European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00051.22F.1122.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und in der Sache zu Recht erkannt, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.849,92 EUR (darin enthalten 308,32 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.332,54 EUR (darin enthalten 222,09 EUR USt) bestimmten Kosten des Rekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
[1] Gegenständlich ist der vom Kläger geltend gemachte Anspruch auf (Rück‑)Übertragung eines Teils der ursprünglich der Beklagten verkauften Liegenschaft in sein Eigentum.
[2] Der Kläger war Landwirt und Eigentümer von Liegenschaften mit einer Hofstelle in Kärnten. Da die Versteigerung der Liegenschaften drohte, beauftragte er einen Immobilienmakler damit, einen Käufer für die Liegenschaft zu suchen, der ihn mit Familie am Hof wohnen lasse und ihn als Pächter der Liegenschaften akzeptiere. Der Immobilienmakler vermittelte in letzter Minute den Verkauf eines Waldgrundstücks an einen Dritten und den Hauptteil der restlichen Liegenschaft an die beklagte GmbH.
[3] Ursprünglich war ausverhandelt, dass der Kläger in jedem Fall die Hofstelle samt drei Hektar Fläche günstig pachten können sollte und für den Fall, dass die Beklagte als Erwerberin einen wirtschaftlichen Vorteil durch Baulandumwidmung erzielen könne, der Kläger diese Flächen günstig zurückkaufen könne. Im Zuge der weiteren Vertragsverhandlungen war dann aber beabsichtigt, dass die Familie des Klägers das Bauernhaus und die drei Hektar Fläche in jedem Fall wieder zurückbekommen sollte. Es hat dann geheißen, dass die Familie des Klägers das Haus und die drei Hektar Fläche zurückbekommt, wenn mit den Verträgen alles erledigt ist und die Hofteilung durchgeführt wird. Dann wurde aber von den Beratern gesagt, das ginge so nicht, man müsse dafür einen Kaufpreis vereinbaren. Das war der dreifache Einheitswert. Schlussendlich wurde zwischen den Streitteilen vereinbart, dass die Familie des Klägers in jedem Fall wieder Eigentümer des Hauses und einer Fläche von drei Hektar werden sollte. Der Geschäftsführer der Beklagten und dessen Frau sagten dem Kläger und seiner Frau immer wieder zu, mit den Umwidmungen anlässlich der Baulandumwidmung auch die Hofteilung durchzuführen und alles zusammen machen zu wollen.
[4] Am 11. bzw 14. Mai 2007 unterfertigten der Kläger und die Beklagte einen Kaufvertrag über die streitgegenständlichen Liegenschaften zum Kaufpreis von 1,150.000 EUR. In einer Nebenabrede zum Kaufvertrag war ua Folgendes enthalten:
„Die Vertragsteile vereinbaren, das Wiederkaufsrecht gemäß § 1068 ABGB für den Verkäufer [Kläger], welches diesem erst dann zusteht, wenn ein grundbuchsfähiger, rechtskräftiger Teilungsplan betreffend unter anderem die Teilung der Hofstelle vorliegt, an sämtlichen [näher bezeichneten] Flächen […], sowie das auf diesen Flächen befindliche Bauernhaus […]. Festgehalten wird, dass diese Flächen ein Ausmaß von ca 31.572 m² aufweisen. Als Wiederkaufspreis wird der dreifache steuerliche Einheitswert dieser Grundstücke vereinbart. Die [Beklagte] verpflichtet sich, diese Grund- bzw Teilflächen ohne Zustimmung des [Klägers] weder zu belasten noch zu veräußern.“
Am 22. Mai 2007 schlossen die Streitteile noch nachfolgende weitere Vereinbarung:
„Hiermit wird schriftlich festgehalten, dass zwischen den Parteien vereinbart wurde, dass die Hofteilung nach dem am 11. Mai bzw 14. Mai 2007 abgeschlossenen Kaufvertrag durchgeführt wird. Hierbei erhält [der Kläger] bzw seine Familie das im Plan […] angeführte Grundstück mit 31572 m² und das Bauernhaus […]. Unter der Bedingung der Rechtswirksamkeit des genannten Kaufvertrages wird hiermit Folgendes vereinbart:
Falls eine Hofteilung wie bereits besprochen, nicht innerhalb von 2 Jahren durchgeführt werden kann, kann die Familie [des Klägers] die 31572 m² Fläche (lt. ros Skizzierung im Mappenblatt) – vielleicht etwas verschoben – zum 3‑fachen Einheitswert kaufen.“
[5] Weiters schlossen die Streitteile einen Pachtvertrag, wonach der Kläger näher bezeichnete Teilflächen auf unbestimmte Dauer pachtete, und wurde für den Kläger, seine Gattin und seine Kinder das unbefristete und unentgeltliche Wohnungsgebrauchsrecht im dort befindlichen Haus vereinbart.
[6] Das Wiederkaufsrecht wurde vom Kläger am 22. November 2017 ausgeübt.
[7] Der Kläger begehrt von der Beklagten die Einwilligung a) in die lastenfreie Abschreibung der näher bezeichneten Teilflächen der streitgegenständlichen Liegenschaften, b) in die Eröffnung einer neuen Grundbuchseinlage und c) in die Einverleibung des Eigentumsrechts des Klägers, sowie weiters, die Beklagte zur Abgabe bzw Vornahme aller zur grundbücherlichen Übertragung des Eigentumsrechts an diesen Teilflächen erforderlichen Erklärungen und Handlungen und zur Duldung der Herstellung eines hierfür erforderlichen Teilungsplans zu verpflichten. Voraussetzung für das Entstehen des Wiederkaufsrechts sei ausschließlich der Umstand gewesen, dass die Hofteilung nicht innerhalb von zwei Jahren durchgeführt werden könne, was der Fall gewesen sei, weil die Beklagte bis heute keinen Teilungsplan errichten habe lassen. Der Kläger sei sich bewusst, dass zur Eintragung seines Eigentumsrechts ebenfalls wiederum eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung bzw Negativbestätigung nach dem Kärntner Grundverkehrsgesetz (K‑GVG) benötigt werde. Dennoch seien die Parteien bis zum Vorliegen einer negativen behördlichen Entscheidung obligatorisch gebunden; eine Klage auf Einverleibung sei auch vor Vorliegen einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung möglich. Die Anfechtung wegen Verkürzung über die Hälfte hätte längstens bis zum 22. Mai 2010 oder – wenn die Frist 2017 begonnen hätte – bis Dezember 2020 von der Beklagten gerichtlich geltend gemacht werden müssen. Der (damalige) Geschäftsführer der Beklagten habe zudem den wahren Wert der Liegenschaften stets gekannt.
[8] Die Beklagte bestritt und beantragte die Abweisung der Klage. Ein allfälliger Wiederkaufvertrag sei ebenso wie der ursprüngliche Kaufvertrag mit der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung bedingt. Diese Rechtsbedingung sei nie eingetreten. Gemäß § 19 K‑GVG dürfe der dem Rechtserwerb zugrunde liegende Rechtstitel nicht ausgeübt und das Rechtsgeschäft nicht durchgeführt werden, solange die erforderliche Genehmigung der zuständigen Behörde nicht erteilt worden sei oder als erteilt gelte. Mit Versagung der Genehmigung werde das Rechtsgeschäft rückwirkend rechtsunwirksam. Die Vereinbarung sei nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nichtig, zumal dann, wenn Vertragsparteien die grundverkehrsbehördliche Genehmigung gar nicht beantragen hätten wollen (weil sie davon ausgingen, dass die Genehmigung versagt werden würde), diese Verträge nicht in Schwebe, sondern von Anfang an nichtig seien. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für eine Teilung, bei der die Hofstelle zur Bewirtschaftung der übrigen landwirtschaftlich genutzten Flächen wegfallen würde, würde nicht erteilt werden. Es lägen die Versagungsgründe des § 10 Abs 2 lit a iVm lit j K‑GVG sowie des § 2 Z 1 K‑GTG vor. Der tatsächliche Verkehrswert der betroffenen Liegenschaftsteile liege außerdem über 200.000 EUR, der steuerliche Einheitswert bei maximal 20.000 EUR, weshalb der Einwand der laesio enormis erhoben werde. Die Verjährungsfrist beginne mit der Ausübung des Wiederkaufsrechts. Die Einrede könne aufrechterhalten werden, wenn der Minderwert vor Ablauf der Verjährungsfrist außergerichtlich angezeigt worden sei. Diesem Erfordernis sei bereits mit der Geltendmachung in der Klagebeantwortung im vorangegangenen Verfahren entsprochen worden.
[9] Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Der Kläger sei zur Ausübung des Wiederkaufrechts berechtigt gewesen. Er bzw seine Familie habe in jedem Fall wieder Eigentümer der Hofstelle und der umliegenden Grundstücke werden sollen; der dreifache Einheitswert sei nur aus rechtlichen (steuerrechtlichen) Erwägungen in den Vertrag aufgenommen worden. Etwaige grundverkehrsbehördliche Genehmigungen und diesbezügliche Verwaltungsverfahren seien erst nach der urteilsmäßigen Eigentumsübertragung einzuholen bzw einzuleiten. Einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung nach Rechtskraft des stattgebenden Urteils stehe nichts im Wege. Dem Einwand der Verkürzung über die Hälfte komme keine Berechtigung zu, weil schon aus den Urkunden offensichtlich sei, dass die Streitteile in Kenntnis des wahren wirtschaftlichen Werts der Liegenschaften gewesen seien. Im Wesentlichen sei eine entgeltfreie Rückübertragung – als Teil des Gesamtgeschäfts – vereinbart gewesen.
[10] Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und trug diesem die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Die erforderliche Genehmigung des Wiederkaufvertrags hindere nicht den Anspruch auf Erwirkung erforderlicher Willenserklärungen bei strittigen Verträgen. Eine Ausnahme bestehe nur dann, wenn die Parteien die grundverkehrsbehördliche Genehmigung ihrer genehmigungspflichtigen Verträge gar nicht beantragen hätten wollen, weil sie davon ausgingen, dass die Genehmigung versagt würde, wofür der Sachverhalt jedoch keine Anhaltspunkte biete. Ob die Abtrennung der Hofstelle samt der umliegenden drei Hektar laut Klagebegehren letztlich an den Normen des K‑GTG, K‑GVG und des Kärntner Raumordnungsgesetzes scheitere, sei eine Frage, die nach Rechtskraft dieses Urteils zu klären sein werde. Auf mögliche Auswirkungen des § 19 Abs 2 K‑GVG habe sich die Beklagte nicht berufen. Selbst wenn man insoweit das Neuerungsverbot nicht anwenden würde, wäre für die Beklagte nichts gewonnen, weil – mangels Genehmigung nach dem K‑GTG – die Frist des § 9 Abs 2 K‑GVG noch nicht zu laufen begonnen habe und damit auch noch nicht die Frist des § 19 Abs 2 K‑GVG. Von einer zivilrechtlichen Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts nach dieser Bestimmung sei daher nicht auszugehen. Die für die laesio enormis erforderliche Äquvalenzstörung müsse – wie bei Optionsrechten – im Zeitpunkt der Erklärung, mit der das Wiederkaufsrecht ausgeübt werde, vorliegen. Auch die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB beginne im Fall der Ausübung einer Option für den Gegner des Optionsberechtigten mit diesem Zeitpunkt. Der Verkürzte könne nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist die laesio enormis im Wege der Einrede auch noch geltend machen, wenn er die Hälfteverkürzung fristgerecht außergerichtlich angezeigt habe. Da die Beklagte den Einwand im Vorverfahren in der Klagebeantwortung vom 16. Mai 2018 erhoben habe, sei der Einwand nicht verjährt. Da keine Feststellungen zum Wert der Leistungen am 22. November 2017 und dazu, ob die Parteien in Kenntnis vom wahren Wert der Teilfläche in diesem Zeitpunkt waren getroffen worden seien, sei das Ersturteil aufzuheben.
[11] Den Rekurs ließ das Berufungsgericht (ua) zu den Fragen zu, ob im Rahmen der laesio enormis auf den Wert im Zeitpunkt der Einräumung oder der Ausübung des Wiederkaufsrechts abzustellen sei und ob die Einrede nach Ablauf der Verjährungsfrist noch erhoben werden könne, wenn die Hälfteverkürzung fristgerecht angezeigt worden sei.
[12] Dagegen richtet sich der Rekurs des Klägers mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
[13] Die Beklagte beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, den Rekurs zurückzuweisen, hilfsweise ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[14] Der Rekurs ist zulässig und berechtigt.
[15] 1. Die Streitteile wenden sich nicht gegen die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass die hier gegenständliche Einrede der laesio enormis der dreijährigen Verjährungsfrist des § 1487 ABGB unterliegt, sodass darauf nicht einzugehen ist.
[16] 2. Der Kläger wendet sich vielmehr gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Verjährungsfrist – wie bei der Ausübung von Optionsrechten – erst mit Ausübung des Wiederkaufsrechts zu laufen beginne, insbesondere weil die Ausübung eines Wiederkaufsrechts nicht mit der Ausübung eines Optionsrechts vergleichbar sei.
[17] 2.1. Die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB für die Geltendmachung der Anfechtung beginnt mit dem Vertragsabschluss zu laufen (RIS‑Justiz RS0018798; RS0019052 [T1]), und zwar ungeachtet des Erfordernisses einer verwaltungsbehördlichen Genehmigung des Vertrags (RS0019052 [T3]) oder der Vereinbarung einer aufschiebenden Bedingung (9 Ob 4/13y).
[18] 2.2. In der Entscheidung 2 Ob 17/97g ging der Oberste Gerichtshof bei der Anfechtung von durch Optionsausübung zustande gekommenen Verträgen wegen laesio enormis für den Wertevergleich von der Maßgeblichkeit des Zeitpunkts der Einräumung der Option (und nicht ihrer Ausübung) aus (RS0107619; ohne eigene Stellungnahme referierend 7 Ob 232/97m). Hinsichtlich der Verjährungsfrist sei jedoch der Zeitpunkt der Ausübung der Option entscheidend, weil die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnen könne, bevor die Option ausgeübt worden sei. Vom anderen Teil sei nicht zu erwarten, dass er Schritte zur Durchsetzung seines Aufhebungsanspruchs unternehme, solange unsicher sei, ob die Option ausgeübt werde.
[19] In Bezug auf den Wertevergleich sah es die Entscheidung 4 Ob 159/01p (RS0107619 [T2]) – unter ausdrücklicher Ablehnung der Entscheidung 2 Ob 17/97g – bei Optionsrechten als sachgerechter an, die objektiven Werte der gegenseitigen Leistungen erst für den Zeitpunkt der Ausübung des Optionsrechts festzustellen, weil erst dann das (von den Parteien im Optionsvertrag zunächst bloß in Aussicht genommene) Rechtsgeschäft volle Wirksamkeit erlangt und wechselseitige Leistungspflichten auslöst (ebenso 1 Ob 67/03i; referierend 7 Ob 14/22t; offenlassend 6 Ob 20/19p, nach der aber einiges für den Zeitpunkt der Einräumung der Option als maßgeblich spreche). Demgegenüber wurde in solchen Fällen, in denen die in der Zukunft entstehenden Leistungspflichten bereits beiderseitig festgelegt wurden, auf diesen Zeitpunkt abgestellt (8 Ob 148/09m [Abschluss des Vorvertrags]; 2 Ob 210/13s [Vertragsabschlusszeitpunkt bei einem mit dem Tod des Klägers befristeten Vertrag]).
[20] 2.3. Die Frage, welcher Zeitpunkt als Vertragsabschlusszeitpunkt iSd § 934 Satz 3 ABGB und für den Beginn der Verjährungsfrist nach § 1487 ABGB bei Wiederkaufsvorbehalten und bei Optionsverträgen heranzuziehen ist, kann hier jedoch dahingestellt bleiben. Der vorliegende Sachverhalt ist mit dem Entstehen eines Anspruchs infolge Ausübung eines einseitigen Gestaltungsrechts oder sonstigen „Optionsfällen“ nicht vergleichbar. Die vertragliche Willenseinigung über Leistung und Gegenleistung war hier vielmehr bereits im Jahr 2007 abgeschlossen.
[21] 3. Nach dem vom Berufungsgericht seiner Entscheidung gemäß § 498 Abs 1 ZPO zugrunde gelegten und daher die Parteien und den Obersten Gerichtshof bindenden Sachverhalt war von den Parteien nämlich (letztlich unabhängig von einer Umwidmung) beabsichtigt, dass die Familie des Klägers die gegenständlichen Teilflächen in jedem Fall wieder zurückbekommen sollte, wenn mit den Verträgen alles erledigt ist und die Hofteilung durchgeführt wird; eine solche Durchführung sagte der Geschäftsführer der Beklagten auch immer wieder gegenüber dem Kläger zu. Die konkrete Formulierung als „Wiederkaufsrecht“ ist nach den Feststellungen lediglich auf die Berater der Streitteile zurückzuführen.
[22] 3.1. Der objektive Erklärungswert verliert seine Bedeutung, wenn sich die Parteien in der Sache einig sind; es gilt dann ihr übereinstimmender Wille, gleichgültig, ob die Ausdrucksmittel diesen Willen nach objektiven Kriterien zutreffend wiedergeben (RS0014005; RS0014167).
[23] 3.2. Ausgehend davon war im vorliegenden Fall nicht – wie bei Einräumung eines einseitigen Gestaltungsrechts oder wie in den „Optionsfällen“ – unsicher, ob der Kläger ein ungewisses Recht ausübt, aufgrund dessen die Beklagte die gegenständlichen Teilflächen (nach Vorliegen der erforderlichen Genehmigungen) an ihn zu übereignen hatte. Die Leistung war lediglich davon abhängig, dass die Beklagte die zugesagte Liegenschaftsteilung durchführt. Anders als in dem der Entscheidung 2 Ob 17/97g zugrunde liegenden Sachverhalt bestand für die Beklagte daher keine Unsicherheit darüber, ob der Kläger ein Gestaltungsrecht ausübt; sie hatte vielmehr bereits im Jahr 2007 Anlass, den behaupteten Aufhebungsanspruch gegenüber dem Kläger geltend zu machen. Dass die Leistung eine Liegenschaftsteilung voraussetzt, bewirkt als bloß aufschiebende Bedingung nicht, dass für den Verjährungsbeginn auf den Eintritt dieser Bedingung abzustellen wäre (9 Ob 4/13y). Dass diese Bedingung bislang nicht eintrat, ist für den Beginn der Verjährungsfrist auch deswegen unerheblich, weil es nach den Zusagen der Beklagten ihre eigene Aufgabe gewesen wäre, die dafür erforderlichen Schritte zu setzen (vgl RS0017391; RS0118920).
[24] 3.3. Den Rekursausführungen ist somit darin zuzustimmen, dass die dreijährige Verjährungsfrist für die Erhebung der Einrede der laesio enormis aufgrund der hier getroffenen Vereinbarung bereits im Jahr 2007 zu laufen begann. Dass die Einrede unter Zugrundelegung dieses Fristbeginns verjährt ist, kann angesichts des festgestellten Sachverhalts nicht strittig sein und wird auch in der Rekursbeantwortung nicht in Frage gestellt. Dies gilt selbst nach dem in der Rekursbeantwortung enthaltenen (unter Verstoß gegen das Neuerungsverbot erstatteten und daher ohnedies unbeachtlichen) Vorbringen, wonach die Parteien im Vorverfahren (ab dem Jahr 2018) Vergleichsgespräche geführt hätten und der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt gewesen sei. Auf die Frage, ob eine Anzeige des Wertmissverhältnisses innerhalb der Verjährungsfrist die Einrede in analoger Anwendung des § 933 Abs 3 (nunmehr Satz 3) ABGB perpetuiert, muss nicht eingegangen werden, weil eine solche Anzeige erst im Jahr 2018 und damit jedenfalls nicht innerhalb der Verjährungsfrist erfolgte.
[25] 3.4. Infolge Verjährung der Einrede kommt es auf die vom Berufungsgericht vermissten Feststellungen zum Missverhältnis der vereinbarten Leistungen und zur vom Kläger behaupteten Kenntnis der Beklagten über den wahren Wert der gegenständlichen Teilflächen nicht entscheidend an.
[26] 4. Die Beklagte wendet gegen den Klagsanspruch in der Rekursbeantwortung überdies ein, dass das Rechtsgeschäft, aus dem der Kläger seine Ansprüche ableitet, nach § 19 Abs 2 K‑GVG nichtig sei.
[27] 4.1. Dem hielt bereits das Berufungsgericht zutreffend entgegen, dass die diesbezüglichen Berufungsausführungen gegen das Neuerungsverbot verstießen.
[28] 4.2. Eine Änderung der rechtlichen Argumentation einer Partei bzw die Geltendmachung eines neuen Gesichtspunkts bei der rechtlichen Beurteilung ist auch im Rechtsmittelverfahren zulässig, sofern die hiezu erforderlichen Tatsachen bereits im Verfahren erster Instanz behauptet wurden (RS0016473).
[29] 4.3. Das Vorbringen der Beklagten in erster Instanz bezog sich im Zusammenhang mit § 19 K‑GVG aber erkennbar nur auf die Geltendmachung einer zivilrechtlichen Verkehrsbeschränkung iSd § 19 Abs 1 K‑GVG. Abgesehen von einem Zitat des gesamten § 19 K‑GVG wurden die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts nach § 19 Abs 2 K‑GVG oder Tatsachen, aus denen sich der Beginn und die Nichteinhaltung der dort genannten Fristen ergeben könnten, nicht behauptet. Daran ändern auch die nunmehrigen Ausführungen in der Rekursbeantwortung nichts.
[30] 4.4. Infolge Verstoßes gegen das Neuerungsverbot steht die von der Beklagten behauptete Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts nach § 19 Abs 2 K‑GVG dem Klagebegehren somit nicht entgegen.
[31] 5. Andere im Verfahren erster Instanz erhobene Einwände gegen das Klagebegehren thematisiert die Beklagte in der Rekursbeantwortung nicht mehr, sodass die Rechtssache spruchreif ist. In einem solchen Fall kann der Oberste Gerichtshof gemäß § 519 Abs 2 letzter Satz ZPO über einen Rekurs gegen einen Aufhebungsbeschluss des Berufungsgerichts nach § 519 Abs 1 Z 2 ZPO durch Urteil in der Sache selbst erkennen. Dem Rekurs des Klägers ist dementsprechend Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen.
[32] 6. Aufgrund der Fällung einer Sachentscheidung ist auch über die Kosten des Berufungs- und Rekursverfahrens abzusprechen. Diese Entscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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