OGH 7Ob183/22w

OGH7Ob183/22w13.12.2022

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Solé als Vorsitzende sowiedie Hofrätinnen und Hofräte Mag. Dr. Wurdinger, Mag. Malesich, Dr. Weber und Mag. Fitz als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K* J*, vertreten durch Koch Jilek Rechtsanwälte Partnerschaft in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei B* AG, *, vertreten durch DSC Doralt Seist Csoklich Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Feststellung und Zahlung von 124.920,05 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 25. August 2022, GZ 6 R 12/22i‑17, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0070OB00183.22W.1213.000

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

[1] Zu den von der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit von Banken gewährten Fremdwährungskrediten hat der Oberste Gerichtshof jüngst in zahlreichen Entscheidungen Stellung genommen, sodass in Bezug auf den hier zu beurteilenden – im Wesentlichen gleichgelagerten Fall – keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt.

[2] 1. Die Streitteile schlossen 2006 einen Vertrag über einen endfälligen Fremdwährungskredit in Schweizer Franken (CHF) im Gegenwert von maximal 250.000 EUR mit Laufzeitende 15. 3. 2026 ab. Der Kreditbetrag war im Vertrag nicht in Schweizer Franken genannt; vielmehr war vereinbart, dass die Umrechnung in die „vereinbarte Währung“ (also in Schweizer Franken) zum „jeweils am Zuzähltag gültigen Devisengeldkurs auf Basis Bank‑Fixing“ erfolgen sollte. In den AGB war vorgesehen, dass Fremdwährungskredite „effektiv, das heißt in der Währung zurückzuzahlen [sind], in der sie das Kreditinstitut gegeben hat“. Nach dem Kreditvertrag konnten die Kläger den Kredit zu jeder „Tranchenfälligkeit“ in Japanische Yen und Euro „tauschen“. Die beklagte Bank eröffnete für den Kläger anlässlich des Vertragsschlusses ein Schweizer Franken‑Kreditkonto und zählte ihm den Kreditbetrag zu, indem sie 249.999,90 EUR auf sein Euro‑Giro‑Konto gutbuchte. Dieser Betrag entsprach zum Zuzählungsdatum bei einem Verrechnungskurs von EUR/CHF von 1,57350 dem Gegenwert von 396.875 CHF, wie auf dem dem Kläger zugekommenen Kontoauszug des Kreditkontos ausgewiesen (Beil ./1, unbestritten). Die Parteien vereinbarten quartalsmäßige Zinszahlungen.

[3] 2. Die Vorinstanzen sind vertretbar vom Vorliegen eines echten Fremdwährungskredits ausgegangen. Die Beklagte eröffnete für den Kläger anlässlich des Abschlusses des Kreditvertrags ein CHF‑Konto und zählte ihm sodann den Kreditbetrag zu, indem sie 249.999,90 EUR auf das Euro‑Giro‑Konto gutbuchte. Wird dem Kreditnehmer – („[...] mit der Möglichkeit zum Zeitpunkt einer jeden Tranchenfälligkeit in Japanische Yen und Euro zu tauschen […]“) – die Wahl eingeräumt, sich den Kredit in Euro auszahlen zu lassen, handelt es sich um ein bloßes Angebot der Bank, zusätzlich zum Kreditvertrag einen Geldwechselvertrag abzuschließen. Dadurch, dass der Kläger sich den Kredit in Euro auszahlen ließ, trat ein (entgeltlicher) Geldwechselvertrag hinzu (5 Ob 54/22k, 1 Ob 9/22p je mzwN).

[4] 3. Die Kreditsumme und damit die Geldschuld der Beklagten ist in ausländischer Währung ausgedrückt und zwar in CHF, wenn auch im Kreditvertrag nicht ziffernmäßig angeführt, sondern mittels Bindung an den Gegenwert von maximal 250.000 EUR, konkretisiert im Kontoauszug anlässlich der Zuzählung mit 396.875 CHF. Die Vorinstanzen sind daher nach dem hier gegebenen Sachverhalt vertretbar von der Bestimmtheit der Kreditvaluta ausgegangen – anders der Fall zu 6 Ob 51/21z, in dem lediglich Euro‑Beträge angegeben waren und der Kreditnehmer keine Kenntnis vom CHF‑Saldo erlangte.

[5] 4. Entfielen beim (echten) Fremdwährungskreditvertrag die vom Kläger beanstandeten „Konvertierungsklauseln“ und käme – wie von ihm vertreten – eine Anwendung des dispositiven Rechts (§ 907b Abs 1 ABGB) nicht in Betracht, bliebe es nach der gefestigten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (1 Ob 163/21h; 9 Ob 62/21i; 2 Ob 198/21p; 1 Ob 9/22p; 4 Ob 15/22t), dessen ungeachtet dabei, dass die Kreditrückzahlung (ohne Konvertierung) in der Fremdwährung zu erfolgen hat. Der Kreditvertrag wäre auf dieser Basis zu erfüllen und könnte auch ohne die beanstandeten Klauseln fortbestehen. Der Kreditnehmer müsste sich die von ihm in fremder Währung zu leistenden Beträge dann – nicht notwendigerweise beim Kreditgeber – selbst besorgen. Damit besteht auch keine Grundlage für die Annahme, dass mit der Unwirksamkeit des Geldwechselvertrags auch der Fremdwährungskreditvertrag wegfiele; dieser könnte auch ohne den Geldwechselvertrag bestehen und durchgeführt werden („Trennungsmodell“, 6 Ob 154/21x; 1 Ob 163/21h; 9 Ob 62/21i; 2 Ob 198/21p; 1 Ob 9/22p; 4 Ob 15/22t). Die Frage der Zulässigkeit der Lückenfüllung im Wege des Ersatzes der Konvertierungsklauseln durch Anwendung dispositiven Rechts ist daher hier nicht präjudiziell (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p).

[6] 5. Die in der Revision zitierte Entscheidung des EuGH C‑212/20 nimmt zur Frage des „Trennungsmodells“ nicht Stellung. Dass die Vorinstanzen im vorliegenden Fall der Annahme des (optionalen) Geldwechselvertrags durch den Kläger die (Gesamt‑)Nichtigkeit des Kreditvertrags verneinten, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (5 Ob 54/22k, 4 Ob 15/22t je mwN).

[7] 6. Die weiters herangezogene Entscheidung des EuGH C‑776/19 bis C‑782/19 enthält zwar allgemeine Aussagen über den Umfang der Aufklärungspflicht gegenüber Konsumenten zur Tragung des Wechselkursrisikos im Zusammenhang mit einem Kredit, bei dem die Fremdwährung die Verrechnungswährung und der Euro die Zahlungswährung ist. Sie lässt aber in ihrer Allgemeinheit keine Rückschlüsse auf die Unwirksamkeit einzelner zwischen den Parteien vereinbarter Klauseln zu.Weder istim vorliegenden Fall von einem unechten Fremdwährungskredit auszugehen, noch sind die dem Vorlagefall zugrunde gelegten Klauseln mit den vom Kläger beanstandeten vergleichbar. Im Übrigen hat der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach klargestellt, dass bei ausreichender Bestimmtheit des Kreditvertrags auch der Entfall einzelner Klauseln keine Nichtigkeit bewirkt (4 Ob 15/22t; 1 Ob 9/22p; 8 Ob 81/22b). Selbst eine allfällige Missbräuchlichkeit einzelner Klauseln ändert also nichts daran, dass der Kreditnehmer den Kredit in – allenfalls von anderer Seite beschaffter – Fremdwährung zurückzahlen müsste (7 Ob 58/22p; 1 Ob 9/22p; 6 Ob 76/22b; 8 Ob 81/22b).

[8] 7. Die vom Revisionswerber genannten Gründe führen daher nicht zur (Gesamt‑)Nichtigkeit des Kreditvertrags. Die Vorinstanzen haben das Haupt‑ sowie die in eventu erhobenen Feststellungsbegehren im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, diese zielten auf die Feststellung der Rechtsfolge, der Kredit sei in Euro zurückzuzahlen ab; diese Rechtsfolge könne aus der Nichtigkeit einzelner Klauseln jedoch nicht abgeleitet werden. Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung (4 Ob 15/22t mwN).

[9] 8. Das gilt auch im Hinblick auf das Leistungsbegehren des Klägers, das auf Rückzahlung der von ihm geleisteten Zinsen, Kontoführungsgebühren und sonstigen Spesen gerichtet ist. Der Kläger hat sich weder darauf berufen, noch vorgebracht, dass er unter Zugrundelegung der ihn treffenden Rückzahlungsverpflichtungen für den wirksam zustande gekommenen CHF‑Kredit – im Fall des Wegfalls der „Umrechnungsklausel“ – zu viel an Zinsen, Kontoführungsgebühren oder sonstigen Spesen an die Beklagte bezahlt habe. Eine allfällige rechtsgrundlose Überzahlung wird daher von ihm hier nicht beziffert.

[10] 9. Keines der Klagebegehren lässt sich demnach aus alldem ableiten, somit liegen auch die geltend gemachten Stoffsammlungsmängel nicht vor.

[11] 10. Dieser Beschluss bedarf keiner weiteren Begründung (§ 510 Abs 3 ZPO).

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