OGH 7Ob547/89

OGH7Ob547/896.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gerhard G***, Angestellter, Wien 15, Märzstraße 54, vertreten durch Dr. Katharina Rueprecht, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Kurt R***, Hauseigentümer, Wien 15, Märzstraße 54, vertreten durch Dr. Peter Dirnbacher, Gebäudeverwalter, Wien 8, Florianigasse 38, dieser vertreten durch Dr. Max Villgrattner, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 100.000,-- s.A. infolge Revisionsrekurses der beklagten Partei gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgerichtes vom 14. September 1988, GZ 48 R 317/88-21, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 1. April 1988, GZ 6 C 1687/86-16, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Rekurskosten sind als weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Begründung

Der Kläger begehrte die Zahlung eines Betrages von

S 100.000,-- s.A. Er habe anläßlich der Anmietung der Wohnung Nr. 9 im Hause Wien 15, Märzstraße 54, an den Beklagten als den Hauseigentümer am 19. September 1984 S 120.000,-- bezahlt, ohne dafür eine gleichwertige Gegenleistung zu erlangen. Aus "prozessualen Gründen" klage er zunächst nur einen Teilbetrag von

S 100.000,-- ein.

In der Tagsatzung vom 17. Juli 1987 (ON 12) brachte der Kläger ergänzend vor, dem Beklagten seien zumindest S 50.000,-- zugeflossen. (Der vom Beklagten mit der Verwaltung des Hauses beauftragte) Dr. Peter D*** sei bevollmächtigt gewesen, Geldleistungen entgegenzunehmen. Die (vom Vormieter an den Beklagten geleistete) Zahlung von S 50.000,-- sei mit der Ablösezahlung des Klägers (an den Vormieter) in unmittelbarem Zusammenhang gestanden (AS 61).

Der Beklagte beantragte die Abweisung der Klage; er habe keine Zahlung erhalten. Nicht bestritten werde, daß Dr. Peter D*** als vom Beklagten bevollmächtigter Gebäudeverwalter auch zur Entgegennahme von Zahlungen bevollmächtigt sei (AS 61). Das Erstgericht wies die Klage ab und traf folgende Feststellungen:

Hauptmieter der Wohnung Nr. 9 im Haus Wien 15, Märzstraße 54, das im Eigentum des Beklagten steht, war zunächst Johann F***. Als diesem von der Gemeinde Stockerau eine Wohnung zugewiesen wurde, sprach er in der Gebäudeverwaltung Dr. Peter D*** vor und fragte, ob er die Wohnung im Hinblick auf die von ihm getätigten Investitionen an einen Nachmieter weitergeben dürfe. Gegen eine Zahlung von S 50.000,--, die er am 21. Februar 1984 leistete, wurde Johann F*** ein Weitergaberecht eingeräumt.

Johann F*** erteilte einem Immobilienmakler den Auftrag, die Wohnung gegen einen Ablösebetrag von S 140.000,-- (für zurückgelassenes Mobiliar und die Erneuerung von Elektroleitungen) zu vermitteln, war dann aber mit dem vom Kläger gebotenen Betrag von S 120.000,--, den er am 25. September 1984 erhielt, einverstanden. An eben diesem Tag unterschrieb der Kläger in der Gebäudeverwaltung Dr. Peter D*** den Mietvertrag über die Wohnung und eine Erklärung, wonach er dem Vormieter Johann F*** für seine Investitionen eine finanzielle Entschädigung geleistet habe und weder an die Gebäudeverwaltung noch an den Hauseigentümer irgendwelche Zahlungen geleistet habe. Gleichfalls am 25. September 1984 unterfertigte Gertrud F*** im Namen ihres Mannes eine Erklärung, wonach sie die Wohnung mit Zustimmung der Gebäudeverwaltung an den Kläger weitergegeben und anläßlich dieser Weitergabe weder an die Gebäudeverwaltung noch an den Hauseigentümer irgendwelche Beträge bezahlt habe.

Johann F*** hat von dem ihm im September 1984 ausbezahlten Betrag von S 120.000,-- nichts an den Beklagten bzw. den Gebäudeverwalter Dr. D*** weitergegeben.

Die vom Kläger gemietete Wohnung hat eine Nutzfläche von 34 m2 und besteht aus Zimmer, Kabinett und Küche. Das Klosett liegt außerhalb der Wohnung auf dem Gang, die Wohnung hat auch kein Badezimmer. Sie wurde vom Kläger voll möbliert übernommen. Im Zimmer standen ein Wandverbau und eine Sitzecke, im Kabinett ein Bett und zwei Nachtkästchen. Die Küche war voll eingerichtet und mit Kühlschrank, Waschmaschine, Herd und Warmwasserboiler ausgestattet. Die Möblierung war nicht mehr neuwertig.

In der rechtlichen Beurteilung vertrat das Erstgericht die Ansicht, bei den Zahlungen von S 50.000,-- durch Johann F*** an die Gebäudeverwaltung und von S 120.000,-- durch den Kläger an Johann F*** handle es sich um zwei verschiedene Geldflüsse, die zueinander allenfalls in einem wirtschaftlichen, nicht aber in einem rechtlichen Zusammenhang stünden. Die vom Kläger geleistete Zahlung sei dem Beklagten nicht zugekommen.

Die zweite Instanz hob das Urteil des Erstgerichtes unter Rechtskraftvorbehalt auf. Eine zwischen dem Vermieter und dem zurücktretenden Mieter geschlossene Vereinbarung, wonach der Vormieter für die Zustimmung des Vermieters zum Mieterwechsel eine Zahlung zu leisten habe, sei nach § 27 Abs 1 Z 5 MRG ungültig und verboten. Werde die vom Vormieter dem Vermieter geleistete Zahlung auf den Nachmieter überwälzt, sei dieser rückforderungsberechtigt, weil er durch die Ablösezahlung wirtschaftlich belastet sei. Im Vermögen des Vormieters bilde ein solcher Betrag nur eine Durchgangspost. Mit seinem Vorbringen in der Tagsatzung vom 17. Juli 1987 habe der Kläger eine ausreichende Grundlage geschaffen, den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsatz der wirtschaftlichen Belastung mit einer Zahlung für eine Zustimmung zum Mieterwechsel auch hier anzuwenden. Der Umstand, daß die Zustimmung zum Mieterwechsel im vorhinein erteilt worden sei, mache diese wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht unzulässig. Der abtretende Mieter werde durch eine von ihm für die Zustimmung zum Mieterwechsel an den Hauseigentümer geleistete Zahlung nur dann wirtschaftlich belastet, wenn der Wert jener Investitionen, die vom neuen Mieter übernommen und abgelöst werden, im Zeitpunkt der Übernahme des Bestandobjektes den Betrag der vom neuen Mieter an den abtretenden Mieter geleisteten Ablöse erreiche oder überschreite: Denn in diesem Fall müsse der abtretende Mieter einen Teil des an den Hauseigentümer zu leistenden Betrages aus eigenem Vermögen leisten. Andernfalls aber werde der neue Mieter mit der unzulässigen Ablösezahlung an den Hauseigentümer wirtschaftlich belastet. Der Umstand, daß der abtretende Mieter die Höhe der Ablöse mit dem Hauseigentümer vereinbare und sie diesem übergebe, sei demgegenüber bedeutungslos. Das Erstgericht habe daher zu Unrecht einen rechtlichen Zusammenhang zwischen den beiden Geldflüssen und damit die Aktivlegitimation des Klägers verneint. Im fortgesetzten Verfahren werde das Erstgericht Feststellungen über den Wert der vom Kläger übernommenen Investitionen und der ihm übergebenen Einrichtungsgegenstände zu treffen haben. Übersteige dieser Wert nicht S 70.000,--, sei davon auszugehen, daß der abtretende Mieter den von ihm selbst dem Beklagten bezahlten Betrag von S 50.000,-- auf den Kläger überwälzt habe. Der Rechtskraftvorbehalt sei auszusprechen gewesen, weil eine Rechtsprechung zur Frage fehle, ob die wirtschaftliche Belastung des Klägers auch dann noch zu bejahen sei, wenn - wie hier - die Leistungen des Altmieters und des Klägers zeitlich in keinem unmittelbaren Zusammenhang mehr stehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs des Beklagten ist nicht berechtigt.

Der Beklagte wendet sich gegen die Rechtsansicht, wonach dem mit einer für die Einräumung eines Weitergaberechtes vom Vormieter an den Hauseigentümer geleisteten Ablösezahlung wirtschaftlich belasteten Nachmieter ein Rückforderungsrecht gegen den Hauseigentümer zustehe, da sie der Freiheit des Eigentums und der Vertragsfreiheit widerspreche. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den Zahlungen des Vormieters an den Beklagten und des Klägers an den Vormieter sei nicht festgestellt worden. Der Mangel eines solchen Zusammenhanges ergebe sich schon aus dem zeitlichen Abstand der beiden Zahlungen von einem halben Jahr. Der Oberste Gerichtshof pflichtet jedoch den Ausführungen des Berufungsgerichtes bei.

Die Vereinbarung der Leistung eines Entgelts für die Zustimmung zum Mieterwechsel, gleichgültig, ob diese im vorhinein oder im konkreten Fall erteilt wurde, wird nach ständiger Rechtsprechung als - nunmehr - den Bestimmungen des § 27 Abs 1 Z 1 und 5 MRG widersprechend angesehen (Würth in Rummel, ABGB, Rdz 4 zu § 27 MRG mwN). Von einer Vertragsfreiheit kann in diesem Fall im Hinblick auf die gesetzliche Regelung des Mietrechtsgesetzes und zuvor des Mietengesetzes keine Rede sein.

Es entspricht gleichfalls ständiger Rechtsprechung, daß derjenige zur Rückforderung einer unzulässigen Ablöse berechtigt ist, der durch die Ablösezahlung wirtschaftlich belastet ist, der demnach die Ablöse wirtschaftlich aus seinem Vermögen geleistet hat. Von einer solchen wirtschaftlichen Belastung des abtretenden Mieters durch die von ihm für die Zustimmung zum Mieterwechsel an den Hauseigentümer geleistete Ablöse kann nach den zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes nur gesprochen werden, wenn der Wert jener Investitionen, die vom neuen Mieter übernommen und abgelöst worden sind, im Zeitpunkt der Übernahme des Bestandobjektes den Betrag der vom neuen Mieter an den abtretenden Mieter geleisteten Ablöse erreicht oder überschritten hat. In diesem Fall wäre nämlich dem abtretenden Mieter dadurch, daß er einen Teil der vom neuen Mieter erhaltenen Ablöse dem Hauseigentümer bezahlen mußte, weniger zugekommen, als er vom neuen Mieter nach dem Gesetz hätte beanspruchen dürfen. Dann hätte er die Ablöse an den Hauseigentümer aus eigenem Vermögen geleistet. Im entgegengesetzten Fall jedoch ist der neue Mieter als derjenige anzusehen, der mit der unzulässigen Ablösezahlung an den Hauseigentümer wirtschaftlich belastet ist. Der Umstand, daß der abtretende Mieter die Höhe der Ablöse mit dem Hauseigentümer vereinbart und sie diesem auch übergeben hat, ist demgegenüber bedeutungslos (Würth aaO, Rdz 9 zu § 27 MRG, MietSlg 16.275, MietSlg 37.387/17 uva).

Daß die Zinsbildung im vorliegenden Fall dem § 16 MRG unterliegt, ist nicht strittig.

Der wirtschaftliche Zusammenhang zwischen der vom Vormieter des Klägers an den Beklagten für die Einräumung eines Weitergaberechtes geleisteten Zahlung und der vom Kläger an seinen Vormieter gezahlten Ablöse ist nach den Feststellungen des Erstgerichtes nicht zweifelhaft und wird auch vom Erstgericht angenommen. Der Umstand, daß die Vereinbarung über die Einräumung eines Weitergaberechtes zwischen Johann F*** und dem Beklagten mehrere Monate vor der tatsächlichen Weitergabe getroffen wurde und daß die hiefür von Johann F*** zu leistende Zahlung nicht erst aus dem ihm vom Kläger gezahlten Betrag, sondern schon bei Abschluß der Vereinbarung erfolgt ist, spricht schon deshalb nicht gegen diesen Zusammenhang, weil die Vereinbarung im Hinblick auf die bereits konkret beabsichtigte Aufgabe der Hauptmietrechte durch Johann F*** zustandegekommen ist.

Offen ist daher lediglich die Frage, ob und in welchem Ausmaß Johann F*** die von ihm geleistete Zahlung auf den Kläger überwälzt hat, so daß dieser damit wirtschaftlich belastet wurde. Eine Überwälzung ist, wie vom Berufungsgericht zutreffend ausgeführt wurde, anzunehmen, soweit der Betrag von S 50.000,-- in der vom Kläger geleisteten Ablöse ungeachtet des Wertes der übernommenen Investitionen Deckung findet.

Mit Recht hat deshalb die zweite Instanz dem Erstgericht ergänzende Feststellungen in dieser Richtung aufgetragen. Der Kostenvorbehalt erfolgte nach § 52 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte