European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127851
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde die Unterbringung des Thomas K* in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB angeordnet.
Danach hat er am 17. April 2019 in der Justizanstalt S* unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit höheren Grades beruht, nämlich einer paranoid-halluzinatorischen Schizophrenie, einer Störung durch multiplen Substanzkonsum im Sinn einer Polytoxikomanie und einer kombinierten Persönlichkeitsstörung mit dissozialen querulatorischen Anteilen, zwei im Urteil namentlich genannte Justizwachebeamte durch die Äußerung, er werde im Haftraum „alles kurz und klein schlagen“, sohin durch gefährliche Drohung, zu einer Amtshandlung, nämlich zu seiner Verlegung von der Krankenabteilung in einen anderen Haftraum, zu nötigen versucht, und somit eine Tat begangen, die als Vergehen des Widerstands gegen die Staatsgewalt nach §§ 15, 269 Abs 2 letzter Fall (iVm Abs 1 erster Satzteil) StGB mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.
Rechtliche Beurteilung
Die dagegen aus Z 5, 9 lit a und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.
Mit der Behauptung eines „Widerspruchs“ (Z 5 dritter Fall) zwischen den Erwägungen zum Wortlaut der vom Betroffenen geäußerten Drohung (er werde „im Haftraum alles kurz und klein schlagen“, „Sachen kaputt machen“ oder „alles kurz und klein schlagen“; US 2, 4, 7) und der – auch zur Begründung des Bedeutungsinhalts der Äußerung (vgl RIS‑Justiz RS0092437 [T4]) herangezogenen – schriftlichen Meldung von Ordnungswidrigkeiten, nach der der Beschwerdeführer ankündigte, „den Haftraum in zwei Minuten kurz und klein zu schlagen“, spricht die Mängelrüge keine miteinander unvereinbaren Begründungselemente in Bezug auf eine entscheidende Tatsache an. Denn die Tatrichter gingen nicht – wie die Beschwerde an anderer Stelle aus einer (solches nicht zum Ausdruck bringenden) Passage der rechtlichen Beurteilung (US 9) ableitet – von einer Drohung mit einer Verletzung am Körper, sondern - mit hinreichender Deutlichkeit – (nur) von der Ankündigung einer Sachbeschädigung aus (US 2, 4, 7 und 9), welche Annahme beide Formulierungen zu tragen vermögen.
Aus welchem Grund die konstatierte (letztlich durch Zerschlagen eines Waschbeckens verdeutlichte; US 4) Äußerung bei gebotener Anlegung eines objektiv-individuellen Maßstabsnicht geeignet sein sollte, den Adressaten begründete Besorgnis einzuflößen, der Betroffene sei willens und in der Lage, das angekündigte Übel, nämlich eine Verletzung von Vermögen des Staates, für welches die bedrohten Justizwachebeamten verantwortlich waren, herbeizuführen (vgl dazu 9 Os 49/82; Hochmayr/Schmoller SbgK § 269 Rz 45; allgemein Danek/Mann in WK2 StGB § 269 Rz 61, 63/1; Jerabek/Ropper in WK² StGB § 74 Rz 27 und 32), legt die Beschwerde (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a; vgl RIS‑Justiz RS0092448, RS0092538) nicht dar.
Mit ihrer Behauptung, der Beschwerdeführer hätte „durch Zerschlagen des Waschbeckens“ lediglich das – als Anlasstat nach § 21 Abs 1 StGB nicht geeignete – Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB begangen (der Sache nach erneut Z 9 lit a), orientiert sie sich nicht am festgestellten Sachverhalt und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).
Der Vorwurf von Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) richtet sich ausdrücklich gegen die Annahme der Zurechnungsunfähigkeit zum Tatzeitpunkt. Insoweit wird die Beschwerde unzulässig (§ 433 Abs 1 StPO iVm § 282 StPO) zum Nachteil des Betroffenen ausgeführt (RIS‑Justiz RS0124358, RS0126727; Ratz in WK² StGB Vor §§ 21 bis 25 Rz 15).
Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) vermisst Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf die Beamteneigenschaft der Bedrohten und deren Nötigung zu einer Amtshandlung, legt jedoch nicht dar, aus welchem Grund die Konstatierungen, nach denen die Drohung gegenüber Justizwachebeamten als „Verantwortlichen“ der Justizanstalt mit dem Ziel geäußert wurde, diese dadurch zur Verlegung des Betroffenen in einen anderen Haftraum zu veranlassen (US 2 iVm US 4 und 7 f), für die vorgenommene Subsumtion nicht ausreichen, mit anderen Worten weshalb es insoweit einer exakten juristischen Wertung der Begriffe und nicht lediglich eines Erkennens deren sozialen Sinngehalts und des bloß laienhaften Bewusstseins des spezifischen Unwerts der vom Betroffenen intendierten Rechtsgutsverletzung bedürfen sollte (RIS‑Justiz RS0088928; Danek/Mann in WK2 StGB § 269 Rz 67).
Wie die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall) an sich zutreffend ausführt, kann der in Anspruch genommene Nichtigkeitsgrund in Bezug auf die Gefährlichkeitsprognose nur dann vorliegen, wenn eine der in § 21 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person, Zustand des Rechtsbrechers und Art der Tat) vernachlässigt wird oder die aus diesen Erkenntnisquellen gebildete Feststellungsgrundlage die Prognoseentscheidung als willkürlich erscheinen lässt (RIS‑Justiz RS0113980, RS0118581; Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 717 ff).
Indem die Beschwerde aber im Folgenden bloß hervorhebt, dass die Drohung der Anlasstat nicht gegen die körperliche Integrität von Personen gerichtet war, wovon die Tatrichter – wie oben ausgeführt entgegen der Interpretation des Beschwerdeführers – ohnehin ausgingen, und das Gutachten des dem Verfahren beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen unter Hinweis darauf, dass der Beschwerdeführer „gegenüber Menschen bis dato noch nie aggressiv geworden (nie physisch auf Leute losgegangen)“ sei und auch noch niemals „unter dem Einfluss seiner Krankheit strafrechtlich gehandelt, geschweige denn Handlungen mit schweren Folgen vorgenommen“ habe, als zur Fundierung der Prognoseentscheidung ungeeignet erachtet, wird weder das Übergehen einer Erkenntnisquelle behauptet, noch Willkür im oben dargelegten Sinn aufgezeigt, sondern bloß ein Berufungsvorbringen zur Darstellung gebracht (vgl erneut RIS‑Justiz RS0118581 [insb T11]).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung.
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