OGH 3Ob97/18p

OGH3Ob97/18p21.9.2018

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun‑Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. C***** als Insolvenzverwalterin im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des W*****, vertreten durch Leeb & Weinwurm Rechtsanwälte GmbH in Neunkirchen, gegen die beklagte Partei W***** Privatstiftung, *****, vertreten durch Hock & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Anfechtung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 22. März 2018, GZ 17 R 196/17w‑36, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00097.18P.0921.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Nach ständiger Rechtsprechung zur Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht (§ 28 Z 1 IO; § 2 Z 1 AnfO) ist es gleichgültig, welche Gläubiger der Schuldner benachteiligen wollte, gegenwärtige, künftige, bestimmte, unbestimmte, alle oder einige (RIS-Justiz RS0050608 [T7]). Auch wer gar keine Gläubiger hat, kann in Benachteiligungsabsicht handeln, indem er bewusst zum Schaden künftiger Gläubiger handelt (RIS-Justiz RS0050623 [T2 aE]). Benachteiligungsabsicht ist schon dann anzunehmen, wenn der Schuldner in Form des bedingten Vorsatzes die Benachteiligung der Gläubiger ernstlich für möglich gehalten und sich damit abgefunden hat; mag die Gläubigerbenachteiligung auch nicht der einzige Beweggrund gewesen sein (RIS-Justiz RS0064166 [T9]). Benachteiligungsabsicht liegt nicht nur dann vor, wenn feststeht, dass der Schuldner geradezu darauf abgezielt hat, seine Gläubiger zu benachteiligen, sondern auch dann, wenn er andere Ziele – wie etwa die Begünstigung des Partners, die Erhaltung von Werten für „später“, oder die Sicherung des Familienvermögens – verfolgte und dabei entweder die Benachteiligung anderer als sicher eintretend erkannte oder diesen Eintritt als naheliegend ansah und sich damit, obwohl nicht bezweckt, vielleicht sogar subjektiv unerwünscht, bewusst und positiv abfand (1 Ob 507/88 mwN; 6 Ob 52/99m = RIS-Justiz RS0064166 [T2]; König , Anfechtung 5 Rz 7/26 und Rz 7/31 je mwN).

Im vorliegenden Fall steht (wenngleich teilweise disloziert) fest, dass die – bereits im Jahr 2011 mit Notariatsakt vereinbarte, jedoch erst am Tag der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens über das Vermögen des Schuldners im Jahr 2015 bücherlich einverleibte – unentgeltliche Übertragung der Liegenschaft (unter gleichzeitigem Vorbehalt eines lebenslangen Wohnungsgebrauchsrechts für den Schuldner) den Zweck hatte, diese Liegenschaft vor einem Zugriff der Gläubiger des Schuldners (im Zusammenhang mit dem von ihm geführten Unternehmen) „abzusichern“. Entgegen der Rechtsansicht der Beklagten ist die Beurteilung dieses Sachverhalts als für die Anfechtbarkeit ausreichende Benachteiligungsabsicht des Schuldners durchaus vertretbar und bedeutet keine Ausweitung der bisherigen Rechtsprechung zu § 28 Z 1 IO. Wenn die Revision argumentiert, diese Zuwendung sei (nur) von der Absicht des Schuldners getragen gewesen, die Liegenschaft „für sich und seine Kinder sicher erhalten zu wollen“, entfernt sie sich von den Feststellungen.

2. Ein Widerspruch zur Entscheidung 3 Ob 16/08m liegt nicht vor: Kann doch nach dem dort zu beurteilenden Sachverhalt eine Anfechtung der Schenkung einer Liegenschaft (mangels Benachteiligungsabsicht) nicht in Betracht, sodass sich die Frage stellte, ob eine Anfechtung der – erst Jahre später durchgeführten, in die zweijährige Anfechtungsfrist fallenden – Verbücherung als Verfügungsgeschäft erfolgreich sein könnte; dies wurde mit der Begründung verneint, dass die Aufsandungserklärung des Geschenkgebers im Schenkungsvertrag außerhalb der Anfechtungsfrist abgegeben und die Verbücherung über bloßen Antrag der Geschenknehmerin (ohne eine Rechtshandlung des Schuldners) erfolgt war.

Im vorliegenden Fall ist hingegen (schon) das Verpflichtungsgeschäft anfechtbar. Daher kann die vom Berufungsgericht hilfsweise herangezogene Anfechtbarkeit (auch) des Verfügungsgeschäfts (der bücherlichen Einverleibung) – mit Hinweis auf das Drängen des Schuldners, die Verbücherung zugunsten der Beklagten endlich durchführen zu lassen – schon deshalb, nicht zum Gegenstand des außerordentlichen Rechtsmittels gemacht werden, weil sie für den Streitausgang nicht (mehr) erheblich ist (RIS-Justiz RS0042736; RS0118709 [T2]).

3. Die außerordentliche Revision ist daher mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen.

Stichworte