6] Dem Kläger war anhand der auf seinem Euro-Girokonto ersichtlichen quartalsmäßigen Abzüge klar, dass es sich dabei um Zinszahlungen zugunsten seines CHF‑Fremdwährungskontos handelte und dass die unterschiedlichen Einzugsgrößen auf zwischenzeitliche Wechselkursänderungen zwischen CHF und Euro zurückzuführen sind. Der Kläger konnte sich aber nicht erklären, weshalb auf dem CHF‑Konto unterschiedlich hohe Beträge an Kontoführungsentgelt aufschienen.

[7] Auf den Kontoauszügen, die der Kläger von der Beklagten quartalsmäßig erhielt, findet sich der Satz: „Sofern Sie nicht binnen 6 Wochen dem Kontoauszug schriftlich widersprechen, anerkennen Sie diesen.“ Einen Widerspruch gegen den Inhalt der ihm zugegangenen Kontoauszüge nahm der Kläger nie vor.

[8] Der Kläger begehrte (1.) die Feststellung, dass die zwischen der Beklagten und ihm abgeschlossene Kreditvereinbarung nichtig sei; (2.) die Beklagte zur Zahlung von 4.000 EUR sA zu verpflichten, (3.) in eventu festzustellen, dass die Vertragsklauseln der Kreditzusage der Beklagten a) „die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils am Zuzählungstag gültigen Devisenkurs auf Basis *-Fixing und wird mit Valuta zwei Banktage später auf das o.a. Empfängerkonto zur Überweisung gebracht“, b) „Die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils zwei Banktage vor dem Fälligkeitstermin gültigen Devisenbriefkurs auf Basis *-Fixing und wird mit Valuta des jeweiligen Fälligkeitstages dem Kreditkonto gutgeschrieben“, c) „Die Rückführung von Fremdwährungskrediten erfolgt grundsätzlich in der vereinbarten Fremdwährung“, d) „Steht zur Kreditrückführung die Original-Fremdwährung nicht zur Verfügung und muss daher gegen EUR oder eine andere Fremdwährung eingedeckt werden, können sich die Kosten bei fallendem Wechselkurs der Kreditwährung erhöhen, wogegen sich bei steigendem Kurs die Kosten reduzieren können. Das Risiko aus Wechselkursänderungen liegt ausschließlich beim Kreditnehmer“, e) „Mit Ihrer Unterschrift erklären Sie sich mit den Bestimmungen dieses Kreditanbotes einverstanden und bestätigen, dass Sie seitens der * AG auf das Währungsrisiko hingewiesen wurden und die nachfolgenden Allgemeinen Kreditbedingungen dieses Anbotes vollinhaltlich zur Kenntnis genommen haben“, f) „Die Bücher und Aufzeichnungen der * AG gelten als maßgeblich für Bestand und Höhe der Schuld“, g) „Mit Ihrer Unterschrift auf der umseitigen Annahmeerklärung bestätigen Sie, dass Sie von der * Bank * Aktiengesellschaft über die Vor- und Nachteile von Fremdwährungsfinanzierungen, sowohl in schriftlicher als auch in mündlicher Form informiert wurden und sich des Wechselkurs‑ sowie des Zinsrisikos und seiner Auswirkungen bewusst sind, sowie den Erhalt einer Kopie dieses Informationsblattes“, unwirksam seien und der Kredit nicht in CHF, sondern in EUR abzurechnen und zurückzuzahlen sei. Der Kläger brachte dazu zusammengefasst vor, dass in der Kreditzusage betreffend Zuzählung und Tilgung durchgehend auf den Betrag von 95.000 EUR abgestellt werde. Es sei daher eine unechte Fremdwährungsschuld vereinbart, weshalb der Kläger der Beklagten keine Zahlung von CHF‑Beträgen schulde, sondern die Fremdwährung nur als Rechnungsgrundlage zur Ermittlung des geschuldeten Euro-Betrags gedient habe. Die Umrechnungsklauseln seien intransparent und missbräuchlich, weil nicht nachvollziehbar sei, wie der Kurs durch das „*-Fixing“ gebildet werde. Dies führe zur Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags, die für den Kläger auch nicht nachteilig sei, weil er dann nur den seinerzeit ausbezahlten Betrag zurückzahlen müsse, wozu er in der Lage sei. Das Eventualbegehren sei deshalb begründet, weil der Wegfall der die Umrechnung betreffenden, inkriminierten Klauseln auch im Fall der Aufrechterhaltung des Vertrags dazu führe, dass eine Umrechnung in eine Fremdwährung ausscheide und der Kreditvertrag in Euro abzurechnen sei. Die Klauseln e bis g würden dem Verbraucher – unzulässig – eine Beweislast auferlegen, die seinem Vertragspartner obliege.

[9] Die Beklagte wendete im Wesentlichen ein, es liege eine rechtswirksam vereinbarte echte Fremdwährungsschuld vor. Der Kläger sei auf die damit verbundenen Risiken hingewiesen worden. Neben dem Kreditvertrag sei auch – wie schon in anderen vergleichbaren Fällen – vom zusätzlichen Abschluss eines Geldwechselvertrags auszugehen, wonach die Umwechslung von der Bank vorzunehmen sei. Die Umrechnungsklauseln würden einer Verkehrssitte entsprechen, nach der österreichische Geschäftsbanken eigene Handelskurse ermitteln. Das Zahlungsbegehren sei außerdem verjährt und für das Feststellungsbegehren fehle ein rechtliches Interesse.

[10] Das Erstgericht wies sämtliche Haupt‑ und Eventualbegehren ab. Es führte rechtlich zusammengefasst aus, dass der Kläger einen Fremdwährungskredit auf einem in CHF geführten Konto zur Verfügung gestellt bekommen habe. Die Parteien hätten eine „echte“ Fremdwährungsschuld vereinbart, wobei die erfolgte Aufklärung des Kunden dahin, dass sich der Rückzahlungsbetrag im selben Verhältnis wie der Wechselkurs verändere, ausreichend sei. Wenngleich der von der Beklagten formulierte Umrechnungsmodus intransparent sei, wäre eine Gesamtnichtigkeit des Vertrags zum Nachteil des Kreditnehmers, sodass die entstandene Lücke – unionsrechtlich zulässig – durch die Heranziehung dispositiven Rechts geschlossen werden könne. Gemäß Art 8 Nr 8 Abs 2 der 4. EVHGB erfolge die Umrechnung daher nach dem zur Zeit der Zahlung am Zahlungsort maßgeblichen Kurswert. Es sei gerichtsbekannt, dass es seit der Einführung des Euro zum Handelsbrauch geworden sei, dass alle größeren österreichischen Banken ihr eigenes Kursfixing durchführen würden, um den jeweiligen aktuellen Devisenkurs festzustellen. Die dieser Verkehrssitte entsprechende Vorgangsweise der Beklagten sei daher nicht zu beanstanden. Die Verrechnung von Zu‑ und Abschlägen von 0,007 Kurspunkten bei jeder Konvertierung liege ebenfalls im Rahmen der allgemeinen Verkehrssitte. Im Übrigen sei keine der Klauseln intransparent oder wegen Verstoßes gegen das KSchG nichtig, was zur gänzlichen Klageabweisung führe.

[11] Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge und zwar im Umfang des Eventualbegehrens betreffend die Vertragsklauseln a, b, e, f und (teilweise) g. Es stellte demnach fest, dass die Vertragsklauseln der Kreditzusage zu a („die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils am Zuzählungstag gültigen Devisenkurs auf Basis *-Fixing und wird mit Valuta zwei Banktage später auf das o.a. Empfängerkonto zur Überweisung gebracht“), b („Die Umrechnung in die vereinbarte Währung erfolgt zum jeweils zwei Banktage vor dem Fälligkeitstermin gültigen Devisenbriefkurs auf Basis *-Fixing und wird mit Valuta des jeweiligen Fälligkeitstages dem Kreditkonto gutgeschrieben“), e („Mit ihrer Unterschrift erklären Sie sich mit den Bestimmungen dieses Kreditanbotes einverstanden und bestätigen, dass sie die nachfolgenden Allgemeinen Kreditbedingungen dieses Anbotes vollinhaltlich zur Kenntnis genommen haben“), f („Die Bücher und Aufzeichnungen der * AG gelten als maßgeblich für Bestand und Höhe der Schuld“) und g („Mit ihrer Unterschrift auf der umseitigen Annahmeerklärung bestätigen Sie den Erhalt einer Kopie dieses Informationsblattes“) unwirksam seien. Im Übrigen bestätigte es die abweisende Entscheidung des Erstgerichts. Das Berufungsgericht war der Rechtsansicht, dass die Ermittlung des jeweiligen Fremdwährungskurses durch ein entsprechendes Banken‑Fixing als allgemeine Verkehrssitte zu qualifizieren sei. Der Kreditvertrag sei daher weder undurchführbar noch insgesamt nichtig. Betreffend die Eventualbegehren sei der Vorgang der Umrechnung intransparent (unwirksame Klauseln a und b), doch müsse die Rückzahlung effektiv erfolgen (wirksame Klauseln c und d). Die Klauseln e bis (teilweise) g liefen hingegen auf einen § 6 Abs 1 Z 11 KSchG widersprechenden Beweislastvertrag hinaus und seien deshalb unwirksam.

[12] Die Revision sei zulässig, weil keine Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob eine „materiell-rechtliche Feststellungsklage“ auch auf die Feststellung der Unwirksamkeit oder Nichtigkeit einzelner Vertragsklauseln gerichtet sein könne. Angesichts der umfangreichen Judikatur des EuGH zur fraglichen Lückenschließung nach Entfall einzelner Vertragsklauseln sei auch die Frage, nach welchen Gesichtspunkten die Nachteiligkeit des Entfalls einer Klausel auf die Rechtssituation des Verbrauchers zu beurteilen sei, nicht vollständig geklärt.

[13] Gegen diese Entscheidung richtet sich (A.) die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der gänzlichen Stattgebung der Klagebegehren, in eventu des Eventualbegehrens und hilfsweise wird auch noch ein Aufhebungsantrag gestellt.

[14] Die Beklagte beantragt, die Revision des Klägers zurückzuweisen und hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

[15] Gegen den stattgebenden Teil des Berufungsurteils betreffend die Klauseln a, b und g richtet sich (B.) die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das Eventualbegehren auch in diesem Umfang abzuweisen. Hilfsweise stellt auch die Beklagte einen Aufhebungsantrag.

[16] Der Kläger beantragt, die Revision der Beklagten zurückzuweisen und hilfsweise, ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[17] A. Die Revision des Klägers ist entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Berufungsgerichts mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

[18] B. Die Revision der Beklagten ist zulässig und berechtigt.

A. Revision des Klägers:

I. Zum Hauptfeststellungsbegehren:

[19] 1. Das Hauptbegehren des Klägers ist in diesem Punkt auf Feststellung der Nichtigkeit der abgeschlossenen Kreditvereinbarung gerichtet. Der Kläger macht insoweit – zusammengefasst – geltend, dass gemäß dem Urteil des EuGH vom 18. 11. 2021, C‑212/20 , Indexklauseln, die es dem Verbraucher nicht ermöglichten, den vom Unternehmer angewandten Wechselkurs jederzeit selbst zu bestimmen (iSv: nachzuvollziehen), missbräuchlich seien, und eine Lückenschließung durch ergänzende Vertragsauslegung oder durch Anwendung dispositiven Rechts ausgeschlossen sei. Dies führe zur Nichtigkeit der bekämpften Umrechnungsklauseln und zur Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags. Im vorliegenden Fall sei – entgegen der Ansicht der Vorinstanzen – auch keine „echte“ Fremdwährungsschuld vereinbart worden. Damit zeigt der Kläger keine erhebliche Rechtsfrage auf:

[20] 2. Nach ständiger Rechtsprechung setzt ein („echter“) Fremdwährungskredit voraus, dass der Kredit in einer anderen Währung als in Euro gewährt und die fremde Währung die – vor allem für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers maßgebliche – Grundlage bildet (9 Ob 66/21b; 7 Ob 58/22p, je mwN). Entscheidend ist, ob der Vertrag Ansprüche auf Zahlung in der Fremdwährung begründet (vgl RS0061067). In diesem Fall muss der Kreditnehmer seine Zahlungspflichten aus dem Vertrag grundsätzlich – sofern vertraglich nichts anderes vereinbart ist oder sich der Schuldner auf die Ersetzungsbefugnis des § 907b ABGB beruft – in der fremden Währung erfüllen (9 Ob 66/21b; 1 Ob 163/21h mwN; 7 Ob 58/22p). Auch der Kreditgeber ist – sofern der Vertrag nichts anderes vorsieht – zur Kreditauszahlung in dieser Währung verpflichtet. Wird dem Kreditnehmer die Möglichkeit eingeräumt, sich den (Fremdwährungs‑)Kredit in Fremdwährung oder in Euro auszahlen zu lassen, dann handelt es sich um ein Angebot der Bank, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Lässt sich der Kreditnehmer den Kredit in Euro auszahlen, tritt dann zum Kreditvertrag ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu („Trennungsmodell“; vgl 9 Ob 66/21b mzN).

[21] 3. Hier hat sich der Kläger entschlossen, einen von ihm ausdrücklich gewünschten und in der Kreditzusage ebenfalls ausdrücklich als solchen bezeichneten „Fremdwährungskredit“ aufzunehmen (Blg ./A), zu dem im „Informationsblatt für Fremdwährungsfinanzierungen“ (Blg ./C) nochmals darauf hingewiesen wird, dass „der Kredit in Fremdwährung aushaftet“. Zur Rückführung des Kredits wurde bei der Beklagten ein CHF‑Konto geführt. Diese Währung war damit hier unzweifelhaft die vom Kläger „ausgenützte Währung“ und Grundlage für die Rückzahlungsverpflichtung des Kreditnehmers (6 Ob 76/22b [Pkt 4.2.] mwN). Die Vorinstanzen sind daher im Einklang mit vorliegender Rechtsprechung davon ausgegangen, dass der dem Kläger gewährte Kredit als echter (endfälliger) Fremdwährungskredit in CHF zu qualifizieren ist (vgl 9 Ob 66/21b [Pkt 2.1.] mzN). Eine Vereinbarung, den Fremdwährungskredit in derselben Fremdwährung zurückzuzahlen, ist nach der Rechtsprechung auch nicht gröblich benachteiligend oder missbräuchlich (9 Ob 66/21b; 6 Ob 228/16x [Pkt 2.17]).

[22] 4. Der vom Kläger behauptete Widerspruch der Entscheidungen der Vorinstanzen zu 6 Ob 51/21z liegt nicht vor, steht doch hier die Kreditsumme in CHF‑Währung zum Zeitpunkt der Zuzählung fest und der Kläger erhielt regelmäßig Kontoauszüge über das CHF‑Konto (7 Ob 58/22p [Pkt 4.]; 1 Ob 9/22p [Pkt 2.]; 4 Ob 15/22t [Pkt 2.]). Zu dem vom Kläger ebenfalls behaupteten Widerspruch zum Urteil des EuGH vom 18. 11. 2021, C‑212/20 , hat der Oberste Gerichtshof im gegebenen Kontext der Wirksamkeit des Fremdwährungskredits schon mehrfach Stellung genommen und einen solchen Widerspruch verneint („Trennungsmodell“; 5 Ob 54/22k [Pkt 4.3]; 6 Ob 76/22b [Pkt 5.]; 4 Ob 15/22t [Pkt 4.]).

[23] 5. Selbst wenn beim (echten) Fremdwährungskreditvertrag, dessen Vorliegen die Vorinstanzen hier im Einklang mit der einschlägigen höchstgerichtlichen Judikatur angenommen haben (s Pkt A.I.3.), die vom Kläger beanstandeten „Konvertierungsklauseln“ entfielen, was hier nicht zutrifft (B.1.), so bliebe es nach gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 47/21z; 1 Ob 163/21h; 9 Ob 62/21i) dessen ungeachtet dabei, dass die Kreditrückzahlung (ohne Konvertierung) in der Fremdwährung zu erfolgen hat. Der Kreditvertrag wäre auf dieser Basis zu erfüllen und könnte auch ohne die beanstandeten Klauseln fortbestehen. Der Kreditnehmer müsste sich die von ihm in fremder Währung zu leistenden Beträge dann – nicht notwendigerweise beim Kreditgeber – selbst besorgen. Damit besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass selbst im Fall der Unwirksamkeit des Geldwechselvertrags auch der Fremdwährungskreditvertrag wegfiele („Trennungsmodell“; 6 Ob 154/21x; 1 Ob 163/21h; 9 Ob 62/21i). Damit stellt sich betreffend die vom Kläger behauptete Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags auch die Frage der Zulässigkeit der Lückenfüllung nicht (4 Ob 15/22t [Pkt 3.]).

[24] 6. Die Abweisung des Hauptfeststellungsbegehrens durch die Vorinstanzen erfolgte damit ohne aufzugreifende Fehlbeurteilung entsprechend jüngster Judikatur.

II. Zum Zahlungsbegehren:

[25] Der Kläger greift sein Zahlungsbegehren (4.000 EUR sA) in der Revision – soweit nachvollziehbar – nur (mehr) im Zusammenhang mit der Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags auf. Da die Vorinstanzen diese ohne wahrzunehmende Fehlbeurteilung verneint haben, ist die Abweisung des Zahlungsbegehrens nicht weiter zu erörtern.

III. Zum Eventualbegehren:

[26] 1. Das Berufungsgericht hat die Klauseln a und b (Devisen‑Fixing durch die Beklagte) unzutreffend als unwirksam erkannt. Darauf wird zur Berufung der Beklagten eingegangen (s Pkt B.1.).

[27] 2. Die Ansicht der Vorinstanzen, die die Klausel c als unbedenklich erkannten, steht mit vorliegender Judikatur in Einklang. Eine Vereinbarung, den Fremdwährungskredit in derselben Fremdwährung zurückzuzahlen, ist nach bereits vorliegender Rechtsprechung nicht gröblich benachteiligend oder missbräuchlich (vgl Pkt A.I.3.; 9 Ob 66/21b; 2 Ob 184/20b [Pkt 1.4]; 6 Ob 228/16x [Pkt 2.17]; vgl auch 3 Ob 278/08s).

[28] 3. Satz 1 der Klausel d betrifft den in der gegebenen Situation praktisch irrelevanten Fall, dass die Originalfremdwährung nicht zur Verfügung steht und insgesamt enthält diese Klausel im Zusammenhalt mit dem „Informationsblatt für Fremdwährungsfinanzierungen“ (Blg ./C) lediglich allgemeine Erklärungen der Beklagten über die Risiken eines Fremdwährungskredits ohne spezifische Konkretisierung des Vertragsinhalts (vgl 2 Ob 184/20b). Soweit der Kläger daraus eine unlimitierte Überwälzung des Wechselkursrisikos ableitet, negiert er die getroffenen vertraglichen Regelungen, wonach ihm der Zeitpunkt der Konvertierung überlassen bleibt (vgl Blg ./C) und Maßnahmen für den Fall vorgesehen sind, dass Wechselkursveränderungen um mehr als 10 % eintreten (Blg ./A). Der Kläger vermag demnach keine aufzugreifenden Bedenken gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen zu erwecken, die die Klausel d für zulässig erachteten.

[29] 4. Das Berufungsgericht hat die Klauseln e und f rechtskräftig für unwirksam erklärt. Dies führt zu keiner Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags (s Pkt A.I.5.). Daraus resultierende Auswirkungen auf die Gültigkeit des restlichen Geldwechselvertrags macht der Kläger in seiner Revision nicht erkennbar geltend.

[30] 5. Der Ansicht des Berufungsgerichts über die teilweise Unwirksamkeit der Klausel g ist nicht zu folgen. Darauf wird zur Berufung der Beklagten eingegangen (s Pkt B.2.). Soweit das Berufungsgericht die Abweisung des Eventualbegehrens hinsichtlich der Klausel g bestätigte, enthält die Revision des Klägers keine von der Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags erkennbar unabhängigen Ausführungen.

IV. Gesamtbeurteilung der Revision des Klägers:

[31] Die vom Kläger behauptete Gesamtnichtigkeit des Kreditvertrags haben die Vorinstanzen auf der Grundlage und im Einklang mit bereits vorliegender höchstgerichtlicher Rechtsprechung verneint, ohne dass sich dabei eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO stellt. Ein Anlass für ein vom Kläger angeregtes Vorabentscheidungsersuchen besteht ebenfalls nicht, weil im vorliegenden Kontext keine neuen unionsrechtlichen Aspekte zu klären sind. Die Revision des Klägers ist daher nicht zulässig und zurückzuweisen.

B. Revision der Beklagten:

[32] 1. Der Oberste Gerichtshof hat das Devisenfixing entsprechend den Klauseln a und b in der ausführlich begründeten Entscheidung 8 Ob 37/20d bereits als zulässig erkannt, welcher Ansicht sich auch der erkennende Senat aus den in diesem Judikat genannten Gründen anschließt. Die Klauseln a und b sind daher nicht zu beanstanden und die Berufung der Beklagten ist in diesem Punkt berechtigt.

[33] 2. Soweit das Berufungsgericht die Klausel g für unzulässig erklärte, bestätigte der Kläger (lediglich) den – vom Erstgericht überdies bindend festgestellten – Erhalt einer Kopie des Informationsblattes, nicht hingegen die Kenntnisnahme dessen Inhalts. Damit handelt es sich – wie die Beklagte in ihrer Revision zutreffend aufzeigt – um eine (bloße) Empfangsbestätigung und nicht um eine unzulässige Verschiebung der Beweislast. Nach inzwischen herrschender Rechtsprechung zu § 6 Abs 1 Z 11 KSchG kommt die Anwendung dieser Bestimmung (ua) dann nicht in Betracht, wenn – wie hier – nur der Erhalt und nicht die Kenntnisnahme von Unterlagen bestätigt wird (vgl 6 Ob 120/15p mzN). Der vom Berufungsgericht für unwirksam erkannte Umfang der Klausel g, ist mit der in 7 Ob 217/16m der Klausel 12 im dortigen Einzelfall beigemessenen Erklärungsbedeutung nicht vergleichbar. Die Revision der Beklagten ist daher auch in diesem Punkt berechtigt.

[34] 3. Die Revision der Beklagten ist somit insgesamt erfolgreich, weshalb im Anfechtungsumfang die abweisliche Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen war.

C. Ergebnis:

[35] 1. Der Kläger zeigt in seiner Revision keine erhebliche Rechtsfrage auf. Dieses Rechtsmittel ist daher nicht zulässig und somit zurückzuweisen.

[36] 2. Die Revision der Beklagten ist betreffend die Klauseln a und b sowie hinsichtlich des abweislichen Teils der Klausel g berechtigt, weshalb in diesem Umfang das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen war.

[37] 3. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43, 50 ZPO. Der Kläger war letztlich (nur) mit rund einem Viertel seines (Eventual‑)Begehrens erfolgreich, weshalb für das erst- und zweitinstanzlichen Verfahren eine Obsiegensquote von 50 % zugrunde zu legen ist. Im Revisionsverfahren war die Beklagte mit ihrer Revision zur Gänze erfolgreich und hat auf die Unzulässigkeit der Revision des Klägers hingewiesen. Die Revision des Klägers hat nur noch rund drei Viertel des ursprünglichen Begehrens umfasst, weshalb die Bemessungsgrundlage für die Revisionsbeantwortung der Beklagten entsprechend zu reduzieren war. Den für ihre Revision verzeichneten Kosten legte die Beklagte bereits ein geringeres Revisionsinteresse zugrunde. Es errechnen sich Kosten von 3.249,22 EUR (darin 539,94 EUR USt und 9,60 EUR Barauslagen) für das erstinstanzliche, 1.470,96 EUR (darin 245,16 EUR USt) für das Berufungsverfahren und 4.269,74 EUR (darin 457,29 EUR USt und 1.526 EUR Barauslagen) für das Revisionsverfahren. Damit sind die Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität gewahrt (vgl EuGH 16. 7. 2020, C‑224/19 und C‑259/19 , Caixabank SA [ErwGr 95]).

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