European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2022:0100OB00001.22B.0329.000
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 576,82 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 96,14 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
[1] Mit Alleinvermittlungsauftrag vom 10. Juli 2017 beauftragten die Beklagten die in Ungarn ansässige Klägerin als Immobilienmaklerin mit der Vermittlung des Verkaufs einer in ihrem Eigentum stehenden, im Burgenland gelegenen, Liegenschaft um 150.000 EUR (Verhandlungsbasis). Der Alleinvermittlungsauftrag war bis 9. Jänner 2018 befristet und sollte danach als unbefristeter schlichter Maklervertrag weitergelten. Für die Dauer des Alleinvermittlungsauftrags verpflichteten sich die Beklagten, der Klägerin jene Personen bekannt zu geben, die sich direkt an sie wenden; die Klägerin verpflichtete sich ihrerseits, nach Kräften tätig zu werden. Die Verkäuferprovision wurde mit (netto) 3 % des Kaufpreises festgelegt. Nach den weiters vereinbarten „Besonderen Provisionsvereinbarungen“, die im Wesentlichen die in § 15 Abs 1 und – während der Dauer des Alleinvermittlungsauftrags – Abs 2 MaklerG angeführten Tatbestände umfassten, hat die Klägerin Anspruch auf diese Provision auch im Fall eines fehlenden Vermittlungserfolgs.
[2] Mit Kaufvertrag vom 11. Dezember 2017 verkauften die Beklagten die Liegenschaft um 155.000 EUR an P* und V*, die ihnen von einem anderen, nicht von ihnen beauftragten Immobilienmakler namhaft gemacht worden waren. Vom Verkauf (und den Interessenten) informierten die Beklagten die Klägerin erst nachträglich, wobei die Zweitbeklagte dem Geschäftsführer der Klägerin telefonisch zusicherte, er werde „seine Provision schon bekommen“. Das verstand der Geschäftsführer der Klägerin so, dass die Beklagten die Verkäufer- und die Käuferprovision zahlen werden. Tatsächlich bezahlten sie aber nur den von der Klägerin in der Folge eingeklagten Betrag (von 5.400 EUR brutto an Verkäuferprovision) laut den „Besonderen Provisionsvereinbarungen“.
[3] Das Erstgericht wies das auf Zahlung auch der Käuferprovision gerichtete Klagebegehren ab, weil keine Rechtsgrundlage bestehe, auf deren Basis die Beklagten dazu verpflichtet seien.
[4] Das Berufungsgerichtgab der Berufung der Klägerin nicht Folge. Ein Anerkenntnis liege nicht vor, weil die Äußerung der Zweitbeklagten nur dahin habe verstanden werden können, dass die in den „Besonderen Provisionsvereinbarungen“ vereinbarte Provision und nicht auch eine Käuferprovision bezahlt werde. Da die Äußerung nur mündlich erfolgt sei, könne darin nach § 31 Abs 1 Z 3 KSchG auch keine wirksame „besondere Vereinbarung“ gelegen sein. Auch Schadenersatz scheide als Anspruchsgrundlage aus, weil ein solcher nur dann zustehen könne, wenn die Absicht der Beklagten allein darauf gerichtet gewesen wäre, die Klägerin um ihre Provision zu bringen, was sich dem festgestellten Sachverhalt aber nicht entnehmen lasse. Besondere, gegen Treu und Glauben verstoßende Gründe habe die Klägerin nicht konkret behauptet und lägen auch nicht vor, wenn der Auftraggeber vom späteren Interessenten einen höheren Kaufpreis erhalte.
[5] Die Revision ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob der Auftraggeber bei einem entgeltlichen Alleinvermittlungsauftrag Schadenersatz in Form der Zahlung auch der Käuferprovision leisten müsse, wenn er den Kauf mit einem anderen Makler abwickle.
Rechtliche Beurteilung
[6] Die von den Beklagten beantwortete Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO abhängt.
[7] Die Revision spricht zwei Bereiche an: Zum einen habe das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen, dass der Auftraggeber schon nach allgemeinen Grundsätzen schadenersatzpflichtig werde, wenn er seine Pflichten gegenüber dem Makler verletze. Das sei hier der Fall, weil die Beklagten den Verkauf der Liegenschaft im Bewusstsein des Inhalts und der Bedeutung des Alleinvermittlungsauftrags mit einem anderen Makler abgewickelt und die Klägerin dadurch um einen sicheren Verdienst gebracht hätten. Die Klägerin habe daher infolge Verstoßes der Beklagten gegen den Alleinvermittlungsauftrag sowie gegen Treu und Glauben Anspruch auf Schadenersatz in Form der entgangenen Käuferprovision. Zum anderen habe die Klägerin die Zusage der Zweitbeklagten, wonach sie ihre Provision schon bekommen werde, als (konstitutives) Anerkenntnis eines „über den Alleinvermittlungsauftrag hinausgehenden“ Schadenersatzanspruchs verstanden. Eventualiter lasse sich daraus eine „besondere Vereinbarung“ im Sinne der Entscheidung 10 Ob 75/07p ableiten.
[8] 1. Voranzustellen ist, dass die Anwendung österreichischen Sachrechts im bisherigen Verfahren zwar nicht thematisiert wurde, zwischen den Parteien aber auch nicht strittig ist (vgl RS0040169 [T3]).
2. Schadenersatzrecht als Anspruchsgrundlage
[9] 2.1. Schon das Berufungsgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass der Auftraggeber bei einem Verstoß gegen den Alleinvermittlungsauftrag – wie bei jeder anderen schuldhaften Vertragsverletzung auch – dem Vermittlergegenüber schadenersatzpflichtig werden kann (2 Ob 135/14p; Gartner/Karandi, MaklerG3 § 14 Rz 9; Limberg in GeKo Wohnrecht II § 14 MaklerG Rz 8). Die Schadenersatz-ansprüche des Maklers können dabei auch die Provision der Gegenseite (hier also die Käuferprovision) umfassen, wenn diese vom Schutzzweck des eigenen Maklervertrags umfasst war (Fromherz, MaklerG § 7 Rz 180). Die Beurteilung, wie weit der Schutzzweck eines singulären Vertrags geht, wirft regelmäßig keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung auf (RS0017850 [T12]).
[10] 2.2. Nach den vertraglichen Vereinbarungen hätten die Beklagten die Tätigkeit des anderen, nicht von ihnen beauftragten Maklers nicht zum Selbstabschluss nutzen dürfen, sondern der Klägerin die späteren Erwerber bekannt geben müssen. Diese hätte sodann Abschlussverhandlungen mit den Interessenten führen und dabei die sie treffenden besonderen Treuepflichten (RS0062783 [T1]) beachten müssen. Sie hätte also nicht ihre eigenen Interessen vor jene der Beklagten stellen, mit anderen Worten den Abschluss nicht von der Zahlung einer (Käufer-)Provision abhängig machen dürfen. Schon aufgrund dieser gegenläufigen Interessen liegt die vom Käufer zu entrichtende Provision nicht im Schutzbereich des zwischen der Klägerin und den Beklagten geschlossenen Maklervertrags (vgl Fromherz, MaklerG § 7 Rz 180). Anderes gilt nur, wenn der Vermittler für einen Teil unentgeltlich tätig wird (so 9 Ob 2/18m; Fromherz, MaklerG, § 7 Rz 181) oder wenn im Maklervertrag das Recht des (Allein-)Vermittlers, den Abschluss von einer Provisionsbereitschaft der potentiellen Käufer abhängig zu machen, (besonders) vereinbart wurde. Das ist hier aber nicht der Fall, sodass der geltend gemachte Schadenersatzanspruch nicht vom Schutzzweck des von den Streitteilen geschlossenen Maklervertrags erfasst ist. Vor dem Hintergrund der konkreten vertraglichen Beziehung fehlt es dem Schadenersatzbegehren daher an einer Grundlage.
[11] 2.3. Abgesehen davon führt das den Beklagten vorgeworfene vertragswidrige Verhalten noch nicht zum behaupteten Schaden, weil die Klägerin ohne dieses noch keinen Anspruch auf eine Käuferprovision gehabt hätte. Der Anspruch wäre vielmehr nur dann entstanden, wenn sie das Objekt vermittelt und mit dem Interessenten überdies eine Provisionsvereinbarung getroffen hätte. Dass ihr das ohne das vertragswidrige Verhalten der Beklagten gelungen wäre, steht jedoch nicht fest. Es ist auch nicht davon auszugehen, dassder Erhalt auch einer Käuferprovision nach den typischen Marktverhältnissen praktisch gewiss und insofern schon „sicher“ war (zum Verlust einer Erwerbschance als positiver Schaden RS0111898 [T2]; RS0081773 [T2] ua). Dem geltend gemachten Schadenersatzanspruch fehlt es daher auch insofern an einer Grundlage (vgl 9 Ob 115/04h).
3. Zum behaupteten Anerkenntnis als Anspruchsgrundlage
[12] 3.1. Die in diesem Zusammenhang gerügte Aktenwidrigkeit wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).
[13] 3.2. Ein konstitutives (echtes) Anerkenntnis setzt die – nach der Vertrauenstheorie zu beurteilende (RS0032496 [T5]) – Absicht des Anerkennenden voraus, unabhängig vom bestehenden Schuldgrund eine neue selbständige Verpflichtung zu schaffen (RS0032496 [T1]; RS0032779 [T4]). Ob ein Anerkenntnis vorliegt, ist unter Bedachtnahme vor allem auf die damit verfolgten Zwecke, die beiderseitige Interessenlage und die allgemeine Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses durch Auslegung des Parteiwillens im Einzelfall zu ermitteln (RS0017965; RS0032666 [T13]), sodass regelmäßig keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung iSd § 502 Abs 1 ZPO vorliegt (RS0044468; RS0042776 [T4]).
[14] 3.3. Mit ihrer Ansicht, es komme entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichts nicht auf das mögliche Verständnis eines durchschnittlichen Empfängers der Erklärung der Zweitbeklagten, sondern auf das (subjektive) Verständnis des Geschäftsführers der klagenden Partei an, zeigt diese keine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung auf. Die aus einer Erklärung abzuleitenden Rechtsfolgen sind nämlich nicht danach zu beurteilen, was der Erklärende sagen wollte oder was der Erklärungsempfänger darunter verstanden hat, sondern danach, wie die Erklärung bei objektiver Beurteilung der Sachlage durch einen redlichen, verständigen Menschen zu verstehen war (RS0014205; RS0113932 [T13]). Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht nicht abgewichen; dass das auf dieser Grundlage erzielte Auslegungsergebnis unrichtig ist, wird in der Revision auch nicht behauptet.
4. Zur behaupteten „besonderen Vereinbarung“ als Anspruchsgrundlage
[15] 4.1. Die behauptete (nachträgliche) Änderung der „Besonderen Provisionsvereinbarungen“ scheitert schon daran, dass sich der Erklärung der Zweitbeklagten ein auf Zahlung der „doppelten Provision“ gerichteter Wille nicht entnehmen lässt (siehe oben 3.). Ein auf § 15 MaklerGgestützter Anspruch scheidet daheraus (4 Ob 12/09g; RS0061580 [T4]).
[16] 4.2. Zudem setzt sich die Klägerin auch nicht mit der Ansicht des Berufungsgerichts auseinander, wonach mit Verbrauchern geschlossene Provisionsvereinbarungen für Fälle des fehlenden Vermittlungserfolgs gemäß § 31 Abs 1 KSchG schriftlich getroffen werden müssen (RS0129488).
[17] 5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41 Abs 1 iVm 50 Abs 1 ZPO. Die Beklagten haben auf die fehlende Zulässigkeit der Revision hingewiesen und daher Anspruch auf Kostenersatz (RS0112296).
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