European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2019:0130OS00147.18V.0424.000
Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld werden zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung gegen die Aussprüche über die Strafe werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Werner S***** – im zweiten Rechtsgang – mehrerer Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt und hiefür nach „§ 33 Abs 5 FinStrG in Verbindung mit § 15 Abs 4 FinStrG insgesamt zu einer Geldstrafe in der Höhe von EUR 500.000, im Uneinbringlichkeitsfall zu sechs Monaten Ersatzfreiheitsstrafe“ verurteilt.
Danach hat er als Geschäftsführer der D***** im Bereich des Zollamts Eisenstadt‑Flughafen Wien vorsätzlich (US 10) unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten, nämlich durch Unterlassen der Anmeldung, Selbstberechnung und Entrichtung des Altlastenbeitrags (im Urteil nach Quartalen gegliederte) Abgabenverkürzungen um insgesamt 1.050.317,65 Euro bewirkt.
Für das vom im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch umfasste Vergehen des vorsätzlichen umweltgefährdenden Behandelns und Verbringens von Abfällen nach § 181b Abs 1 Z 3 und 4 StGB idF BGBl I 2006/56 (ON 74 und ON 81 [13 Os 29/18s]) verhängte das Gericht über Werner S***** eine gesonderte Sanktion.
Rechtliche Beurteilung
Der dagegen aus Z 9 lit a, 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.
Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810).
Daran orientiert sich die Rechtsrüge nicht, indem sie in Ansehung der subjektiven Tatseite einen substanzlosen Gebrauch der verba legalia behauptet (Z 9 lit a), aber nicht aus dem Gesetz ableitet, warum es den auf US 10 getroffenen Feststellungen am gebotenen Sachverhaltsbezug (RIS-Justiz RS0119090) fehlen sollte.
Soweit sie argumentiert, es sei von einem „Rechtsirrtum“ oder von einem „vorsatzausschließenden
Tatbildirrtum“ auszugehen, erschöpft sie sich in der Bestreitung der Konstatierungen zur subjektiven Tatseite (US 10).
Auf den Einwand „tätiger Reue“ (Z 9 lit b) ist von vornherein nicht einzugehen, weil der im ersten Rechtsgang in Rechtskraft erwachsene Schuldspruch nach § 181b Abs 1 Z 3 und 4 StGB (vgl dazu 13 Os 29/18s), auf den sich das Beschwerdevorbringen bezieht, hier nicht Verfahrensgegenstand ist.
Das – undifferenziert – sowohl auf Z 9 lit a als auch auf Z 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Vorbringen entspricht nicht der Strafprozessordnung (RIS‑Justiz RS0115902).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) verlässt schon deshalb den gesetzlichen Anfechtungsrahmen, weil sie den gerichtlichen Straftatbestand nicht bezeichnet, dem der Urteilssachverhalt hätte unterstellt werden sollen (RIS‑Justiz RS0099938).
Die Behauptung eines Mangels an Feststellungen zum strafbestimmenden Wertbetrag, insbesondere zu der vom Angeklagten übernommenen Klärschlammmenge (Z 11), orientiert sich nicht am Urteilssachverhalt (US 9 f) und verfehlt solcherart den Bezugspunkt materiell-rechtlicher Nichtigkeit.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO, ebenso wie die im schöffengerichtlichen Verfahren nicht vorgesehene (§ 283 Abs 1 StPO) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld, bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung (§ 285i StPO).
Dabei wird dieses zu berücksichtigen haben, dass die Strafaussprüche an (
nicht geltend gemachter) Nichtigkeit aus § 281 Abs 1 Z 11 StPO leiden (RIS‑Justiz RS0109969 und RS0116501):
Bereits im ersten Rechtsgang wurde im Rahmen der Maßnahme nach § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO darauf hingewiesen, dass die Anordnung der separaten Sanktionierung von Finanzvergehen und anderen strafbaren Handlungen (§ 22 Abs 1 FinStrG) auch in Bezug auf die Strafbemessung zu beachten ist (RIS‑Justiz RS0086070,
RS0129426 und RS0086221). Diesem Grundsatz wurde auch im zweiten Rechtsgang nicht zweifelsfrei entsprochen (vgl US 20 und 22).
Hinzu kommt, dass § 33 Abs 5 FinStrG die Verhängung von Freiheitsstrafen nicht zwingend, sondern nur nach Maßgabe des § 15 FinStrG anordnet (§ 33 Abs 5 letzter Satz FinStrG). Da nach § 15 Abs 2 FinStrG nur dann auf eine Freiheitsstrafe erkannt werden darf, wenn dies spezial- oder generalpräventive Gründe verlangen, stellt sich die Frage deren Substitution durch eine Geldstrafe aus eben solchen Gründen gar nicht ( Lässig in WK 2 FinStrG § 15 Rz 6). Die Verhängung einer Geldstrafe „im Sinne des § 15 Abs 4 FinStrG im Zusammenhalt mit § 37 Abs 1 StGB“ und die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe, die vom Erstgericht der gemäß § 33 Abs 5 FinStrG verhängten Geldstrafe von 400.000 Euro und der für den Fall deren Uneinbringlichkeit festgesetzten Freiheitsstrafe von fünf Monaten jeweils rechnerisch hinzugeschlagen wurden (US 3 und 22), entspricht somit nicht dem Gesetz.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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