European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:009OBA00088.19K.0827.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat in den Entscheidungen 8 ObA 67/16k, 9 ObA 23/18z, 8 ObA 58/17p und 9 ObA 71/18h die vom Kläger beanstandete Rechtswidrigkeit der im Kollektivvertrag für das Bordpersonal der Beklagten („OS‑KV 2015“) normierten getrennten Senioritätslisten in Bezug auf die R-Linie und die M-Linie, insbesondere wegen Verletzung des Gleichheitssatzes, verneint. Zwingende Argumente für ein Abgehen von dieser Rechtsprechung vermag die außerordentliche Revision des Klägers nicht darzulegen.
Die grundsätzliche Gestaltungsfreiheit der Kollektivvertragsparteien findet ihre Schranke in der mittelbaren Drittwirkung der Grundrechte, vor allem in der Konkretisierung der wertausfüllungsbedürftigen Generalklauseln des Zivilrechts (insbesondere § 879 ABGB) (RS0038552). Auch die Kollektivvertragsparteien sind daher bei der Gestaltung des Kollektivvertrags an den verfassungsrechtlichen Gleichheitsgrundsatz gebunden (RS0038765 [T7]). Dieser Grundsatz besagt, dass an gleiche Tatbestände gleiche Rechtsfolgen zu knüpfen sind bzw unterschiedliche Regelungen, die nicht in den entsprechenden Unterschieden im Tatsächlichen ihre Grundlage haben, gleichheitswidrig sind (RS0053509).
Bei der Prüfung, ob eine Kollektivvertragsbestimmung gegen den Gleichheitssatz verstößt, ist zu berücksichtigen, dass den Kollektivvertragsparteien ein weiter rechtspolitischer Gestaltungsspielraum sowohl hinsichtlich der angestrebten Ziele als auch der zur Zielerreichung eingesetzten Mittel zusteht (8 ObA 12/17y Pkt 3. mwN). Nach der Rechtsprechung ist das Sachlichkeitsgebot bei Vorliegen von berücksichtigungswürdigen Interessen des Betriebs und der Arbeitnehmer erfüllt (RS0038552). Die Verhältnismäßigkeit einer kollektivvertraglichen Regelung ist grundsätzlich anzunehmen, weil sie nur unter Mitwirkung der zur Wahrung der Interessen der Arbeitnehmer berufenen Gewerkschaft erfolgen kann (RS0038552 [T19, T20]).
Übereinstimmend haben die Vorinstanzen die vom Kläger behauptete Gleichheitswidrigkeit der in den Punkten 63.10 sowie 86.5.11 des OS‑KV 2015 enthaltenen Regelungen zur Wahrung der Senioritätsränge der am 31. 3. 2015 ausgeschiedenen und am 1. 4. 2015 wieder bei der Beklagten beschäftigten Piloten verneint. Die Begründung der angefochtenen Entscheidung entspricht den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zum Gleichheitsgrundsatz und dem darin enthaltenen Sachlichkeitsgebot.
Soweit sich der Revisionswerber darauf beruft, dass den VO‑Piloten die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Sonderabfertigungsmodells unter Wahrung des Senioritätsranges lediglich auf freiwilliger Basis der Beklagten zugestanden wäre, geht er nicht vom festgestellten Sachverhalt aus. Nach den bindenden Feststellungen des Erstgerichts wurde das Sonderabfertigungsmodell nämlich sowohl den OS‑ als auch den VO‑Piloten unterbreitet. Ob ein entsprechender Anspruch aber aufgrund einer kollektivvertraglichen Regelung oder eines einzelvertraglichen Anbots besteht, ist hier nicht entscheidend. Der Kläger behauptet auch gar nicht, dass ihm die Beklagte die Inanspruchnahme des Sonderabfertigungsmodells verweigert hätte. Die OS-Piloten und VO‑Piloten wurden daher in dieser Hinsicht nicht ungleich behandelt.
Die strittige Kollektivvertragsregelung widerspricht aber auch nicht dem Senioritätsprinzip, weil die (formal) mit 31. 3. 2015 ausgetretenen und am 1. 4. 2015 wieder eingetretenen Piloten weiter unverändert ihren Dienst bei der Beklagten verrichteten. In der außerordentlichen Revision angestellte Vermutungen zur Absicht der Kollektivvertragsparteien im Zuge späterer Kollektivvertragsänderungen lassen keinen Rückschluss auf die behauptete Unsachlichkeit der betreffenden Kollektivvertragsregelung zu.
Mangels Geltendmachung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).
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