European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0090OB00064.22K.0831.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 501,91 EUR (darin 83,65 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin, den Beklagten schuldig zu erkennen, es in Hinkunft zu unterlassen, die Bringungsanlage R*weg außerhalb der Grundparzellen Nr 183/1 und 183/2, KG * D*, zu begehen und zu befahren. Dazu brachte sie vor, dass die Parteien ein (agrarbehördlich genehmigtes) Übereinkommen zur Begründung eines land- und forstwirtschaftlichen Bringungsweges abgeschlossen hätten. Darin habe der Beklagte der Errichtung des Weges, der ua über die in seinem Eigentum stehenden Grundstücke 183/1 und 183/2 verlaufe, zugestimmt und das Nutzungsrecht an der Weganlage im Bereich seiner Grundstücke eingeräumt erhalten. Die Errichtung und Erhaltung der Weganlage trage die Klägerin als Eigentümerin der EZ 19, KG * D*. Der Beklagte habe unberechtigterweise mehrmals den R*weg benutzt. Grundflächen im Eigentum der Klägerin habe er dabei aber nicht in Anspruch genommen. Der Aufforderung, den Bringungsweg außerhalb des Wegabschnitts der in seinem Eigentum stehenden Grundstücke nicht zu benutzen, sei der Beklagte nicht nachgekommen. Die Klägerin sei sowohl als Grundeigentümerin als auch ausschließlich Berechtigte des Güterweges aktiv klagslegitimiert. Zur Entscheidung über ihre Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB seien die Gerichte zuständig.
[2] Der Beklagte wendete die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Die Klägerin sei lediglich Grundeigentümerin jenes Wegabschnitts des R*wegs, der von ihm nie benutzt worden sei. Hinsichtlich des Wegabschnitts, den er im Übrigen zulässigerweise benutzt habe, sei die Klägerin nicht ausschließlich nutzungsberechtigt. Streitgegenständlich sei daher das zwischen den Parteien vereinbarte Bringungsrecht, wofür gemäß § 18 Salzburger Güter‑ und Seilwegegesetz 1970 (Sbg GSG 1970) die Agrarbehörde zuständig sei.
[3] Das Erstgericht erklärte das gesamte bisherige Verfahren für nichtig und wies die Klage zurück. Die Klägerin behaupte zwar, dass sie eine Eigentumsfreiheitsklage im Sinne des § 523 ABGB erhebe, stütze aber in ihrem gesamten Vorbringen den behaupteten Unterlassungsanspruch nicht auf eine Beeinträchtigung ihres Eigentums, sondern auf eine Beeinträchtigung ihres Bringungsrechtes am R*weg. Streitigkeiten darüber seien aber nach § 18 Sbg GSG 1970 der Agrarbehörde überantwortet. Für den erhobenen Unterlassungsanspruch sei der Rechtsweg nicht zulässig.
[4] Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Klägerin nicht Folge. Beim gegenständlichen Bringungsrecht der Klägerin handle es sich um eine durch Parteiübereinkommen begründete öffentlich-rechtliche Servitut. Die Klägerin richte ihr Unterlassungsbegehren gegen den Eigentümer einer anderen vom Weg (und damit auch vom Bringungsrecht) betroffenen Liegenschaft. Da die Entscheidung darüber nach § 18 Sbg GSG 1970 ausdrücklich in die Kompetenz der Agrarbehörden verwiesen werde, sei der Rechtsweg für die vorliegende Klage unzulässig.
[5] Das Rekursgericht bewertet den Entscheidungsgegenstand mit über 5.000 EUR, jedoch nicht mehr als 30.000 EUR und ließ den Revisionsrekurs zu, weil zur Frage der Zulässigkeit der actio negatoria aufgrund eines Bringungsrechtes in Bezug auf die Benützung von nicht im Eigentum des Bringungsberechtigten stehenden Grundstücke bisher – soweit ersichtlich – noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe. Zudem stellt sich auch die Frage, ob (unabhängig von der Mitgliedschaft des Beklagten in einer Bringungsgemeinschaft) schon deshalb ein Rechtsstreit im Sinne des § 18 Sbg GSG 1970 vorliege, weil sich das Klagebegehren gegen den Eigentümer einer anderen vom Weg (und damit auch vom Bringungsrecht) betroffenen Liegenschaft richte.
[6] Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Klägerin mit dem Antrag, „den erstgerichtlichen Beschluss“ aufzuheben und dem Erstgericht die Fortsetzung des Verfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufzutragen.
[7] Der Beklagte beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs der Klägerin zurückzuweisen, in eventu ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
[8] Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 526 Abs 2 ZPO) – Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO ab. Der Umstand, dass der Oberste Gerichtshof zu einer bestimmten Frage oder Sachverhaltskonstellation noch nicht ausdrücklich Stellung genommen hat, begründet dann keine erhebliche Rechtsfrage, wenn die Rechtslage durch den klaren Wortlaut der anzuwendenden Norm eindeutig ist oder die relevanten Grundsätze in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs geklärt sind. Letzteres ist hier der Fall. Der Revisionsrekurs der Klägerin bietet keinen Anlass für weitere Klarstellungen (vgl RS0102181; RS0042656).
[9] 1.1. Gemäß § 1 Abs 1 Sbg GSG 1970 ist ein Bringungsrecht im Sinne dieses Gesetzes das zugunsten von Grundstücken, die land‑ oder forstwirtschaftlichen Zwecken gewidmet sind, eingeräumte Recht, Personen und Sachen über fremden Grund (belastete Grundstücke) zu bringen. Bringungsrechten (nach dem Güter‑ und Seilwege-Grundsatzgesetz 1967, BGBl 1967/198, GSGG 1967) wird eine gewisse Doppelnatur zugeschrieben. Ihrer Rechtsnatur nach gehören sie zum öffentlichen Recht, während sie insbesondere hinsichtlich der Art ihrer Ausübung ein Naheverhältnis zu den Dienstbarkeiten aufweisen. Die auf Bescheid beruhende Einräumung eines Bringungsrechts hat dingliche Wirkung. Wird ein Bringungsrecht – wie hier – mit einem Parteiübereinkommen begründet (vgl § 2 Abs 1 lit b Sbg GSG 1970), so liegt insoweit eine privatrechtliche Vereinbarung vor, die jedoch durch deren behördliche Genehmigung (auch) ins öffentliche Recht „transformiert“ wird (RS0038233 [T1]).
[10] 1.2. Die Vollziehung des Sbg GSG 1970 kommt, soweit nicht etwas anderes bestimmt ist, der Agrarbehörde zu. Sie hat insbesondere auf Antrag unter Ausschluss des Rechtsweges unter anderem über Streitigkeiten zu entscheiden, die Bestand, Inhalt, Umfang und Ausübung eines Bringungsrechts einschließlich der Erhaltung von Bringungsanlagen betreffen (§ 18 Z 1 leg cit).
[11] 2. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist grundsätzlich von den Klagebehauptungen auszugehen, dabei ist aber nicht allein der Wortlaut des Begehrens, sondern die Natur bzw das Wesen des geltend gemachten Anspruchs maßgebend (RS0045584 [T71]).
[12] 3.1. Mit der Eigentumsfreiheitsklage (§ 523 ABGB) wird stets ein privatrechtlicher Anspruch erhoben, dessen Beurteilung im ordentlichen Rechtsweg (§ 1 JN) zu erfolgen hat (RS0012079 [T7, T9]). Leitet der Kläger jedoch – wie im vorliegenden Fall die Klägerin – seinen/ihren (Unterlassungs‑)Anspruch aus einem ihm/ihr zustehenden Bringungsrecht ab, dann wird nach der jüngeren Rechtsprechung damit das Bringungsrecht zum Gegenstand der Entscheidung gemacht (4 Ob 524/93; 6 Ob 307/01t; 1 Ob 63/02z; 7 Ob 277/05v letztere Entscheidung ebenfalls zu einem aufgrund eines Parteiübereinkommens geltend gemachten Bringungsrecht nach dem Sbg GSG 1970; RS0115952; RS0045710; vgl RS0126194 zu Streitigkeiten über den Bestand von Nutzungsrechten im Sinne der agrarrechtlichen Bestimmungen). Diese Entscheidung über den auf das (alleinige) Bringungsrecht gestützten Unterlassungsanspruch (vgl 4 Ob 94/19f) der Klägerin ist nach § 18 Z 1 Sbg GSG 1970 aber von der Agrarbehörde zu treffen.
[13] 3.2. Mit diesen Entscheidungen, auf die sich zum Teil bereits auch die Vorinstanzen stützten, setzt sich der Revisionsrekurs der Klägerin nicht näher auseinander. Die Entscheidung 2 Ob 45/20m, auf die die Klägerin die Zulässigkeit des Rechtswegs für ihren Anspruch stützt, ist nicht einschlägig. Eine mit § 18 Z 1 Sbg GSG 1970 vergleichbare Bestimmung, mit der der darin erhobene Beseitigungs‑ und Unterlassungsanspruch des Jagdpächters der ausschließlichen Kompetenz der Verwaltungsbehörde zugewiesen wäre, sieht das NÖ Jagdgesetz 1974 nicht vor.
[14] Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO ist der Revisionsrekurs der Klägerin daher zurückzuweisen (§ 526 Abs 2 Satz 1 ZPO).
[15] Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Der Beklagte hat in seiner Revisionsrekursbeantwortung ausdrücklich auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses der Klägerin hingewiesen.
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