OGH 7Ob104/19y

OGH7Ob104/19y22.1.2020

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Kalivoda als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Hon.‑Prof. Dr. Höllwerth, Dr. Solé, Mag. Malesich und MMag. Matzka als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H* L*, vertreten durch Mag. Roland Schlegel, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei L* E*, vertreten durch Dr. Markus Fidler, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. April 2019, GZ 38 R 21/19y‑14, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Floridsdorf vom 29. November 2018, GZ 26 C 225/18d‑10, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2020:E127626

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

I. Die Schriftsätze der beklagten Partei vom 26. Juni 2019 („Mitteilung“) und der klagenden Partei vom 2. Jänner 2020 („Bekanntgabe“) werden zurückgewiesen.

II. Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Zu I.:

Jeder Partei steht nur eine einzige Rechtsmittelschrift oder Rechtsmittelgegenschrift zu; weitere Rechtsmittelschriften und Rechtsmittelgegenschriften, Nachträge oder Ergänzungen sind unzulässig (RS0041666).

Zu II.:

Der Beklagte hat vor Jahrzehnten von einem Generalpächter einen in Wien liegenden Kleingarten in Unterpacht genommen. Unter anderem das Grundstück, auf dem sich der Kleingarten des Beklagten befindet, wurde später vom Grundeigentümer an den Generalpächter veräußert. Von diesem erwarb wiederum später die Klägerin das Eigentum an diesem Grundstück. Auf der nunmehr im Alleineigentum der Klägerin stehenden Liegenschaft wurden in der Folge drei Baulose errichtet; die grundbücherliche Durchführung der Grundstücksteilung entsprechend den Baulosen ist erfolgt. Diese Baulose veräußerte die Klägerin an Dritte, die darauf drei Kleinhäuser (Gartensiedlungshäuser) errichten wollen, für welche auch Baubewilligungen erteilt wurden. Die Käufer haben einer Baufirma bereits Bauaufträge erteilt und Anzahlungen geleistet. Der einzige Grund, dass der Baubeginn noch nicht erfolgt ist, ist das aufrechte Bestandverhältnis der Streitteile. Sobald die Liegenschaft bestandfrei ist, könnte die Baufirma innerhalb eines Monats mit dem Bau beginnen, was im Interesse der Käufer liegt, die sowohl bei der Klägerin als auch bei der Baufirma regelmäßig auf einen Baubeginn drängen und so schnell wie möglich mit der Errichtung ihrer Häuser beginnen wollen, die sie als Wohnsitz nutzen wollen. Im Zeitpunkt des Einlangens der vorliegenden Aufkündigung bei Gericht gab es schon den Kaufverträgen entsprechende Vorverträge der Klägerin mit ihren Käufern.

Die Klägerin kündigte den Pachtvertrag am 22. März 2018 für den 30. November 2018, gestützt auf § 6 Abs 2 lit b iVm § 18 KlGG, auf. Das Grundstück solle innerhalb eines Jahres der Bebauung zugeführt werden.

Der Beklagte erhob gegen die vom Erstgericht antragsgemäß erlassene Aufkündigung Einwendungen dahin, dass durch die Vereinigung der Stellung des vormaligen Generalpächters mit der Stellung des Eigentümers der Unterpachtvertrag unverändert aufrecht geblieben sei. Auf diesen seien die wichtigen Kündigungsgründe des § 12 Abs 2 KlGG, nicht jedoch die des § 6 Abs 2 KlGG anzuwenden.

Das Erstgericht erkannte die Aufkündigung für rechtswirksam und verpflichtete den Beklagten zur Räumung. Die Klägerin sei in den Unterpachtvertrag mit dem Beklagten eingetreten. § 6 Abs 2 lit b erster Fall KlGG sei auf den Unterpachtvertrag anwendbar. Unterpachtverträge betreffende Kündigungsgründe seien in § 12 KlGG zudem nicht taxativ angeführt. Die Klägerin habe das Vorliegen des Kündigungsgrundes nach § 6 Abs 2 lit b erster Fall KlGG bewiesen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten nicht Folge. § 18 KlGG sehe die Anwendung des § 6 KlGG auf Einzelpachtverträge vor. Die Rechtsstellung des Beklagten werde nicht verschlechtert, weil ein Unterpächter auch weichen müsse, wenn dem Generalpächter nach § 6 Abs 2 KlGG gekündigt werde.

Die Revision des Beklagten beantragt die Abänderung im Sinn der Aufhebung der Kündigung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Klägerin beantragt in der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinne des Aufhebungsantrags auch berechtigt.

Die Revision macht geltend, das KlGG unterscheide zwischen den Rechtsverhältnissen zwischen Eigentümer und Generalpächter, zwischen diesem und Unterpächter sowie zwischen Eigentümer und Einzelpächter direkt. Bei Beendigung des Hauptbestandverhältnisses durch Vereinigung der Stellung von Hauptbestandnehmer und Eigentümer rücke der Unterbestandnehmer nicht in die Stellung als Hauptmieter auf; das Unterbestandverhältnis bleibe seiner Rechtsnatur nach unverändert. Die Klägerin sei Unterverpächterin und der Beklagte nicht Einzelpächter geworden. § 6 Abs 2 KlGG sei auf ein Unterpachtverhältnis nicht anzuwenden. Der geltend gemachte Kündigungsgrund sei den in § 12 Abs 2 KlGG normierten nicht gleichwertig.

Dazu wurde erwogen:

1. Entgegen älterer Auffassung (vgl RS0101124; RS0062380) wird nach gesicherter jüngerer Rechtsprechung (seit 4 Ob 535/94) ein Unterbestandvertrag nicht dadurch hinfällig, dass der bisherige Hauptbestandnehmer und Unterbestandgeber zum Eigentümer des Bestandobjekts wird. Damit endet zwar der Hauptbestandvertrag, nicht aber das Vertragsverhältnis des bisherigen Hauptbestandnehmers (oder seines Rechtsnachfolgers) mit dem Unterbestandnehmer (RS0101122; 7 Ob 28/14i mwN). Das Verhältnis zwischen Haupt‑ und Unterbestandnehmer bildet vielmehr ein abgesondert vom Hauptmietverhältnis bestehendes Schuldverhältnis. Es sind daher die Kündigungsgründe nach § 12 des hier unstrittig anzuwendenden Kleingartengesetzes (KlGG, BGBl 1959/6) maßgebend:

2.1. Nach § 12 Abs 1 KlGG kann der Generalpächter einen Unterpachtvertrag, gleichgültig, ob er auf unbestimmte oder bestimmte Zeit abgeschlossen ist, nach § 12 Abs 1 KlGG gerichtlich (§ 12 Abs 5 iVm § 7 Abs 1 KlGG) nur zum 31. März oder 30. November eines jeden Jahres unter Einhaltung einer dreimonatigen Kündigungsfrist und nach § 12 Abs 2 KlGG nur aus wichtigen Gründen kündigen. Als ein wichtiger Grund ist es nach § 12 Abs 2 KlGG „insbesondere“ anzusehen, wenn der Unterpächter qualifizierte Pachtzinsrückstände aufweist (lit a), er sich unleidlich (lit b) oder strafgesetzwidrig (lit c) verhält, er den Kleingarten erwerbsmäßig oder nicht zur Erholung verwendet (vgl RS0063661; RS0063641), er andere Kleingärten gepachtet oder er den Kleingarten weiterverpachtet hat (lit d und e).

2.2. Der Verpächter kann nach § 6 Abs 2 KlGG einen auf unbestimmte Zeit abgeschlossenen Generalpachtvertrag nur aus einem der in den lit a bis lit f dieser Bestimmung (taxativ) genannten Gründe kündigen, so etwa wenn das Grundstück (der Grundstücksteil) innerhalb eines Jahres der Bebauung zugeführt oder im öffentlichen Interesse anderweitig verwendet werden soll und die Möglichkeit der fristgerechten Durchführung des Baues oder der anderweitigen Verwendung glaubhaft gemacht wird (lit b), oder wenn dem Verpächter aus dem Fortbestand des Pachtverhältnisses ein unverhältnismäßig größerer Nachteil erwüchse als dem Generalpächter und den Unterpächtern aus der Kündigung (lit f). Die Kündigung ist nur zum Ende eines Kalenderjahres unter Einhaltung einer halbjährigen Kündigungsfrist möglich und muss gerichtlich erfolgen (§ 6 Abs 1, § 7 Abs 1 KlGG).

2.3. Auf unmittelbar zwischen dem Grundeigentümer und dem Kleingärtner abgeschlossene Pachtverträge (Einzelpachtverträge) sind unter anderem die Bestimmungen des § 6 Abs 2 lit a bis c und f sowie des § 12 KlGG sinngemäß anzuwenden.

3. Zu entscheiden ist, ob im hier vorliegenden besonderen Fall einer Vereinigung der Stellung des Generalpächters und der des Eigentümers die geplante Bebauung des Grundstücks (als Kündigungsgrund iSd § 6 Abs 2 lit b KlGG) als wichtiger Grund anzusehen ist, der den Eigentümer und gleichzeitig Generalpächter dazu befugt, den Unterpachtvertrag gemäß § 12 KlGG aufzukündigen.

3.1. Der Oberste Gerichtshof hat jüngst in einem gleichgelagerten und dieselbe Kleingartenanlage betreffenden Fall (8 Ob 87/19f) zur Frage der Auslegung des hier wie dort für die Frage der Aufkündbarkeit entscheidungsrelevanten § 12 Abs 2 KlGG ausgesprochen, dass bei Vereinigung der Stellung des Eigentümers und des Generalpächters der Kündigungsgrund des § 6 Abs 2 lit b KlGG (Bebauungsabsicht) auch als wichtiger Grund iSd § 12 Abs 2 KlGG angesehen werden kann. Dies wurde wie folgt begründet:

Im Unterschied zu § 6 Abs 2 KlGG, der die Gründe für die Kündigung des Generalpachtvertrags taxativ aufzählt („nur“), enthält § 12 Abs 2 KlGG eine demonstrative Aufzählung der Kündigungsgründe („insbesondere“). Die Generalklausel des § 12 Abs 2 KlGG kann zwar nicht fehlende Merkmale der beispielhaft aufgezählten Kündigungsgründe ersetzen, ermöglicht aber die Kündigung wegen vom Gesetz nicht erfasster, den Spezialtatbeständen aber gleichwertiger Sachverhalte.

Das KlGG sollte im städtischen Raum (über 5.000 Einwohner; vgl § l Abs 4 KlGG) für den durch das Mietrecht nicht geschützten Bereich der Nutzung bloß zur kleingärtnerischen Eigenversorgung und zur Erholung ebenfalls Bestandschutz eröffnen. Dieser Schutz war immer subsidiär zu einer Nutzung zu Wohn- und Erwerbszwecken oder einer im öffentlichen Interesse liegenden anderweitigen Verwendung, und zwar gleichgültig, ob die Kleingartennutzung im Rahmen eines Vertragsverhältnisses direkt zum Grundeigentümer (§ 18 KlGG) oder über den Weg eines Generalpächters (§ 6 Abs 2 lit a und b KlGG) erfolgt, der nur zur Weiterverpachtung pachtet (§ 4 KlGG).

§ 18 KlGG stellt für den „ungeteilten“ Direkt- bzw Einzelpachtvertrag die Beendigungsgründe von General- und Unterpachtvertrag gleich, soweit jene des Generalpachtvertrags nicht auf dessen spezifischen Charakter beruhen. Verpachtet der Eigentümer einen Kleingarten unmittelbar an den Nutzer (Kleingärtner), kann er nach § 18 KlGG bei beabsichtigter Bebauung (iSd § 6 Abs 2 lit b KlGG) des Kleingartens den Einzelpachtvertrag aufkündigen und in der Folge damit das Grundstück bebauen. Auch im Falle der Nutzung des Kleingartens über einen Generalpächter müsste nach Aufkündigung des Generalpachtvertrags wegen beabsichtigter Bebauung der Kleingärtner dem Eigentümer weichen, sodass das Bauvorhaben vollzogen werden könnte.

Ginge man im Fall der Vereinigung der Stellung von Eigentümer und Generalpächter davon aus, dass trotz der demonstrativen Aufzählung nur die ausdrücklich genannten Kündigungsgründe des § 12 KlGG zur Anwendung gelangten, so würde man einzig in diesem Fall die Liegenschaft nachhaltig der Entwicklung zu Wohn- und Erwerbszwecken oder einer anderweitigen Verwendung im öffentlichen Interesse entziehen. Die – aus § 6 Abs 2 lit a und b und § 18 KlGG hervorleuchtende – Subsidiarität der Nutzung bloß zur kleingärtnerischen Eigenversorgung und Erholung gegenüber einer Nutzung zu Wohn- und Erwerbszwecken oder zB Infrastrukturzwecken (anderweitige Verwendung im öffentlichen Interesse) rechtfertigt es, im besonderen Fall der Vereinigung von Eigentümer und Generalpächter die beabsichtigte Bebauung (iSd § 6 Abs 2 lit b KlGG) der Liegenschaft als wichtigen Grund zur Aufkündigung des Unterpachtvertrags zu werten.

3.2. Der Senat schließt sich dieser in 8 Ob 87/19f vertretenen Auffassung an, zumal auch nach der bisherigen Rechtsprechung der Kündigungsgrund grundsätzlich auch dann gegeben sein kann, wenn sich die geplante Bebauung auf die Errichtung von Einfamilienhäusern bezieht (vgl etwa 1 Ob 172, 173/63; 1 Ob 94/68; 3 Ob 627/83; 7 Ob 571/88); zudem kann nach § 7 Abs 3 KlGG das Gericht die Kündigung auch nur hinsichtlich einzelner Teile des Pachtgrundstücks als wirksam erkennen, wenn der Kündigungsgrund nicht hinsichtlich des ganzen Pachtgrundstücks gegeben ist.

3.3. Es ist daher auch im vorliegenden Fall entscheidungsrelevant, ob die hier beabsichtigte Bebauung (auch) des Kleingartens des Beklagten unter § 6 Abs 2 lit b KlGG fällt und damit auch einen wichtigen Grund zur Kündigung nach § 12 KlGG verwirklicht.

4.1. Vorab ist dazu auszuführen, dass die Voraussetzung in § 6 Abs 2 lit b KlGG, wonach das Grundstück (der Grundstücksteil) „innerhalb eines Jahres“ der Bebauung zugeführt werden soll, nicht zu eng ausgelegt werden darf. Es ist nicht auf eine Beendigung der Bauführung innerhalb der Jahresfrist abzustellen, sondern nur auf den Beginn einer Bauführung, deren Beendigung in einer für den Verpächter bzw Bauherrn wirtschaftlich zumutbaren Weise allerdings auch glaubhaft gesichert sein muss; es muss entsprechend dargetan werden, dass die Voraussetzungen innerhalb der gesetzlichen Frist mit hoher Wahrscheinlichkeit vorliegen werden (RS0063694 [insb T1]). Der Kündigungsgrund ist auch dann gegeben, wenn eine vom Liegenschaftseigentümer verschiedene dritte Person beabsichtigt, das aufgekündigte Grundstück der Bebauung zuzuführen (RS0063685).

Diese Voraussetzungen liegen nach den Feststellungen hier vor, wogegen auch die Revision nichts ins Treffen führt.

4.2. Hingegen kann noch nicht entschieden werden, ob im vorliegenden Fall überhaupt eine „Bebauung“ iSd § 6 Abs 2 lit b KlGG (hier iVm § 12 KlGG) erfolgen soll.

4.2.1.  § 6 Abs 2 lit b war bereits in der Stammfassung des KlGG (BGB1 1959/6) enthalten. Nach den Materialien (ErläutRV 472 BlgNR 8. GP  9) sind unter „Bebauung“ iSd lit b „nicht nur alle Arten von Hoch- und Tiefbauten, sondern zum Beispiel auch die im § 6 Abs l zweiter Satz KlGG angeführten Sonderfälle zu verstehen, die der Abwicklung oder Sicherung des Verkehrs oder des Betriebes von Eisenbahnen dienen“. Unter „anderweitiger Verwendung im öffentlichen Interesse“ ist nach den ErläutRV „zum Beispiel die Errichtung eines öffentlichen Bades oder eines Sportplatzes zu verstehen“.

4.2.2. Das KlGG des Bundes enthält die zivilrechtlichen, nicht aber die baurechtlichen Regelungen für Kleingärten, die sich im jeweiligen Landesrecht – hier also den Wiener Landesgesetzen – finden (vgl 8 Ob 87/19f).

Zur Zeit der Erlassung des KlGG des Bundes erlaubte § 9 Wr Kleingartenordnung (Verordnung des Bürgermeisters vom l. August 1936, mit welcher Bestimmungen für die Herstellung von Kleingärten und Baulichkeiten in solchen erlassen werden, GBl 1936/37) in Kleingärten bewohnbare Kleinbauten, beschränkte aber deren Bewohnung auf die Zeit vom 15. 4. bis 15. 10. jeden Jahres und das Gesamtausmaß aller Baulichkeiten mit 10 % der Fläche des Kleingartens und 50 m2.

An die Stelle dieser Verordnung trat kurz nach Erlassung des KlGG des Bundes das Wr KlGG (LGB1 1959/11; Aufhebungsbestimmung in § 33 Z l). Dieses knüpfte inhaltlich an die Verordnung an, indem es in § 9 auf Kleingartenflächen nur die Errichtung von Lauben oder Sommerhütten zuließ und weiterhin eine beschränkte Bewohnbarkeit vorsah. Der Umfang der zulässigen Bebauung von Kleingärten wurde zwar zwischenzeitlich vom Wiener Landesgesetzgeber beträchtlich erweitert, es bestehen aber nach wie vor Limitierungen gegenüber Liegenschaften im Bauland (vgl insb §§ 7 ff und §§ 12 ff des nunmehr geltenden Wr KlGG 1996, LGBl 1996/57).

4.2.3. Zu 8 Ob 87/19f wurde ebenfalls bereits erwogen, dass dann, wenn der Bundesgesetzgeber in § 6 Abs 2 lit b KlGG an die „Bebauung“ des Grundstücks die Möglichkeit knüpft, den Generalpachtvertrag aufzukündigen, damit eine Bebauung gemeint ist, die in der Region des jeweiligen Bundeslands nicht als typisch für Kleingärten– noch überwiegend zur Nutzung iSd § l KlGG – anzusehen und besonders geregelt ist. Dies erschließt sich auch aus den Beispielen in den oben in Pkt 4.2.1. zitierten Materialien für eine begründete Aufkündigung des Generalpachtvertrags, nämlich der Bedarf des Grundstücks oder Grundstücksteils etwa für Zwecke des Eisenbahnbetriebs oder des Eisenbahnverkehrs, der Luftfahrt oder der öffentlichen Elektrizitätsversorgung bzw die beabsichtigte Verwendung des Grundstücks oder des Grundstücksteils für die Errichtung eines öffentlichen Bades oder eines Sportplatzes: Es handelt sich dabei um Maßnahmen außerhalb des Kleingartenregimes.

Mit dem Ziel des § 6 Abs 2 lit b KlGG, einer der kleingärtnerischen Nutzung vorrangige anderweitige Nutzung des Bodens zu ermöglichen, wäre es daher nicht vereinbar, dass jede geplante Bebauung eines Grundstücks oder Grundstücksteils (etwa mit einer kleinen Laube) die Aufkündigung des Generalpachtvertrags rechtfertigen könnte, zumal wenn eine limitierte Baulichkeit als typisch für Kleingartennutzungen gesondert geregelt ist.

Zwar erlaubt etwa das Wr KlGG 1996 zunehmend auch „ganzjähriges Wohnen“, jedoch mit einer eingeschränkten Bebaubarkeit, die noch die Annahme eines Überwiegens der Nutzung im Sinne des KlGG ermöglicht, auch wenn nach dem Wr KlGG 1996 die Zwecke der individuellen Erholung und des Wohnens gleichgehalten werden (§ 2 Abs l Wr KlGG 1996). Eine sachliche Rechtfertigung dafür, dass anlässlich der geplanten Errichtung eines diesen Bedingungen entsprechenden Gebäudes, die also auch einem Kleingärtner selbst erlaubt und typisch wäre oder bereits erfolgt ist, der Generalpachtvertrag – auch nur teilweise – gekündigt werden könnte, ist nicht ersichtlich (vgl die Bezugnahme des Bundesgesetzgebers auf baurechtliche Regelungen in § 1 Abs 2 KlGG).

5. Den Feststellungen lässt sich nun nicht entnehmen, ob es sich beim geplanten und bereits bewilligten Bauvorhaben um ein solches handelt, das nach dem geltenden Wiener Landesrecht, insbesondere der Wr BauO und dem Wr KlGG 1996, einem Kleingärtner nicht möglich wäre. Das Verfahren erweist sich insofern – auch zur Erörterung dieses bislang von den Parteien unbeachtet gebliebenen Aspekts – als ergänzungsbedürftig.

Für den Fall, dass das Bauvorhaben die gesetzlichen Grenzen für typische Bauten in Kleingärten überschreiten sollte, sodass sich die Aufkündigung als berechtigt erwiese, wäre weiters ein allfälliger Aufwandersatzanspruch des Beklagten, der Zug um Zug gegen Rückgabe des Kleingartens zu befriedigen wäre, zu erörtern (vgl Hinghofer-Szalkay in GeKo Wohnrecht I § 9 KlGG [2017] Rz 2). Zu entschädigen wären unter anderem bauliche Investitionen, soweit diese den Bauvorschriften entsprechen; den Bauvorschriften widersprechende Bauführungen blieben entschädigungslos (RS0063743).

6. Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

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