European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0130OS00026.22F.0907.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
[1] Mit dem angefochtenen Urteil wurde * C* mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt und hiefür (richtig) unter Anwendung des § 21 Abs 1 und 2 FinStrG nach § 33 Abs 5 FinStrG idF vor BGBl I 2019/62 zu einer Geldstrafe verurteilt.
[2] Danach hat er im Bereich des Finanzamts Salzburg‑Stadt als Einzelunternehmer teils durch Nichtabgabe, teils durch Abgabe von unrichtigen Jahressteuererklärungen vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder WahrheitspflichtenAbgabenverkürzungen bewirkt, und zwar
1) für das Jahr 2011 an Umsatzsteuer um 16.985,72 Euro,
2) für das Jahr 2012
a) an Umsatzsteuer um 33.475,78 Euro und
b) an Einkommensteuer um 24.376,04 Euro,
3) für das Jahr 2013
a) an Umsatzsteuer um 36.784,34 Euro und
b) an Einkommensteuer um 34.149,61 Euro,
4) für das Jahr 2014
a) an Umsatzsteuer um 45.588,33 Euro und
b) an Einkommensteuer um 15.067,23 Euro sowie
5) für das Jahr 2015
a) an Umsatzsteuer um 29.510,83 Euro und
b) an Einkommensteuer um 73.593,18 Euro.
Rechtliche Beurteilung
[3] Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten.
[4] Bezugspunkt der Mängelrüge (Z 5) ist der Ausspruch des Schöffengerichts über entscheidende Tatsachen (dazu Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 398 bis 408), also über schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände (RIS‑Justiz RS0106268). Die Höhe des strafbestimmenden Wertbetrags (§ 53 Abs 1 und 2 FinStrG) stellt nur insoweit eine entscheidende Tatsache dar, als die Trennlinie zwischen gerichtlicher und finanzstrafbehördlicher Zuständigkeit (§ 53 FinStrG) betroffen ist oder sich der auf eine von mehreren selbständigen Taten (zum finanzstrafrechtlichen Tatbegriff siehe Lässig in WK2 Vor FinStrG Rz 7 bis 15) entfallende strafbestimmende Wertbetrag auf null reduziert (RIS‑Justiz RS0124509).
[5] Dies übersieht die Beschwerde, indem sie unter Behauptung von Widersprüchlichkeit (Z 5 dritter Fall) und Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) der angefochtenen Entscheidung (nominell auch aus Z 9 lit a) eine Reduktion des strafbestimmenden Wertbetrags von über 300.000 Euro (US 6) für das Jahr 2012 um 2.776,95 Euro, für die Jahre 2013 und 2014 um je 11.107,80 Euro sowie für das Jahr 2015 um 1.293,90 Euro und solcherart insgesamt um 26.286,45 Euro anstrebt.
[6] Unter dem Aspekt mängelfreier Strafrahmenbildung (Z 11 erster Fall iVm Z 5) ist zu erwidern, dass das Erstgericht die Mietkosten sowie die Betriebskosten für das insoweit von der Beschwerde angesprochene Geschäftslokal E* hinsichtlich sämtlicher Monate, in denen der Angeklagte nach den Feststellungen in diesem Geschäftslokal einkommensteuerpflichtige Einkünfte erzielte (nämlich ausschließlich im Jahr 2015), ohnedies berücksichtigte (US 7 f), womit die angefochtene Entscheidung diesbezüglich keineswegs in sich widersprüchlich ist. Weshalb diese Kosten zudem auch in Bezug auf Zeiträume, in denen nach den Festellungen in diesem Geschäftslokal keine einkommensteuerpflichtigen Einkünfte erzielt wurden, zu berücksichtigen seien, erklärt die Rüge nicht.
[7] Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall (hier iVm Z 11 erster Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt (RIS‑Justiz RS0099431 [T1]), was die Beschwerde im gegebenen Zusammenhang nicht behauptet.
[8] Die Feststellungen zur Höhe des – hier im Verkürzungsbetrag bestehenden (Lässig in WK2 FinStrG § 53 Rz 2) – strafbestimmenden Wertbetrags (§ 53 Abs 1 und 2 FinStrG) gründete das Erstgericht dem Vorwurf fehlender Begründung (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 11 erster Fall iVm Z 5 vierter Fall) zuwider auf im Urteil dargestellte (konkrete) Ergebnisse des Abgabenverfahrens in Verbindung mit den Ausführungen des Zeugen * R* (US 6 f und 10 f, vgl RIS‑Justiz RS0087030 [insbesondere T3]).
[9] Ausführungen in der Gegenäußerung zur Anklageschrift (ON 12) sind kein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis (§ 258 Abs 1 StPO iVm § 195 Abs 1 FinStrG), sodass der Vorwurf, das Erstgericht habe diese „ignoriert“ (hier der Sache nach Z 11 erster Fall iVm Z 5 zweiter Fall), ins Leere geht (vgl RIS‑Justiz RS0118580 [T26], RS0098016 [T1]).
[10] Die Ableitung der Feststellungen zur subjektiven Tatseite aus dem objektiven Geschehensablauf (US 11 f) ist dem Beschwerdevorbringen (Z 5 vierter Fall) zuwider unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden (RIS‑Justiz RS0116882).
[11] Weshalb für die rechtsrichtige Subsumtion nach § 33 Abs 1 FinStrG Feststellungen erforderlich wären, „ob Gelder beim Angeklagten vorgefunden worden sind“, leitet die Beschwerde (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 9 lit a) nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab (siehe aber RIS‑Justiz RS0116565).
[12] Gleiches gilt in Ansehung der von der Rüge vermissten Feststellungen, wonach „bislang noch keine Entscheidung hinsichtlich der Beschwerde zur Steuernummer 91‑141/0975 […] getroffen wurde“.
[13] Vorsätzliche Tatbegehung haben die Tatrichter dem Beschwerdevorbringen (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 9 lit a) zuwider – solcherart von der Beschwerde übergangen – sehr wohl festgestellt (US 7 f).
[14] Welcher weiteren Konstatierungen es zur „Feststellung einer tatsächlichen Tat“ über die eingehenden Sachverhaltskonstatierungen des Erstgerichts (insbesondere US 6 ff) hinaus bedurft hätte, erklärt die Beschwerde (nominell Z 5 vierter Fall, der Sache nach Z 9 lit a) nicht (siehe aber RIS‑Justiz RS0095939).
[15] Soweit die Beschwerde eine „detaillierte [...] Auseinandersetzung mit den Prämissen und der Schlussfolgerung des abgabenrechtlichen Verfahrens“ vermisst (Z 5 zweiter Fall), unterlässt sie es, durch konkreten Hinweis auf entsprechende Fundstellen in den Akten (RIS‑Justiz RS0124172) Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, die den Bescheidgrundlagen in Bezug auf schuld‑ oder subsumtionsrelevante Tatsachen erörterungsbedürftig entgegenstehen (vgl Lässig in WK2 FinStrG § 33 Rz 56).
[16] Die pauschale Kritik, das Gericht habe es unterlassen, die Beweiskraft der in der Hauptverhandlung vorgekommenen Unterlagen „sorgfältig und gewissenhaft […] zu prüfen“, bleibt angesichts der eingehenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen dazu (US 8 ff) unverständlich.
[17] Indem auch die Tatsachenrüge (Z 5a [der Sache nach iVm Z 11 erster Fall]) die „Berechnung“ des strafbestimmenden Wertbetrags unter Hinweis auf die festgestellten Mietzahlungen für das Geschäftslokal E* (US 9) und den Bericht des Finanzamts Salzburg‑Stadt vom 10. Jänner 2018 (ON 2 S 145 ff) in Zusammenschau mit dem Mietvertrag bezüglich des Geschäftslokals E* (ON 2 S 215 ff) kritisiert, vermag sie keine Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu wecken.
[18] Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet, es könne dem Angeklagten „strafrechtlich nicht vorgeworfen werden, dass er für das Jahr 2015 keine Steuererklärung abgegeben hat“, und es mangle „aus rechtlicher Sicht bereits an jeglichem Vorsatz, die für das Jahr 2015 vorgeworfenen Straftaten begangen zu haben“. Dieser Einwand wird jedoch ohne Anstellung des für die prozessordnungsgemäße Darstellung materieller Nichtigkeit erforderlichen Vergleichs (allein) des im Urteil festgestellten Sachverhalts (US 7 f) mit dem darauf angewendeten Strafgesetz (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) erhoben (vgl RIS‑Justiz RS0099658).
[19] Soweit die Rüge Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst, übergeht sie die gerade dazu getroffenen Konstatierungen (US 7 f, siehe aber RIS‑Justiz RS0099775).
[20] Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher – in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur – gemäß § 285d Abs 1 StPO bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
[21] Die Entscheidung über die Berufung und die implizite Beschwerde gegen den – verfehlt in die Urteilsausfertigung aufgenommenen (RIS‑Justiz RS0126528) – Beschluss auf Erteilung einer Weisung kommt dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 dritter Satz StPO).
[22] Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO bleibt hinzuzufügen, dass die Wertung der fehlenden Schuldeinsicht des Angeklagten als eine für die Strafbemessung entscheidende Tatsache (US 14) eine im Sinn des § 281 Abs 1 Z 11 StPO unrichtige Gesetzesanwendung darstellt (RIS‑Justiz RS0090897). Diesem von der Nichtigkeitsbeschwerde nicht aufgegriffenen Umstand wird das Oberlandesgericht bei der Entscheidung über die Berufung Rechnung zu tragen haben (RIS‑Justiz RS0122140).
[23] Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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