OGH 6Ob202/19b

OGH6Ob202/19b23.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny und die Hofrätin Dr. Faber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P* als Insolvenzverwalter im Konkurs über das Vermögen der R* GmbH & Co KG, *, vertreten durch Rechtsanwälte Waldbauer, Paumgarten, Naschberger & Partner in Kufstein, gegen die beklagte Partei F* GmbH & Co KG, *, Deutschland, vertreten durch Dr. Stefan Gloyer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 25.669,65 EUR sA, über den Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 29. August 2019, GZ 2 R 111/19v‑12, womit der Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom 1. Juli 2019, GZ 14 Cg 10/19v‑8, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127489

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Über das Vermögen der R* GmbH & Co KG (im Folgenden Schuldnerin), mit Sitz in *, wurde mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom * das Insolvenzverfahren eröffnet und Mag. P*, zum Insolvenzverwalter bestellt.

Bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens hat die Schuldnerin auf Basis eines Franchisevertrags mit der B* GmbH in Tirol vier B*-Lokale betrieben. Einziger Komplementär der Schuldnerin war die R* GmbH (im Folgenden R* GmbH), mit Sitz in *.

Die beklagte Partei hat ihren Sitz in L*, Deutschland. Einziger Komplementär der beklagten Partei ist die S* GmbH, deren geschäftsführender Alleingesellschafter A* ist. Die beklagte Partei hat gemeinsam mit Dr. M* (durch die diesem zuzurechnende M* KG) und M* H* mit Abtretungsverträgen vom 12. 3. 2015 sämtliche Kommanditanteile der Schuldnerin sowie – in anderer Zusammensetzung – auch sämtliche Geschäftsanteile an deren Komplementär-GmbH (R* GmbH) erworben und übernommen. Ab diesem Zeitpunkt waren die beklagte Partei mit einem Kommanditanteil im Ausmaß von 42 % an der Schuldnerin sowie A* im Ausmaß von 5 % an der Schuldnerin und mit 10 % an deren Komplementär-GmbH beteiligt; zum Geschäftsführer der beklagten Partei wurde M* H*, zu ihrem Prokuristen Dr. M* bestellt.

Am Tag, an dem die Abtretungsverträge unterzeichnet wurden, wurde zwischen der Schuldnerin, bereits vertreten durch deren neuen Geschäftsführer M* H*, und der beklagten Partei, vertreten durch A*, ein „Geschäftsbesorgungsvertrag über Verwaltungsvergütung“ abgeschlossen. Gemäß dessen Präambel „wäre eine Übernahme der Gesellschaftsanteile [an der Schuldnerin] durch die weiteren Gesellschafter“ ohne Beteiligung der beklagten Partei „unmöglich gewesen“. „Aus diesem Grund erhält die Investorin [= die beklagte Partei] eine feste Verwaltungsgebühr“, die mit monatlich 8.555,56 EUR festgesetzt wurde und von der Schuldnerin ab August 2015 gezahlt werden sollte. Diese feste Verwaltungsgebühr soll laut § 1 des Geschäftsbesorgungsvertrags „unabhängig vom tatsächlichen Gewinn“ der Schuldnerin zustehen. „Sollte die Verwaltungsgebühr nicht vom Gewinn gedeckt sein, findet keine Übertragung oder Verrechnung in die darauffolgenden Jahre statt. Auch eine Rückzahlung dieser Vergütung ist ausgeschlossen.“ Gemäß § 3 des Geschäftsbesorgungsvertrags ist eine Kündigung dieser Vereinbarung nur durch einen Gesellschafterbeschluss der Gesellschaft mit mindestens 75 % der Gesellschafterstimmen möglich. Gemäß § 4 Z 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags wurde als Erfüllungsort und Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag sowie über das Zustandekommen dieses Vertrags der Sitz der beklagten Partei vereinbart, soweit dies gesetzlich vereinbart werden kann.

Auf Basis dieses Geschäftsbesorgungsvertrags erhielt die beklagte Partei von der Schuldnerin nachstehende Zahlungen:

04. 09. 2015 8.556,55 EUR

28. 10. 2015 8.556,55 EUR

16. 06. 2016 8.556,55 EUR

gesamt 25.669,65 EUR.

 

Mit der am 4. 2. 2019 beim Landesgericht Innsbruck eingebrachten Klage begehrte der Kläger Rückzahlung des Betrags von 25.669,65 EUR und brachte zusammengefasst vor, die Schuldnerin unterliege den Kapitalerhaltungsvorschriften des GmbH-Gesetzes, weil deren einzige Komplementärin eine GmbH sei. Aus den Saldenlisten sei ersichtlich, dass die Schuldnerin im maßgeblichen Zeitraum nie einen ausschüttungsfähigen Bilanzgewinn ausgewiesen habe. Der Geschäftsbesorgungsvertrag enthalte keinen tauglichen Hinweis auf eine adäquate, fremdübliche Gegenleistung oder sonstige betriebliche Rechtfertigung für die Verwaltungsvergütung, sondern liege geradezu offensichtlich eine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Da mangels Bilanzgewinns eine Gewinnausschüttung nicht zulässig sei, verstießen die unter dem Titel der Verwaltungsvergütung geflossenen Zahlungen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr. Folge der Verletzung des Verbots der Einlagenrückgewähr sei die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, wodurch die beklagte Partei zur unredlichen Besitzerin werde und alle Erträgnisse zu leisten habe. Ansprüche auf Einlagenrückgewähr seien unabhängig von einer Insolvenz und könnten gemäß Art 7 Nr 1 EuGVVO 2012 am Vertragsgerichtsstand, somit am Erfüllungsort, geltend gemacht werden. Der Erfüllungsort bestimme sich nach dem Gesellschaftsvertrag, sei also nach österreichischem Recht zu beurteilen. Bei Anwendung österreichischen Rechts sei Erfüllungsort der Sitz der Gesellschaft, sodass das Landesgericht Innsbruck zuständig sei. Die von der beklagten Partei behauptete Gerichtsstandsvereinbarung sei im vorliegenden Fall nicht relevant, weil der Klagsanspruch keine vertragliche, sondern ausschließlich eine gesetzliche Grundlage (§ 82 GmbHG) habe. Im Übrigen verletze eine Gerichtsstandsvereinbarung, die der Gesellschaft die Durchsetzbarkeit von Ansprüchen aus verbotener Einlagenrückgewähr erschwere, weil der Rechtsstreit nicht am Sitz der Gesellschaft, sondern am Sitz des unzulässigerweise begünstigten Gesellschafters zu führen sei, den Gläubigerschutz. Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung sei ebenso wie die an den Gesellschafter erbrachte Leistung verboten und nichtig.

Die beklagte Partei erhob die Einrede der internationalen Unzuständigkeit und brachte dazu vor, gemäß dem Geschäftsbesorgungsvertrag sei als Erfüllungsort und Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrag sowie über das Zustandekommen dieses Vertrags der Sitz der beklagten Partei vereinbart worden. Da die Zahlungen der Schuldnerin an die beklagte Partei auf Basis des Geschäftsbesorgungsvertrags erfolgt seien, habe der Rechtsstreit seinen Ursprung in diesem Vertragsverhältnis. Auch sei eine Gerichtsstandsvereinbarung, die Teil eines Vertrags sei, als eine von den übrigen Vertragsbestimmungen unabhängige Vereinbarung zu behandeln. Die Gültigkeit der Gerichtsstandsvereinbarung könne daher nicht allein mit der Begründung infrage gestellt werden, dass der Vertrag ungültig sei. Die Klage hätte daher vor dem zuständigen deutschen Gericht erhoben werden müssen.

Das Erstgericht verwarf die Einrede der internationalen Zuständigkeit. Beim auf §§ 82, 83 GmbHG gestützten Rückzahlungsanspruch handle es sich um einen vertraglichen Anspruch iSd Art 7 Nr 1 lit a EuGVVO 2012, der nicht aus dem von den Streitteilen geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag resultiere.

Das Rekursgericht gab dem von der beklagten Partei erhobenen Rekurs Folge, sprach die internationale Unzuständigkeit des Erstgerichts aus und wies die Klage zurück. Eine allfällige Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags schlage wegen des Grundsatzes der „Autonomie der Gerichtsstandsvereinbarung“ nicht auf letztere durch. Aufgrund der Gerichtsstandsklausel bestehe die ausschließliche Zuständigkeit des prorogierten Gerichts in L*.

Nachträglich sprach das Rekursgericht aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der internationalen Zuständigkeit bei Rückforderungsklagen wegen Verstoßes gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr fehle.

Hierzu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

1.1. Zutreffend hat das Rekursgericht erkannt, dass Art 3 EuInsVO keine Grundlage für die internationale Zuständigkeit des Erstgerichts bietet. Im vorliegenden Fall ist, weil das Insolvenzverfahren am 19. 7. 2016 eröffnet wurde, noch die EuInsVO 2000 anzuwenden. Diese enthält im Gegensatz zu EuInsVO 2015 keine ausdrückliche Zuständigkeitsregelung für insolvenznahe Verfahren.

1.2. Gleichwohl entsprach es schon zur EuInsVO aF der Rechtsprechung des EuGH, dass die Zuständigkeitsregel des Art 3 Abs 1 EuInsVO auch auf Klagen anzuwenden sei, die unmittelbar aus diesem Verfahren hervorgehen und mit diesem in engem Zusammenhang stehen (8 Ob 78/09t; EuGH C-339/07 , Seagon/Deko Marty Belgium, EU:C:2009:83, Rz 21).

1.3. Der Begriff dieser Annexverfahren ist nicht näher definiert oder umschrieben. Er ist aber verordnungsautonom auszulegen (3 Ob 202/16a; Klauser in Konecny/Schubert Art 1 EuInsVO Rz 18; Mäsch in Rauscher, EuZVR/EuIPR4 Art 1 EG-InsVO Rz 8). Im Hinblick auf ErwGr 6 der EuInsVO, welcher vorsieht, dass sich die Verordnung gemäß dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz auf Vorschriften beschränken sollte, die die Zuständigkeit für die Eröffnung von Insolvenzverfahren und für die Entscheidung regeln, die unmittelbar aufgrund des Insolvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, ist der Begriff eng auszulegen (3 Ob 202/16a; Mäsch in Rauscher, EuZVR/EuIPR4 Art 1 EG-InsVO Rz 8).

1.4. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist etwa eine Insolvenzanfechtungsklage als insolvenzrechtliche Annexstreitigkeit anzusehen (EuGH C-339/07 , Seagon/Deko Marty Belgium). Auch bei der Unwirksamerklärung einer Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Rahmen eines Konkursverfahrens mit der Begründung, dass der Konkursverwalter, der die Anteile übertragen habe, hiezu nicht befugt gewesen sei, sah der EuGH einen engen Zusammenhang zum Konkursverfahren und eine Ausnahme im Sinn des Art 1 Abs 2 lit b EuGVVO (EuGH C-111/08 , SCT Industri/Alpenblume, EU:C:2009:419; vgl Oberhammer, Zur Abgrenzung von EuGVVO und EuInsVO bei insolvenzbezogenen Erkenntnisverfahren, ZIK 2010, 6). Neuerdings hat der EuGH auch einen Prüfungsprozess als insolvenznah eingestuft (EuGH C-47/18 , Skarb Państwa Rzeczypospolitej Polskiej – Generalny Dyrektor Dróg Krajowych i Autostrad/Stephan Riel).

1.5. Hat eine Klage ihre Grundlage nicht im Insolvenzrecht und setzt sie weder die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens noch die Bestellung eines Insolvenzverwalters voraus (wie etwa eine auf den Eigentumsvorbehalt gestützte Herausgabeklage), ist die bloße Tatsache, dass der Konkursverwalter an dem Rechtsstreit beteiligt ist, nicht ausreichend, um das Verfahren als ein solches anzusehen, das unmittelbar aus dem Konkurs hervorgeht und sich innerhalb des Rahmens eines Konkursverfahrens hält (EuGH C-292/08 , German Graphics/van der Schee, EU:C:2009:544, Rz 32 f). Das ausschlaggebende Kriterium zur Bestimmung des Gebiets, dem eine Klage zuzurechnen ist, ist dabei nicht der prozessuale Kontext, in dem diese Klage steht, sondern deren Rechtsgrundlage. Es ist zu prüfen, ob der zugrunde liegende Anspruch oder die Verpflichtung den allgemeinen Regeln des Zivil- und Handelsrechts entspringt oder aber den abweichenden Sonderregeln für Insolvenzverfahren (3 Ob 202/16a unter Hinweis auf EuGH C-157/13 , Nickel & Goeldner/Kintra, EU:C:2014:2145, Rn 27).

1.6. Der Kläger macht geltend, die in den Jahren 2015/2016 unter dem Titel der Verwaltungsvergütung von der Schuldnerin an die beklagte Partei geflossenen Zahlungen von 25.669,65 EUR sA verstießen gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr (zur analogen Anwendbarkeit der §§ 82 Abs 1 und 83 Abs 1 GmbHG auf Kommanditgesellschaften, bei denen kein unbeschränkt haftender Gesellschafter eine natürliche Person ist: RS0123863), weshalb der Geschäftsbesorgungsvertrag nichtig und die beklagte Partei zur Rückzahlung verpflichtet sei. Aufgrund der gebotenen engen Auslegung fällt eine auf das Verbot der Einlagenrückgewähr gestützte Klage nicht in den Anwendungsbereich der EuInsVO. Die klageweise Geltendmachung dieses Anspruchs steht nicht notwendig mit einem Insolvenzverfahren im Zusammenhang. Dass eine allfällige Zahlungsverpflichtung der beklagten Partei zu einer Erweiterung der Insolvenzmasse führt und eine solche im Insolvenzverfahren aufgrund der Verfügungsbeschränkung für die Schuldnerin vom Insolvenzverwalter durchgesetzt wird, ändert an der Grundlage des geltend gemachten Anspruchs nichts. Diese besteht in einer gegenüber der beklagten Partei vor Insolvenzeröffnung eingegangenen und mit dieser in keinem Zusammenhang stehenden Verpflichtung. Die beklagte Partei hat auch nach dem Vorbringen des Klägers keine Leistungen in das Vermögen der Schuldnerin erbracht, deren Rückforderung auf insolvenzrechtlicher Basis in Betracht käme.

1.7. Damit ist die internationale Zuständigkeit nach der EuGVVO 2012 zu beurteilen.

2.1. Der Kläger stützt sein Rückzahlungsbegehren auf einen Verstoß gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr gemäß §§ 82, 83 GmbHG. Verbotswidrige Rechtsgeschäfte haben die absolute Nichtigkeit zur Folge (vgl auch RS0117033) und führen nach § 83 Abs 1 GmbHG zu einer Rückersatzpflicht des Gesellschafters (Köppl in U. Torggler, GmbHG § 83 Rz 3).

2.2. Gesellschaftsrechtliche Ansprüche unterliegen, sofern sie nicht den Bestand der Gesellschaft betreffen und ihren Grund im Mitgliedschaftsverhältnis haben, dem Vertragsgerichtsstand nach Art 7 Nr 1 EuGVVO (Leible in Rauscher, EuZPR I4 Art 7 EuGVVO Rz 26). Demnach sind nach Auffassung des Oberlandesgerichts München auch Ansprüche auf Rückübertragung unter Verletzung von § 30 dGmbHG entnommener Beträge als vertragliche Ansprüche aus dem Gesellschaftsverhältnis zu qualifizieren und damit unter Art 7 Nr 1 EuGVVO zu subsumieren (OLG München 7 U 2287/06). Erstattungsansprüche nach den §§ 30 f dGmbHG ergeben sich zwar aus dem Gesetz, jedoch stehe das einer Einordnung als Anspruch „aus Vertrag“ iSd Art 5 Nr 1 EuGVÜ (nunmehr Art 7 Nr 1 EuGVVO) nicht entgegen. Das Vorliegen eines Gesellschaftsvertrags sei nämlich zwingende Voraussetzung für das Entstehen dieser Ersatzansprüche (Simotta in Fasching/Konecny 2 Art 5 EuGVVO Rz 58; OLG München, 7 U 2287/06; OLG Jena, 4 U 1774/97; OLG Koblenz NZG 2001, 759; krit Haas, DStR 2002, 144).

2.3. Dieser Auffassung ist zu folgen. Aufgrund der Ähnlichkeit der §§ 30 f dGmbHG zu der hier einschlägigen österreichischen Regelung in §§ 82 f GmbHG sind auch die geltend gemachten Ansprüche gestützt auf das Verbot der Einlagenrückgewähr als (gesellschafts-)vertraglich iSd Art 7 Nr 1 EuGVVO zu qualifizieren.

2.4. Der Anspruch aus Einlagenrückgewähr gemäß § 83 GmbHG ist ein eigenständiger (kapital-)gesellschaftsrechtlicher Anspruch, der mit dem Rückforderungsanspruch nach allgemeinem Bereicherungsrecht konkurriert (6 Ob 110/12p; 6 Ob 48/12w; Bauer/Zehetner in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 83 Rz 37). Wenn im vorliegenden Fall somit Ansprüche nach § 83 Abs 1 GmbHG gegen einen Gesellschafter geltend gemacht werden, handelt es sich dabei gerade nicht um Ansprüche aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag oder aus dessen Rückabwicklung. In diesem Sinne hat auch das Oberlandesgericht München (7 U 2287/06) bei der Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nach der EuGVVO den Erstattungsanspruch nach § 31 dGmbHG als eigenständigen gesellschaftsrechtlichen Anspruch qualifiziert, der funktional dem Einlageanspruch nahe steht und als Wiederaufleben der Einlagepflicht gesehen werden kann und damit unter Art 7 Nr 1 EuGVVO fällt. Einen dahinter allenfalls stehenden Darlehensvertrag hat das Oberlandesgericht München (7 U 2287/06) demgegenüber als irrelevant für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit angesehen.

2.5. Dieses Ergebnis steht auch mit dem Bestreben des EuGH, mitgliedschaftliche Streitigkeiten auch über die Zwangszuständigkeit in Art 24 Nr 2 EuGVVO 2012 hinaus am Sitz der Gesellschaft zu bündeln, in Einklang. So hat der Gerichtshof zu Vereinen judiziert, dass Zahlungsansprüche, die ihre Grundlage in dem zwischen einem Verein und seinen Mitgliedern bestehenden Mitgliedschaftsverhältnis haben, als „Ansprüche aus einem Vertrag“ iSd Art 7 Nr 1 zu qualifizieren sind (vgl EuGH 22. 3. 1983, Rs 34/82 Peters/Zui Nederlande Aanemers Vereniging, EU:C:1983:87, Rz 15).

3.1. Die Gerichtsstandsvereinbarung steht der internationalen Zuständigkeit des Erstgerichts nicht entgegen.

3.2. Die sachliche Reichweite der Gerichtsstandsvereinbarung, also insbesondere die Frage, ob sie nur vertragliche oder auch konkurrierende nichtvertragliche Ansprüche erfassen soll, ist durch Auslegung zu ermitteln (Mankowski in Rauscher, EuZPR I4 Art 25 EuGVVO Rz 208). In diesem Sinn ist grundsätzlich auch die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines Vertrags von der darin enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung erfasst und zwar im Zweifel auch dann, wenn die Vereinbarung nach ihrem Wortlaut nur „für alle Ansprüche aus diesem Vertrag“ gelten soll. Daher ist die vorliegende Klausel in § 4 Z 2 des Geschäftsbesorgungsvertrags, die als Erfüllungsort und Gerichtsstand für sämtliche Streitigkeiten aus dem Vertrag sowie über das Zustandekommen des Vertrags den Sitz der beklagten Partei vorsieht, von ihrer Formulierung her grundsätzlich geeignet, alle denkbaren vertraglichen Streitigkeiten samt konkurrierender nicht-vertraglicher Ansprüche zu erfassen (vgl dazu Mankowski in Rauscher, EuZPR I4 Art 25 EuGVVO Rz 217). Auch der Streit über das Nichtbestehen eines Vertrags (namentlich über dessen Nichtigkeit) ist daher grundsätzlich von der Gerichtsstandsvereinbarung erfasst (6 Ob 19/18i mwN; Mankowski in Rauscher, EuZPR I4 Art 25 EuGVVO Rz 80 uva).

3.3. Im vorliegenden Fall begehrt der Kläger jedoch die Rückzahlung gezahlter Beträge gestützt auf das Verbot der Einlagenrückgewähr des § 83 Abs 1 GmbHG und nicht (primär) die Feststellung der Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags, auf den allein sich die Gerichtsstandsvereinbarung aber bezieht. Die Beklagte könnte sich lediglich als Einwendung auf diesen Vertrag stützen, um das Behalten der ihr zugeflossenen Zahlungen zu rechtfertigen. Damit bildet der Geschäftsführungsvertrag keine Anspruchsgrundlage, sondern lediglich die Grundlage für allfällige Einwendungen der Beklagten. Bloße Einwendungen des Beklagten modifizieren jedoch den Streitgegenstand nicht (vgl auch 6 Ob 130/03s zur Frage, ob bei der Frage, ob zwei Klagen im Sinn der Kernpunkttheorie denselben Streitgegenstand haben, nur die Klageansprüche des jeweiligen Klägers oder auch die vom Beklagten erhobenen Einwendungen zu berücksichtigen sind; so auch EuGH Rs C-39/02 , Maersk/de Haan, EU:C:2004:615, Rz 36; Garber in Mayr, Handbuch des europäischen Zivilverfahrensrecht, Rz 3.727 f; Leible in Rauscher, EuZPR I4 Art 29 EuGVVO Rz 16).

3.4. Darin unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem der Entscheidung des Landesgerichts Mainz (10 HK O 112/04) zugrundeliegenden Fall, in dem ausdrücklich die Feststellung der Nichtigkeit eines Vertrags mit der Begründung begehrt wurde, dieser sei eigenkapitalersetzend.

4.1. Zudem ist die Gerichtsstandsvereinbarung im vorliegenden Fall unwirksam. Zwar erstreckt sich die Unwirksamkeit des Hauptvertrags nicht automatisch auch auf die darin enthaltene Gerichtsstandsklausel („Autonomie der Gerichtsstandsvereinbarung“; 6 Ob 19/18i; Wittwer in Mayr, Handbuch des europäischen Zivilverfahrensrecht, Rz 3.677; Czernich in Czernich/Kodek/Mayr 4 Art 25 Rz 18 f). Dies wurde durch die Einführung des Art 25 Abs 5 in der EuGVVO 2012 im Sinne der schon bisher vertretenen Auffassung klargestellt. Der Ausdruck „Unwirksamkeit“ bezeichnet dabei jegliche Art von Unwirksamkeit im weiten, untechnischen Sinn und erfasst etwa mangelndes Zustandekommen, formelle Unwirksamkeit, materielle Unwirksamkeit, Geschäftsunfähigkeit, sowie Gesetz- oder Sittenwidrigkeit (Mankowski in Rauscher, EuZPR I4 Art 25 EuGVVO Rz 79 aE; Czernich in Czernich/Kodek/Mayr 4 Art 25 Rz 18 f).

5.1. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz kann sich aber ergeben, wenn die Gerichtsstandsvereinbarung selbst nicht wirksam zustande gekommen ist, etwa weil die Gerichtsstandsvereinbarung und der Hauptvertrag an demselben Wirksamkeitsmangel leiden und somit „Fehleridentität“ vorliegt (RS0132040). Fehleridentität liegt etwa dann vor, wenn die den Vertrag abschließende Partei nicht handlungsfähig oder nicht rechtswirksam vertreten war oder wenn der Hauptvertrag an einem grundlegenden Fehler in der Willensbildung, wie einem offenen Dissens leidet oder durch Furchterregung erzwungen wurde (RS0132040 [T1]).

5.2. Gerade der Fall der (behaupteten) fehlenden Vertretungsmacht wird in der Literatur als einer jener Ausnahmefälle gesehen, in denen der geltend gemachte „Fehler“ sowohl die Gerichtsstandsvereinbarung als auch den übrigen Vertragsinhalt erfasst (Schlosser in Schlosser/Hess, EU-Zivilprozessrecht4 Art 25 EuGVVO Rz 39; Czernich in Czernich/Kodek/Mayr,Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht4Art 25 EuGVVO Rz 19; vgl auch 6 Ob 19/18i Punkt 2.7. mwN).

5.3. Ob eine Vertretungsmacht für den Abschluss des gegenständlichen Geschäftsbesorgungsvertrags und der Gerichtsstandsvereinbarung gegeben war, richtet sich nach der Verweisungsbestimmung des Art 25 Abs 1 HS 2 EuGVVO 2012, die die rechtsgeschäftliche Vertretung natürlicher Personen und die Vertretung von juristischen Personen umfasst. Maßgeblich ist daher die Qualifikation und Anknüpfung nach dem Kollisionsrecht der lex fori prorogati (Mankowski in Rauscher, EuZPR I4 Art 25 EuGVVO Rz 50 ff), somit im vorliegenden Fall nach deutschem Recht.

5.4. Nach deutschem IPR unterliegen Fragen der organschaftlichen Stellvertretung, hier im konkreten Fall die Frage des Umfangs der Vertretungsmacht des Geschäftsführers, dem Gesellschaftsstatut (Großfeld in Staudinger, BGB – Internationales Gesellschaftsrecht Rz 279 f), weshalb für die Frage der wirksamen Vertretung das österreichische GmbHG maßgeblich ist.

5.5. Demnach ist die Vertretungsmacht der Geschäftsführer einer GmbH Dritten gegenüber unbeschränkt und unbeschränkbar (§ 20 Abs 2 GmbHG). Die Unbeschränktheit und Unbeschränkbarkeit der organschaftlichen Vertretungsbefugnis dient dem Schutz des rechtsgeschäftlichen Verkehrs, dem die Gesellschaftsinterna in der Regel nicht zugänglich sind. Beim Abschluss von Rechtsgeschäften zwischen der Gesellschaft und ihren Gesellschaftern besteht dieses Schutzbedürfnis nicht, sodass sich die Gesellschafter nicht auf § 20 Abs 2 GmbHG berufen können. Auf die Kenntnis oder die schuldhafte Unkenntnis des Gesellschafters von der Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis kommt es dabei nicht an (s dazu Koppensteiner/Rüffler, GmbHG3 § 20 Rz 22; Enzinger in Straube/Ratka/Rauter, WK GmbHG § 20 Rz 53). Die Vertretungsmacht ist somit bei Geschäften mit Gesellschaftern durch die Geschäftsführungsbefugnis begrenzt. Das Verbot der Einlagenrückgewähr beschränkt dabei in diesem Sinn die Geschäftsführungsbefugnis der Geschäftsführer, weil sie das Unternehmen im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Vorschriften zu führen haben (RS0059774).

5.6. Insofern unterscheidet sich der gegenständliche Fall auch von dem der Entscheidung 6 Ob 19/18i zugrundeliegenden Sachverhalt. Dort war strittig, ob sich die Schädigungsabsicht (auch) auf die Gerichtsstandsvereinbarung bezogen und sich somit der behauptete Missbrauch der Vertretungsmacht durch Kollusion (auch) auf die Gerichtsstandsvereinbarung ausgewirkt hat. Im hier zu beurteilenden Fall fehlt jedoch für den Bereich der Einlagenrückgewähr bei Geschäften mit Gesellschaftern die Vertretungsmacht insgesamt, ohne dass es auf eine solche (für Hauptvertrag und Gerichtsstandsvereinbarung dann womöglich getrennt zu beurteilende, vgl 6 Ob 19/18i) Schädigungsabsicht ankommen würde. Daher kann die Zuständigkeitsvereinbarung im vorliegenden Fall nicht losgelöst vom Hauptvertrag beurteilt werden. Die gegenteilige Auffassung führte im Übrigen dazu, dass das strenge österreichische Kapitalerhaltungsrecht durch Wahl eines Gerichtsstands, in dem dieses nicht in gleicher Weise durchsetzbar ist, unterlaufen werden könnte. Dagegen lässt sich auch nicht einwenden, dass innerhalb der Europäischen Union das Kollisionsrecht ohnedies vereinheitlicht ist, weil dies für das hier zu beurteilende internationale Gesellschaftsrecht gerade nicht zutrifft. Im Ergebnis leiden damit der Hauptvertrag und die Gerichtsstandsvereinbarung an demselben Fehler, nämlich dem Mangel der Vertretungsmacht des Geschäftsführers des Komplementärs der Schuldnerin.

5.7. Damit erweist sich im vorliegenden Fall bei Zugrundelegung des Tatsachenvorbringens des Klägers (auch) die Gerichtsstandsvereinbarung als unwirksam. Ob dieses Vorbringen zutrifft, ist erst auf der Ebene der Entscheidung des Meritums zu prüfen, weil insoweit die Zuständigkeitsfrage untrennbar mit der meritorischen Beurteilung des klägerischen Anspruchs verbunden ist. Insoweit lässt sich die Auffassung zu doppelrelevanten Tatsachen (vgl RS0056159; RS0115860; RS0050455) auf den vorliegenden Fall, in dem nach den Behauptungen des Klägers die Gerichtsstandsvereinbarung Teil eines insgesamt gegen das Verbot der Einlagenrückgewähr verstoßenden und daher nichtigen Vertrags darstellt, übertragen.

7. Zusammenfassend erweist sich der Revisionsrekurs sohin als berechtigt, sodass die zutreffende Entscheidung des Erstgerichts wiederherzustellen war.

8. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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