OGH 5Ob42/99h

OGH5Ob42/99h9.3.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Grundbuchssache des Antragstellers Erich W*****, und Alexander W*****, beide vertreten durch DDr. Gunter Peyrl, Rechtsanwalt in Freistadt, betreffend Eintragungen in der Einlage EZ *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluß des Landesgerichtes Linz als Rekursgericht vom 10. Oktober 1998, 15 R 235/98d, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Freistadt vom 11. November 1998, TZ 3002/98, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden so abgeändert, daß der im übrigen bereits rechtskräftige Beschluß des Erstgerichtes wie folgt ergänzt wird:

"Auf Grund des Schenkungsvertrages vom 8. 7. 1998 wird im Lastenblatt der EZ ***** die Einverleibung des Fruchtgenußrechtes an dem zu A2-LNR 1 a ersichtlich gemachten Recht für Erich W*****, bewilligt.

Hievon werden verständigt:

1) Erich W*****,

2) Alexander W*****,

3) DDr. Gunter Peyrl, Rechtsanwalt, Salzgasse 2, 4240 Freistadt unter Rückschluß der Originalurkunden,

4) Heidemarie W*****,

5) Stadtamt Freistadt,

6) Finanzamt Freistadt."

Der Vollzug der bewilligten Eintragung und die Verständigung der Beteiligten obliegen dem Erstgericht.

Text

Begründung

Der Erstantragsteller Erich W***** schenkte laut Vertrag vom 8. 7. 1998 seinem Sohn, dem Zweitantragsteller Alexander W*****, die Liegenschaft EZ ***** Freistadt mit dem darauf befindlichen Haus S*****gasse 8. Im A2-Blatt der Grundbuchseinlage ist ersichtlich gemacht, daß mit der Liegenschaft der Bezug eines jährlichen Braunutzens von 35 Eimern von der Braucommune in Freistadt verbunden ist. Laut Punkt III. des Schenkungsvertrages behielt sich der Geschenkgeber Erich W***** das Fruchtgenußrecht hinsichtlich dieses Braunutzens vor.

Aufgrund dieses Vertrages und anderer Urkunden haben die beiden Antragsteller unter anderem die Einverleibung des Eigentumsrechtes für Alexander W***** sowie die Einverleibung des Fruchtgenußrechtes laut Punkt III. des Schenkungsvertrages für Erich W***** beantragt.

Das Erstgericht bewilligte die begehrte Eigentumseinverleibung für Alexander W***** (und andere Eintragungen), wies jedoch den Antrag auf Einverleibung des Fruchtgenußrechtes für Erich W***** ab. Ein vertraglich vereinbartes Fruchtgenußrecht, das im Grundbuch sichergestellt werden soll, müsse sich nämlich in seinem Nutzungsrecht auf die Liegenschaft selbst beziehen. Da das im Schenkungsvertrag vereinbarte Fruchtgenußrecht nichts mit der tatsächlichen Benützung des Geschenkobjektes zu tun habe, könne es nicht im Grundbuch einverleibt werden.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung aus folgenden Erwägungen:

Die Braucommune Freistadt werde in der Literatur als eine sogenannte Realgemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit angesehen. Es handle sich um eine Gesellschaftsform, bei der die Mitgliedschaft mit Liegenschaftsbesitz verbunden ist (vgl Kastner/Doralt/Novotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechtes, 24). Diese besondere Gesellschaftsform, besonders die Tatsache, daß nach den Statuten der Gesellschaft die Anteile an der Gesellschaft (der Braunutzen) nicht auf andere Personen als die Eigentümer der in den Statuten genannten Liegenschaften übertragen werden kann, könne aber keine Änderung der sachenrechtlichen, im besonderen der grundbuchsrechtlichen Prinzipien bedeuten:

§ 2 GBG bestimme, daß das Hauptbuch aus den Grundbuchseinlagen gebildet wird (Abs 1) und daß die Grundbuchseinlagen unter anderem bestimmt sind zur Eintragung der sich auf die Grundbuchskörper beziehenden dinglichen Rechte und ihrer Änderungen.

§ 11 AllgGAG bestimme, was Inhalt des Lastenblattes sein kann: Danach habe das Lastenblatt alle eine Liegenschaft belastenden dinglichen Rechte sowie die an den eingetragenen Rechten erworbenen Rechte und die sie treffenden Beschränkungen, ... anzugeben.

Aus diesen Bestimmungen ergebe sich, daß im Lastenblatt nur solche Belastungen einzutragen sind, die die Liegenschaft selbst betreffen, nicht hingegen - wie im vorliegenden Fall - ein Fruchtgenußrecht an einem Gesellschaftsrecht, welches lediglich nach den Statuten der Gesellschaft untrennbar mit dem Eigentum an der Liegenschaft verbunden ist. Das Fruchtgenußrecht könne auch nicht als Beschränkung eines eingetragenen Rechtes iSd § 11 Abs 1 AllgGAG angesehen werden, weil das Gesellschaftsrecht "Braunutzen" nicht als eingetragenes Recht anzusehen sei: § 11 Abs 1 AllgGAG verstehe darunter wieder nur Rechte an der Liegenschaft selbst, wie sich aus dem Zusammenhang mit § 2 Abs 1 GBG ergebe.

Die Tatsache, daß der Braunutzen im A2-Blatt eingetragen ist, könne daran nichts ändern. Es könne nicht aus der gemäß § 7 Abs 1 Z 2 AllgGAG zulässigen Eintragung dieses Rechts im Gutsbestandsblatt abgeleitet werden, daß auch eine Belastung dieses Rechts im Lastenblatt erfolgen müsse. Letztlich handle es sich bei dem im A2-Blatt eingetragenen Braunutzen der Sache nach um ein gewöhnliches Gesellschaftsrecht (wenngleich an einer Gesellschaft ungewöhnlicher Form), das eine eigenständige bewegliche Sache sei, die sich von der im Grundbuch eingetragenen Liegenschaft unterscheide. Zur Begründung von Rechten an einem Gesellschaftsrecht, wie überhaupt an beweglichen Sachen, sei neben einem gültigen Titel als Modus nicht die Eintragung im Grundbuch, sondern eine der in § 426 ff ABGB genannten Übergabsformen erforderlich, soweit das Recht eine Übergabe (etwa von Papieren) zuläßt.

Dem Erstgericht sei also darin zuzustimmen, daß ein Fruchtgenußrecht nur dann im Lastenblatt einer Liegenschaft einverleibt werden kann, wenn es sich auf die Liegenschaft selbst bezieht. Daher habe das Erstgericht den Antrag auf Einverleibung des Fruchtgenußrechtes zugunsten des Erstantragstellers zu Recht abgewiesen, weil sich das Fruchtgenußrecht nach den vorgelegten Urkunden eben nicht auf die Liegenschaft, sondern auf den Braunutzen bezieht.

Auch dem Rekursantrag auf Bewilligung einer Anmerkung des Fruchtgenußrechtes anstelle der in erster Instanz beantragten Einverleibung könne nicht Folge gegeben werden. Nach der Rechtsprechung könne statt der begehrten Einverleibung nur dann eine Anmerkung bewilligt werden, wenn von einem Vergreifen in der Form der begehrten Eintragung ausgegangen werden kann, wobei bei der Beurteilung dieser Frage auch auf das Rekursvorbringen und die Rechtsmittelanträge Bedacht zu nehmen sei. § 96 Abs 1 GBG bestimme nämlich, daß mehr oder etwas anderes, als die Partei angesucht hat, nicht bewilligt werden darf. Der Grundsatz des § 96 Abs 1 GBG sei nur dann nicht anwendbar, wenn die Partei nur eine unrichtige Eintragungsart begehrt und sie durch die bewilligte Eintragung (die Anmerkung) nur das erlangt, was sie in Wirklichkeit anstrebt (vgl dazu E 17 und 18 zu § 96 GBG in MGA, Grundbuchsrecht4). Diese Voraussetzungen für die Bewilligung der Anmerkung lägen im vorliegenden Fall aber nicht vor: Es könne nicht davon ausgegangen werden, daß sich die Rekurswerber lediglich in der Form der begehrten Eintragung vergriffen haben und durch die Bewilligung der Anmerkung nur das erlangen würden, was sie in Wirklichkeit ohnehin angestrebt haben. Der Eintragung einer Belastung im Lastenblatt komme eine weitergehende Wirkung zu, als der Anmerkung im Gutsbestandsblatt. Insbesondere sei auf die rangwahrende Wirkung der Eintragungen im Lastenblatt hinzuweisen. Da auch das Rekursvorbringen keinerlei Hinweis darauf enthalte, daß in Wirklichkeit ohnehin nur die Wirkungen einer Anmerkung angestrebt werden (insbesondere die Zerstörung des guten Glaubens eines potentiellen Erwerbes der Liegenschaft), sondern sich der Rekurs diesbezüglich lediglich auf den unbegründeten Rekursantrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung zumindest im Sinn einer Bewilligung einer Anmerkung ("als minus") beschränke, habe auch diesem Rekursantrag nicht Folge gegeben werden können.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei; begründet wurde dies damit, daß zur Frage, welcher Modus für die Begründung eines Fruchtgenußrechtes an einer Beteiligung an der Braucommune Freistadt, die an das Liegenschaftseigentum gebunden ist, eingehalten werden muß, und ob gemäß § 11 Abs 1 AllgGAG die Einverleibung im C-Blatt möglich ist, eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes fehle. Dieser Frage komme im Hinblick auf die nicht unbeträchtliche Anzahl von Liegenschaften, mit deren Besitz die Beteiligung an der Braucommune Freistadt verbunden ist, eine über den Anlaßfall hinausgehende Bedeutung zu.

Mit dem jetzt vorliegenden Revisionsrekurs streben die Antragsteller eine Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses in der Weise an, daß das Fruchtgenußrecht - wie ursprünglich beantragt - im C-Blatt der verfahrensgegenständlichen Grundbuchseinlage einverleibt, hilfsweise aber im A- oder B-Blatt angemerkt wird. Sie begründen ihr Rechtsmittelbegehren im wesentlichen damit, daß die in Eimer zerlegten Anteilsrechte an der Braucommune Freistadt (insgesamt 6.390) den jeweiligen Eigentümern von 150 Innenstadthäusern (darunter des Hauses S*****gasse 8) zukämen. Damit verbunden seien Rechte (der sogenannte Braunutzen) und Pflichten, die - im Fall einer entsprechenden grundbücherlichen Eintragung - satzungsgemäß den Fruchtnießern des Braunutzens zukämen. Der Braunutzen sei mit dem Eigentum an einer der 150 Innenstadtliegenschaften derart eng verknüpft, daß er in den jeweiligen Gutsbestandsblättern ersichtlich gemacht worden sei. Der Braunutzen stelle sich als ein mit dem Grundbuchskörper verbundenes dingliches Recht dar, das analog einem im A-Blatt enthaltenen Grundstück behandelt werden müsse. Da es sich um ein im Grundbuch eingetragenes Recht handle, müsse auch das Fruchtgenußrecht am Braunutzen eintragbar sein, und zwar in Form einer Einverleibung im C-Blatt, wie es früher bei radizierten Gewerben gehandhabt wurde. Die Beschränkung des Fruchtgenusses auf den Braunutzen, als auf einen Teil der Früchte der Liegenschaft sei möglich und komme in der Verweisung auf den entsprechenden Vertragspunkt zum Ausdruck. Zumindest sei eine Anmerkung zu bewilligen, aus der sich die Zuordnung der Rechte aus dem Braunutzen an den Fruchtnießer ergibt.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist auch berechtigt.

Gemäß § 7 Abs 1 Z 2 AllgGAG sind im Gutsbestandsblatt die mit dem Eigentumsrecht am Grundbuchskörper (oder an einem Teil hievon) verbundenen dinglichen Rechte anzugeben. Dies geschieht gemäß § 8 Z 3 GBG durch eine bloße Anmerkung (Ersichtlichmachung). Daß diese Rechte ihrerseits verbüchert sind, ist nicht erforderlich (Hoyer in NZ 1998, 157 zu 5 Ob 2250/96k; vgl GlU 12.250).

Laut Grundbuchsstand ist demnach mit dem unter EZ ***** erfaßten Grundbuchskörper das Recht auf Bezug eines jährlichen Braunutzens von 35 Eimern von der Braucommune Freistadt verbunden. Dieses Recht ist gleich einer Grunddienstbarkeit dem jeweiligen Eigentümer des Grundbuchskörpers zugeordnet, zählt also zu den Realrechten, die gemäß § 298 ABGB den Regeln für unbewegliche Sachen unterliegen (Gschnitzer, Österreichisches Sachenrecht2, 180; Spielbüchler in Rummel2, Rz 3 zu § 298 ABGB).

Gegenstand des Fruchtgenusses können nicht nur Sachen, insbesondere Liegenschaften, sondern auch Rechte sein, die einen laufenden Nutzen verschaffen, etwa Anteilsrechte an Gesellschaften (Hinteregger in Schwimann2, Rz 2 zu § 509 ABGB mwN). Daß sich der dem Eigentümer der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft zustehende Braunutzen als Objekt des (vom Geschenkgeber vorbehaltenen) Fruchtgenusses eignet, ist daher nicht zu bezweifeln. Zu prüfen bleibt nur, wie ein solches Recht erworben wird.

Da das Fruchtgenußrecht zu den dinglichen Rechten zählt (§ 472 ABGB), setzt sein mittelbarer Erwerb die rechtliche Übergabe und Übernahme voraus (§ 425 ABGB). Soll es an unbeweglichen Sachen begründet werden, kommt hiefür gemäß §§ 431, 445, 481 Abs 1 ABGB nur die Einverleibung in den dazu bestimmten öffentlichen Büchern oder gemäß §§ 434, 481 Abs 2 ABGB die Urkundenhinterlegung in Frage. Eine dieser Erwerbsarten ist auch im gegenständlichen Fall zu wählen, weil der mit der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft verbundene Braunutzen, wie erwähnt, als unbewegliche Sache zu behandeln ist.

Mit ihrem Antrag, das Fruchtgenußrecht im Lastenblatt jener Grundbuchseinlage einzuverleiben, in deren Gutsbestand das zu nutzende Recht ersichtlich gemacht ist, haben sich die Antragsteller für die richtige Erwerbsart entschieden. Nach § 2 Abs 2 Z 2 GBG sind die Grundbuchseinlagen dazu bestimmt, die sich auf die Grundbuchskörper beziehenden dinglichen Rechte und ihre Änderungen einzutragen, was bei der Belastung der Liegenschaft oder beim Erwerb von Rechten an eingetragenen Rechten im Lastenblatt zu geschehen hat (§ 11 Abs 1 AllgGAG). Selbst unter der Annahme, daß der als dingliches Recht erkannte Braunutzen nicht im Grundbuch "eingetragen" ist, handelt es sich bei diesem Realrecht doch um ein Zubehör eines Grundbuchskörpers, das rechtlich gleich wie die Hauptsache zu behandeln ist. Der Erwerb einer Dienstbarkeit an diesem Recht hat daher gemäß § 481 Abs 1 ABGB (iVm §§ 431, 445 ABGB, § 8 Z 1 GBG) durch Einverleibung im Grundbuch zu geschehen. In diesem Sinn hatte der Oberste Gerichtshof die (heute durch § 377 GewO 1973 überholte) grundbücherliche Eintragung eines Fruchtgenußrechtes an einer im Grundbuch ersichtlich gemachten radizierten Gewerbeberechtigung als zulässig angesehen (SZ 19/251); für den vergleichbaren gegenständlichen Fall kann nichts anderen gelten. Dem Umstand, daß Gegenstand des Fruchtgenusses nur ein mit dem Liegenschaftseigentum verbundenes Recht, der Fruchtgenuß aber auf dem ganzen Grundbuchskörper einzutragen ist (vgl NZ 1968, 91; 9 Ob 1528/95 ua), was iSd § 12 Abs 1 GBG durch den Hinweis auf die betreffende Eintragung im A2-Blatt Rechnung zu tragen. Da die Antragsteller ohnehin den Hinweis auf Punkt III. des Schenkungsvertrages in ihr Eintragungsbegehren aufgenommen hatten, stand einer solchen Präzisierung der Eintragung nichts im Weg.

Es war daher, ohne auf das Eventualbegehren der Rechtsmittelwerber eingehen zu müssen, wie im Spruch zu entscheiden.

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