OGH 1Ob141/19w

OGH1Ob141/19w29.8.2019

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei DI P*****, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof & Dr. Damian GmbH, Wien, gegen die beklagte Partei J*****, vertreten durch die Steiner Rechtsanwalts KG, Wien, wegen Ablehnung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien vom 30. April 2019, GZ 13 Nc 8/19d‑2, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0010OB00141.19W.0829.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.841,02 EUR (darin 640,17 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Das Oberlandesgericht Wien wies mit dem angefochtenen Beschluss die Ablehnung der Richter des Berufungsgerichts zurück. Mit der am 2. 8. 2019 zugestellten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 5. 7. 2019 zu 4 Ob 23/19i wurde das Hauptverfahren beendet, weswegen eine Verbindung mit diesem Revisionsverfahren nicht mehr in Betracht kommen kann.

2. Selbst eine stattgebende Entscheidung im Ablehnungsverfahren könnte keinen Einfluss auf diese rechtskräftige Entscheidung in der Hauptsache haben (RIS‑Justiz RS0045978 [insbes T3, T4, T7, T8]; RS0046032; RS0041933 [T11, T15, T22, T24]). Der Rekurs ist demnach mangels Beschwer zurückzuweisen.

3.1. Das Ablehnungsverfahren ist zweiseitig (RS0126587), weswegen bei nachträglichem Wegfall der Beschwer (RS0106007) der Erfolg des Rechtsmittels hypothetisch, aber ohne strenge Prüfung (vgl RS0036102 [T7]) nachzuvollziehen ist, um die Kostenentscheidung treffen zu können.

3.2. Gegenstand der Beurteilung im Ablehnungsverfahren ist eine behauptete oder befürchtete Unparteilichkeit des Entscheidungsorgans, nicht aber die (bloße) Fehlerhaftigkeit des Hauptverfahrens; das Ablehnungsverfahren dient nicht der Abwehr einer (vermeintlich) falschen Entscheidung (RS0046090 [T8]; vgl auch RS0111290; RS0046047), zumal dafür das Rechtsmittelverfahren vorgesehen ist (RS0111290 [T4]).

Das Wesen der Befangenheit besteht vielmehr in einer Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive (RS0045975 [T1]). Wie das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt hat, können die vom Ablehnenden behaupteten Fehler anlässlich der Entscheidung über die Berufung, etwa Verfahrensmängel, nur dann – ausnahmsweise – den Anschein der Befangenheit begründen, wenn es sich dabei um so schwerwiegende Verstöße gegen (Verfahrens-)Grundsätze handelt, dass wegen ihres Vorliegens die Objektivität des Richters mit Grund zu bezweifeln ist (vgl RS0045916; RS0046090 [T7]).

In der Auflistung von (nur) eine Partei belastenden (angeblichen) Fehlern und Unrichtigkeiten liegt keine ausreichende Darlegung von unsachlichen Motiven für eine (einseitig) parteiische Entscheidung, beleuchtet doch jedes Rechtsmittel einer Partei das Verfahren naturgemäß nur im Hinblick auf die diese Partei benachteiligende Fehler. Bei den behaupteten Verfahrensverstößen (Aktenwidrigkeit, „Übergehen“ von Vorbringen, Verneinung von erstinstanzlichen Verfahrensfehlern [Unterbleiben der Einvernahme von Zeugen], unrichtige rechtliche Beurteilung), die der Antragsteller in seinem Rekurs erneut und unter Wiederholung seiner bisherigen Argumentation auflistet, handelt es sich um durchwegs häufig geltend gemachte Rechtsmittelgründe, nicht aber um die Behauptung derart schwerwiegender Verstöße gegen Verfahrensgrundsätze, dass die Objektivität der mit der Entscheidung befassten Richter mit Grund anzuzweifeln wäre. Die Ausführungen bleiben zum Teil kursorisch, wenn der Antragsteller etwa nicht darlegt, welche konkreten Abweichungen des Berufungsgerichts von den erstinstanzlichen Feststellungen mit gravierenden Auswirkungen zu seinen Lasten vorgelegen wären. Befangenheit liegt aber – wie schon vom Rekursgericht ausführlich erläutert – nicht schon wegen einer angeblich unrichtigen Verfahrensführung und Unrichtigkeit (oder gar Unvertretbarkeit) einer Entscheidung vor, sondern nur dann, wenn dem Entscheidungsorgan die Fähigkeit zur sachlichen Beurteilung fehlt, diese irgendwie behindert ist oder eine solche Behinderung doch mit Grund befürchtet werden muss (RS0045961). Da sich aber solches aus den Behauptungen des Antragstellers nicht ableiten lässt, wäre der Rekurs des Antragstellers erfolglos geblieben.

3.3. Die Kostenentscheidung beruht damit auf den §§ 41, 50 Abs 2 ZPO. Dass die Antragsgegnerin in ihrer Rekursbeantwortung nur die fehlende Berechtigung des Rekurses aufzeigt, kann ihr nicht schaden, weil sie ihre Beantwortung vor der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs zu 4 Ob 23/19i erstattet hat.

Stichworte