European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0110OS00047.21B.0617.000
Spruch:
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Gründe:
[1] Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 8. Mai 2019, GZ 121 Hv 9/18g‑877, wurde Bernhard W***** jeweils eines Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB, der Untreue nach § 153 Abs 1, Abs 3 zweiter Fall StGB sowie der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1, 161 Abs 1 StGB schuldig erkannt und hiefür (in Anwendung des § 28 StGB) nach § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt.
Rechtliche Beurteilung
[2] Dagegen erhob der Genannte Nichtigkeitsbeschwerde sowie Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe. Erstere wurde mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 16. September 2020, AZ 15 Os 40/20a, zurückgewiesen. Letzterem Rechtsmittel gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 5. Februar 2021, AZ 21 Bs 307/20f, nicht Folge.
[3] Mit dem auf die genannten Entscheidungen bezogenen Antrag auf Erneuerung des Strafverfahrens wendet der Verurteilte Verletzungen des Art 6 Abs 1 MRK und des Art 4 des 7. ZPMRK ein.
[4] Für einen – wie hier – nicht auf ein Urteil des EGMR gestützten Erneuerungsantrag (RIS‑Justiz RS0122228) gelten die gegenüber jenem Gerichtshof normierten Zulässigkeitsvoraussetzungen der Art 34 und Art 35 MRK sinngemäß (RIS‑Justiz RS0122737, RS0128394).
[5] Hiervon ausgehend ist ein solcher Antrag in Strafsachen, in denen der Oberste Gerichtshof zur Entscheidung in zweiter Instanz berufen war, insoweit schon deshalb unzulässig (vgl RIS‑Justiz RS0122737 [T23, T37, T39]; 13 Os 75/15a):
[6] Denn entweder stimmt der Antrag „im Wesentlichen“ mit einer schon zuvor vom Obersten Gerichtshof geprüften „Beschwerde“ überein (Art 35 Abs 2 lit b erster Fall MRK) oder der Instanzenzug wurde – horizontal oder vertikal (RIS‑Justiz RS0122737 [T13]) – nicht ausgeschöpft (Art 35 Abs 1 MRK).
[7] Soweit der Antrag (mit Bezug auf den Beschluss des Obersten Gerichtshofs) erstmals einen – nicht schon in Übereinstimmung mit den innerstaatlichen Verfahrensvorschriften im Instanzenzug geltend gemachten – Verstoß gegen das Verbot der doppelten Strafverfolgung (Art 4 Abs 1 des 7. ZPMRK) behauptet, weil die vom Schuldspruch umfassten „Vorfälle“ in einem vorangegangenen Verwaltungsstrafverfahren „abgehandelt“ worden seien, steht ihm die horizontale Nichterschöpfung des Rechtswegs entgegen.
[8] Die Sanktionsfrage betreffende Umstände, die nicht Gegenstand einer Sanktionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) sind, sondern in den Bereich der Berufung fallen, können mit dem innerstaatlich subsidiären Rechtsbehelf eines Erneuerungsantrags ohne vorherige Anrufung des EGMR nicht geltend gemacht werden (RIS‑Justiz RS0125371, eingehend 11 Os 106/09m, 108/09f; jüngst 11 Os 78/20k EvBl‑LS 2021/44).
[9] Genau dies trifft auf den (mit Bezug auf das Berufungsurteil des Oberlandesgerichts erhobenen) Einwand zu, Art 6 Abs 1 MRK sei verletzt, weil weder „die überlange Verfahrensdauer als Strafmilderungsgrund herangezogen“ noch „das lange Zurückliegen der Tat“ „ausreichend in der Strafbemessung berücksichtigt“ worden sei.
[10] Dass ausdrückliche Anerkennung eines – bei unverhältnismäßig langer Verfahrensdauer (§ 34 Abs 2 StGB) nicht eo ipso zu bejahenden (RIS‑Justiz RS0132858) – Konventionsverstoßes und dessen Ausgleich durch messbare Strafreduktion (RIS-Justiz RS0114926 [T3]) zu Unrecht unterblieben wären, wird übrigens nicht ausdrücklich behauptet. Ebenso wenig, dass – wie zur horizontalen Rechtswegerschöpfung erforderlich – entsprechendes Rechtsmittelvorbringen erstattet worden wäre (dazu im gegebenen Zusammenhang 14 Os 12/12i und Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 724).
[11] Soweit sich das Vorbringen (explizit auch) auf das erstinstanzliche Urteil bezieht, verfehlt der Antrag zufolge Notwendigkeit vertikaler Erschöpfung des Rechtswegs den Anfechtungsgegenstand.
[12] Der Antrag war daher schon nach nichtöffentlicher Beratung als unzulässig zurückzuweisen (§ 363b Abs 1, Abs 2 StPO).
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