OGH 8Ob97/20b

OGH8Ob97/20b23.2.2021

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Tarmann-Prentner und Mag. Korn, den Hofrat Dr. Stefula und die Hofrätin Mag. Wessely-Kristöfel als weitere Richter in der Insolvenzsache der Schuldnerin R***** OG, *****, nunmehr vertreten durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in Graz, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Schuldnerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 19. März 2019, GZ 3 R 33/19a, 3 R 34/19y, 3 R 35/19w, 3 R 36/19t, 3 R 38/19m, 3 R 39/19h und 3 R 40/19f‑137, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2021:0080OB00097.20B.0223.000

 

Spruch:

1. Die Anträge auf Einleitung eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art 267 AEUV und eines Gesetzesprüfungsverfahrens gemäß Art 89 B‑VG werden zurückgewiesen.

2. Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

[1] Mit den im vorliegenden Rechtsmittelverfahren gegenständlichen Beschlüssen hat das Erstgericht

I. den Antrag der Schuldnerin auf Eigenverwaltung zurückgewiesen (ON 7);

II. dem Masseverwalter einen Gläubigerausschuss beigegeben (ON 16);

III. dem Schuldnervertreter den Auftrag erteilt, eine Gläubigerliste vorzulegen, die Massebestände einzuzahlen und eine Fragenliste des Masseverwalters zu diversen Massebestandteilen zu beantworten (ON 16);

IV. die Inventarisierung von Fahrnissen der Schuldnerin gemäß § 96 Abs 1 IO angeordnet (ON 42);

V.-VII.: Anträge der Schuldnerin, das Gericht möge sich mit näher genannten Gesetzesbestimmungen und behaupteten Betrugshandlungen des Insolvenzantragstellers „auseinandersetzen“, zurückgewiesen (ON 58 bis 60).

[2] Das Rekursgericht gab den Rechtsmitteln der Schuldnerin gegen die zu I. und III. bis VII. genannten Beschlüsse nicht Folge und wies den Rekurs gegen den Beschluss II. zurück. Weiters wies es den Antrag der Rekurswerberin, dem Verfassungsgerichtshof „§ 169 IO zur Prüfung der Verfassungskonformität vorzulegen“, zurück.

[3] Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs (hinsichtlich II.) nicht zulässig sei.

[4] In ihrem als „außerordentliche Revision“ bezeichneten Revisionsrekurs bekämpft die Schuldnerin die gesamte Entscheidung des Rekursgerichts.

Rechtliche Beurteilung

[5] 1. Die Anfechtungsbeschränkungen des § 528 ZPO gelten auch im Insolvenzverfahren (§ 252 IO; RIS‑Justiz RS0044101 [T15]). Ein Revisionsrekurs ist daher – wie bereits das Rekursgericht ausgesprochen hat – jedenfalls unzulässig, wenn der angefochtene Beschluss zur Gänze bestätigt wurde. Der absolute Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 2 Z 2 ZPO geht der weiteren Zulässigkeitsvoraussetzung nach § 528 Abs 1 ZPO vor und verhindert jede Anfechtung des voll bestätigenden rekursgerichtlichen Beschlusses (RS0112314 [T5]; 8 Ob 148/18z). In dieser Konstellation kommt auch ein „außerordentliches“ Rechtsmittel nicht in Betracht. Ein Ausnahmefall im Sinne des § 528 Abs 2 Z 2 zweiter Halbsatz ZPO liegt hier nicht vor.

[6] Soweit sich der Revisionsrekurs gegen die zweitinstanzliche Bestätigung der Beschlüsse I. und III. bis VII. des Erstgerichts wendet, ist er daher als absolut unzulässig zurückzuweisen.

[7] 2. Das Rekursgericht hat die Zurückweisung des Rekurses der Schuldnerin gegen den Beschluss auf Beigebung eines Gläubigerausschusses damit begründet, dass die Insolvenzordnung dem Schuldner weder im Zusammenhang mit der Bestellung noch mit der Enthebung einzelner Mitglieder des Gläubigerausschusses ein Antragsrecht einräume, weshalb ihm in diesen Angelegenheiten auch kein Rekursrecht zustehe.

[8] Der Revisionsrekurs stellt überhaupt nicht in Frage, dass diese Rechtsansicht mit dem Gesetz und mit der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RS0126390; RS0116022) in Einklang steht. Er gesteht zu, dass der Revisionsrekurs in diesem Punkt „unzulässig und eventuell als Anregung zu werten ist“ (Rekurspunkt 66.) und führt aus, dass das Rechtsmittel zur Demonstration der Nichtzustimmung der Schuldnerin erhoben werde.

[9] Eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO wird damit nicht einmal behauptet.

[10] 3. Eine Verfahrenspartei hat nach ständiger Rechtsprechung keinen Anspruch, die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof oder eines Vorabentscheidungsverfahrens vor dem EuGH durch das Gericht zu beantragen (RS0056514, RS0058452, RS0053805). Insoweit bedarf es auch keiner Begründung, aus welchen Erwägungen es das Gericht nicht für geboten erachtet, die Einleitung eines Gesetzesprüfungsverfahrens zu erwirken (RS0053805 [T7]).

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