OGH 4Ob30/20w

OGH4Ob30/20w21.2.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schwarzenbacher, Hon.‑Prof. Dr. Brenn, Priv.‑Doz. Dr. Rassi und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A ***** GesmbH, *****, vertreten durch Prof. Dr. Johannes Hintermayr und andere Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagten Parteien 1. T***** OG, 2. M***** B*****, 3. A***** K*****, alle *****, vertreten durch Dr. Johannes Öhlböck, LL.M., Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seiten der Beklagten A***** K***** vertreten durch Dr. Horst Mayr, Rechtsanwalt in Vorchdorf, wegen 1.000 EUR, Unterlassung, Beseitigung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 35.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. Dezember 2019, GZ 3 R 145/19t‑52, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:0040OB00030.20W.0221.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Die Klägerin ist Berechtigte der unter anderem für Taxidienste eingetragenen Wort-Bild-Marke:

und der Wortmarke „DRIVING YOUR BUSINESS“. Sie betreibt unter ihrer Firma sowie auch nur unter dem Markenbestandteil bzw dem Firmenschlagwort „Taxicompany“ das Taxi- und Mietwagengewerbe an den Standorten Vöcklabruck, Attnang-Puchheim und Lenzing.

Die Erstbeklagte ist Inhaberin von Taxikonzessionen an den Standorten Attnang-Puchheim, Vöcklabruck, Timelkam, Schwanenstadt und St. Georgen im Attergau. Der Zweit- und der Drittbeklagte sind die persönlich haftenden Gesellschafter der Erstbeklagten. Diese führt als Firmennamen die Phantasiebezeichnung „Taxi A Max“. Die Beklagten buchten auf www.google.at unter anderem die (im Hintergrund laufenden) „Keywords“ (Schlüsselwörter) „Vöcklabruck“, „Taxi“, „Taxi Vöcklabruck“ sowie „Taxicompany“ bzw „Taxicompany Vöcklabruck“. Mit Hilfe dieser Schlüsselwörter können Werbetreibende bei der Anzeigengestaltung steuern, welche Suchanfragen auf Google ein Anzeigeergebnis auslösen können.

Im Verfahren vor den Vorinstanzen blieb letztlich unstrittig, dass auf www.google.at bei der Eingabe der Suchwörter „Taxicompany“, „Taxicompany Vöcklabruck“ oder der klägerischen Firma (wegen der von den Beklagten gebuchten Schlüsselwörter) die auf Google angezeigte Website der Erstbeklagten an erster Stelle der Trefferliste ohne aufklärenden Hinweis aufschien, dass diese Anzeige bzw die Website mit der Klägerin nichts zu tun hat. Nach Einleitung des Prozesses gaben die Beklagten die Verwendung des Schlüsselworts „Taxicompany“ auf.

Die Erstbeklagte wirbt auf ihrer Website ua auch wie folgt:

Das Berufungsgericht verbot der Erstbeklagten, 1. den Namen „Taxicompany“ mit oder ohne die Zusätze „Vöcklabruck“ und/oder „Taxi“ im Internet als Schlüsselwörter und/oder Anzeige für Taxidienstleistungen zum Auffinden der eigenen Website www.amaxtaxi.at oder einer Folgewebsite, insbesondere über Internetsuchmaschinen, zu verwenden, wenn aus der Anzeige, der Website oder Folgewebsite nicht oder nur schwer erkennbar ist, dass zwischen der Klägerin und den Beklagten keine wirtschaftliche Verbindung besteht und 2. für Taxidienstleistungen in das klägerische Kennzeichen „DRIVING YOUR BUSINESS“ durch Verwendung der Wortfolge „we drive your business“ oder eines sinngleichen Slogans einzugreifen. Dem Zweit- und Drittbeklagten verbot das Berufungsgericht, sich an diesen Eingriffen zu beteiligen. Überdies verurteilte das Berufungsgericht die Beklagten zum Schadenersatz an die Klägerin im Ausmaß von 500 EUR. Schließlich wurde der Klägerin die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung erteilt.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten zeigen in ihrer außerordentlichen Revision keine Rechtsfragen in der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:

Zum Markenbestandteil „Taxicompany“:

1. Das Berufungsgericht hat mit ausführlicher Begründung den Firmen- und Markenbestandteil „Taxicompany“ für sich allein als unterscheidungskräftig und damit schutzfähig beurteilt. Gegen dieses Ergebnis wird im Rechtsmittel nicht näher argumentiert.

2. Nach der Rechtsprechung greift die durch die Verwendung einer Marke (eines Markenbestandteils) als Schlüsselwort generierte Werbung eines Dritten in die Rechte des Markeninhabers nur dann nicht ein, wenn aus dieser Werbung für einen normal informierten und angemessen aufmerksamen Internetnutzer leicht zu erkennen ist, dass die in der Anzeige beworbenen Waren oder Dienstleistungen weder vom Inhaber der Marke noch von einem mit ihm wirtschaftlich verbundenen Unternehmen stammen (RS0126119).

3.1 Das Berufungsgericht hat – zutreffend im Rahmen der rechtlichen Beurteilung (RS0075798, RS0043640) – diese leichte Erkennbarkeit verneint bzw damit die Irreführungseignung der angegriffenen Werbemethoden bejaht. Der in der Revision dazu erhobene Vorwurf, dass das Berufungsgericht unter Verletzung des Unmittelbarkeits-grundsatzes von den erstgerichtlichen Feststellungen abgegangen sei, hat keine Grundlage und kann daher die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen. Weder die Berücksichtigung des im erstinstanzlichen Verfahrens zur Erkennbarkeit unbestritten gebliebenen Vorbringens der Klägerin noch die Bedachtnahme auf die im erstgerichtlichen Verfahren vorgelegten Urkunden (RS0121557) erfordern die amtswegige Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung.

3.2 Die hier beweisbelastete Klägerin (vgl RS0011634) hat die Irreführungseignung unter Hinweis auf die oben referierte Rechtsprechung ausdrücklich vorgebracht. Die Beklagten haben dazu nichts Substantielles eingewandt. Im Umstand, dass sich das Berufungsgericht dem Standpunkt der Klägerin angeschlossen hat, liegt keine nach § 182a ZPO verbotene Überraschungsentscheidung. Das wäre nur dann der Fall, wenn die vom Gericht seiner Entscheidung zugrundegelegte Rechtsauffassung von keiner der beiden Parteien ins Treffen geführt und damit der Gegenseite keine Gelegenheit zur Stellungnahme geboten wurde (RS0037300 [T2, T16]).

4. Abgesehen davon, dass neues Tatsachenvorbringen zur (fehlenden) Irreführungseignung schon wegen des Verstoßes gegen das Neuerungsverbot die Zulässigkeit der Revision nicht stützen kann, hängt die Klärung der Irreführungseignung einer Werbung stets von den Umständen des Einzelfalls ab (RS0121500), sodass die weiteren Ausführungen zu den im Anlassfall gebuchten Schlüsselwörter bzw zur Internetadresse der Erstbeklagten auch deshalb keine Frage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufwerfen.

5.1 Auch der Hinweis auf die Entscheidung des BGH I ZR 125/07 Bananabay II kann die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht stützen. In dieser Entscheidung erachtete der BGH die Verwendung einer fremden Marke als Schlüsselwort dann als zulässig, wenn die Marke nicht im Text der Anzeige aufscheint. Der vom BGH zu beurteilende Fall war davon geprägt, dass Google die von dem beklagten Werbenden vorgegebene Adwords-Anzeige auf der Internetseite rechts neben der Trefferliste in einem gesonderten Bereich anzeigte, der mit „Anzeigen“ überschrieben ist.

5.2 Damit ist diese Entscheidung nicht einschlägig. Zum einen erschien die Werbung der Beklagten nicht in einem von der Trefferliste räumlich getrennten, entsprechend gekennzeichneten Werbeblock. Vielmehr ging es hier (nur) um die eigentliche Trefferliste. Zum anderen schien der klägerische Markenbestandteil „Taxicompany“ auch direkt bei jenem Treffer auf, der die Website der Erstbeklagten betrifft.

Zur Marke: „DRIVING YOUR BUSINESS“:

6. Vom Rechtsmittel wird ausdrücklich festgehalten, dass dem Zeichen ein ausreichendes Mindestmaß an Unterscheidungskraft zukommt.

7. Die Beklagten beschränken sich in diesem Zusammenhang auf die Frage, ob der von ihnen beworbene Spruch „we drive your business“ der klägerischen Marke verwechselbar ähnlich sei. Auch damit wird keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht. Zwar verweisen die Beklagten zutreffend auf die Rechtsprechung, wonach bei Wortzeichen die Ähnlichkeit im Wortbild, im Wortklang und im Wortsinn bestehen kann. Die Verwechslungsgefahr ist in der Regel dabei schon dann zu bejahen, wenn die Ähnlichkeit nur nach einem der drei Kriterien gegeben ist (RS0079190 [T22]). Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält sich freilich im Rahmen dieser Rechtsprechung und bedarf schon deshalb keiner Korrektur.

8. Die in diesem Zusammenhang gerügte Mangelhaftigkeit des Verfahrens wurde geprüft, sie liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Die Ausführungen unter 3. gelten entsprechend.

9. Die angefochtene Entscheidung hängt insgesamt von den Besonderheiten der Fallgestaltung ab, weshalb keine erhebliche Rechtsfrage vorliegt (vgl RS0102181).

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