OGH 6Ob52/99m

OGH6Ob52/99m11.11.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Ferdinand B*****, als Masseverwalter im Konkurs der Firma S***** GesmbH, gegen die beklagte Partei Wiener Gebietskrankenkasse, 1100 Wien, Wienerbergstraße 15-19, vertreten durch Rechtsanwälte Dr. Amhof und Dr. Damian Partnerschaft in Wien, wegen Unwirksamerklärung von Zahlungen und 195.000,-- S, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 7. Dezember 1998, GZ 3 R 167/98w-20, womit das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg vom 17. Juni 1998, GZ 2 Cg 33/96w-16, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei hat der klagenden Partei die mit insgesamt 36.899,-- S (darin enthalten 3.941,50 S USt und 13.250,-- S Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Mit Beschluss des Landesgerichtes Korneuburg vom 15. 3. 1996, 29 S 16/96, wurde über das Vermögen der Firma S***** GesmbH das Konkursverfahren eröffnet und der Kläger zum Masseverwalter bestellt. Die Zahlungsunfähigkeit war bereits Ende Dezember 1992 eingetreten. Dies war den Geschäftsführern der Gemeinschuldnerin auch bekannt.

Die beklagte Partei führte seit Juli 1989 insgesamt 42 Exekutionen gegen die Gemeinschuldnerin. Im Zeitraum vom April bis September 1992 wurden monatlich Exekutionen geführt.

Am 10. 5. 1993 stellte die beklagte Partei erstmals einen Antrag auf Konkurseröffnung. Der Geschäftsführer Peter S***** sen kontaktierte daraufhin die beklagte Partei, um die Rückziehung des Konkursantrages zu erreichen. Diese stellte entsprechende Bedingungen. Es wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass der Antrag nur zurückgezogen werde, wenn Peter S***** jun eine Haftung als Bürge übernehmen werde. Peter S***** jun suchte am 2. 7. 1993 die Räumlichkeiten der beklagten Partei auf und unterfertigte einen entsprechenden Bürgschaftsvertrag. Auf eindringliches Ersuchen der beklagten Partei traf er auch eine Ratenvereinbarung und zahlte sogleich 100.000 S. Nach vier weiteren Zahlungen von je 50.000 S zog die beklagte Partei am 12. 10. 1993 den Konkursantrag zurück.

Wegen weiterer schleppender Zahlungen stellte die beklagte Partei am 8. 2. 1994 neuerlich einen Konkurseröffnungsantrag. Peter S***** sen sprach abermals bei der beklagten Partei vor, um eine Ratenvereinbarung zu erreichen. Er erklärte, dass auch andere Gläubiger, insbesondere das Finanzamt, andrängen würden. Die beklagte Partei erklärte, sie wünsche eine vorrangige Befriedigung. Schließlich vereinbarte sie mit der späteren Gemeinschuldnerin die Zahlung des ausständigen Betrages in zwei Raten zu je 130.000 S.

Die spätere Gemeinschuldnerin zahlte am 7. 3. 1994 130.000 S und am 22. 4. 1994 65.000 S. Für den Fall der Zahlung dieser Teilbeträge hatte die beklagte Partei die Rückziehung des Konkursantrages versprochen, weil ihr bekannt war, dass durch die Verlegung des Firmensitzes der Schuldnerin nach Niederösterreich weitere Beträge nicht anfallen werden. Am 25. 4. 1994 zog die beklagte Partei den Konkursantrag zurück.

Den Geschäftsführern der späteren Gemeinschuldnerin war im Zeitpunkt der Ratenzahlungen bekannt, dass auf Grund der vorrangigen Befriedigung der Forderung der beklagten Partei die Erfüllung der Forderungen anderer Gläubiger, insbesondere des Finanzamtes, nicht mehr möglich war.

Den Mitarbeitern der beklagten Partei war dies im Zeitpunkt der Zahlungen ebenfalls bekannt. Sie wollten insbesondere mit den Konkursanträgen die vorrangige Befriedigung der beklagten Partei erreichen.

Mit Urteil vom 5. 5. 1997 wurden die Geschäftsführer Peter S***** sen und Peter S***** jun wegen des Vergehens der fahrlässigen Krida gemäß § 159 Abs 1 Z 1 und 2, § 161 Abs 1 StGB rechtskräftig verurteilt. Sie wurden schuldig erkannt, von Mitte 1990 bis Ende 1992 die Zahlungsunfähigkeit der Gemeinschuldnerin dadurch herbeigeführt zu haben, dass sie leichtsinnig und unverhältnismäßig Kredit benutzten bzw Peter S***** jun sich nicht um das Unternehmen gekümmert hatte, weiters von Anfang 1993 bis März 1996 in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit fahrlässig die Befriedigung von Gläubigern oder wenigstens eines von ihnen dadurch vereitelt oder geschmälert zu haben, dass sie neue Schulden eingingen, teilweise alte Schulden bezahlten und das Ausgleichsverfahren oder die Konkurseröffnung nicht rechtzeitig beantragten.

Der Kläger begehrte die Feststellung der Unwirksamkeit der am 7. 3. 1994 geleisteten Zahlung von 130.000 S und der am 22. 4. 1994 geleisteten Zahlung von 65.000 S gegenüber den Konkursgläubigern der Gemeinschuldnerin sowie die Zahlung von 195.000 S sA. Die Zahlungen seien gemäß §§ 30 und 31 KO anfechtbar.

Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die angefochtenen Zahlungen lägen außerhalb der Fristen der §§ 30 Abs 2 und 31 Abs 4 KO und seien daher der Anfechtung entzogen. Irgendwelche "Ränke, Umtriebe", die Voraussetzung einer Anfechtung nach § 28 KO seien, seien nicht behauptet worden und der beklagten Partei auch nicht bekannt oder erkennbar gewesen.

Daraufhin führte der Kläger noch aus: Die Geschäftsführer der nunmehrigen Gemeinschuldnerin hätten dadurch, dass sie offensichtlich jene Gläubiger, die Konkursanträge gestellt hätten, befriedigt hätten, in der Absicht gehandelt, andere Gläubiger zu benachteiligen. Im Hinblick auf die getroffenen Ratenvereinbarungen sei die Benachteiligung anderer Gläubiger auch der beklagten Partei bekannt gewesen oder hätte ihr bekannt sein müssen. Zudem sei der Geschäftsführer Peter S***** sen bereits 1991 unter anderem wegen § 114 Abs 1 ASVG strafrechtlich verurteilt worden. Es liege in der Natur der Sache, dass gerade die Ansprüche der Sozialversicherung bevorzugt durch Gemeinschuldner bezahlt würden, weil ihnen ja die Strafdrohung nach den Bestimmungen des ASVG bekannt sei. Peter S***** sen, der bereits rechtskräftig verurteilt worden sei, sei daher sicherlich bestrebt gewesen, vorrangig diese Verbindlichkeit abzuzahlen. Darauf deute auch die persönliche Haftungsübernahme durch Peter S***** jun am 2. 7. 1993 hin.

Die beklagte Partei bestritt das Vorliegen der Benachteiligungsabsicht und wiederholte ihre Rechtsansicht, dass Benachteiligungsabsicht im Sinn des § 28 KO nicht schon dann vorliege, wenn die übrigen Gläubiger infolge der durch den Konkurseröffnungsantrag des befriedigten Gläubigers bewirkten Zahlungen an diesen erst später Befriedigung erlangen würden. Bei kongruenten Deckungen könne Benachteiligungsabsicht überhaupt erst bei Hinzutreten besonderer Umstände angenommen werden. Die Verurteilung des Geschäftsführers nach § 114 Abs 1 ASVG lasse keine Schlussfolgerungen auf eine Benachteiligungsabsicht zu.

Das Erstgericht erkannte im Sinne des Klagebegehrens. Die Zahlungen seien außerhalb der Fristen der §§ 30 und 31 KO erfolgt, sodass die Anfechtungsvoraussetzungen nach diesen Bestimmungen nicht vorlägen. Die Zahlungen seien aber nach § 28 Abs 1 KO anfechtbar. Für das Vorliegen der Benachteiligungsabsicht im Sinn dieser Bestimmung genüge dolus eventualis, der beim Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin vorgelegen sei. Da die beklagte Partei Kenntnis von der Absicht der Gemeinschuldnerin, andere Gläubiger zu benachteiligen, gehabt habe, seien die Voraussetzungen des § 28 KO erfüllt.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil - nach dem Spruch seiner Entscheidung - dahin ab, dass es das Begehren auf Rechtsunwirksamerklärung der Zahlungen abwies. Über das Zahlungsbegehren fehlt ein ausdrücklicher Ausspruch, doch es geht aus dem Urteilsspruch, dass der Berufung Folge gegeben werde, sowie aus der Begründung des Berufungsurteiles hervor, dass das Berufungsgericht auch das Zahlungsbegehren abweisen wollte. In diesem Sinne haben die Parteien das Urteil auch aufgefasst, wie sich aus ihren Revisionsschriften ergibt.

Das Berufungsgericht führte aus:

Auch wenn die Frage, ob Benachteiligungsabsicht vorliege, zum Tatsachenbereich gehöre (ÖBA 1990, 948 ua) und die diesbezügliche Beweisrüge der Berufungswerberin nicht überzeugend sei, so sei die Frage, ob die festgestellte Absicht als Benachteiligungsabsicht im Sinne des § 28 KO zu beurteilen sei, eine Rechtsfrage (ÖBA 1991, 826). Welche Voraussetzungen für die Bejahung der vom § 28 Z 1 KO geforderten und eine Anfechtung von Rechtshandlungen bis zu 10 Jahren vor Konkurseröffnung ermöglichenden Benachteiligungsabsicht (die dem Antragsgegner bekannt sein müsse) vorliegen müssten, sei in Lehre und Rechtsprechung heftig umstritten. Während Burgstaller (ÖJZ 1979, 148 [150]) und Wegan (Insolvenzrecht 66 f) für die Benachteiligungsabsicht des Gemeinschuldners dolus directus verlangten, begnügten sich Petschek-Reimer-Schiemer (Das österreichische Insolvenzrecht 361), Bartsch-Pollak (Konkurs-, Ausgleichs-, Anfechtungsordnung und Geschäftsaufsichtsgesetz I, 177) und die herrschende Rechtsprechung (ÖBA 1997/666 mwN) mit dolus eventualis (zustimmend auch Koziol, Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung 84). Dieser dolus eventualis solle schon dann ausreichend sein, wenn es der Gemeinschuldner zum Zeitpunkt der anfechtbaren Rechtshandlung ernstlich für möglich halte, dass dadurch die Befriedigung anderer Gläubiger erschwert oder verzögert wird (ÖBA 1991, 826).

Hätten ältere Lehrmeinungen (Steinbach-Ehrenzweig, Komm zur AnfO 103 ff; Jäger, Komm zur dKO, § 31 Rz 11, 12; Petschek-Reimer-Schiemer aaO

361) vor allem bei kongruenten Deckungen eine unlautere Vorgangsweise des Gemeinschuldners über die objektive Benachteiligung hinaus verlangt, was lange Zeit auch der Judikatur als Abgrenzungskriterium gedient habe (SZ 9/96: Identität der für Gläubiger und Schuldner handelnden Person; SZ 18/21 zu § 2 AnfO: "Besondere konkrete Umstände"; GerH 1933, 137 zu § 2 AnfO: "Umtriebe"; WBl 1989, 68 zu § 2 AnfO: "Besondere konkrete Umstände"; aber auch noch 4 Ob 1549/95 zu § 28 KO: "Umtriebe, Ränke"), so zeige die jüngere Rechtsprechung eine gegenläufige Tendenz:

Vor allem im Zusammenhang mit Sozialversicherungsträgern, die ihre Zahlungsaufforderungen mit Konkursandrohungen verknüpft oder Zahlungen nach Einbringung von Konkurseröffnungsanträgen angenommen hätten, habe der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass auch kongruente Deckungen - ohne besondere Umstände (Ränke, Umtriebe) - der Absichtsanfechtung unterlägen, wenn der Gemeinschuldner sich bei der Zahlung bewusst gewesen sei, dass er dadurch die Befriedigung älterer oder gleichartiger Forderungen anderer Gläubiger verzögere oder erschwere und dem Anfechtungsgegner dies bekannt gewesen sei oder gewesen sein müsse (ÖBA 1991, 826; ÖBA 1994, 637; ÖBA 1995, 230 = ZIK 1995, 37). Auf die heftige Kritik in der Lehre (Koziol, Grundlagen und Streitfragen der Gläubigeranfechtung, 81 ff; ders, Anm zu ÖBA 1991, 826; ders Anm zu ZIK 1995, 37; Fink, Anm zu ÖBA 1995, 230; Doralt, Anm zu ÖBA 1994, 637, ders ÖBA 1995, 346 ff; Bachmann, ZIK 1996, 3 ff und König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung Rz 133), die vor allem auf die Sinnlosigkeit des § 30 Abs 1 Z 2 und 3 KO bei derart weiter Auslegung des § 28 KO hingewiesen habe, habe der Oberste Gerichtshof lediglich mit einem unzureichenden Abgrenzungsversuch reagiert:

Demnach schließe zwar eine Leistung an einen Gläubiger in Benachteiligungsabsicht wohl logisch zwingend die Begünstigungsabsicht in sich, während letztere aber auch ohne Benachteiligungsabsicht - so etwa dann, wenn der Schuldner den andrängenden Gläubiger befriedigt, um ihn zu beruhigen, dabei jedoch hofft, den drohenden Vermögensverfall doch noch rechtzeitig abwenden und sodann alle übrigen Gläubiger voll und fristgerecht befriedigen zu können - erfolgen könne (ÖBA 1991, 826; ÖBA 1997/666).

Dass diese Abgrenzung nicht sehr überzeugend sei, weil derjenige Schuldner, der hoffe, später doch noch alle seine Gläubiger befriedigen zu können, nicht einmal in Begünstigungsabsicht handle, hätten die Vertreter der obigen Lehrmeinungen (Doralt auch in einer Anmerkung zu ÖBA 1997/666) zutreffend aufgezeigt. Auch dass es nur von der - möglicherweise irrealen - subjektiven Einschätzung des Gemeinschuldners in Bezug auf allfällige Sanierungschancen abhängen solle, wie lange der Antragsgegner mit einer Anfechtung rechnen müsse, sei wenig befriedigend. Auffällig sei auch, dass die vom Obersten Gerichtshof vermutlich aus den Straftatbeständen der §§ 158, 159 Abs 1 Z 2 StGB gewonnenen Abgrenzungsargumente auf die Tatbestände der §§ 28 und 30 KO gerade im umgekehrten Sinn angewendet würden (Doralt, Anm zu ÖBA 1994, 698).

Zu beachten sei, dass auch Doralt (ÖBA 1995, 346 ff) die unter rechtsmissbräuchlichen Konkursandrohungen erlangten Zahlungen missbillige (Punkt 3, Punkt 5 dieser Abhandlung). Ob er über die seiner Ansicht nach zu bejahende Begünstigungsanfechtung (§ 30 KO) auch eine Anfechtung wegen Benachteiligungsabsicht befürworte, lasse er aber offen. Koziol (Grundlagen 82 ff) wiederum betone, dass die Anfechtbarkeit kongruenter Deckungen, die vor der materiellen Insolvenz erfolgten, die Existenz des § 30 Abs 1 Z 3 KO unerklärbar machte. Wenn die kongruente Deckung allerdings nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit erfolge, so bejahe auch er einen Verstoß gegen die Gleichbehandlungspflicht (Grundlagen 84). Da seiner (überzeugenden) Ansicht nach aber jede absichtliche Gläubigerbegünstigung den Eventualvorsatz, die anderen Gläubiger zu benachteiligen, impliziere, stehe man erneut vor der Konsequenz, dass mit der Anfechtungsmöglichkeit des § 28 KO (mit wesentlich längeren Fristen) alle Tatbestände mitumfasst wären, für die § 30 Abs 1 Z 3 KO zur Verfügung stehe. Halte man daher die vom Obersten Gerichtshof neuerdings verwendete Abgrenzung für nicht überzeugend, so wäre der Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 3 KO überflüssig; ein Ergebnis, das herkömmlichen Auslegungsgrundsätzen widerspreche (Koziol, Grundlagen 84).

Das Berufungsgericht schließe sich daher der herrschenden Lehre an, wonach es bei kongruenten Deckungen für eine Anfechtung nach § 28 KO zusätzlicher spezifischer Indizien (Umtriebe, Ränke) bedürfe, um eine Benachteiligungabsicht anzunehmen.

Schließlich sei aber auch festzuhalten, dass das Erstgericht zwar ausdrücklich festgestellt habe, der Gemeinschuldnerin und der Beklagten sei bekannt gewesen, dass durch die "abgepressten" Zahlungen andere Gläubiger nicht mehr bzw verzögert befriedigt werden könnten; ausdrückliche Feststellungen über die subjektive Einschätzung des Gemeinschuldners (im Sinne der Abgrenzungsversuche des Obersten Gerichtshofes) zu einer allfälligen Sanierbarkeit des Unternehmens fehlten aber ebenso wie ein diesbezügliches Klagevorbringen. Die aus den strafgerichtlichen Verurteilungen übernommenen Tatsachenfeststellungen gäben in dieser Richtung ebenfalls keinen Aufschluss.

Da somit die vom Berufungsgericht als maßgeblich angesehenen "besonderen Umstände" nicht vorlägen, aber auch auf Grund der getroffenen Feststellungen eine exakte Abgrenzung, ob das Verhalten der Gemeinschuldnerin nur als Begünstigungs- oder als Benachteiligungsabsicht zu qualifizieren sei, nicht möglich sei, sei der Berufung Folge zu geben und das Klagebegehren abzuweisen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil die Frage, welche tatsächlichen Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 28 KO gegeben sein müssen, eine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung darstelle, die höchstgerichtliche Rechtsprechung dazu nicht ganz einheitlich sei (vgl 4 Ob 1549/95) und das Berufungsgericht die Argumente der herrschenden Lehre entgegen der überwiegenden Rechtsprechung für überzeugend halte.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision des Klägers ist zulässig und berechtigt.

Wie das Berufungsgericht selbst erkennt, steht seine Rechtsansicht zur aktuellen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes im Widerspruch.

Der Oberste Gerichtshof hält nunmehr trotz der vom Berufungsgericht ausführlich dargelegten Kritik der Lehre in seiner neueren Rechtsprechung daran fest, dass auch kongruente Deckungen der Absichtsanfechtung nach § 28 KO unterliegen. Absicht zur Benachteiligung bedeutet nichts anderes als Vorsatz. Es genügt dolus eventualis. Benachteiligungsabsicht ist anzunehmen, wenn zur Begünstigung noch das Wissen hinzukommt, dass das zahlungsunfähige und überschuldete Unternehmen nicht mehr saniert werden kann und eine volle Befriedigung aller Gläubiger auch in Zukunft nicht möglich ist (6 Ob 641/93 = ÖBA 1994/445, 637; 4 Ob 99/97f = ÖBA 1997/666, 1020 je mit weiteren Judikaturhinweisen). Es reicht aus, dass der Schuldner andere Ziele, etwa die Begünstigung des Partners oder auch die Befreiung von einer drohenden Exekution, verfolgt hat und dabei die Benachteiligung anderer Gläubiger als sicher eintretend erkannte oder sich damit bewusst und positiv abfand (in diesem Sinne jüngst auch 7 Ob 354/98d in ÖBA 1999/823).

Der Oberste Gerichtshof hat sich in seinen letzteren Entscheidungen, insbesondere in 4 Ob 99/97f mit den gegenteiligen Lehrmeinungen und den im Berufungsurteil ebenfalls dargelegten kritischen Stellungnahmen der Lehre zu den jeweils diese Grundsätze zum Ausdruck bringenden Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes auseinandergesetzt und dargelegt, warum er nach wie vor keinen Anlass findet, von seiner Rechtsprechung abzugehen.

Die Entscheidung 4 Ob 99/97f wurde abermals von Doralt (in ÖBA 1997, 1023 ff) insoweit ablehnend kommentiert, als sie die Judikatur des Obersten Gerichtshofes bekräftigt, wonach auch jede gebührende, also insbesondere fällige Zahlung in Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit sogar den Anfechtungstatbestand des § 28 KO erfüllt, wenn sich der zahlungsunfähige Schuldner bei Leistung der Zahlung nicht der Hoffnung auf eine Sanierung hingibt. Ein im wesentliches neues, bisher noch nicht bedachtes Argument vermag er aber in dieser Stellungnahme nicht aufzuzeigen.

Die wesentlichen Argumente und Gegenargumente wurden bereits in der zuletzt zitierten Entscheidung des Obersten Gerichtshofes berücksichtigt, sodass auf deren Begründung verwiesen werden kann. Ein nochmaliges Eingehen auf die jeweils dargelegten Argumente könnte nur zu einer Wiederholung der bereits bekannten unterschiedlichen Auffassungen führen.

Der vorliegende Fall ist zudem dadurch geprägt, dass die beklagte Partei die Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin durch wiederholte Konkursanträge massiv unter Druck setzte und nur deshalb Zahlungen erreichte. Wie bereits das Berufungsgericht darlegte, vertritt selbst Doralt als schärfster Kritiker der aufgezeigten Entscheidungslinie des Obersten Gerichtshofes in ÖBA 1995, 346 ff (Zur Abgrenzung der Konkursanfechtungstatbestände der Kenntnis der Benachteiligungsabsicht, der Begünstigung und der Zahlungsunfähigkeit) die Auffassung, dass zwar der Anfechtungstatbestand der Kenntnis der Schädigungsabsicht oder der subjektiven Begünstigung nicht durch die bloße Erzwingung einer Zahlung oder Sicherstellung durch Exekutionsführung verwirklicht werden könne, dass aber die Androhung des Konkursverfahrens zu dem Zweck, in Wahrheit außerhalb des Konkurses eine bevorzugte Zahlung zu erreichen, rechtsmissbräuchlich sei. Der Gläubiger erreiche die Begünstigung vor anderen Gläubigern in einem solchen Fall durch die Androhung eines Übels, nämlich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens, das gerade nicht die volle Befriedigung eines einzelnen Gläubigers, sondern nur die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubiger bezwecke. Wenn diese Ausführungen Doralts auch offen lassen, ob seiner Meinung nach in einem solchen Fall nicht auch der Anfechtungstatbestand der Benachteiligungsabsicht in Betracht kommt, machen sie doch deutlich, dass ein Gläubiger, der sich mißbräuchlicher Mittel zur Hereinbringung seiner Forderungen zum Nachteil anderer Gläubiger bedient, nicht weiter schutzwürdig ist. Der Druck des existenzvernichtenden Konkursverfahrens ist, wie sich gerade im vorliegenden Fall zeigt, durchaus angetan, Schuldner unter allen Umständen und ungeachtet ihres Wissens darum, dass andere Gläubiger leer ausgehen werden, zu veranlassen, an den den Konkurs betreibenden Gläubiger zu zahlen.

In diesem Sinne führte bereits Sprung in JBl 1969, 237 ff (Zum Mißbrauch des Konkurseröffnungsantrages) aus, dass ein Rechtsschutzbedürfnis am beantragten Konkursverfahren immer dann zu verneinen sei, wenn der Antragsteller konkursfremde Zwecke verfolge, wie etwa die wirksame und vor den Forderungen anderer Gläubiger bevorzugte Betreibung der eigenen Forderung.

Doralts Zitat aus dem Motivenbericht zur deutschen KO (in der Entscheidungsbesprechung in ÖBA 1997, 1024; ebenso König, Anfechtung nach der Konkursordnung Rz 133), dass man einem Gläubiger nicht zumuten könne, auf die Ausübung seines wohl begründeten Rechts zu verzichten und sich großmütig einem Verlust zu unterwerfen, damit nicht andere einen größeren Verlust erleiden mögen, versagt gegenüber jenem Gläubiger, der sich missbräuchlicher Methoden zur Hereinbringung seiner Forderung auf Kosten anderer Gläubiger bedient.

Den Entscheidungen WBl 1989, 68 (zu § 2 AnfO) und 4 Ob 1549/95, in denen "besondere Umstände" bzw "Umtriebe, Ränke" für das Vorliegen der Benachteiligungsabsicht gefordert wurden, lagen nicht vergleichbare Sachverhalte zugrunde. Sie wurden, soweit daraus überhaupt eine allgemeine Aussage zur Benachteiligungsabsicht im Sinn des § 28 KO abzuleiten ist, in Folgeentscheidungen nicht fortgesetzt. Mit der Entscheidung 4 Ob 1549/95 wurde im übrigen eine außerordentliche Revision mangels erheblicher Rechtsfrage zurückgewiesen, wobei in der Kurzbegründung primär betont wurde, dass die Vorinstanzen eine Benachteiligungs- und Begünstigungsabsicht verneint hätten, worin eine irrevisible Tatsachenfeststellung liege.

Nach ständiger Rechtsprechung sind nur die durch Tatsachenbehauptungen gedeckten oder wenigstens indizierten Anfechtungsgründe zu berücksichtigen (ÖBA 1997, 633 mwN). Der Kläger hat innerhalb der Anfechtungsfrist zu den Einwendungen der Klagebeantwortung Stellung genommen, sein Begehren auch auf § 28 KO gestützt und ein die Anfechtungstatbestände des § 28 Abs 1 und 2 KO konkretisierendes Vorbringen erstattet, aus dem hervorgeht, dass den Geschäftsführern der Gemeinschuldnerin bei den angefochtenen Zahlungen zumindest dolus eventualis zur Last lag. Damit war auch dieser Anfechtungstatbestand Prozessgegenstand, ohne dass es weiterer Ausführungen seitens des Klägers bedurft hätte. Dass im vorliegenden Fall die Gemeinschuldnerin nicht mehr hoffte, alle übrigen Gläubiger voll und fristgerecht befriedigen zu können, sondern dass sie sich bei den angefochtenen Zahlungen bewusst war und sie sich damit abgefunden hatte, andere Gläubiger würden auf Grund der von der beklagten Partei offensichtlich missbräuchlich bewirkten Zahlungen keine Befriedigung mehr erlangen, geht aus den Feststellungen des Erstgerichtes entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes mit hinreichender Deutlichkeit hervor.

Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichtes ist daher im Sinn einer Wiederherstellung des Ersturteiles abzuändern.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.

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