OGH 5Ob170/20s

OGH5Ob170/20s20.4.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Mag. C***** L*****, vertreten durch Dr. Christine Kolbitsch, Dr. Heinrich Vana, Mag. Marina Breitenecker, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegnerin H***** GmbH, *****, vertreten durch die Engin‑Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG iVm § 16 MRG, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Mai 2020, GZ 38 R 304/19s‑13, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom 11. September 2019, GZ 35 Msch 10/19z‑7, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0050OB00170.20S.0420.000

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Rekursgerichts wird aufgehoben und diesem wird die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der Antragsgegnerin aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

[1] Die Antragsgegnerin ist Eigentümerin eines Hauses im 2. Gemeindebezirk Wiens (*****). Die Antragstellerin war von Jänner 2013 bis März 2018 Mieterin einer im Dachgeschoss dieses Hauses gelegenen Wohnung.

[2] Zum Zeitpunkt der Anmietung verfügte die Wohnung der Antragstellerin über eine Nutzfläche von 66,67 m² und bestand aus einem Vorraum, einem WC, einem Bad, einer Küche, einem Zimmer und zwei Abstellräumen. In diesem Bereich des Dachgeschoßes bestand ursprünglich eine Waschküche samt Bügelbereich und WC, die erst aufgrund einer Baubewilligung aus dem Jahr 1962 in eine Wohnung („Ledigenraum“) umgewandelt wurde.

[3] Die Antragstellerin begehrte die Überprüfung der Zulässigkeit des vereinbarten Hauptmietzinses.

[4] Das Erstgericht stellte die Höhe des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses, die Teilunwirksamkeit der Mietzinsvereinbarung sowie die Tatsache und das Ausmaß der Überschreitung des gesetzlich zulässigen Hauptmietzinses in näher bezeichneten Mietzinszeiträumen fest. Zudem verpflichtete es die Antragsgegnerin zur Rückzahlung des Überschreitungsbetrags samt gestaffelter Zinsen.

[5] Die aufgrund der Baubewilligung aus dem Jahr 1962 vorgenommene Umwandlung der Waschküche in einen Wohnraum sei keine Neuschaffung einer Wohnung iSd § 16 Abs 1 Z 2 MRG, die die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses erlaube. Nach den festgestellten Plänen sei dafür lediglich eine (isolierte) Wand hochgezogen worden, die die Einheit vom restlichen Dachboden trenne. Vorraum, WC und die Wand zwischen dem Wohnraum und dem nunmehrigen Bad seien schon vorhanden gewesen, bestehen geblieben und lediglich ergänzt worden. Maßgebliche Mietzinsobergrenze sei daher der Richtwertmietzins. Die Wohnung sei mangels einer Etagenheizung oder gleichwertigen stationären Heizung der Kategorie B zuzuordnen. Aus der Gegenüberstellung der Zuschläge und Abschläge ergebe sich ein Zuschlag von insgesamt 11,5 %; weiters seien ein Lagezuschlag, der Befristungsabschlag und die Wertsicherung zu berücksichtigen.

[6] Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragsgegnerin Folge und hob den Sachbeschluss des Erstgerichts auf.

[7] Die Umgestaltung der Waschküche auf der Grundlage der Baubewilligung aus dem Jahr 1962 habe den Tatbestand nach § 16 Abs 1 Z 2 MRG verwirklicht. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in älteren Entscheidungen zu Vorgängerbestimmungen die Entfernung eines gemauerten Waschküchenkessels und die Verlegung eines Holzbodens (2 Ob 810/53) sowie die Umgestaltung von bis dahin zu Abstellzwecken verwendeten Dachbodenräumlichkeiten unter Beibehaltung der äußeren und inneren Gestaltung insbesondere auch der Wände, Decken und Fenster, trotz Erneuerung der elektrischen Leitung und Austausch des Holzfußbodens durch einen Parkettfußboden (2 Ob 505/81), nicht als Neuschaffung qualifiziert. Anders als in der auch vom Erstgericht herangezogenen Entscheidung zu 2 Ob 810/53 sei hier aber nach den – durch das Einbeziehen des Plans in den Sachbeschluss – getroffenen Feststellungen nicht nur eine zusätzliche Wand, sondern daran anschließend zwei kleine Räume errichtet, ein Vorraum geschaffen und ein Bad eingebaut worden. Außerdem seien die Fenster vergrößert worden. Bis dahin habe auf der Ebene des Dachbodens lediglich eine Waschküche und davon durch eine Wand getrennt ein Bügelraum sowie neben dem Dachbodeneingang ein WC bestanden. Der Waschküchenbereich sei damit vor seiner baulichen Veränderung weder zu Wohn‑, noch zu Geschäftszwecken geeignet gewesen. Zwar erreiche die Umgestaltung damit nicht das Ausmaß wie beim umfangreichen und tiefgreifenden Umbau einer Fabrikshalle in ein Wohngebäude mit Büros und Garagen (5 Ob 174/15x), doch habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass eine Neuschaffung von Bestandräumlichkeiten nicht bereits dann verneint werden könne, wenn irgendein umbauter Raum aus dem Altbestand vorhanden gewesen sei, weil ein solcher auch bei einem Dachbodenausbau, der als Neuschaffung von Bestandräumen anzusehen sei, vorliege (7 Ob 343/97k). Der Begriff der Neuschaffung eines Mietgegenstands sei zwar restriktiv zu verstehen, doch sei dieses Kriterium dann erfüllt, wenn durch bauliche Maßnahmen Mietgegenstände gewonnen werden, die bisher überhaupt nicht zur Verfügung gestanden oder zur Verwendung als Wohnräume oder Geschäftsräume nicht geeignet gewesen seien. Dies treffe auf das hier zu beurteilende Objekt im Sinn einer Neuschaffung zu, weil hier in einem bis dahin allgemein genutzten Teil des Dachbodens ein Mietobjekt geschaffen worden sei.

[8] Das Erstgericht habe ausgehend von seiner vom Rekursgericht nicht geteilten Rechtsansicht keine Feststellungen zum angemessenen Mietzins getroffen. Dazu werde es im fortgesetzten Verfahren ein Gutachten einzuholen haben.

[9] Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil der Frage der Abgrenzung zwischen einer bloßen Umgestaltung und der Neuschaffung von Mietgegenständen im Zusammenhang mit einem Dachbodenausbau über den Einzelfall hinaus Bedeutung zukomme.

[10] Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin. Sie beantragt, den Beschluss des Rekursgerichts abzuändern und den Sachbeschluss des Erstgerichts – mit der Maßgabe der Berichtigung der in ihrer Rekursbeantwortung aufgezeigten Schreib‑ und Rechenfehler – zu bestätigen. Hilfsweise stellt sie Aufhebungs‑ und Zurückverweisungsanträge.

[11] Die Antragsgegnerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, in eventu diesem nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

[12] Der Revisionsrekurs ist zulässig, weil dem Rekursgericht bei der Beurteilung des Vorliegens des Tatbestands des § 16 Abs 1 Z 2 zweiter Fall MRG eine aufzugreifende Fehlbeurteilung unterlaufen ist. Er ist aus diesem Grund auch – im Sinn des Aufhebungsantrags – berechtigt.

[13] 1. Nach § 16 Abs 1 Z 2 zweiter Fall MRG darf ein angemessener Hauptmietzins vereinbart werden, wenn der Mietgegenstand aufgrund einer nach dem 8. 5. 1945 erteilten Baubewilligung durch Um‑, Auf‑, Ein‑ oder Zubau neu geschaffen worden ist.

[14] 2. Die erste Voraussetzung ist verwirklicht: Die Baubewilligung wurde unstrittig im Jahr 1962 erteilt. Strittig ist, ob die von der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin aufgrund dieser Baubewilligung vorgenommenen Baumaßnahmen als Neuschaffung des Mietgegenstands zu qualifizieren sind.

[15] 3.1. Nach den vom Erstgericht (zum Teil disloziert) getroffenen Feststellungen befand sich im Dachgeschoß des Hauses eine Waschküche samt Bügelbereich und ein WC. Der Waschküchen‑ und Bügelbereich wurde im Zug der Umbauarbeiten im Jahr 1962 entfernt und in einen „Ledigenraum“ umgewandelt. Dazu wurde eine (isolierte) Wand hochgezogen, die die Wohnung vom restlichen Dachboden trennt. Vorraum, WC und die Wand zwischen dem Wohnraum mit dem nunmehrigen Bad waren schon vorhanden, blieben bestehen und wurden nur ergänzt. Das Rekursgericht ergänzte diesen Sachverhalt unter Hinweis auf die vom Erstgericht durch Einbeziehung des Plans getroffenen Feststellungen. Demnach seien nicht nur eine zusätzliche Wand, sondern daran anschließend zwei kleine Räume errichtet, ein Vorraum geschaffen, ein Bad eingebaut und die Fenster vergrößert worden. Bis dahin habe auf der Ebene des Dachbodens lediglich eine Waschküche und davon durch eine Wand getrennt ein Bügelraum sowie neben dem Dachbodeneingang ein WC bestanden. Aus diesen Feststellungen zog das Rekursgericht die – offenkundig rechtliche – Schlussfolgerung, dass dieser Bereich des Dachbodens vor seiner baulichen Veränderung weder zu Wohn-, noch zu Geschäftszwecken geeignet gewesen sei.

[16] 3.2. Die Antragstellerin rügt, die vom Rekursgericht ergänzend getroffenen Feststellungen stünden mit den Akten der Schlichtungsstelle, des Erstgerichts sowie mit sich selbst im Widerspruch. Dem in den Sachbeschluss integrierten Plan sei nämlich zu entnehmen, dass die den Vorraum bildenden Wände sowie die Verbindungstüre zur Waschküche zumindest überwiegend bereits vor den baulichen Arbeiten 1962 bestanden und diesen Vorraumbereich zur Waschküche schon damals räumlich abgetrennt hätten. Von einer „Schaffung“ eines neuen Vorraums könne also keine Rede sein. Auch die Feststellung des Einbaus eines Badezimmers sei mit den aus dem Plan ersichtlichen Arbeiten nicht in Einklang zu bringen und daher aktenwidrig. Es sei lediglich ein 3,3 m2 großer Waschbereich vom Bügelraum abgetrennt und eine verflieste Duschwand installiert worden; eine Wasserentnahmestelle, nämlich eine Badewanne, sei bereits vor den Umbauarbeiten vorhanden gewesen. Aus dem Plan gehe also hervor, dass vor den Arbeiten 1962 bereits zwei abgegrenzte Räume, ein WC und eine Wasserentnahmestelle vorhanden gewesen seien. Aufgrund der festgestellten Nutzung des Bestandobjekts als Waschküche und Bügelraum sei außerdem evident, dass die Räume nicht nur mit fließendem Wasser inklusive sämtlichen notwendigen Anschlüssen, sondern auch mit Strom versorgt gewesen seien.

[17] 3.3.  Die Fragen, ob das Rekursgericht den festgestellten Plan in den von der Antragstellerin kritisierten Punkten richtig gelesen hat, und ob und inwieweit sich die verbale Beschreibung des Umfangs der Arbeiten, die notwendig waren, um einen dem Einreichplan konformen Zustand der Wohnung herzustellen, und die Beschreibung der Antragstellerin semantisch unterscheiden, können auf sich beruhen. Denn auch unter Zugrundelegung der die Feststellungen des Erstgerichts ergänzenden Objektbeschreibung des Rekursgerichts hat dieses die Rechtslage – wie die folgenden Erwägungen zeigen – unrichtig rechtlich beurteilt.

[18] 4.1. Eine Neuschaffung von Mietgegenständen iSd § 16 Abs 1 Z 2 zweiter Fall MRG liegt nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nur dann vor, wenn durch bauliche Maßnahmen Mietgegenstände gewonnen wurden, die bisher überhaupt nicht zur Verfügung standen oder zur Verwendung als Wohnräume oder Geschäftsräume nicht geeignet waren (RIS‑Justiz RS0069647, RS0070741).

[19] 4.2. Zur Auslegung des § 16 Abs 1 Z 2 MRG konnte der Oberste Gerichtshof dabei auf die zu den Vorgängerbestimmungen des § 1 Abs 2 Z 1 MG aF und § 1 Abs 3 Z 1 MG idF MRÄG ergangene Rechtsprechung zurückgreifen (RS0069650, RS0107093). Ausgehend von deren Zweck, im Interesse der Linderung der Raumnot die Bautätigkeit zur Schaffung neuer Wohnräume und Geschäftsräume durch Befreiung dieser Räume von den Beschränkungen des MG anzuregen (RS0067050, RS0067416), legte die Rechtsprechung diesen Vorgängerbestimmungen ein sehr restriktives Verständnis zugrunde. So wurden etwa der Umgestaltung eines Magazins in eine Wohnung (1 Ob 931/25 SZ 7/362), eines Holzschupfens in ein Geschäftslokal (3 Ob 290/29 SZ 11/100) und eines Pferdestalls in Wohnräume (1 Ob 463/29 SZ 11/118) ebenso wenig als Neuschaffung eines Mietgegenstands qualifiziert wie die Umgestaltung einer zu Abstellzwecken verwendeten Dachbodenräumlichkeit in eine abgeschlossene Mansardenwohnung (2 Ob 505/81 = RS0067412). Auch die Umwandlung einer den Mietern zur Verfügung stehenden Waschküche in Wohnraum war bereits Gegenstand älterer Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs (vgl RS0067114). Zu 2 Ob 810/53 (JBl 1954, 438) sah dieser den Umbau einer Waschküche durch Herausreißen des Waschkessels und des Ziegelfußbodens nicht als Neuschaffung von Räumen an, zu 3 Ob 570/76 (SZ 49/72) den Umbau eines ursprünglich als Waschküche benützten Hofgebäudes.

[20] 4.3. Der Begriff der Neuschaffung eines Mietgegenstandes iSd § 16 Abs 1 Z 2 MRG ist – nach wie vor – streng auszulegen (RS0070741 [T2], RS0069647 [T4]). Es muss sich um die Gewinnung neuen und nicht bloß um eine (noch so aufwendige) bauliche Umgestaltung schon vorhandenen Raumes für Wohn‑ und Geschäftszwecke handeln. Dass bereits vorhandene Gebäudeteile für die Gewinnung eines bisher nicht existent gewesenen Mietgegenstands verwendet wurden, schließt die Neuschaffung nicht aus (7 Ob 552/82 = RS0066957 [T2]). Eine Neuerrichtung des Mietgegenstands kann also auch dann zu bejahen sein, wenn „alte“ Gebäudeteile, denen unter dem Aspekt der Vermietbarkeit keine selbstständige Bedeutung zukommt, einbezogen wurden (4 Ob 2273/96k, 5 Ob 152/10d = RS0066957 [T5]). Das Vorliegen der Neuschaffung von Bestandräumlichkeiten kann also nicht allein deshalb verneint werden, wenn überhaupt irgendein umbauter Raum aus dem Altbestand als „Außenhaut“ bestehen bleibt (7 Ob 343/97k = RS0109215). Die Neuschaffung eines Mietgegenstands setzt aber mehr voraus als die Umstrukturierung einer Räumlichkeit durch das Entfernen und/oder Aufstellen von Zwischenwänden (RS0070738) und/oder den Einbau von zeitgemäßen Sanitärräumlichkeiten und Versorgungseinrichtungen (5 Ob 174/15x, 5 Ob 141/08h = RS0069647 [T6]). Ebenso wenig kann die Zusammenlegung mehrerer Räume zu einem einheitlichen Bestandobjekt und/oder der Einbezug von bisher allgemeinen Teilen als Neuschaffung eines Mietgegenstands angesehen werden (7 Ob 616/82 MietSlg 35.497; 4 Ob 549/83 = RS0067461; 5 Ob 33/80 MietSlg 33.263).

[21] 4.4. Ausgehend von diesem restriktiven Verständnis (auch) der jüngeren Rechtsprechung verneinte der Oberste Gerichtshof eine Neuschaffung etwa auch in dem Fall eines aufwendigen Dachgeschoßausbaus, bei dem ein früheres Großraumbüro durch das Aufstellen von Zwischenwänden in acht Wohnungen gegliedert und die Versorgungseinrichtungen auf den Stand der Technik gebracht wurden (5 Ob 141/08h). Dort blieb zwar der Baukörper als Altbestand erhalten, aber die gesamte Dachkonstruktion wurde erneuert. Die vorhandenen Glastrennwände wurden entfernt, Wohnungstrennwände aus starken Gipskartonwänden eingezogen und innerhalb der Wohnungen nicht tragende Gipskartonständerwände aufgebaut. Die Böden wurden komplett ab der Rohdeckenkante mit Dämmung, Estrich und Fußbodenbelag erneuert. Es wurde Raum für den Aufzug und für den Gang, durch den die Wohnungen erschlossen werden, abgetrennt, neue Fenster und Wohnungseingangstüren eingesetzt, eine Fernwärmeheizung installiert, in jede Wohnung ein Bad und WC installiert, in der Küche Boden und Wand verfliest sowie die Anschlussmöglichkeiten geschaffen. Sämtliche Elektroinstallationen und die Kanalleitung wurden erneuert (5 Ob 141/08h). Hingegen wurde der Umbau einer leerstehenden Fabrikshalle in Wohnungen in zwei Fällen als Neuerrichtung qualifiziert. Bei dem zu 7 Ob 343/97k beurteilten Umbau einer Fabrikshalle in Wohnungen blieben im Wesentlichen nur das Stiegenhaus, das Dach und die Zwischendecken erhalten. Zu 5 Ob 174/15x wurde eine Fabrikshalle in ein Wohngebäude mit Büros, Garagen und diversen Nebenräumen umgewandelt. Diese Umgestaltung einer Fabriks‑ oder Produktionshalle sei auch deshalb kein Fall einer reinen Adaptierung eines bereits vorhandenen zu Wohn- oder Geschäftszwecken geeigneten Mietgegenstands, weil die errichteten Räumlichkeiten auch ein loftähnliches, den Charakter einer ursprünglichen Fabrikshalle erhaltendes Erscheinungsbild vermissen ließen.

[22] 5.1. Vor dem Hintergrund dieser von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze und den bisherigen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs in den mehr oder weniger vergleichbaren Einzelfällen sind die Voraussetzungen für eine Neuschaffung eines Mietgegenstands iSd § 16 Abs 1 Z 2 zweiter Fall MRG hier nicht erfüllt. Die Umwandlung des früheren Waschküchen- und Bügelbereichs ging über die bauliche Umgestaltung eines vorhandenen, für Wohn‑ und/oder Geschäftszwecke nicht von vornherein unbrauchbaren Raums nicht hinaus.

[23] 5.2. (Auch) das Kriterium der fehlenden Eignung für Wohn‑ und Geschäftszwecke wird restriktiv im Sinn von „völlig unbenützbar“ oder „für den bestimmungsgemäßen Zweck unbrauchbar“ verstanden (RS0069647 [T7]). Die Eignung für Wohn- oder Geschäftszwecke ist dabei nicht nach der tatsächlichen Verwendung, sondern nach dem objektiven Zustand der Räume zu beurteilen (vgl zu § 17 Abs 2 MRG: RS0070105, RS0069814 [T9]). Eine Wohnung ist jeder selbstständige und in sich baulich abgeschlossene Teil eines Gebäudes, der geeignet ist, der Befriedigung des individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen (RS0079355); auf den Ausstattungszustand der Wohnung kommt es für diese Beurteilung nicht entscheidend an (5 Ob 152/10d). Dass unter Wohnungen im Sinn des MRG insbesondere auch Substandardwohnungen zu verstehen sind, ergibt sich aus § 15a Abs 1 Z 4 MRG (RS0069367 [T4]), wonach im System des Kategoriemietzinses eine Wohnung der Ausstattungskategorie D zuzuordnen ist, wenn sie weder über eine Wasserentnahmestelle noch über ein Klosett im Inneren verfügt oder bei ihr eine dieser beiden Einrichtungen unbrauchbar ist. Für die Brauchbarkeit eines Raumes für Geschäftszwecke genügt schon dessen Eignung für geschäftliche Lagerzwecke (vgl zu § 17 Abs 2 MRG: RS0069897 [T1]).

[24] 5.3.  Nach den unstrittigen tatsächlichen Gegebenheiten verfügte die Räumlichkeit vor den baulichen Maßnahmen im Jahr 1962 über ein WC im Inneren, zwei durch eine Wand getrennte Räume und über einen Strom- und Wasseranschluss. Die rechtliche Schlussfolgerung des Rekursgerichts, diese Räumlichkeiten seien vor Durchführung der Arbeiten im Jahr 1962 für Wohn‑ oder Geschäftszwecke ungeeignet gewesen, trifft daher nicht zu. Zur Begründung seiner Auffassung (und zur Abgrenzung gegenüber der zu 2 Ob 810/53 beurteilten Umwandlung einer Waschküche) hob das Rekursgericht Baumaßnahmen hervor, die die Veränderung der Raumaufteilung und Raumstruktur sowie den Einbau von zeitgemäßen Sanitärräumlichkeiten betreffen. Beides ist für die Subsumtion unter § 16 Abs 1 Z 2 MRG aber nicht ausschlaggebend. Mit den Fällen der Umgestaltung eines Fabriksgebäudes sind die hier zu beurteilenden Umbaumaßnahmen, wie das Rekursgericht ohnedies richtig erkannt hat, nicht vergleichbar.

[25] 5.4. Zusammengefasst zeigt sich daher, dass der Mietgegenstand entgegen der Rechtsauffassung des Rekursgerichts im Jahr 1962 nicht iSd § 16 Abs 1 Z 2 MRG neu geschaffen wurde und daher nicht der angemessene Mietzins, sondern der Richtwertmietzins die maßgebliche Mietzinsobergrenze bildet.

[26] 6.1. Die Antragsgegnerin machte in ihrem Rekurs (auch) die Mangelhaftigkeit des Verfahrens geltend. Das Erstgericht habe die Bestimmung des § 273 ZPO zu Unrecht angewendet und Beweisanträge ignoriert oder zu Unrecht abgewiesen. Das Gericht hätte zur Ermittlung des Lagezuschlags und zur Einstufung der Ausstattungskategorie ein Gutachten eines Sachverständigen einholen, einen namhaft gemachten Zeugen zur Frage der Ausstattung der Wohnung einvernehmen müssen. Doch selbst ohne derartige Beweisanträge wäre das Erstgericht gemäß § 16 AußStrG verpflichtet gewesen, durch ein Sachverständigengutachten, zumindest aber durch einen Lokalaugenschein eine hinreichende Entscheidungsgrundlage zu schaffen. Das Erstgericht habe außerdem gegen seine Anleitungs‑ und Belehrungspflicht gemäß § 14 AußStrG iVm §§ 182 und 182a ZPO verstoßen und eine unzulässige Überraschungsentscheidung getroffen.

[27] 6.2. Das Rekursgericht hat diese Rekursgründe – ausgehend von seiner vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht, den mit dem Richtwertmietzins verbundenen Fragen fehle es an der Relevanz – nicht geprüft. Sein Sachbeschluss ist daher aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an dieses zurückzuverweisen.

[28] 7. Der Kostenvorbehalt beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Erst mit der endgültigen Sachentscheidung sind die gebotenen Billigkeitserwägungen möglich.

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