European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:0050OB00207.17B.0313.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Die Klägerin und die Beklagte sind Eigentümerinnen je eines materiellen Anteils an einer Liegenschaft (Stockwerkseigentum). Die Ersichtlichmachung der jeweiligen Anteile im A2-Blattder Liegenschaft enthält unter anderem auch die Festlegung, dass „der um das Haus gelegene Hofraum den jeweiligen Eigentümern beider Anteile gemeinsam“ ist. Aus dieser Eintragung leitet die Beklagte ab, dass ihr auch auf der im Alleineigentum der Klägerin stehenden Nachbarliegenschaft (über einzelne in diesem Verfahren unstrittige Rechte hinausgehende) Nutzungs- und Verfügungsrechte zustünden, weil dieser Hofraum auf dieser Nachbarliegenschaft liege.
Die Vorinstanzen verneinten das Bestehen solcher (Mit-)Nutzungs- und Verfügungsrechte und gaben dem entsprechenden Feststellungsbegehren der Klägerin statt. Das Berufungsgericht qualifizierte die im A2-Blatt ersichtlich gemachte Gemeinschaftlichkeit des „um das Haus gelegenen Hofraums“ zwar als Ersichtlichmachung des Miteigentums an einer Grenzeinrichtung iSd §§ 854 ff ABGB. Die Tatsache der Ersichtlichmachung allein habe jedoch keinen Rechtserwerb zur Folge und materiell-rechtlich erlaube die (nach Verfahrensergänzung erweiterte) Tatsachengrundlage die Annahme von Miteigentum iSd § 854 ABGB nicht. Einerseits sei das Kriterium der Geringfügigkeit nicht erfüllt und andererseits befänden sich die in Frage kommenden Einrichtungen ausschließlich auf der im Alleineigentum der Klägerin stehenden Liegenschaft.
Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die außerordentliche Revision der Beklagten. Deren Zulässigkeit begründet sie mit der Behauptung eines (im Einzelfall aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifenden) Verstoßes gegen den grundbuchsrechtlichen Öffentlichkeits- und Vertrauensgrundsatz. Das Erstgericht wie auch das Berufungsgericht hätten sich über die Eintragung im Grundbuch hinweggesetzt und durch den Urteilsspruch das im A2-Blatt eingetragene Miteigentum am gemeinsamen Hofraum entfernt.
Die Beklagte verkennt dabei nicht nur den Inhalt und die Bedeutung dieser Ersichtlichmachung im A2-Blatt, sie setzt sich mit den diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts gar nicht auseinander.
Rechtliche Beurteilung
Stockwerkseigentum bringt keine vollständige Teilung des Gebäudes mit sich. Mit dem selbstständigen materiellen Anteil ist vielmehr meist Miteigentum an gemeinsamen Teilen, insbesondere an Grund und Boden als untrennbares und unauflösliches Zubehör, verbunden (vgl 4 Ob 2229/96i; 3 Ob 559/82; 1 Ob 130/51; RIS-Justiz RS0009864; RS0075739). Auf diese Miteigentumsrechte an den gemeinsamen Teilen der den Grundbuchskörper bildenden Liegenschaft bezieht sich die Feststellung der Gemeinschaftlichkeit der Hoffläche in der Ersichtlichmachung im A2-Blatt. Rechte an einer Nachbarliegenschaft können daher daraus nicht abgeleitet werden, auch dann nicht, wenn diese – wie hier – im Alleineigentum einer der Stockwerkseigentümer steht. Die Berufung auf diese Ersichtlichmachung als Begründung für die behauptete Rechtsstellung scheitert aber nicht nur an dem Umstand, dass diese sich, lässt man die angesichts der Tatsachengrundlage letztlich nicht relevante Möglichkeit der Deutung als Ersichtlichmachung des Miteigentums an einer Grenzeinrichtung iSd §§ 854 ff ABGB außer Betracht, nur auf den Grundbuchskörper und nicht auf Rechte an Nachbarliegenschaften bezieht. Im A2-Blatt sind die mit dem Eigentumsrecht des Grundbuchskörpers oder an einem Teil des Grundbuchskörpers verbundenen dinglichen Rechte ersichtlich gemacht (§ 7 Abs 1 Z 2 AllgGAG). Dies geschieht durch eine bloße Anmerkung (Ersichtlichmachung) gemäß § 8 Z 3 GBG (5 Ob 42/99h). Eine bloße Ersichtlichmachung im Sinne des § 7 Abs 1 Z 2 AllgGAG begründet noch keinerlei Rechtswirkungen und ist daher materiell-rechtlich ohne Bedeutung (vgl 5 Ob 195/11d; RIS-Justiz RS0017905; RS0102185; RS0049636). Ein Rechtserwerb geschieht gemäß § 8 Z 1 und 2 GBG nur durch die Eintragung (Einverleibung oder Vormerkung).
Die Beklagte zeigt in ihrer Revision auch sonst keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Den dem Ersturteil vermeintlich anhaftenden Begründungsmangel hat bereits das Berufungsgericht verneint. Dieser kann daher nicht mehr erfolgreich mit Revision geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963; RS0106371).
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)