European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0010OB00172.22H.1012.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
[1] Die Beklagte hat ihren Sitz in Malta. Sie verfügt in Österreich über keine Glücksspiellizenz, bot hier aber dennoch Online-Glücksspiele an. Der Kläger beteiligte sich daran und erlitt im Zeitraum von Juni 2019 bis Juli 2019 Verluste in Höhe des Klagebetrags.
[2] Die Vorinstanzen gaben der auf die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge gestützten und die Rückzahlung der erlittenen Verluste gerichteten Klage statt.
Rechtliche Beurteilung
[3] Die dagegen erhobene außerordentliche Revision der Beklagten ist nicht zulässig.
[4] 1. Die Durchführung einer Ausspielung ohne Konzession stellt ein verbotenes Glücksspiel dar. Nach der Rechtsprechung sind jene Spiele iSd § 1174 Abs 2 ABGB verboten und damit nichtig iSd § 879 Abs 1 ABGB, bei denen – wie hier – Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen (RS0102178; RS0038378). Verbotene Spiele erzeugen nicht einmal eine Naturalobligation. Der Verlierer kann die gezahlte Wett- oder Spielschuld zurückfordern, ohne dass dem die Bestimmung des § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB oder § 1432 ABGB entgegenstünde, weil die Leistung nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht wurde. Eine Verweigerung des Rückforderungsanspruchs widerspräche dem Zweck des Glücksspielverbots (RS0025607 [T1]; 7 Ob 102/22h mwN).
[5] 2. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, dass dem Rückforderungsanspruch des Klägers die Bestimmung des § 1174 Abs 1 Satz 1 ABGB nicht entgegenstehe, weil seine Einzahlungen nicht „zur Bewirkung“ der unerlaubten Handlung, sondern als „Einsatz“ erbracht worden seien, entspricht der ständigen Rechtsprechung zu vergleichbaren Fällen (jüngst etwa 9 Ob 54/22i; 7 Ob 102/22h ua). Daran vermag auch das Vorbringen der Beklagten, der Kläger habe durch seine Teilnahme an den von ihr angebotenen Online‑Glücksspielen den (Verwaltungs-)Straftatbestand des § 52 Abs 5 GSpG verwirklicht, nichts zu ändern (7 Ob 102/22h). Das Berufungsgericht berücksichtigte auch zu Recht, dass der Kläger im Zeitraum der von ihm getätigten Spieleinsätze gerade keine Kenntnis davon hatte, dass die Beklagte in Österreich über keine Glücksspielkonzession verfügte. Die Revisionswerberin geht darauf nicht ein. Dass dem Kläger bewusst sein hätte müssen, dass die von ihm abgeschlossenen Glücksspielverträge mangels Konzession der Beklagten nach dem GSpG unwirksam sind, kann ihm schon deshalb nicht entgegengehalten werden, weil sie sich selbst auf deren Wirksamkeit berief (1 Ob 52/22m).
[6] 3. Der Oberste Gerichtshof hielt auch in mehreren aktuellen Entscheidungen – im Einklang mit der Rechtsprechung der beiden anderen österreichischen Höchstgerichte – fest, dass das österreichische System der Glücksspielkonzessionen nach gesamthafter Würdigung aller tatsächlichen Auswirkungen auf den Glücksspielmarkt den vom EuGH aufgezeigten Vorgaben entspricht und nicht gegen Unionsrecht verstößt (jüngst etwa 6 Ob 59/22b; 7 Ob 102/22h; 1 Ob 74/22x). Die Revision bietet keinen Anlass, davon abzugehen. Die behaupteten Feststellungsmängel liegen nicht vor. Die Anregung der Beklagten auf neuerliche Befassung des EuGH war nicht aufzugreifen, weil die unionsrechtlichen Rechtsgrundsätze geklärt sind (7 Ob 102/22h ua).
[7] 4. Da die Revision keine in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht bereits behandelten Argumente enthält, ist sie mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
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