OGH 4Ob99/97f

OGH4Ob99/97f22.4.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Herta S*****, als Masseverwalterin im Schuldenregulierungsverfahren des Heinz Gottlieb S*****, wider die beklagte Partei V***** AG, *****, vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Anfechtung und Zahlung (Streitwert S 436.873,20), infolge der Rekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Berufungsgericht vom 4.Dezember 1996, GZ 22 R 555/96s-24, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom 26.Juni 1996, GZ 13 C 1321/95g-18, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.

Die Parteien haben die Kosten des Rekursverfahrens vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Schuldner Heinz Gottlieb S***** betrieb bis 15.Mai 1993 als Geschäftsführer der S***** GmbH einen Automatenhandel. Ab Mitte 1992 wurde das Aufstellen bzw der Verkauf von Automaten verboten oder doch zumindest wesentlich eingeschränkt. S***** hatte als Geschäftsführer mit Haus und Grund persönlich die Haftung für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft übernommen. Anfang 1993 kamen die ersten Klagen und Exekutionsführungen gegen den Schuldner; ein Hauptgläubiger war die beklagte Bank.

Der Schuldner war seit 1989/90 mit der Beklagten, insbesondere mit deren Direktor Ernst P***** sowohl persönlich als auch als Geschäftsführer der S***** GmbH in Geschäftsbeziehung gestanden. 1993 waren gegen den Schuldner schon viele Exekutionsverfahren anhängig; die Beklagte führte gegen ihn die Exekution durch Zwangsversteigerung seiner Liegenschaften EZ ***** und EZ *****, je Grundbuch W*****. Der Versteigerungstermin wurde für den 18.Februar 1994 festgesetzt. Aufgrund dieser prekären Situation setzte sich der Schuldner mit Direktor P***** in Verbindung. In der Folge schloß der Schuldner mit Fabijan N***** einen Mietvertrag über die Liegenschaft EZ ***** mit dem darauf errichteten Haus W***** für den Zeitraum vom 1.September 1993 bis 31.August 2003. Als Mietvorauszahlung überwies Fabijan N***** S 400.000 auf das auf den Namen des Schuldners lautende Konto bei der Beklagten, auf welchem die Verbindlichkeiten des Schuldners zusammengefaßt waren und welches im Minus war. Zweck dieser Mietvorauszahlung war aus der Sicht des Schuldners die Einstellung der von der Beklagten betriebenen Zwangsversteigerung. Zu diesem Zweck setzte sich der Schuldner mit Direktor P***** in Verbindung. Dieser stellte die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens unter gewissen Bedingungen in Aussicht. Voraussetzung für die Einstellung war demnach, daß der Betrag von S 400.000 von Kanada, wo Fabijan N***** die entsprechenden Geldmittel hatte, unmittelbar an die Zweigstelle der Beklagten in G***** überwiesen werde und ausschließlich als Teiltilgung des Kredites des Schuldners zu verwenden sei. Weiters hätte der Schuldner ab 1.März 1994 der Beklagten eine monatliche Pauschalrate von S 3.350 zu leisten. Tatsächlich wurden am 5.5., 6.6., 5.7., 5.9., 5.12.1994, am 5.1. und am 6.2.1995 je S 3.350, am 22.8.1994 S 3.355,70 und am 5.11.1994 S 10.067,50, insgesamt somit S 36.873,20 gezahlt.

Über den Betrag von S 400.000 ließ sich Direktor P***** von Fabijan N***** einen Überweisungsauftrag blanko unterschreiben, weil im Hinblick auf den Termindruck dann, wenn das Geld aus Kanada bei der Zweigstelle der Beklagten in G***** einlangte, diese gleich in der Lage sein sollte, das Geld auf das Konto des Schuldners zu überweisen. Mit Gutschriftsanzeige vom 11.Februar 1994 wurde das Geld von der Zentrale der Beklagten in Linz auf dem Konto bei der Filiale in G***** gutgeschrieben. Dabei kam das Geld auf ein Sammelkonto für "bekannte Empfänger". Am 16.Februar 1994 wurde dann erst mittels des von Fabijan N***** ursprünglich unterschriebenen Blankoüberweisungsauftrages der eingelangte Betrag auf das Konto des Schuldners überwiesen, wobei nach der Überweisung von CAD 42.990 noch ein Rest von S 11.312 fehlte; diesen Betrag zahlte Fabijan N***** auf Verlangen von Direktor P***** nach.

Mit Beschluß des BG W***** vom 14.2.1995, ***** wurde über das Vermögen des Schuldners das Schuldenregulierungsverfahren eröffnet und die Klägerin zur Masseverwalterin bestellt.

Die klagende Masseverwalterin begehrt, die vom Schuldner an die Beklagte zu den im einzelnen angeführten Zeitpunkten geleisteten Zahlungen von insgesamt S 436.873,20 gegenüber den Gläubigern im Schuldenregulierungsverfahren für unwirksam zu erklären (Punkt 1) und die Beklagte schuldig zu erkennen, der Klägerin S 436.873,20 sA zu zahlen. Der Schuldner sei spätestens sei Beginn 1993 überschuldet und zahlungsunfähig gewesen. Zweck der Mietzinsvorauszahlung sei aus der Sicht des Schuldners, der sich seiner materiellen Insolvenz bereits bewußt gewesen sei, die Einstellung des Zwangsversteigerungsverfahrens und damit verbunden die Begünstigung der Beklagten bei gleichzeitiger Benachteiligung der übrigen, leer ausgehenden Gläubiger gewesen. Als Masseverwalterin fechte die Klägerin die aufgezählten, der Beklagten zugekommenen Zahlungen nach den §§ 28 ff KO an, wobei sie sich auf jeden Anfechtungstatbestand, und zwar insbesondere auch darauf stütze, daß der Schuldner die Zahlungen in der der beklagten Partei bekannten Absicht geleistet habe, die Beklagte vor den anderen Gläubigern zu begünstigen und die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Zur Zeit der Zahlung sei der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt gewesen, sodaß ihr auch die Begünstigungsabsicht des Schuldners in bezug auf die Beklagte zumindest habe bekannt sein müssen (§ 30 Abs 1 Z 1 und 3 KO). Der Mietvertrag mit Fabijan N***** sei ein für die Gläubiger nachteiliges Geschäft, da die Mietvorauszahlung keinesfalls den Gläubigern des Schuldners zur gleichmäßigen Befriedigung ihrer Forderungen, sondern ausschließlich der Beklagten zugekommen sei. Damit sei auch die Verwertbarkeit der vermieteten Liegenschaft erheblich erschwert worden. Die Beklagte habe erst am 16.Februar 1994 Verfügungsmacht über den Betrag von S 400.000 erhalten.

Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Im Hinblick auf § 189 KO sei die Klägerin nicht zur Anfechtung berechtigt. Der Beklagten sei nicht bekannt gewesen und habe auch nicht bekannt sein können, seit wann der Schuldner zahlungsunfähig gewesen sei. Sie gehe davon aus, daß die Zahlungsunfähigkeit erst unmittelbar vor der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens eingetreten sei. Jedenfalls habe dies der Schuldner so dargestellt und erklärt, es bedürfe nur gewisser Umstrukturierungsmaßnahmen, die dann auch offensichtlich gegriffen hätten, weil der Schuldner bis unmittelbar vor Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens ordnungsgemäß seine Zahlungen geleistet habe. Die Zahlungen seien nicht in der Absicht geleistet worden, die Beklagte vor anderen Gläubigern zu begünstigen und/oder andere Gläubiger zu benachteiligen. Eine solche Absicht des Schuldners sei der Beklagten jedenfalls nicht bekannt gewesen und habe auch ihr nicht bekannt sein können. Die Beklagte habe dem Schuldner Kredit eingeräumt; zur Sicherung habe dieser seine Liegenschaften verpfändet und zugunsten der Beklagten ein Höchstbetragspfandrecht von S 1,400.000 simultan einverleiben lassen. Die Kreditforderung sei im Sommer 1992 fälliggestellt worden, sodaß der Schuldner zur Rückzahlung verpflichtet gewesen sei. Mit dem vollstreckbaren Wechselzahlungsauftrag des Landesgerichtes W***** vom 21. August 1992, ***** sei der Schuldner zur Zahlung von S 466.486 sA verpflichtet worden. Der von Fabijan N***** überwiesene Betrag von S 400.000 sei bereits am 11.Februar 1994 in der Filiale G***** eingelangt gewesen und der Beklagten zur Verfügung gestanden. Die Beklagte habe mit dem - zu üblichen Bedingungen abgeschlossenen - Mietvertrag nichts zu tun gehabt. Der Schuldner habe in der Folge die monatlichen Pauschalraten geleistet. Eine Begünstigung liege nicht vor, insbesondere in Ansehung der anderen Grundbuchsgläubiger habe es damals (11.Februar 1994) keine Betreibungsschritte gegeben. Bereits Ende Dezember 1993/Anfang 1994 sei zwischen dem Schuldner und Fabijan N***** vereinbart worden, daß der letztere S 400.000 leisten werde; schon damals habe Fabijan N***** einen entsprechenden Überweisungsauftrag blanko unterschrieben, sodaß die Beklagte über den in der Folge aus Kanada eingehenden Betrag - spätestens zum 11. Februar 1994 - habe verfügen können.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte noch fest, daß bereits Ende 1992 eine Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Schuldners eingetreten sei. Im Hinblick auf die von ihr geführte Zwangsversteigerung habe der Beklagten diese Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bereits zur Zeit der Einleitung der Exekution, also 1993, bekannt sein müssen.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die Aktivlegimation der Klägerin zu bejahen sei. Der Anfechtungstatbestand des § 30 Abs 1 Z 1 KO scheide aus, weil keine inkongruente Deckung vorliege. Die Anfechtung nach § 30 Abs 1 Z 3 KO sei hingegen berechtigt, weil der Schuldner - welchem die Überschuldung bewußt und bekannt war und der mit allen Mitteln versucht habe, die drohende Zwangsversteigerung zu verhindern - in Begünstigungsabsicht gehandelt habe; diese Absicht habe auch der Beklagten bekannt sein müssen, weil Direktor P***** aufgrund seines jahrelangen Kontakts zum Schuldner die gegen diesen geführten Exekutionen, dessen schlechte finanzielle Situation und das zu dieser bestehende Mißverhältnis zur Befriedigung bekannt gewesen sei. Auch die Frist des § 30 Abs 2 KO sei gewahrt, weil nicht auf die am 11.Februar 1994 zugunsten der Filiiale G***** erfolgte Gutschriftanzeige, sondern auf die erst am 16.Februar 1994 durchgeführte Gutschrift auf dem Konto des Schuldners abzustellen sei.

Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung (nach allfälliger Verfahrensergänzung) an das Erstgericht zurück und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Gegen die Anfechtungsbefugnis der Masseverwalterin (§ 37 KO) bestünden keine Bedenken, weil das Anfechtungsrecht der Konkursgläubiger nach § 189 KO nur für den Fall der Eigenverwaltung des Schuldners bestehe, die aber hier dem Schuldner gemäß § 186 Abs 2 KO entzogen worden sei. Die Klägerin habe mit ihrem Vorbringen lediglich die Anfechtungstatbestände nach § 30 Abs 1 Z 1 und 3 KO sowie nach § 31 Abs 1 Z 2 KO wirksam geltend gemacht. Der Tatbestand des § 30 Abs 1 Z 1 KO scheide aber aus, weil die Zahlung auf eine Forderung erfolgt sei, für welche der Beklagten schon ein Exekutionstitel zugestanden sei; diese Forderungen seien schon zu TZ ***** auf den in Exekution gezogenen Liegenschaften sichergestellt gewesen. Der Tatbestand des § 30 Abs 1 Z 3 KO setze ua Begünstigungsabsicht voraus. Der Beweis dieser Absicht sei erbracht, wenn Tatsachen bewiesen werden, aus denen die Begünstigungsabsicht zu schließen ist. Es könne dahingestellt bleiben, ob auf seiten des Schuldners Begünstigungsabsicht vorgelegen sei; die Beklagte habe jedenfalls die fahrlässige Unkenntnis der Begünstigungsabsicht bestritten und dazu ein näheres Vorbringen erstattet. Der Schuldner selbst habe im Verfahren angegeben, daß man bei Abschluß der Vereinbarung Ende 1993 von einem Wert seiner Liegenschaften in der Höhe zwischen S 5,500.000 und S 6,000.000 ausgegangen sei. Hiezu fehlten aber ebenso Feststellungen wie zur Höhe anderer grundbücherlich sichergestellter Forderungen. Es stehe auch nicht fest, ob für die vom Schuldner selbst behauptete Forderung der Sparkasse L***** in der Höhe von angeblich S 3,500.000 sA die Liegenschaften simultan verpfändet gewesen seien. Würde man von einem höheren Schuldenstand zugunsten der Sparkasse L***** und einem viel geringeren als dem vorhin angeführten Wert der drei Liegenschaften des Schuldners ausgehen, bliebe unerfindlich, daß die Beklagte auf eigene Kosten und ohne jede Aussicht auf Befriedigung das Zwangsversteigerungsverfahren betrieben und hiefür erhebliche Auslagen gemacht habe. Dazu komme, daß der Schuldner bis zur Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens regelmäßig Zahlungen an die Beklagte geleistet habe. Um beurteilen zu können, ob ausreichende - in die Beweislast der Klägerin fallende - Umstände vorliegen, die den rechtlichen Schluß rechtfertigten, daß der Beklagten eine Begünstigungsabsicht des Schuldners bekannt sein mußte, sei das Verfahren in den aufgezeigten Punkten ergänzungsbedürftig. Das gleiche gelte auch für die Frist des § 30 Abs 2 KO. Das Erstgericht habe nämlich keine Feststellungen darüber getroffen, ob die Beklagte schon mit spätestens 11.Februar 1994 über den im Auftrage Fabijan N*****s überwiesenen Betrag habe verfügen können. Dazu stelle das Berufungsgericht ergänzend fest, daß die C***** mit Schreiben vom 25.Jänner 1994 der Beklagten mitgeteilt habe, ihr Kunde Fabijan N***** habe sie beauftragt, ein Akkreditiv zugunsten der Beklagten zu erstellen. Sie bestätige hiemit, daß Fabijan N***** derzeit den Betrag von CAD 43.000 als Deckung bei dieser Bank liegen habe; der Betrag sei frei verfügbar und stehe Fabijan N***** jederzeit zur Verfügung. Die Bank erwarte weitere Instruktionen bezüglich der Überweisung. Die Beklagte anwortete mit Telefax vom 27.Jänner 1994 dahin, daß sie von Fabijan N***** beauftragt sei, den Betrag CAD 43.000 abzufordern; der Betrag möge auf das Konto der Beklagten bei der Bank of N*****, überwiesen werden. Die Bank of N***** überwies am 8.Februar 1994 CAD 42.990 an die Beklagte, und zwar an die Hauptanstalt in L*****. Von dort wurde am 11.Februar 1994 der - um Spesen verminderte - Betrag in der Höhe von S 388.688 dem Konto der Filiale G***** (die keine Rechtspersönlichkeit besitzt) gutgeschrieben. Diese Filiale buchte am 16. Februar 1994 mittels des von Fabijan N***** Ende 1993/Anfang 1994 blanko unterfertigten Überweisungsformulars den Betrag von S 400.000 unter dem Titel "Mietzinsvorauszahlung" zugunsten des auf den Schuldner lautenden Kontos.

Zum Vorbringen der Beklagten, daß sie spätestens am 11.Februar 1994 über den Betrag verfügungsberechtigt gewesen sei, fehlten - trotz vorliegender Beweisergebnisse - Feststellungen.

Der Anfechtungstatbestand des § 31 Abs 1 Z 2 KO setze (ua) voraus, daß der Beklagten die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners habe bekannt sein müssen. Daß der Schuldner ab 14.August 1994 (§ 31 Abs 4 KO) zahlungsunfähig gewesen sei, könne nicht ernstlich in Abrede gestellt werden. In bezug auf jene Umstände, aus denen die fahrlässige Unkenntnis der Zahlungsunfähigkeit erschlossen werden könne, erweise sich das Verfahren im ähnlichen Sinne wie zum Anfechtungstatbestand der fahrlässigen Unkenntnis der Begünstigungsabsicht als ergänzungsbedürftig.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diesen Beschluß erhobenen Rekurse beider Streitteile sind nicht berechtigt.

Soweit die Beklagte weiterhin an ihrem Einwand der mangelnden Aktivlegitimation der klagenden Masseverwalterin festhält, kann ihr nicht gefolgt werden:

Nach § 189 KO ist zur Anfechtung von Rechtshandlungen nach den §§ 27 bis 43 KO (nur) jeder Konkursgläubiger berechtigt. Diese Bestimmung ist jedoch in die gesetzlichen Regelungen über die Eigenverwaltung des Schuldners im Schuldenregulierungsverfahren (§§ 186 ff KO) eingeordnet. Nach § 190 Abs 1 KO ist dann, wenn dem Schuldner Eigenverwaltung zusteht, ein Masseverwalter nicht zu bestellen. Soweit kein Masseverwalter bestellt ist, mußte der Gesetzgeber daher vorsehen, wer sonst zur Anfechtung berechtigt ist. Da die Konkursanfechtung in der Regel darauf gerichtet ist, die nachteiligen Folgen von Rechtshandlungen des Schuldners rückgängig zu machen, ist der Schuldner selbst für die Anfechtung solcher Rechtshandlungen kaum geeignet. Schon in der Regierungsvorlage zur KO-Novelle 1993 war daher aus dieser Erwägung vorgesehen, daß in den Fällen der Eigenverwaltung des Schuldners jeder einzelne Konkursgläubiger zur Anfechtung berechtigt ist (1218 BlgNR 18. GP 22). § 188 KO idF der RV sah demgemäß vor, daß "soweit ein Masseverwalter nicht bestellt ist, ... zur Anfechtung von Rechtshandlungen nach den §§ 27 bis 43 jeder Konkursgläubiger berechtigt" sei. Im Justizausschuß wurde die Reihenfolge der Bestimmungen geändert und die Vorschrift über die Konkursanfechtung anders eingereiht und umformuliert; damit sollte aber keine inhaltliche Veränderung verbunden sein (JAB 1330 BlgNR 18. GP 3).

Da im vorliegenden Fall die Klägerin zur Masseverwalterin bestellt wurde, ist sie mangels einer festgelegten Besonderheit (§ 181 KO) gemäß § 37 Abs 1 KO zu Anfechtungsklagen nach den § 27 ff KO legitimiert.

Mit Recht wenden sich beide Parteien gegen den Auftrag des Berufungsgerichtes, nähere Feststellungen zum Zeitpunkt der (wirksamen) Zahlung von S 400.000 abzüglich der aufgelaufenen Spesen zu treffen.

Die Anfechtung wegen Begünstigung nach § 30 Abs 1 KO ist ausgeschlossen, wenn die Begünstigung früher als ein Jahr vor der Konkurseröffnung stattgefunden hat (§ 30 Abs 2 KO). Da das Schuldenregulierungsverfahren am 14.Februar 1995 eröffnet wurde, kommt es darauf an, ob die von der Anfechtung betroffene Zahlung vor oder nach dem 14.Februar 1994 erfolgt ist. Die Klägerin verweist darauf, daß erst am 16.Februar 1994 der Betrag von S 388.688 dem Konto des Schuldners in der Filiale G***** gutgeschrieben wurde; die Beklagte meint, sie habe schon geraume Zeit vorher den Anspruch auf die Leistung durch Fabijan N***** erlangt, weil schon im Jänner 1994 die Vereinbarung mit ihm getroffen worden sei.

Ob eine Begünstigung im Sinne des § 30 Abs 1 KO schon mit Abschluß des Verpflichtungsgeschäftes oder aber erst mit der Erfüllung "stattgefunden" hat (vgl dazu König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2, Rz 254, 255; SZ 52/147; SZ 57/87; SZ 65/59 = ÖBA 1993, 306 [Fink]), bedarf diesmal keiner Untersuchung. Entgegen der Meinung der Beklagten kommt es hier nur darauf an, wann die angefochtenen Zahlungen geleistet wurden, nicht aber auf den Zeitpunkt einer vorangegangenen, diesen zugrundeliegenden Vereinbarung. Der Schuldner war schon aufgrund eines Exekutionstitels zur Zahlung verpflichtet. Soweit ein Verpflichteter im Zuge eines Exekutionsverfahrens mit der betreibenden Partei eine bestimmte Art der Abstattung seiner Verbindlichkeit vereinbart, geht er damit nicht eine neue Verbindlichkeit ein; eine solche Abmachung bedeutet ja nur einen bedingten Exekutionsverzicht der betreibenden Partei, welche die Zusage macht, bei Einhaltung bestimmter Ratenzahlungen oder Sicherstellungen udgl. von der Exekution ganz oder teilweise abzustehen. Hält der Schuldner die Vereinbarung nicht ein, dann steht der betreibenden Partei kein neuer klagbarer Anspruch zu, sondern nur das Recht, die Exekution (weiter) zu führen. Gegen Fabijan N***** hatte die Beklagte keinen eigenen Anspruch. Dieser hatte sich nur gegenüber dem Schuldner verpflichtet, eine Mietzinsvorauszahlung zu leisten und diese auf dessen Konto bei der Beklagten zu überweisen, damit diese befriedigt werde und daraufhin die Zwangsversteigerung einstelle. Es trifft daher nicht zu, daß schon im Jänner 1994 die Beklagte einen Anspruch erworben habe, aus dem sie ohne weiteres Zutun des Schuldners Befriedigung erlangen konnte.

Entscheidend ist vielmehr, daß der Geldbetrag - in der Höhe von S

388.688 - schon vor dem 14.Februar 1994 in die Verfügungsgewalt der Beklagten gelangt ist und diese aufgrund des in ihren Händen befindlichen, von Fabijan N***** blanko unterfertigten Überweisungsauftrages in der Lage war, diese Summe auf dem Konto des Schuldners gutzubringen. Diese Zahlung, welche nach dem Standpunkt der Klägerin eine Begünstigung der Beklagten bedeutet, erfolgte somit mehr als ein Jahr vor der Konkurseröffnung. Weiterer Feststellungen bedarf es hiezu nicht.

Entgegen der Meinung der Beklagten ist damit das Klagebegehren aber auch in Ansehung des Teilbetrages von S 388.688 noch nicht im Sinne der Klageabweisung spruchreif:

Zutreffend verweist die Klägerin darauf, daß sie schon in der Klage behauptet hat, der Schuldner habe die angefochtenen Zahlungen in der der Beklagten bekannten Absicht geleistet, diese vor den anderen Gläubigern zu begünstigen und die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Sie hat damit den Tatbestand des - von ihr im übrigen auch ausdrücklich angeführten - § 28 KO geltend gemacht. Dem Berufungsgericht kann nicht darin gefolgt werden, daß sich aus dem Vorbringen der Klägerin nur die Tatbestände des § 30 Abs 1 Z 1 und 3 KO sowie des § 31 Abs 1 Z 2 KO entnehmen ließen. Die Behauptung, der Schuldner habe in der Absicht gehandelt, seine Gläubiger zu benachteiligen und der Beklagten (als dem anderen Teile) sei diese Absicht bekannt gewesen, ist hinreichend konkret, zumal die Klägerin noch ausdrücklich - im Sinne der Rechtsprechung (SZ 64/37 = ÖBA 1991, 826 [Koziol] ua) - vorgebracht hat, die Beklagte habe sich bei Entgegennahme der sie (im Hinblick auf die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners) bevorzugenden Kreditrückzahlungen mit der verzögerten Befriedigung der übrigen Gläubiger abgefunden. Nach § 28 Z 1 KO können Rechtshandlungen, die der Gemeinschuldner in der dem anderen Teile bekannten Absicht, seine Gläubiger zu benachteiligen, in den letzten zehn Jahren vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat, angefochten werden; nach § 28 Z 2 KO können alle Rechtshandlungen, durch welche die Gläubiger des Gemeinschuldners benachteiligt werden und die er in den letzten zwei Jahren vor der Konkurseröffnung vorgenommen hat, angefochten werden, wenn dem anderen Teil (hier also der Beklagten) die Benachteiligungsabsicht bekannt sein mußte.

"Absicht" zur Benachteiligung im Sinne des § 28 KO bedeutet nichts anderes als Vorsatz hiezu (König aaO Rz 136). Es reicht daher aus, daß der Schuldner andere Ziele - etwa die Begünstigung des Partners, oder auch die Befreiung von einer drohenden Exekution - verfolgt hat und dabei die Benachteiligung anderer Gläubiger als sicher eintretend erkannte oder diesen Eintritt als naheliegend ansah und sich damit bewußt und positiv abfand (König aaO; ÖBA 1988, 836). Es genügt also, wenn der Wille in der Form des dolus eventualis auf die Herbeiführung der Benachteiligung der Gläubiger gerichtet ist (JBl 1984, 495; SZ 59/143; ÖBA 1989, 1018; SZ 64/37 = ÖBA 1991, 826 [Koziol] ua). Damit werden - entgegen A.Burgstaller (Zur Absichtsanfechtung, ÖJZ 1979, 148 ff [150]) - die Tatbestände des § 30 Abs 1 Z 2 und 3 KO nicht deshalb überflüssig, weil jede beabsichtigte Gläubigerbegünstigung im Sinne dieser Anfechtungstatbestände den Eventualvorsatz in sich schließe, die anderen Gläubiger zu benachteiligen. Dem ist nämlich zu erwidern, daß zwar eine Leistung an einen Gläubiger in Benachteiligungsabsicht wohl logisch zwingend die Begünstigungsabsicht in sich schließe, letztere aber auch ohne Benachteiligungsabsicht - so etwa dann, wenn der Schuldner den andrängenden Gläubiger befriedigt, um ihn zu beruhigen, dabei jedoch hofft, den drohenden Vermögensverfall doch noch rechtzeitig abwenden und sodann alle übrigen Gläubiger voll und fristgerecht befriedigen

zu können - erfolgen kann (SZ 64/37 = ÖBA 1991, 826 [Koziol] mwN;

König aaO Rz 136). Das dagegen von Koziol (Anm zu ÖBA 1991, 826 = SZ

64/37) vorgebrachte Argument, daß dann, wenn der Schuldner den andrängenden Gläubiger befriedigt, um ihn zu beruhigen, jedoch hofft, auch die anderen Gläubiger voll und fristgerecht befriedigen zu können, nicht nur keine Benachteiligungs-, sondern in Wahrheit auch keine Begünstigungsabsicht vorliege, ist nicht überzeugend. Die sofortige Befriedigung eines Gläubigers durch einen Schuldner, der seine anderen Gläubiger nicht mit Sicherheit befriedigen kann, sondern dies nur hofft, bedeutet eine Begünstigung.

Sollte die Behauptung der Klägerin zutreffen, daß der Schuldner nach eingetretener Zahlungsunfähigkeit die angefochtenen Zahlungen im Bewußtsein geleistet bzw veranlaßt hat, daß andere Gläubiger als die Beklagte damit allenfalls nicht oder nur in geringerem Ausmaß befriedigt werden können, dann läge Benachteiligungsabsicht vor. Die von Koziol (ÖBA 1991, 829) und von König (aaO Rz 133) vorgetragenen Bedenken gegen die Anfechtbarkeit kongruenter Deckungen, die vor der materiellen Insolvenz erfolgten (vgl dazu SZ 67/20 = ÖBA 1994, 637 [P.Doralt]), kämen daher nicht zum Tragen, sodaß hierauf nicht einzugehen ist.

Ob aber eine solche Benachteiligungsabsicht des Schuldners anzunehmen ist, kann aufgrund der Feststellungen der Vorinstanzen noch nicht beurteilt werden. Derzeit steht noch nicht einmal fest, ob das allen Anfechtungstatbeständen nach der Konkursordnung - zum Teil unausgesprochen - zugrunde liegende Erfordernis der Gläubigerbenachteiligung (SZ 68/29 = ÖBA 1995, 723) erfüllt ist. Da die Gläubigerbenachteiligung zum objektiven Tatbestand gehört, hat diese stets der Kläger zu behaupten und zu beweisen (SZ 62/97; SZ 68/29 = ÖBA 1995, 723 mwN). Ob durch die angefochtenen Zahlungen andere Gläubiger benachteiligt wurden, ist den Feststellungen nicht zu entnehmen. Die Beklagte hat dazu vorgebracht, daß sie aufgrund der Zahlung nur das erhalten habe, was ihr zugestanden sei und was sie auch aufgrund ihrer Sicherung durch ein Höchstbetragspfandrecht bei einer Versteigerung erhalten hätte. Das Erstgericht hat keine Feststellungen zum Wert der in Versteigerung gezogenen Liegenschaften und zu deren pfandrechtlicher Belastung getroffen. Es kann daher auch nicht beurteilt werden, ob der Schuldner in Benachteiligungs- (§ 28 KO) oder Begünstigungsabsicht (§ 30 KO) gehandelt hat. Noch viel weniger kann ein Schluß dahin gezogen werden, ob die Beklagte eine solche Absicht gekannt habe oder hätte kennen müssen. Mit Recht hat daher das Berufungsgericht das Ersturteil zwecks Verfahrensergänzung aufgehoben.

Wie schon das Berufungsgericht im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ausgeführt hat, ist Begünstigungsabsicht die Absicht des Gemeinschuldners, den befriedigten Gläubiger vor anderen Gläubigern zu bevorzugen (SZ 58/205 uva); dolus eventualis genügt. Objektiv wird damit die Gleichbehandlung der Gläubiger verletzt (König aaO Rz 256; Koziol ÖBA 829). Die im Bewußtsein der eigenen Zahlungsunfähigkeit geleisteten oder ermöglichten Sicherstellungen und Befriedigungen müssen als in Begünstigungsabsicht erbracht gewertet werden (SZ 58/205 ua).

Auf die Anfechtungstatbestände wegen Kenntnis der Zahlungsunfähigkeit (§ 31 KO) wird entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes freilich nicht mehr einzugehen sein, weil die Anfechtung insoweit ausgeschlossen ist, wurden doch die angefochtenen Rechtshandlungen früher als sechs Monate vor der Konkurseröffnung vorgenommen (§ 31 Abs 4 KO).

Aus diesen Gründen hat es bei der Aufhebung des Ersturteils zu verbleiben. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob durch die angefochtenen Zahlungen Gläubiger benachteiligt wurden oder die Beklagte ohnehin nur das erhalten hat, was sie aufgrund ihres Absonderungsrechtes (Pfandrechtes) erhalten hätte. Sollte eine Benachteiligung der Gläubiger zu bejahen sein, wird zu prüfen sein, ob der Schuldner die Lage richtig eingeschätzt und zumindest in Kauf genommen hatte, seine Gläubiger zu benachteiligen (§ 28 KO) oder jedenfalls die Beklagte zu begünstigen (§ 30 KO). Soweit die Tatbestände des § 28 KO zu verneinen sein sollten, wäre das Klagebegehren in Ansehung der vor dem 14.Februar 1994 bei der Beklagten eingegangenen Zahlung im Hinblick auf § 30 Abs 2 KO unberechtigt; im weiteren Umfang wäre zu prüfen, ob die Beklagte die Begünstigungsabsicht des Schuldners kannte oder hätte kennen müssen (§ 30 Abs 1 Z 3 KO).

Der Kostenausspruch gründet sich auf § 52 ZPO. Beide Rekurse gaben Anlaß zu einer näheren Klärung der Rechtslage und dienten daher der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw -verteidigung.

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