OGH 11Os90/19y

OGH11Os90/19y3.9.2019

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. September 2019 durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek als Vorsitzende und die Hofräte und Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl, Dr. Bachner‑Foregger Mag. Fürnkranz und Dr. Oberressl als weitere Richter in Gegenwart der FI Mock als Schriftführerin in der Strafsache gegen Cemil Z***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 10. April 2019, GZ 16 Hv 12/19z‑57, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0110OS00090.19Y.0903.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch und die Anordnung der Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB (A) enthält (zur Zulässigkeit eines Strafausspruchs neben einer Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB bei Aburteilung mehrerer selbständiger Taten vgl Ratz in WK2 StGB § 21 Rz 5) wurde Cemil Z*****

zu B./ als Angeklagter des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Abs 1 Z 1, 130 Abs 2 zweiter Fall, 15 StGB (I./), der Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II./) und der Vergehen der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs 3 StGB (III./) schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen 9. September und 21. Oktober 2018 in F***** und andernorts mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz – verkürzt wiedergegeben –

I./ anderen gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 5.000 Euro nicht übersteigenden Wert durch Einbruch in ein Transportmittel weggenommen und wegzunehmen versucht, und zwar,

1./ ...

2./ Antons M***** einen Rucksack mit einem Schwimmring, einem Badetuch und einer Musikbox;

3./ Doris D***** Bargeld und Wertgegenstände;

4./ Erna S***** Bargeld und Wertgegenstände unbekannten Wertes;

5./ Saadet B***** eine Sonnenbrille;

6./ Andrea H***** Bargeld und Wertgegenstände;

7./ Michael F***** einen Rucksack, eine Sonnenbrille und eine Trinkflasche;

8./ Simone Sc***** neun CDs und Bargeld;

9./ Verena L***** eine Geldtasche mit Münzgeld;

10./ Sabine P***** Bargeld und Wertgegenstände;

11./ Ricarda Ma***** Bekleidung, Kletterzubehör, eine Geldtasche mit Bargeld sowie eine Sonnenbrille und Kopfhörer;

12./ Züriye K***** eine Sporttasche mit Sportkleidung;

13./ Manuela Li***** Bargeld und Wertgegenstände;

14./ Verantwortlichen der Österreichischen Bundesbahnen den Fahrradhelm des Immanuel E*****;

15./ Bernd Sch***** Bargeld und Wertgegenstände;

16./ Anton Schm***** Bargeld und Wertgegenstände;

17./ Brigitte Be***** ein Navigationsgerät;

II./ einen Schweizer Führerschein, einen österreichischen Personalausweis und einen Schweizer Ausländerausweis der Ricarda Ma*****, somit Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden;

III./ eine Kreditkarte und zwei Bankomatkarten der Ricarda Ma*****, somit unbare Zahlungsmittel, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz, deren Verwendung im Rechtsverkehr zu verhindern, unterdrückt.

Rechtliche Beurteilung

Ausdrücklich ausschließlich gegen den Schuldspruch (B./), nicht jedoch gegen das Einweisungserkenntnis (A./), richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 4, 5 und 5a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des (insofern) Angeklagten.

Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) wurden durch die Abweisung (ON 56 S 11 f) des Antrags auf „Auswertung der jeweils am Tatort sichergestellten DNA“ zum Beweis dafür, dass „jeweils eine andere Person als der Angeklagte“, die diesem zu den Schuldsprüchen B./I./2./, B./I./4./, B./I./5./, B./I./8./ und B./I./9./ zur Last gelegten Taten begangen hat (ON 56 S 10 f), Verteidigungsrechte nicht verletzt.

Einem Beweisantrag muss – soweit dies nicht auf der Hand liegt – zu entnehmen sein, aus welchen Gründen zu erwarten ist, dass die Durchführung des begehrten Beweises das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde und inwieweit dieses – sofern es nicht offensichtlich ist – für die Schuld- oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (RIS‑Justiz RS0099453 [insb T6, T7 und T17]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 327 ff). Indem der Antrag nicht erklärte, weshalb die begehrte Beweisaufnahme das von ihm behauptete Ergebnis erwarten ließe, war er auf eine unzulässige Erkundungsbeweisführung gerichtet (§ 55 Abs 1 letzter Satz StPO; RIS-Justiz RS0118444 [T6]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 330). Im Übrigen ist entgegen dem Standpunkt des Rechtsmittelwerbers das Vorhandensein von verwertbaren, eine DNA-Analyse ermöglichenden biologischen Spuren auf benutzten Gegenständen nach empirischen Erfahrungssätzen keineswegs selbstverständlich (vgl 14 Os 99/12h), weshalb auch ein allfälliges Fehlen von dem Angeklagten zuordenbarer DNA auf zur Tatbegehung benutzten Steinen dessen Täterschaft nicht ausschließt.

In der Beschwerde als Versuch der Antragsfundierung nachgetragene Argumente sind aufgrund des Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS‑Justiz RS0099618 [T16, T24]; RS0099117 [T17, T18]; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 325).

Entgegen der Kritik der Mängelrüge (Z 5) ist die Begründung der Feststellungen zu den Schuldsprüchen B./I./6./, B./I./11./, B./II./ und B./III./ weder unvollständig (Z 5 zweiter Fall) noch offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall). Auf ein in der (verlesenen, ON 56 S 17) Aussage einer Zeugin im Ermittlungsverfahren (ON 31 S 285 ff) angesprochenes, in den Akten nicht enthaltenes Gutachten eines Versicherungssachverständigen stützte sich das Erstgericht nicht; die Tatrichter bezogen in ihre Erwägungen lediglich die Angaben der Zeugin ein, wonach ihr gegenüber Materialermüdung als Ursache für die geborstene Heckscheibe ausgeschlossen worden war (US 22). Soweit der Nichtigkeitswerber in der unterlassenen Beischaffung dieses Gutachtens eine Unvollständigkeit erblickt, verkennt er, dass eine unvollständige Beweiserhebung nicht Gegenstand der Mängelrüge ist (RIS‑Justiz RS0099400). Indem die Beschwerde eigene beweiswürdigende Überlegungen zu Abweichungen im modus operandi (Einschlagen der Heck- statt einer Seitenscheibe, Nichtauffindung des Tatwerkzeugs) anstellt und diese Umstände verbunden mit Spekulationen betreffend eine unterbliebene Durchsuchung des Fahrzeugs einer eigenständigen Bewertung unterzieht, wendet sie sich nach Art einer im schöffengerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung. Im Übrigen übergeht der Beschwerdeführer prozessordnungswidrig (RIS‑Justiz RS0119370), dass die Feststellungen zur Täterschaft des Angeklagten in Ansehung des Schuldspruchs B./I./6./ auch auf dessen Geständnis im Ermittlungsverfahren gegründet wurden (US 20).

Dass den Angeklagten der aus der zeitlichen und örtlichen Nähe zur „Einbruchsserie“ am 10. September 2019 (B./I./4./ bis 10./) gezogene Schluss der Tatrichter auf seine Täterschaft auch hinsichtlich der den Schuldsprüchen B./I./11./, B./II./ und B./III./ zugrunde liegenden Tat (US 23) nicht überzeugt und im Zusammenhalt mit seiner Betretung ohne aus diesem Vorfall stammenden Diebesguts, aus seiner Sicht andere, für ihn günstigere Schlüsse möglich gewesen wären, stellt kein Begründungsdefizit dar (RIS‑Justiz RS0118317 [T9], RS0099455).

Indem sich die Tatsachenrüge (Z 5a) in der bloßen Wiederholung der Argumentation zur Mängelrüge erschöpft, weil zu B./I./6./ ein „Materialfehler bzw Spannungsriss“ der Heckscheibe als wahrscheinlich bezeichnet und zu B./I./11./ darauf verwiesen wird, dass keine Beute sichergestellt wurde, wird

die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren gesetzlich nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft, ohne erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der Urteilsannahmen zu wecken. Nur über dieser Schwelle liegende Bedenken sind aber Maßstab des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes, will doch die Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden (also schuld- oder subsumtionserheblichen) Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung – im Übrigen durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiserwägungen – verhindern (RIS-Justiz RS0119583, RS0118780). Im Zusammenhang mit der Behauptung eines – im Übrigen nicht näher bezeichneten – Verstoßes gegen die „Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsfindung“ (Z 5a als Aufklärungsrüge), erklärt der Nichtigkeitswerber nicht, weshalb er an einer entsprechenden Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823, RS0114036).

Soweit der Nichtigkeitswerber ohne ein auf die Schuldsprüche B./I./3./, B./I./10./, und B./I./12./ bis 17./ bezogenes Vorbringen die Aufhebung des gesamten angefochtenen Urteils beantragt, ist auf seine Rüge keine Rücksicht zu nehmen (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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