European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:E124918
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.
Begründung:
Die Antragsgegner sind Miteigentümer eines Hauses, in dem der Antragsteller im Jahr 2003 ein sanierungsbedürftiges Bestandobjekt mietete. Noch vor Abschluss des schriftlichen Mietvertrags einigte sich der Antragsteller mit der damals verwaltenden Mehrheitseigentümerin (Verwalterin), dass diese Kostenvoranschläge für die notwendigen Sanierungsarbeiten in Standardausführung einholen sollte und der Antragsteller diese Arbeiten dann auf seine Kosten in „Luxusausführung“ beauftragen werde. Um seine Investitionen nach Ende des Mietverhältnisses wenigstens zum Teil wieder hereinzubekommen, war es dem Antragsteller wichtig, ein Weitergaberecht zu vereinbaren. Die Verwalterin erklärte, damit einverstanden zu sein, dass der Antragsteller einen Nachmieter bringe, solang dieser nicht vom Rotlichtmilieu und ein „gescheiter“ Nachmieter sei, mit dem sie einverstanden sei. Der schriftliche Mietvertrag schloss jedoch eine Weitergabe „zu welchen Bedingungen und an wen immer“ aus. Der Antragsteller ging dennoch von einem gültigen mündlich vereinbarten Weitergaberecht aus. Er hatte mit der Verwalterin immer ein sehr gutes Einvernehmen und bereits vor 2003 – bei gleichem Vertragstext – erfolgreich ein Weitergaberecht hinsichtlich eines im selben Haus gemieteten Geschäftslokals ausgeübt. Nach 2003 konnte er die Hauptmietrechte an zwei weiteren Lokalen mit Erfolg weitergeben. 2014 entschloss er sich das Bestandobjekt weiterzugeben. Anlässlich der Übergabe des Mietobjekts hatten die Vermieter für Adaptierungsarbeiten 26.280 EUR an den Antragsteller gezahlt. Die (nunmehrige) Hausverwaltung bot dem Antragsteller an, ihm ein Weitergaberecht gegen die Rückerstattung der von den Eigentümern geleisteten Investitionen (indexiert auf einen Betrag von 33.300 EUR) einzuräumen. Sie hielt fest, dass bei Einlangen dieses Betrags ein Weitergaberecht als vereinbart gelte. Der Antragsteller hatte zwischenzeitig einen Nachmieter gefunden, der bereit war, für die vom Antragsteller in das Bestandobjekt seinerzeit getätigten Investitionen von 400.000 EUR einen Betrag von 97.000 EUR zu zahlen. Da der Nachmieter Druck machte, den Mietvertrag abzuschließen und der Antragstellervertreter fürchtete, dass der Nachmieter wieder abspringen könne, zahlte der Antragsteller am 1. 1. 2015 33.000 EUR an die Hausverwaltung.
Das Erstgericht qualifizierte die Zahlung als verbotene Ablöse im Sinn des § 27 Abs 1 Z 5 MRG und verpflichtete die Antragsgegner zur Rückzahlung.
Das Rekursgericht teilte diese Rechtsansicht und bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung. Es ließ den Revisionsrekurs zu, weil zur Frage, ob die Vereinbarung eines Entgelts für die Zustimmung des Vermieters zur Weitergabe der Mietrechte jedenfalls eine verbotene Ablöszahlung nach § 27 Abs 1 Z 5 MRG sei oder ob der Verzicht des Vermieters auf eine Erhöhung des Mietzinses gegenüber dem Nachmieter eine solche Zahlung allenfalls rechtfertigen könne und nach welchen Grundsätzen diesfalls die Leistung des Vermieters zu werten sei, keine gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs bestehe.
Rechtliche Beurteilung
Der – beantwortete – Revisionsrekurs der Antragsgegner ist entgegen dem nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.
1. § 27 Abs 1 Z 5 MRG verbietet Vereinbarungen, in denen der Vermieter oder der frühere Mieter sich oder einem anderen gegen die guten Sitten Leistungen versprechen lässt, die mit dem Mietvertrag in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen.
2.1 Ein Teil der – überwiegend älteren – in der Lehre kritisierten (Nachweise bei T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³ § 27 MRG Rz 31) Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs unterstellte unabhängig vom Wert einer allfälligen Gegenleistung jede Zustimmung des Vermieters zum Mieterwechsel gegen Entgelt § 27 Abs 1 Z 5 MRG (8 Ob 522/86; 7 Ob 547/89; 5 Ob 65/94). Andere Entscheidungen machten die Anwendbarkeit dieser Bestimmung von einem auffallenden Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung abhängig (3 Ob 524/85; vgl RS0070486; 1 Ob 560/86).
2.2 Zu 5 Ob 136/95 befasste sich der Oberste Gerichtshof eingehend mit diesem Thema. Er traf folgende Aussagen:
2.3 Eine schematische Gleichsetzung jedes vom weichenden Mieter für die Zustimmung zum Mieterwechsel bezahlten Entgelts mit den durch § 27 Abs 1 Z 5 MRG unter dem Gesichtspunkt der Sittenwidrigkeit verbotenen Ablösen wird dem Regelungszweck der genannten Norm nicht gerecht. Es ist vielmehr jeweils zu hinterfragen, welche zusätzlichen Argumente den Ausschlag für die Erfüllung des Verbotstatbestands des § 27 Abs 1 Z 5 MRG gegeben haben (RS0079715; RS0069951 [T1]). Diese Verbotsnorm ist als Generalklausel zu den in Z 1 bis 4 des Abs 1 erfassten Sonderfällen gesetzlich verpönter Vereinbarungen konzipiert. Ob eine Vereinbarung, in der sich der Vermieter eine mit dem Mietvertrag in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehende Leistung versprechen lässt, im Sinn der genannten Verbotsnorm sittenwidrig ist, kann immer nur unter Bedachtnahme auf den mit dem Verbot bestimmter Vereinbarungen insgesamt verfolgten Zweck des § 27 MRG beurteilt werden (RS0079716). Der Vermieter muss den Austausch vermögenswerter Leistungen nachweisen, um dem Mieter die Rückforderung des für die Zustimmung des Vermieters zum Mieterwechsel (Präsentationsrecht bzw Recht auf Nachmieterbenennung ohne jede Festlegung der Vertragsbedingungen) geleisteten Entgelts zu versagen (RS0079717; RS0079718). Es geht in Wahrheit typischerweise darum, dass der Vermieter die Zwangssituation des weichenden Mieters zu seinen Gunsten nutzt, wenn er sich die Zustimmung zum Mieterwechsel „abkaufen lässt“. Im Regelfall ist der weichende Mieter nur unter dem Druck des drohenden Vermögensverlusts (betreffend seinen Investitionsersatzanspruch gegen den Nachmieter) und nicht wegen einer ihm belohnungswürdig erscheinenden Leistung des Vermieters bereit, für die Zustimmung zum Mieterwechsel zu zahlen.
3.1 Hier ist von einer Zwangssituation des scheidenden Mieters auszugehen. Der Antragsteller glaubte, über ein mündlich wirksam vereinbartes (auf „ordentliche“ Nachmieter beschränktes) Weitergaberecht zu verfügen, an dem der schriftliche, jede Weitergabe ausschließende Mietvertrag nichts änderte. Seine Meinung ist nicht ohne Substanz: Sie entspricht der zwischen der damaligen Mehrheitseigentümerin und dem Mieter in Ansehung anderer Mietobjekte gelebten Vertragspraxis. Eine schriftliche Vereinbarung ist nach der Rechtsprechung nicht maßgeblich, wenn der wahre Parteiwille von ihr abweicht (RS0017741). Die Vertragslage war hinsichtlich der Berechtigung zur Weitergabe bzw Präsentation eines genehmen Nachmieters von Unsicherheit geprägt. Eine Möglichkeit, einen Investitionsersatz nach § 10 MRG vom Vermieter zu fordern, sah der Antragsteller nicht: Wie die Antragsgegner im Revisionsrekurs selbst darlegen, stand ihm ein Ersatz seiner Investitionen in das (nach den Feststellungen als Geschäftslokal vermietete) Mietobjekt gegen den Vermieter (iSd nur Wohnungen erfassenden § 10 MRG) nicht zu. Diese Auffassung erklärt – neben dem Wunsch nach luxuriöser Ausstattung – die sehr hohe Summe, die der Antragsteller selbst in das Mietobjekt investierte. Um nicht seine gesamten selbst bezahlten Investitionen zu verlieren, war er auf einen Nachmieter angewiesen, der ihm zumindest einen Teil seines Aufwands vor allem deshalb zu ersetzen bereit war, weil der Hauptmietzins nach dem Mieterwechsel unverändert geblieben wäre und der Nachmieter davon profitiert hätte. Als der Antragsteller das Mietobjekt wegen Übersiedlung ins Ausland aufgeben wollte, konnte er jedoch kein schriftlich vereinbartes Weitergaberecht vorweisen. Sein Vertragspartner, der Nachmieter machte Druck, einen – nach der Argumentation der Vermieter sehr günstigen – Mietvertrag zu bekommen. Diese Situation nutzten die Vermieter, um ihre Forderung auf Ersatz jener Investitionen, die sie selbst getätigt haben, mit ihrer Zustimmung zur Weitergabe zu verknüpfen. Einen wirksamen Rechtsgrund für ihre Forderung auf Rückersatz nennen sie im Revisionsrekurs nicht. Es handelte sich um Investitionen, zu denen sie gegenüber dem Mieter verpflichtet waren, weil sie den vertragsgemäßen Gebrauch des sanierungsbedürftigen Bestandobjekts ermöglichen und den vereinbarten angemessenen Hauptmietzins (§ 16 MRG) rechtfertigen sollten.
3.2 Nach Meinung der Antragsgegner ist der Rückforderungsanspruch des Vormieters nicht berechtigt, weil er aufgrund des vom – wirtschaftlich belasteten – Nachmieter gezahlten Investitionsersatzes nicht entreichert sei. Sofern sie mit diesem Argument (erstmals) die Aktivlegitimation des Vormieters bestreiten wollen, verstoßen sie gegen das Neuerungsverbot des § 37 Abs 3 Z 14 MRG. Abgesehen davon ist die tatsächliche wirtschaftliche Belastung nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht relevant. Eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung hat zwischen jenen Personen zu erfolgen, die zum Zeitpunkt der Leistung nach dem angenommenen Schuldverhältnis oder der sonstigen Zweckvereinbarung Leistender und Leistungsempfänger sein sollten (5 Ob 143/00s; 5 Ob 148/03f; RS0033737 [T6, T7, T11]), hier demnach aufgrund der Vereinbarung der Zustimmung zur Weitergabe gegen Zahlung zwischen Vermieter und Vormieter.
4. Die dem Zulassungsausspruch zugrunde gelegte Annahme einer uneinheitlichen Rechtsprechung spielt für das vom Rekursgericht erzielte Ergebnis keine Rolle. Das Begehren des Antragstellers ist auch im Sinn jener Judikatur, die einen Rückforderungsanspruch nach § 27 Abs 1 Z 5 MRG bei einer äquivalenten Gegenleistung des Vermieters und fehlender Zwangslage des Mieters ausschließt (insbesondere 5 Ob 136/95), berechtigt.
5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG. Der Antragsteller hat in der Revisionsrekursbeantwortung die Zurückweisung des Rechtsmittels nicht beantragt.
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