European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:E132593
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass es lautet:
Urkunden:
Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom
29. 08. 2018
Bescheinigungen gemäß dem Sbg. GVG 2001
vom 17. 07. 2020
Abgewiesen wird:
1 Eigentumsrecht – Anmerkung
in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 1 c
1 ANTEIL: ½ D*
GEB: * ADR: *
c 995/2020 Kaufvertrag 2017-11-10
Eigentumsrecht vorgemerkt
Rechtfertigung des vorgemerkten
Eigentumsrechts
2 Eigentumsrecht – Anmerkung
in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 2 c
2 ANTEIL: ½ C*
GEB: * ADR: *
c 995/2020 Kaufvertrag 2017-11-10
Eigentumsrecht vorgemerkt
Rechtfertigung des vorgemerkten
Eigentumsrechts
3 Eigentumsrecht – Anmerkung
in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 1 c
1 ANTEIL: ½ D*
GEB: * ADR: *
c 995/2020 Kaufvertrag 2017-11-10
Eigentumsrecht vorgemerkt
Rechtfertigung des vorgemerkten
Eigentumsrechts
4 Eigentumsrecht – Anmerkung
in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 2 c
2 ANTEIL: ½ C*
GEB: * ADR: *
c 995/2020 Kaufvertrag 2017-11-10
Eigentumsrecht vorgemerkt
Rechtfertigung des vorgemerkten
Eigentumsrechts
5 Eigentumsrecht – Anmerkung
in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 7 c
7 ANTEIL: 1/10 D*
GEB: * ADR: *
c 995/2020 Kaufvertrag 2017-11-10
Eigentumsrecht vorgemerkt
Rechtfertigung des vorgemerkten
Eigentumsrechts
6 Eigentumsrecht – Anmerkung
in EZ * KG *
auf Anteil B-LNR 8 c
8 ANTEIL: 1/10 C*
GEB: * ADR: *
c 995/2020 Kaufvertrag 2017-11-10
Eigentumsrecht vorgemerkt
Rechtfertigung des vorgemerkten
Eigentumsrechts
Der Vollzug und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.
Begründung:
[1] Mit Kaufvertrag vom 10. 11. 2017 erwarben unter anderem die Antragsteller Miteigentum an einer Liegenschaft, die real geteilt werden sollte. Punkt XX. dieses Kaufvertrags lautet:
„XX. Aufsandungserklärung
Die B*-GmbH (idF.: GmbH)[…] erteilt ihre ausdrückliche Zustimmung, dass aufgrund dieses Vertrags ob der Liegenschaft [...] die Vormerkung der Einverleibung des Eigentumsrechts […] eingetragen werden kann.“
[2] Nach Durchführung der Liegenschaftsteilung bekräftigte die GmbH (und nunmehrige Gemeinschuldnerin) in der Erklärung vom 5. 5. 2020 ihre ausdrückliche Zustimmung, dass aufgrund des Kaufvertrags die Vormerkung der Einverleibung des Eigentumsrechts für die Antragsteller (nunmehr auch hinsichtlich der nach Ab- und Zuschreibung neu entstandenen Grundbuchskörper) entsprechend den angeführten Miteigentumsanteilen vorgenommen werden kann.
[3] Zu TZ 995/2020 des Erstgerichts begehrten unter anderem die Antragsteller unter Vorlage des Kaufvertrags vom 10. 11. 2017 (und weiterer Kaufverträge), der Erklärung vom 5. 5. 2020 und des Teilungsplans vom 22. 8. 2018 die Vormerkung ihres Eigentumsrechts an den im Spruch dieser Entscheidung angeführten Miteigentumsanteilen.
[4] Das Erstgericht gab diesem Antrag mit Beschluss vom 25. 5. 2020 statt und bewilligte die Vormerkung des Eigentums für die Antragsteller (und weiterer Käufer). Im Spruch seines Bewilligungsbeschlusses findet sich jeweils der Beisatz „Mangels UB“.
[5] Mit Beschluss des Landesgerichts Salzburg vom 21. 9. 2020 zu 23 S 61/20w wurde über das Vermögen der GmbH das Konkursverfahren eröffnet.
[6] Unter Vorlage der Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom 29. 8. 2018 und weiterer Urkunden (wiederum des Kaufvertrags vom 10. 11. 2017 sowie der Negativbescheinigungen nach dem Sbg GVG 2001) beantragten die Antragsteller die Anmerkung der Rechtfertigung und die Einverleibung ihres Eigentumsrechts an den Liegenschaftsanteilen. Das Erstgericht hat mit seinem Beschluss die Rechtfertigung des vorgemerkten Eigentumsrechts angemerkt und damit das Eigentumsrecht einverleibt.
[7] Dagegen richtete sich der Rekurs des Insolvenzverwalters im Konkurs über das Vermögen der GmbH, dem das Gericht zweiter Instanz nicht Folge gab. Das Rekursgericht bejahte die Rechtsmittellegitimation des Insolvenzverwalters und gelangte rechtlich zum Ergebnis, dass die bei Bewilligung der Vormerkung bereits geprüften Eintragungsvoraussetzungen nicht neuerlich darzulegen seien, weil auch Beschlüsse des Grundbuchsgerichts in formelle und materielle Rechtskraft erwachsen. Aus Anlass eines Antrags auf Rechtfertigung könne daher nur geprüft werden, ob die Urkunde, deren Fehlen bisher dem unbedingten Eintrag entgegenstand, nunmehr vorliege. Die Antragsteller hätten nämlich eine Rechtsposition erlangt, die nur mehr im Umfang des Fehlens der Unbedenklichkeitsbescheinigung überprüft werden dürfe, weswegen Fragen nach einer gültigen Aufsandungserklärung nicht mehr aufgeworfen werden könnten. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil Rechtsprechung fehle, „inwiefern sich die Prüfung bei Anmerkung der Rechtfertigung bei einer Vormerkung des Eigentumsrechts mangels Unbedenklichkeitsbescheinigung tatsächlich nur auf diese Bescheinigung beschränken darf oder inwiefern das Fehlen einer eindeutigen Aufsandungserklärung im Sinn einer Einverleibung des Eigentumsrechts oder das offensichtliche Fehlen der Prüfung grundverkehrsbehördlicher Aspekte anlässlich der Vormerkung nachträglich anlässlich der Anmerkung der Rechtfertigung aufgegriffen werden darf“.
[8] Der vom Insolvenzverwalter erhobene Revisionsrekurs ist zulässig, weil die Entscheidung des Rekursgerichts einer Korrektur bedarf. Er ist auch berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
[9] 1. Nach ständiger Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0121703) ist der Insolvenzverwalter berechtigt und legitimiert, gegen eine der Grundbuchsperre des § 13 IO widersprechende grundbücherliche Eintragung vorzugehen, andere Rechtswirkungen und Rechtsfolgen, die spezifisch durch die Insolvenzeröffnung ausgelöst werden, geltend zu machen und solche Einwände zu erheben, die auch dem Schuldner als Buchberechtigten – ohne Insolvenzeröffnung – selbst noch zugestanden wären. § 13 IO ist auch auf die Rechtfertigung einer vor Insolvenzeröffnung eingetragenen Vormerkung sinngemäß anzuwenden (G. Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht² § 25 GBG Rz 17). Das Gericht zweiter Instanz hat den Rekurs des Insolvenzverwalters daher zutreffend als zulässig erachtet und inhaltlich behandelt.
[10] 2.1 Das Grundbuchsgericht hat gemäß § 94 Abs 1 GBG das Ansuchen und dessen Beilagen einer genauen Prüfung zu unterziehen und darf eine grundbücherliche Eintragung nur dann bewilligen, wenn (unter anderem) das Begehren durch den Inhalt der beigebrachten Urkunden begründet erscheint (Z 3) und die Urkunden in der Form vorliegen, die zur Bewilligung einer Einverleibung, Vormerkung oder Anmerkung erforderlich ist (Z 4).
[11] 2.2 Wenn die beigebrachte Urkunde nicht alle in den §§ 31 bis 34 GBG festgesetzten besonderen Erfordernisse zur Einverleibung, wohl aber die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) zur grundbücherlichen Eintragung besitzt, kann aufgrund der Urkunde gemäß § 35 GBG die Vormerkung bewilligt werden. Nach § 26 Abs 1 GBG können Einverleibungen und Vormerkungen nur aufgrund von Urkunden bewilligt werden, die in der zu ihrer Gültigkeit vorgeschriebenen Form ausgefertigt sind.
[12] 2.3 Die Aufsandungserklärung ist kein allgemeines Erfordernis. Fehlt es an diesem besonderen Erfordernis nach § 32 Abs 1 lit b GBG kommt die Einverleibung des Eigentumsrechts nicht in Betracht, wohl aber ist – im Regelfall als Minus (vgl § 96 GBG) gegenüber einer begehrten Einverleibung – die Vormerkung zu bewilligen (5 Ob 76/07y mwN; vgl auch RS0060665).
[13] 3.1 Beschlüsse des Grundbuchsgerichts erwachsen in formelle und materielle Rechtskraft (RS0041483 [T1]; G. Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht², § 95 GBG Rz 44). Daraus ergibt sich, dass die bei Bewilligung der Vormerkung bereits geprüften Eintragungsvoraussetzungen nicht neuerlich darzulegen sind. Das Grundbuchsgericht ist insoweit an seine frühere Entscheidung gebunden (5 Ob 256/04i mwN). Bei der Beurteilung eines Antrags auf Rechtfertigung ist daher grundsätzlich nur noch zu prüfen, ob die Voraussetzungen, deren Fehlen bisher dem unbedingten Eintrag entgegenstand, nunmehr erfüllt sind (vgl RS0060736 [T4]).
[14] 3.2 Die Vormerkung hat einen bedingten Rechtserwerb oder Rechtsverlust zur Folge. Der Antragsteller wird unter der Bedingung eingetragen, dass später die Rechtfertigung der Vormerkung erfolgt. Rechtfertigung bedeutet, dass die für die Einverleibung noch fehlenden Nachweise nachgereicht werden (Höller in Kodek, Grundbuchsrecht², § 8 Rz 11). Dabei ist die neuerliche Vorlage bereits mit dem Vormerkungsgesuch vorgelegter und vom Gericht bereits geprüfter Urkunden entbehrlich, um insoweit den Rechtfertigungsvorgang zu vereinfachen. Das setzt aber voraus, dass dem Grundbuchsakt, in dem die Vormerkung bewilligt wurde, im einzelnen die der Einverleibung des Rechts entgegenstehenden Mängel zu entnehmen sind und Anhaltspunkte für andere der Rechtfertigung bedürfende Mängel nicht vorhanden waren (RS0060736).
[15] 3.3 Das Begehren auf Einverleibung begreift jenes um Vormerkung stillschweigend in sich, wenn der Antragsteller dies nicht ausdrücklich ausgeschlossen hat (§ 85 Abs 3 GBG). Wird daher das Begehren auf Einverleibung abgewiesen und als Minus die Vormerkung bewilligt, sind alle Gründe anzugeben, die der Bewilligung (der Einverleibung) entgegenstehen (vgl § 95 Abs 3 GBG; RS0029353). Welche Mängel durch die Rechtfertigung zu beseitigen sind, ergibt sich damit aus den Gründen der Vormerkung (anstelle der beantragten Einverleibung). Die Rechtfertigung erfolgt dann aufgrund jener Urkunden, die bei der ursprünglichen Antragstellung gefehlt haben bzw jener Urkunden in der erforderlichen Form, an der es ursprünglich mangelte (Verweijen in Kodek, Grundbuchsrecht² § 41 GBG Rz 1).
[16] 4. Die Antragsteller haben zu TZ 995/2020 ausdrücklich nur die Vormerkung ihres (anteiligen) Eigentumsrechts, nicht aber dessen Einverleibung begehrt. Das Erstgericht hat diesem Antrag stattgegeben, nicht aber die Vormerkung als Minus bewilligt und seinen Beschluss auch nicht ausdrücklich begründet (zur Zulässigkeit dieser Vorgangsweise bei Bewilligungsbeschlüssen siehe G. KodekaaO § 95 GBG Rz 26). Da das Grundbuchsgericht nicht mehr oder etwas anderes bewilligen darf, als die Partei angesucht hat, auch wenn sich nach den beigebrachten Urkunden zu einem ausgedehnteren oder anderen Begehren berechtigt wäre (§ 96 Abs 1 GBG; RS0060665), war der Prüfungsgegenstand aufgrund des ausdrücklich auf Bewilligung der Vormerkung gerichteten Antrags auf die für diese Eintragung notwendigen Erfordernisse beschränkt. Ungeachtet des Verweises im Spruch seiner Entscheidung „Mangels UB“ konnte das Erstgericht daher nur über die allgemeinen Erfordernisse (§§ 26, 27 GBG) zur grundbücherlichen Eintragung, nicht aber über die besonderen Erfordernisse eines unbedingten Rechtserwerbs absprechen. Von der Rechtskraft der Entscheidung des Erstgerichts zu TZ 995/2020 sind daher nur jene Voraussetzungen erfasst, die das Gesetz für die Vormerkung (Pränotation) verlangt. Eine das Grundbuchsgericht bindende Entscheidung über die darüber hinaus für eine Einverleibung erforderlichen Voraussetzungen liegt entgegen der Ansicht des Rekursgerichts demgegenüber nicht vor.
[17] 5. Daraus folgt zu den vom Rekursgericht als erheblich erachteten Rechtsfragen:
[18] 5.1 Nach der Rechtsprechung des Fachsenats ist die Vormerkung ausgeschlossen, wenn weder ein rechtskräftiger grundverkehrsbehördlicher Genehmigungsbescheid oder ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid, wonach ein Rechtserwerb genehmigungsfrei zulässig ist, vorliegt (RS0060427; https://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=Justiz&Gericht=&Rechtssatznummer=RS0060311&Rechtssatz=&Fundstelle=&AenderungenSeit=Undefined&SucheNachRechtssatz=True&SucheNachText=False&GZ=&VonDatum=&BisDatum=06.05.2021&Norm=&ImRisSeitVonDatum=&ImRisSeitBisDatum=&ImRisSeit=Undefined&ResultPageSize=100&Suchworte=&Position=1&SkipToDocumentPage=true&ResultFunctionToken=82e632c6-c252-4d2a-b71c-47fc8b292849&Dokumentnummer=JJR_19570904_OGH0002_0070OB00281_5700000_002 ). Die Antragsteller haben die erforderlichen Bescheinigungen nach dem Salzburger Grundverkehrsgesetz erst mit ihrem Antrag auf Rechtfertigung vorgelegt, sodass die Vormerkung des Eigentumsrechts für die Antragsteller nicht bewilligt hätte werden dürfen. Dass das Erstgericht dem darauf gerichteten Begehren dennoch stattgegeben hat, kann infolge der Rechtskraft seiner Entscheidung auf Vormerkung aus Anlass des Gesuchs auf Rechtfertigung entgegen dem Standpunkt des Insolvenzverwalters aber nicht mehr aufgegriffen werden.
[19] 5.2 Da Gegenstand der ursprünglichen Beschlussfassung nur ein Antrag auf Vormerkung war, ist das für den unbedingten Rechtserwerb erforderliche besondere Erfordernis der Aufsandungserklärung im Verfahren auf Rechtfertigung zu prüfen. Fehlte es in den ursprünglich vorgelegten Urkunden an diesem besonderen Erfordernis nach § 32 Abs 1 lit b GBG, erfolgt die Rechtfertigung aufgrund einer zur Einverleibung geeigneten Erklärung dessen, gegen den die Vormerkung bewilligt worden ist (§ 41 lit a GBG).
[20] 5.3 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats führen durch den Urkundeninhalt erweckte und nicht restlos beseitigte Zweifel daran, ob eine ausdrückliche Aufsandungserklärung vorhanden ist, zur Abweisung des Grundbuchsgesuchs (RS0060642). Für die Einverleibungen aufgrund von Privaturkunden ist die genau auf diese Eintragungsart bezogene Aufsandungserklärung erforderlich (5 Ob 131/17a mwN). Die Antragsteller haben ihrem Gesuch auf Rechtfertigung neuerlich den Kaufvertrag vom 10. 11. 2017 angeschlossen. Nach der darin enthaltenen Erklärung erteilt die Liegenschaftseigentümerin (und nunmehrige Gemeinschuldnerin) ihre Zustimmung, dass „aufgrund dieses Vertrags ob der Liegenschaft […] die Vormerkung der Einverleibung des Eigentumsrechts […] eingetragen werden kann“. Unklar bleibt, auf welche Eintragungsart (Vormerkung oder Einverleibung) sich diese Erklärung bezieht, sodass keine taugliche Rechtfertigung im Sinn des § 41 GBG vorliegt.
[21] 6. Dem Rekurs des Insolvenzverwalters ist damit Folge zu geben und das Gesuch der Antragsteller auf Rechtfertigung der Vormerkung abzuweisen.
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